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Der Politikstammtisch


Êm Nímíle ét Ënduníel

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Wie definierst du denn sonst bitteschön "krank", wenn nicht als "an einer psychischen oder physischen Krankheit leidend"? Ist das also nur ein Schimpfwort? Dann erübrigt sich die Diskussion.

 

 

Mit Hilfe deiner Definition kann man allerdings ebenfalls nicht genaue Zuordnungen vornehmen und die Frage ist auch, ob man das überhaupt muss. Ich bin mir sicher, dass fast jeder Mensch mehr oder weniger viele psychische Probleme hat, der Umgang mit diesen ist jedoch sehr unterschiedlich und auch das Verständnis dafür ist unterschiedlich stark ausgeprägt. So gibt es Pädophile, die sehr wohl um ihre Neigung wissen und auch Angst vor sich selber haben. Und es gibt Menschen, die sich selbst vermutlich als normal bezeichnen würden, die aber gefährlich werden können, da sie keinen richtigen Umgang mit Problemen erlernt haben. Mit deiner Definition kann man genaugenommen alle Menschen als "krank" bezeichnen.

 

Was mich so zweifeln lässt an Menschen, die so etwas tun, ist die Art wie sie es tun. Aus Indien sind ja ganz furchtbare Details zutage gekommen, die ich aufgrund ihrer Widerwärtigkeit weder wiederholen kann noch möchte. Mir ist unerklärlich, wie man einem anderen Menschen so etwas antun kann. Das kann nicht mehr durch Triebe oder Machtausübung oder ähnliches erklärt werden. Ich kann das nur durch einen vollkommenen Mangel an Empathie erklären, denn könnte man sich auch nur ansatzweise in andere Menschen hineinversetzen, dann wäre man glaube ich nicht in der Lage, so etwas zu vollbringen.

 

Vielleicht wäre insofern (an dieser Stelle) die richtige Definition für "krank" eventuell die nichtentwickelte Ausprägung von Empathie, die bei einem "gesunden" Menschen normal entwickelt ist. :kratz:

 

Ich meine, dass man sogar festgestellt hat, dass bei Menschen, die erwiesenermaßen weder Mitgefühl noch Schuld oder so etwas wie Reue empfinden, bestimmte Areale im Hirn nicht aktiv sind (was wiederum auf tatsächlich physische Krankheit schließen lässt).

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Also hier werden nun sehr viele Themen parallel diskutiert.

 

Zivilisation ist ein großer Begriff, mit dem wir uns in das 18 Jahrhundert zurückbegeben, als westliche Philosophen und Machthaber ihre Form gesellschaftlicher Organisation als Zivilisation bezeichneten und den Rest der Welt als Barbaren. Aus dieser Geisteshaltung leitet sich die Legitimation für den Kolonialismus ab. Und wenn man über Zivilisation sprechen möchte muss man ebenfalls über den Kolonialismus sprechen. Im konkreten Fall Indien, liegt ein beträchtlicher Teil des Verschuldens im Westen, der Indien - wie viele andere Länder, in denen heute soziale Missstände herrschen -  über lange Zeit Schmuckschatulle gebraucht hat. Sich jetzt hinzustellen und unser Rechtssystem, als zivilisatorisch überlegen darzustellen ist vermessen und zeugt mMn von juveniler Kurzsichtigkeit. 

 

Zur Vergewaltigung:

Ich lehne es ab Vergewaltiger als krank zu bezeichnen, denn "Krankheit" gilt in unserem Rechtssystem als tatmildernder Umstand. Für die Genugtuung der Opfer ist es aber von besonderer Wichtigkeit, dass die Schuld der Täter anerkannt wird. Die Defizite, die wir hier in unserem Rechtssystem haben, sind meines Erachtens nach aber nicht der Tatsache geschuldet, dass hauptsächlich Männer diesen Berufszweig dominieren (was sukzessive abnimmt), sondern der psychologischen (pseudo-)Ursachenforschung (hier dominieren Frauen das Feld). Nichts passiert einfach so, sondern alles hat seine Ursache in Kindheitstraumata und Syndromen. 

Ein Vergewaltiger ist kein sexistischer Drecksack, sondern ein gebeutelter, traumatisierter Soziopath. Rabauken sind keine Rabauken mehr, sondern ADHS geplagt. Faule Säcke nicht mehr faul, sondern unter einem fortgeschrittenen Müdigkeitssyndrom leidend. Ich will der Psychologie nicht gänzlich die Fähigkeit zur Erstellung von klinischen Befunden absprechen, aber in den vergangenen 20 Jahren hat hier ein Nivellierungsprozess eingesetzt, der moralische Verurteilung und das berufen auf einen Wertekanon unmöglich macht, da sich ja jeder an die Regeln zu halten scheint, und wenn nicht eben eine Krankheit, ein Syndrom oder sonstiger pathologischer Befund dies verhindert.

 

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Zivilisation ist ein großer Begriff, mit dem wir uns in das 18 Jahrhundert zurückbegeben, als westliche Philosophen und Machthaber ihre Form gesellschaftlicher Organisation als Zivilisation bezeichneten und den Rest der Welt als Barbaren. Aus dieser Geisteshaltung leitet sich die Legitimation für den Kolonialismus ab. Und wenn man über Zivilisation sprechen möchte muss man ebenfalls über den Kolonialismus sprechen. Im konkreten Fall Indien, liegt ein beträchtlicher Teil des Verschuldens im Westen, der Indien - wie viele andere Länder, in denen heute soziale Missstände herrschen -  über lange Zeit Schmuckschatulle gebraucht hat. Sich jetzt hinzustellen und unser Rechtssystem, als zivilisatorisch überlegen darzustellen ist vermessen und zeugt mMn von juveniler Kurzsichtigkeit. 

 

Das 18. Jahrhundert, das du hier so verächtlich auf die Wiege des Kolonialismus reduzierst, war in Europa (und Amerika) auch das Jahrhundert der Aufklärung, der rationalen Erforschung der Welt und der Entdeckung der Menschenrechte. Es begann mit einem Europa der Sonnenkönige, der reiligösen Dogmen und verkrusteten Ständegesellschaft und endete mit der Proklamation einer neuen, demokratischen und gerechten Weltordnung, welche in Frankreich ihren zaghaften Anfang nahm.

 

Einen solchen Umbruch, eine solche geistige und gesellschaftliche Entwicklung haben viele Länder dieser Welt bis heute nicht erlebt. Das ist schlicht und einfach Fakt – wer auch immer daran Schuld sein mag. 

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@Beleg: Das macht andere Länder, Völker oder Kulturen aber nicht automatisch "schlechter" oder "kränker" als unsere. Schon deine Implikation, dass irgendjemand daran "schuld" sein könnte, stößt bei mir auf Widerstand, weil sie eben das voraussetzt: dass diesen Ländern, Völkern, Kulturen etwas fehlt oder gar vorenthalten wird, was notwendig ist.

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Schuldzuweisungen habe nicht ich gemacht, sondern OldNick. 

 

Aber natürlich ist jemand schuld daran, direkt oder indirekt. Alles andere würde ja heissen, dass auch niemand verantwortlich ist, dass wir Menschen unmündig unserem Schicksal ausgeliefert sind. Dagegen hat sich ein gewisser Herr Kant ziemlich gewehrt, womit wir wieder beim 18. Jahrhundert angelangt wären. 

 

Ich stimme dir jedoch zu, dass Schuldzuweisungen wenig bringen, emotional viel zu aufgeladen sind und im Endeffekt sich der Urheber damit ja auch nur selbst aus der Verantwortung nehmen will. Und es geht bei diesem Thema ja auch nicht darum, ein ganzes Land per se als "krank" abzustempeln: Nur weil Indien als Nation gesellschaftlich und politisch weniger weit entwickelt ist als Europa, heisst das ja auf keinen Fall, dass die Menschen, die heute in Indien leben, deswegen per se schlechter, dümmer, primitiver oder was auch immer sind. 

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Zivilisation ist ein großer Begriff, mit dem wir uns in das 18 Jahrhundert zurückbegeben, als westliche Philosophen und Machthaber ihre Form gesellschaftlicher Organisation als Zivilisation bezeichneten und den Rest der Welt als Barbaren. Aus dieser Geisteshaltung leitet sich die Legitimation für den Kolonialismus ab. Und wenn man über Zivilisation sprechen möchte muss man ebenfalls über den Kolonialismus sprechen. Im konkreten Fall Indien, liegt ein beträchtlicher Teil des Verschuldens im Westen, der Indien - wie viele andere Länder, in denen heute soziale Missstände herrschen -  über lange Zeit Schmuckschatulle gebraucht hat. Sich jetzt hinzustellen und unser Rechtssystem, als zivilisatorisch überlegen darzustellen ist vermessen und zeugt mMn von juveniler Kurzsichtigkeit. 

 

Das 18. Jahrhundert, das du hier so verächtlich auf die Wiege des Kolonialismus reduzierst, war in Europa (und Amerika) auch das Jahrhundert der Aufklärung, der rationalen Erforschung der Welt und der Entdeckung der Menschenrechte. Es begann mit einem Europa der Sonnenkönige, der reiligösen Dogmen und verkrusteten Ständegesellschaft und endete mit der Proklamation einer neuen, demokratischen und gerechten Weltordnung, welche in Frankreich ihren zaghaften Anfang nahm.

 

Einen solchen Umbruch, eine solche geistige und gesellschaftliche Entwicklung haben viele Länder dieser Welt bis heute nicht erlebt. Das ist schlicht und einfach Fakt – wer auch immer daran Schuld sein mag. 

 

 

Mir geht es nicht darum verächtlich irgendetwas zu reduzieren, zu dem ich überhaupt keinen Bezug habe. Die Aufklärerischen Werte, die sich im 18 Jahrhundert gebildet haben waren erste zarte Zweige einer richtigen Entwicklung, sie waren aber weder zu dieser Zeit, noch später Maßstab politischen Handelns in Europa. Andernfalls wären der Unabhängigkeitskrieg in den USA, Napoleon in Frankreich, der Kolonialismus, der 1. Weltkrieg und letztlich das 3. Reich in der Form nie denkbar gewesen. Selbst Kant hat in seiner Rassenthese angenommen, dass der schwarze Mensch bildungsunbegabter sei als der weiße Europäer. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die europäische Weltsicht des 18. Jahrhunderts. Ich stimme mit dir absolut überein, was die Bedeutung und die epochale Errungenschaft der Werte der Aufklärung betrifft. Aber die Tatsache, das manche Länder heutzutage gerade diese Werte nicht kennen, liegt in der Tatsache begründet, dass der herrschende Westen sie in ihrer Entwicklung behindert hat, weil es profitabel war. Das hat nichts mit Schuldzuweisung zu tun, sondern mit Kritik, Selbstkritik. 

Bearbeitet von OldNick
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Aber die Tatsache, das manche Länder heutzutage gerade diese Werte nicht kennen, liegt in der Tatsache begründet, dass der herrschende Westen sie in ihrer Entwicklung behindert hat, weil es profitabel war. Das hat nichts mit Schuldzuweisung zu tun, sondern mit Kritik, Selbstkritik. 

 

Wie ist das keine Schuldzuweisung? Du gibst dem Westen ja ziemlich deutlich die Schuld am Entwicklungsmangel der Ex-Kolonialländer. 

 

@Berenfox

Keine Ursache.  :-)

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Wie ist das keine Schuldzuweisung? Du gibst dem Westen ja ziemlich deutlich die Schuld am Entwicklungsmangel der Ex-Kolonialländer.

Durch den Imperialismus ist der Okzident ja auch zum größten Teil schuldig. Hinzu kommt unsere heutige verschwenderische Lebensweise, die nur funktionieren kann, weil ein Großteil der Welt nicht so lebt wie wir.

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Aber die Tatsache, das manche Länder heutzutage gerade diese Werte nicht kennen, liegt in der Tatsache begründet, dass der herrschende Westen sie in ihrer Entwicklung behindert hat, weil es profitabel war. Das hat nichts mit Schuldzuweisung zu tun, sondern mit Kritik, Selbstkritik. 

 

Wie ist das keine Schuldzuweisung? Du gibst dem Westen ja ziemlich deutlich die Schuld am Entwicklungsmangel der Ex-Kolonialländer. 

 

@Berenfox

Keine Ursache.  :-)

 

Der Unterschied besteht darin, dass eine Schuldzuweisung zunächst einmal unbegründet sein kann, wohingegen der Kolonialismus ein Fakt ist.

 

Darum ging es hier aber gar nicht. Es ging darum, konkret die Beschreibung der indischen Gesellschaft als "unzivilisiert", im Vergleich zu unserem super Rechtssystem, in einen historischen Kontext zu rücken, und nicht darum den Zustand der Exkolonien als Ganzes zu bewerten.

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Du scheinst ein kurzes Gedächtnis zu haben... ;-)

Gewiss nicht. Eher scheint hier ein gewisser Mangel an Lesekompetenz zu herrschen:

Indien im Vergleich mit Deutschland ist imho eindeutig unzivilisierter

Als "unzivilisiert" habe ich Indien nirgendwo beschrieben. Ansonsten bitte ich um entsprechendes Zitat. Ich habe es lediglich in Relation zu Deutschland als "unzivilisierter" hingestellt. Dies ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.

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 Ich habe es lediglich in Relation zu Deutschland als "unzivilisierter" hingestellt. Dies ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.

 

 

Ja, so fein, man könnte ihn auch mit "Haarspalterei" bezeichnen. ;-)

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Aber die Tatsache, das manche Länder heutzutage gerade diese Werte nicht kennen, liegt in der Tatsache begründet, dass der herrschende Westen sie in ihrer Entwicklung behindert hat, weil es profitabel war. Das hat nichts mit Schuldzuweisung zu tun, sondern mit Kritik, Selbstkritik. 

 

Hm, ob nun Schuldzuweisung oder nicht, ich finde diese Aussage auch etwas sehr einseitig. Sicher wird niemand den Kolonialismus und dessen Auswirkungen auf Gesellschaftsstrukturen bestreiten wollen, aber viele Strukturen sind in den Ländern auch unabhängig davon entstanden.

 

Über wie viele Jahrtausende war der Orient dem Westen sowohl in Wissenschaften als auch dem Rechtswesen voraus? Als der Islam seine Blütezeit erlebte, steckte der Westen im finstersten Mittelalter. Sicher haben viele Faktoren dazu beigetragen, dass diese Entwicklung nicht so weiter ging und der Westen heute "herrschend" ist, wie du es sagst. Aber ein entscheidender Faktor war und ist noch immer die Religion. Und zwar die Fähigkeit Religion und Glaube von Wissenschaft zu trennen. Das gelingt heute in (meiner Meinung nach viel zu) vielen Ländern noch nicht, und so sind Natur-/Geistes- als auch Rechtswissenschaften zu eng mit religiösem Glauben verwoben, als dass sie sich weiterentwickeln könnten.

 

Ich möchte nicht die Kolonisierer in Schutz nehmen, solch ein Herrschaftssystem verändert Gesellschaften natürlich auch entscheidend. Aber die heutige Entwicklung in vielen Ländern nur darauf zu schieben, ist etwas einfach.

Ganz abgesehen davon, dass Menschen in allen Erdteilen seit Jahrtausenden schon immer Kriege, Eroberungszüge und Auslöschung von ganzen Kulturen betrieben haben.

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Über wie viele Jahrtausende war der Orient dem Westen sowohl in Wissenschaften als auch dem Rechtswesen voraus? Als der Islam seine Blütezeit erlebte, steckte der Westen im finstersten Mittelalter. Sicher haben viele Faktoren dazu beigetragen, dass diese Entwicklung nicht so weiter ging und der Westen heute "herrschend" ist, wie du es sagst. Aber ein entscheidender Faktor war und ist noch immer die Religion. Und zwar die Fähigkeit Religion und Glaube von Wissenschaft zu trennen. Das gelingt heute in (meiner Meinung nach viel zu) vielen Ländern noch nicht, und so sind Natur-/Geistes- als auch Rechtswissenschaften zu eng mit religiösem Glauben verwoben, als dass sie sich weiterentwickeln könnten.

 

Jahrtausende, gar keins, einige Jahrhunderte allenfalls. Das Zentrum dieser Entwicklung beschränkte sich dann aber auf die Gegend zwischen Euphrat und Tigris, dem heutigen Irak. Aber du hast Recht, der Orient war dem Westen einmal voraus. Wir sprachen hier aber über Indien und das war ja nur teilweise und für begrenzte Zeit Teil der islamischen Welt. Wenn du dir ansiehst, was ehemalige Kolonien heute gemeinsam haben, dann ist es Armut, schlechte Infrastruktur, mangelnde Bildung usw.. das kann kein Zufall sein? Und dazu gehören auch Länder, die nicht unter mangelnder säkularer Aufklärung leiden.

 

Im Endeffekt ist mir das aber auch egal. Mir ging es darum zu verdeutlichen, dass der Westen, mit seinenvdefinitiv  tollen Werten einen gewissen Anteil daran hat, wie die Welt heute ist. Und somit eben auch Anteil an den Mängeln, daher sollte man sich meiner Meinung nach mit Vergleichen und ideologisch aufgeladenen Begriffen wie "unzivilisiert" zurückhalten.

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daher sollte man sich meiner Meinung nach mit Vergleichen und ideologisch aufgeladenen Begriffen wie "unzivilisiert" zurückhalten.

Und ich stelle die Frage noch mal. Wer hat hier einen anderen Staat als "unzivilisiert" hingestellt?

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Alle Ex-Kolonien der Welt in einen Topf zu hauen, muss zwangläufig schief gehen. OldNick sagt, dass alle Kolonien Armut, schlechte Infrastruktur und mangelnde Bildung gemeinsam haben. Aber was ist dann mit USA, Kanada, Ägypten, Australien, Neuseeland, Singapur, Brasilien oder Südafrika? Natürlich leben in jedem dieser Staaten arme Menschen, teilweise auch mehr als in Deutschland, aber dass daran immernoch der Kolonialismus schuld sein soll, kann ich nicht erkennen.

Indien und Neuseeland wurden beide von den Briten verwaltet. Doch haben sich die Staaten völlig anders entwickelt. Ist es nicht wahrscheinlicher, dass die örtlichen Gegebenheiten hauptsächlich die Entwicklung eines Landes bestimmen und der Kolonialismus lediglich einige Vorgänge beschleunigt (z.B. Sturz von Tyrannen, Ausbau von Infrastruktur - z.B. die Eisenbahn in Indien) und andere ausbremst? Ich finde das jedenfalls plausibel.

Den Kaschmir Konflikt gab es schon lange vor den Briten und er flammte direkt nach deren Abzug einfach wieder auf. Die Frage, wie die unterschiedlichen Völker/Religionsgemeinschaften in Indien friedlich zusammenleben können, war vor den Briten nicht geklärt und ist es heute immernoch nicht vollständig. Das sehen wir beispielsweise am Konflikt zwischen indischer Regierung und den Sikh in den 80ern. Noch komplizierter wird's wenn wir uns die Beziehungen zu den Naxaliten anschauen. Zugegeben, die Konflikte Ende der 60er/Anfang der 70er hätte es wahrscheinlich so nicht gegeben, wenn die Briten damals anders gehandelt hätten. Allerdings gab es auch in neuerer Zeit Angriffe eines Teils der Naxaliten auf indische Polizeibeamte (2010, 2013) wobei diese Angriffe vom anderen Teil der Naxaliten verurteilt worden sind. Hat der Kolonialismus nun etwas damit zu tun, dass ein Teil dieser politischen Bewegung sich zunehmend radikalisiert oder nicht?

Ich denke, dass die Differenzen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsteilen, vorallem zwischen Hindus und Muslimen, sowie politischen Strömungen wie den Naxaliten letztlich einen großen Anteil daran haben, dass der Staat Indien nicht so reibungslos läuft, wie man es sich eigentlich wünschen würde. Es wundert doch nicht, dass die Armut so groß ist und Korruption ein signifikantes Problem darstellt, wenn die indischen Völker sich bisher lieber gegenseitig anfeinden, anstatt gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.

Bearbeitet von mathias
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Jahrtausende, gar keins, einige Jahrhunderte allenfalls. Das Zentrum dieser Entwicklung beschränkte sich dann aber auf die Gegend zwischen Euphrat und Tigris, dem heutigen Irak. Aber du hast Recht, der Orient war dem Westen einmal voraus. Wir sprachen hier aber über Indien und das war ja nur teilweise und für begrenzte Zeit Teil der islamischen Welt.

 

 

Nein, ich meinte schon Jahrtausende. Aus China sind mir Naturwissenschaften von ca. 1000 v. Chr. bekannt und nehmen wir Babylonien dazu, landen wir locker schon bei 2000 v. Chr. Auch aus Indien meine ich noch zu wissen, dass sie zumindest in der Medizin ein Jahrtausend vor Chr. recht weit waren. Unter anderem eben deshalb, weil Ärzte und Priester voneinander getrennt wurden, genau was ich in meinem Post ja bemängelt habe. Da war der Islam noch lange kein Thema.

Auch das indische Kastensystem ist schon ein paar Tausend Jahre alt. Erstaunlich wie lange sich so etwas hält...

Bearbeitet von Elentári
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Jahrtausende, gar keins, einige Jahrhunderte allenfalls. Das Zentrum dieser Entwicklung beschränkte sich dann aber auf die Gegend zwischen Euphrat und Tigris, dem heutigen Irak. Aber du hast Recht, der Orient war dem Westen einmal voraus. Wir sprachen hier aber über Indien und das war ja nur teilweise und für begrenzte Zeit Teil der islamischen Welt.

 

 

Nein, ich meinte schon Jahrtausende. Aus China sind mir Naturwissenschaften von ca. 1000 v. Chr. bekannt und nehmen wir Babylonien dazu, landen wir locker schon bei 2000 v. Chr. Auch aus Indien meine ich noch zu wissen, dass sie zumindest in der Medizin ein Jahrtausend vor Chr. recht weit waren. Unter anderem eben deshalb, weil Ärzte und Priester voneinander getrennt wurden, genau was ich in meinem Post ja bemängelt habe. Da war der Islam noch lange kein Thema.

Auch das indische Kastensystem ist schon ein paar Tausend Jahre alt. Erstaunlich wie lange sich so etwas hält...

 

Da du im nächsten Satz den Islam angesprochen hast, bin ich davon ausgegangen, dass du den nahen Osten meinst. Ob man China zum Orient zählen möchte ist sicher eine Frage der Definition. Aber gerade China welches auch eine koloniale Vergangenheit hat, ist heute extrem autoritär, war lange extrem arm und hat keinen starken religiösen Einfluss, im Gegensatz zu deiner These.

 

 

Indien und Neuseeland wurden beide von den Briten verwaltet. Doch haben sich die Staaten völlig anders entwickelt. Ist es nicht wahrscheinlicher, dass die örtlichen Gegebenheiten hauptsächlich die Entwicklung eines Landes bestimmen und der Kolonialismus lediglich einige Vorgänge beschleunigt (z.B. Sturz von Tyrannen, Ausbau von Infrastruktur - z.B. die Eisenbahn in Indien) und andere ausbremst? Ich finde das jedenfalls plausibel.

 

Glaube ich nicht weil:

 

Alle Ex-Kolonien der Welt in einen Topf zu hauen, muss zwangläufig schief gehen

 

Die USA, Australien, Canada, Neuseeland kann man nicht mit den Ländern übrigen Kolonien vergleichen, weil die indigenen Völker dort entweder größtenteils ausgelöscht wurden (USA, Canada) oder aber von den einwandernden Briten zu einer Minderheit gemacht wurden, die kaum Einfluss auf die Geschicke des Landes haben. Das hier harmonische Staaten westlicher Prägung entstanden sind, ist kein Wunder, da ja nur westliche Siedler sie gegründet und geführt haben.

 

Die Länder, die hauptsächlich durch indigene Völker geprägt sind, sind arm.

 

Ich gebe ein Beispiel. In Ruanda gibt es Tutsi und Bantu Völker. Tutsi waren seit je her Viehzüchter wohingegen Bantuvölker eher dem Ackerbau zugetan waren. Als die belgischen Kolonialherren dort die Macht übernahmen sahen sie die Tutsi als den Bantu überlegen, da sie der Überzeugung waren, dass Viehzucht ein evolutionärer Schritt nach vorn im Gegensatz zum Ackerbau war. Dementsprechend wurden die Tutsi bevorzugt behandelt, woraus diese Gruppe ein Gefühl der Überlegenheit ableiteten. Daraus entstand ein andauernder Konflikt und Massenmord dieser beiden Parteien. Diese Geschichte hat sich in vielen anderen Ländern wiederholt, weil die Kolonialherren nicht in der Lage oder Willens waren die vorherrschenen Strukturen zu verstehen. Diese imbalancen prägen seither immer noch viele dieser Länder.

 

Selbstverständlich gibt es auch andere Gründe warum heute in ehemaligen Kolonien Dinge falsch laufen, aber den massiven Einfluss den der Kolonialismus auf diese Gebiete hatte wird unterschätzt und muss bei herablassenden Vergleichen erwähnt werden.

Bearbeitet von OldNick
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Unser Zahlensystem, also ein Dezimalsystem mit der Null und dem Stellenwertsystem wurde in Indien erfunden (ca. im 5 Jhd.) und wir haben es, vermittelt durch Arabische Händler, übernommen. Die Anfänge des Systems sind im alten Babylon zu suchen (einige Jhd. vor Chr.). Erst etwa seit dem 13. Jahrhundert konnte das indische Rechensystem den höchst unpraktischen Abakus allmählich verdrängen, erst im 16. Jahrhundert wurde es durch Adam Riese wirklich populär (1522 veröffentlichte er ein Werk dazu). Zumindest im Bereich der Mathematik lässt sich argumentieren, dass uns Indien für eine Dauer allermindestens 1000 Jahren vorraus war.

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@OldNick
Wenn du deine Aussage, wie im letzten Beitrag, so formulierst, dass nur die Kolonien heute arm sind, in denen die indigene Bevölkerung noch die Mehrheit bildet, dann kann ich dem im Großen und Ganzen zustimmen. Auch wenn sich vielleicht noch die ein oder andere Ausnahme finden lässt.

 

Ansonsten wollte ich gar nicht so sehr Indien mit Neuseeland vergleichen, sondern hatte ja primär gesagt, dass bestimmte Konflikte, wie Kaschmir, schon vor den Briten vorhanden waren. Die Art und Weise, wie der Kaschmir-Konflikt die Entwicklung Indiens beeinflusst ist doch dann im Wesentlichen unabhängig vom Kolonialismus. Es wäre auch egal, ob Pakistan und Indien einen einzigen Staat gebildet hätten oder man die Grenze sonst wohin verlegt hätte, der lokale Konflikt hätte weiterhin bestanden. Oder etwa nicht? Also deswegen und wegen der anderen Beispiele, die ich aufzählte, lautet meine Schlussfolgerung, dass örtliche Gegebenheiten die Entwicklung zumindest von Indien stärker beeinflussen also der Kolonialismus es tat oder tut.

 

Dein Ruanda-Beispiel macht deutlich, dass der Kolonialismus ein Land natürlich sehr stark beeinflussen kann. Okay. Es gibt also solche und solche Kolonien; die Kolonialmächte haben auch nicht überall gleich gehandelt. Letztlich wird es einfach zu kompliziert hier mehrere Kolonien zu betrachten. Bleiben wir vielleicht einfach bei Indien. Und dementsprechend habe ich meine obige These nun auch auf Indien beschränkt und würde sie nicht mehr generell auf alle Kolonien anwenden.

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