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FanFiction: Valgesia-und der Orden des Drachen


Gast Nimbrethil

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Gast Nimbrethil

Habe mich mal kreativ betätigt und hoffe euch gefällt es! Oh und ich hoffe auf Kritiken;Lob, ect!

Los gehts:

Kapitel 1

Pfeifend ging der Wind zwischen den Häuserwänden, die Bäume ächzten schwer und bogen sich fast bis zum Boden. Dunkel war es in der kleinen Gasse, nur ganz am Ende bot eine flackernde Strassenlaterne spärliches Licht. Es war eine gespenstische Atmosphäre. Langsam hielt der Herbst einzug, die Blätter färbten sich bunt und fielen hier und da als Schatten zu Boden.

Die Hände in den Hosentaschen beobachtete er die Blätter, die durch die Luft wirbelten, Nebel kam auf und zog sich langsam in silbrig-schimmernden Fäden durch das Gässchen. In der Ferne schrieen Katzen die ihr Revier verteidigten, begleitet von der Kirchenglocke, die gerade Mitternacht ankündigte. Tief in seiner Tasche stieß er auf etwas hartes, es fühlte sich kalt an. Langsam ließ er seine Finger darüber gleiten, es war ein Medaillon. Es fühlte sich rau und wellig an, während in der Mitte etwas hervorstand. Langsam zog er es aus der Hosentasche, es war aus Gold, es hatte acht Ecken und auf beiden Seiten waren kunstvolle Verzierungen, die sich ineinander verschlungen und verschnörkelten. Auf der Vorderseite war außerdem eine kleine glatte Fläche in der ein schwarzer Stein ruhte.

Ein Schauer lief über seinen Rücken, die Nackenhaare standen ihm zu berge, als er das kleine Ding in seiner Hand betrachtete. Dicke Wolken zogen schwerfällig am Himmel entlang, wie graue und schwarze Balken. Langsam kam der Mond zum Vorschein, es war Vollmond.

Das Metall leuchtete auf, als das Mondlicht darauf fiel, für einen kurzen Augenblick war er geblendet, als er den Kopf zur Seite drehte, sah er dass das Mondlicht durch das Medaillon hindurch schien. Ganz so wie der Mond durch das Fenster schien, so warf es auch einen Lichtstrahl durch das Metall, der sich hinter ihm an der Wand golden wiederspiegelte. Wenn man genauer hinsah, konnte man sehen, wie sich die feinen Linien bewegten und sich immerweiter ineinander verschlungen. Er atmete tief ein und mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu ließ er es wieder in die Tasche zurück gleiten.

An der Wand schlug die Standuhr gerade Mitternacht. „Albernes Ding“, dachte er und schüttelte den Kopf, noch nie hatte sie die richtige Zeit angezeigt, ganz egal wie häufig er sie schon gestellt hatte, sie ging immer wieder nach. Langsam schlurfend ging der Alte durch den Raum, der Holzfußboden knarrte unter seinen Füssen, in der Dunkelheit stieß er sich die Zehen und fluchte leise. Wie konnte er nur die kaputte Diele vergessen, seit Wochen wollte er sie schon reparieren. Fluchend humpelte er zu einem Stuhl, der hinter einem Tresen stand, er zog ihn zu sich heran und setzte sich. Der Alte zog den Schuh aus und rieb sich den schmerzenden Fuß. Plötzlich horchte er auf, hatte er nicht gerade etwas gehört? Es klang wie ein scheppern. Er lauschte, konnte aber nichts weiter hören und widmete sich wieder seinem schmerzenden Fuß. Der Zeh würde bestimmt anschwellen, dachte er sich und zog sich den Schuh wieder an. Im Raum war es Stockdunkel, nur der Mondschein, der durch das Fenster an der Gasse fiel, erhellte den Raum, man konnte deutlich die Worte „Buchladen und Antiquariat“ lesen, deren Schatten auf die Dielen fiel. Er erhob sich, während die Schatten am Boden entlang wanderten, denn der Mond verschwand wieder hinter dicken Wolken und ließ den kleinen Laden in völliger Dunkelheit zurück.

Vorsichtig tastete der Alte nach einer Kerze unter dem Tresen. Es dauerte eine Weile, doch hinter einem Stapel alter Kassenbücher und einer Schachtel mit Heftzwecken, an der er sich die Finger piekste, fand er schließlich eine. Auch eine Schachtel mit Zündhölzern lag dort. Er nahm beides in die Hand und entzündete die Kerze. Da war es schon wieder, ein lautes scheppern. Diesmal war es deutlich zu hören, in einem der Hinterhöfe wurden Mülltonnen umgeworfen. Laut rumpelnd rollten sie über das Kopfsteinpflaster und bleiben an einer der Hauswände liegen. Vorsichtig schlich der Alte hinüber zum Fenster und spähte hinaus. Da! Am Ende der Gasse huschte etwas unter der flackernden Strassenlaterne vorbei. Ein seltsames Gefühl erfasste ihn, das Herz schien in seiner Brust zu zerspringen, sein Kopf fühlte sich dumpf an, so dass er sich abstützen musste. Schnell blies er die Kerze aus. Er sah hinaus, da, an den Hauswänden zeichnete es sich deutlich ab, ein Schatten, schwärzer als alle Schatten der Welt. Er wurde größer und größer, schließlich nahm er Gestalt an, Schritte hallten wieder.

Erst jetzt bemerkte er das surren und vibrieren in seiner Hosentasche, er sah an sich hinunter, das Medaillon leuchtete hell auf, ohne das ein Lichtstrahl es berührte. Er wusste was das zu bedeuten hatte! Beim letzten Mal war es genauso gewesen. Es war ein Draugr! Mit zitternden Händen versuchte er das Leuchten zu verdecken, doch zu spät, der Draugr hatte es ebenfalls bemerkt.

Es war als würde die Luft gefrieren. Eiskristalle bildeten sich sekundenschnell am Fenster, der Dielenboden überzog sich mit einer dünnen Eisschicht, es erfasste sämtliche Sachen im Raum. Regale, als auch Bücher, sowie der Tresen, wirkten erstarrt, selbst die Kerze in seiner Hand glich einem Eiszapfen. Der Alte lehnte mit wild pochendem Herzen noch immer am Fenster. Seine Atemluft zeichnete sich in der Kälte ab und rieselte als feiner Staub zu Boden.

Ein knirschen, so furchtbar das ihm das Blut in den Adern stockte. Unmerklich war er hereingekommen, der Draugr. Blass wie Schnee, wässerige Augen die ins Leere hinein schauten, der Körper so dünn, dass sich die Haut auf dem Skelett abzeichnete und die Haare schloh weiss, mit grauen Strähnen, lang und zottelig. Er trug einen Pechschwarzen geschlossenen, langen Mantel, sowie schwere schwarze Stiefel. Nun stand er da und starrte den Alten unentwegt an. Das Medaillon surrte unaufhörlich in seiner Tasche was zur folge hatte, dass das Leuchten stärker wurde und alles in gleißendes Licht tauchte. Nur dort wo der Draugr stand, wurde alles Licht verschluckt. Er schien es förmlich aufzusaugen und für einen Augenblick war es als würde die Zeit stehen bleiben, das Pendel der Standuhr erstarrte mitten in der Bewegung, die Atemluft die als feiner Staub zu Boden fiel, schien wie eine Wolke im Zimmer zu schweben. Den Alten packte eine panische Angst. Das dumpfe Gefühl in seinem Kopf wurde stärker und er sank keuchend in die Knie. Wie gelähmt war er als der Draugr seine skelettartige Hand nach ihm ausstreckte, um das Medaillon zu stehlen. Als die Hand ihn berührte, war es als würde er in Eiskaltes Wasser getaucht werden. Schreckliche Bilder erschienen ihm im Geiste, blutige Schlachten, sterbende Menschen, er hörte Schmerzensschreie und spürte die Verzweifelung, das war alles so unerträglich, dass er schließlich zusammen brach.

Früh am nächsten Morgen, waren in weiter ferne Stimmen zu hören, die die kleinen Gassen erfüllten. Mit hämmernden Kopfschmerzen erwachte der Alte, alles tat ihm weh, seine Glieder waren steif. Er lag noch immer an der Stelle wo er zusammen gebrochen war. Mühsam öffnete er die Augen, sein Blick wanderte langsam und angsterfüllt durch den Raum, der Draugr war verschwunden. Alles sah aus wie immer, die Eisschicht war verschwunden und auch das Pendel der Standuhr schwang im Takt hin und her. Draussen war ein klirren zu hören, als sich der Alte aufrappelte. Er wusste es war der Milchmann der seine morgendliche Runde ging, der Zeitungsjunge an der Ecke, rief die neuste Schlagzeile aus und ganz schwach konnte man die Marktschreier hören, die lauthals ihre Wahre anpriesen. Etliche Körperteile schmerzten, sein Schädel drohte zu zerspringen, alles fing an sich zu drehen, als er in den Nebenraum humpelte, der hinter einigen Bücherregalen versteckt lag. Seine Knie waren aufgesprungen, bei jedem Schritt schmerzten und brannten sie. Zitternd nahm er seinen Kessel, den er mit Wasser füllte. Das Feuer zischte als etwas davon hinein schwappte. Beinahe wäre ihm die Porzellantasse aus der Hand gefallen, die er mit Mühe auf den Tisch stellte. Der Alte vermochte kaum den Löffel zu halten, einiges von dem Kaffeepulver landete auf dem Boden, doch es kümmerte ihn nicht. Der Kessel pfiff als das Wasser anfing zu kochen und kurze Zeit später saß der Alte in seinem Sessel und trank seinen Kaffee. Er war noch ganz aufgewühlt. So viele Dinge gingen in seinem Kopf vor, der Draugr hatte das Medaillon gestohlen. Jetzt hatte Rivnir was er schon so lange begehrte, das Medaillon des schwarzen Drachen. Eines beruhigte ihn, niemand ausser einer Person, wusste dass sich das Gegenstück dazu hier in London befand. Hoffentlich, so dachte er, würde Rivnir es niemals herausfinden!

Es sollten drei weitere Jahre vergehen bis sich das Schicksal günstig auswirkte. Es war an einem sehr verregnetem Tag, als sich plötzlich die Ladentür schwungvoll öffnete und jemand durchnässt herein stürzte. Laut knallend fiel die Tür zurück in Schloss während der Fremde polternd die restlichen Tropfen vom Mantel abschüttelte und dabei eine beachtliche Pfütze hinterließ. Zu allem Überfluss mischte sich das ganze auch noch mit dem Dreck, der an den Stiefeln klebte und so glich die Pfütze nach kurzer Zeit einer Matschlache. Der Alte hatte die ganze Zeit hinter dem Tresen gestanden und war dabei gewesen die Bestandslisten zu überprüfen, als der Fremde in seinen Laden platzte. Jetzt machte er sich grummelnd daran, den Dreck aufzuwischen, doch bei jedem Schritt den der Fremde beiseite ging, zeichnete sich der Schmutz erneut auf dem Boden ab. Der Alte packte den Fremden am Mantelkragen. Das Gesicht war größtenteils hinter einem dicken Schal verborgen und nur die Augenpartie war sichtbar. Von der Kapuze tropfte es weiterhin, als er ihn an die Wand drückte. Mit verächtlichem Blick bedachte er dem Schmutzfink, hielt ihm den dreckigen, modrig riechenden Mopp unter die Nase und drohte ihn mit der Nase und samt den Mantel in den Dreck zu tauchen, falls er es wagte auch nur noch einen Schritt zu tun. Anscheinend hatte der Fremde verstanden, denn er blieb an der Wand stehen. Der Alte machte sich wieder daran den Boden zu wischen, als sich der Fremde die Stiefel auszog und sie nebeneinander an die Tür stellte. Er war für einen Augenblick überrascht, so was unverschämtes war ihm schon lange nicht mehr untergekommen. „Verhält sich, als wenn er hier zu Hause wäre“, dachte er ärgerlich. Der Fremde schien sich daran nicht zustören und sah sich um, hinter ihm an der Wand war eine antike Hutablage samt Haken, schwungvoll zog er den Mantel aus und mit einem gekonnten Schlenker hing er feinsäuberlich an der Wand. Für einen Moment dachte der Alte daran, seinem unverschämten Gast mit dem Mopp einen Schlag zu versetzen, da ihn eine Vielzahl von Wassertropfen getroffen hatte. Doch als sich der Fremde zu ihm umdrehte, blieb ihm die Luft weg, sein unmöglicher Gast war ein Mädchen und ein hübsches noch dazu. Der Alte konnte nicht anders und fing an zu grinsen, „So ein Teufelsmädchen“, ging es ihm durch den Kopf. Er sah sie genauer an, die Kapuze hatte ihr langes, blondes Haar verdeckt, hinter dem Schal verbarg sich ein feines Gesicht, ihr Porzellan Teint schimmerte sanft und die grünen Augen leuchteten verschmitzt. Sie war jung, gerade dabei erwachsen zu werden, er schätzte sie auf vielleicht sechzehn Jahre

Das Mädchen fröstelte, sie schlang die Arme um den Körper und sah ihn fragend an. Er überlegte was er tun sollte, dabei sah er aus dem Fenster. Bei diesem Wetter konnte er es unmöglich verantworten sie vor die Tür zu lassen. Ein lauter Donner grollte, gefolgt von mehreren Blitzen, der Regen wurde stärker und schlug Blasen auf dem Asphalt, Rinnsale bildeten sich und spülten alte Zeitungen fort.

Obwohl er sich noch ein wenig ärgerte, ging der alte Mann in den Nebenraum und setzte Wasser auf um ihnen Tee zuzubereiten. Er stellte zwei Tassen bereit und schnitt den Ingwerkuchen an, der auf einem kleinen Tischchen stand. Als er zurück kam, stand sie noch immer an der selben Stelle, sie beobachtete den Regen, der an das Fenster peitschte und daran herunter lief. Er schüttelte den Kopf, sie wirkte ein wenig verloren, dachte er. Als sie zu ihm herüber sah, winkte er sie zu sich, sie folgte ihm. Im Nebenraum machten sie es sich mit heißem Tee und einem Stück Kuchen gemütlich. So saßen sie da, ohne ein Wort zu sagen, während die Flammen im Kamin tanzten und knisterten.

Die Turmuhr schlug zwei Uhr, als er sah, dass sie eingeschlafen war, sie hatte sich im Sessel zusammen gerollt, die Knie angezogen und die Arme verschlungen. Aus einer alten Holzkiste, die in einer der Ecken stand, holte er eine Decke und deckte sie damit zu. Er gähnte und streckte sich, ihm war gar nicht aufgefallen das auch er müde war, er legte sich auf sein Bett, dass in einer Nische stand und beobachtete sie. Was wollte sie hier? Und wer war das Mädchen? Morgen, so hoffte er, würde sich alles aufklären.

Kaffeeduft stiegt ihm in die Nase und ein leckerer Duft nach frisch gebackenem. Noch ganz verschlafen setzte er sich auf, rieb sich die Augen und staunte nicht schlecht. Das Mädchen war eifrig dabei den Tisch zu decken, sie hatte Brot gebacken und Kaffee gekocht. Als sie ihn bemerkte grinste sie ihn fröhlich an und machte es sich am Tisch gemütlich. Er stand auf und ging zu ihr hinüber wobei er den Stuhl vorzog und setzte sich. Als er nach der Kanne langen wollte, hatte sie ihm schon Kaffee eingeschenkt und schob nun die Tasse in seine Richtung. Es war ein gemütliches Frühstück, das Wetter hatte sich auch deutlich gebessert, Sonnenstrahlen schienen durch die kleinen Fenster und die Vögel zwitscherten fröhlich. Er beobachtete sie und überlegte wie er sie am besten fragen konnte, doch als er gerade die richtigen Worte gefunden hatte, klopfte es an der Ladentür.

Verwundert wer das sein könnte, so früh am Morgen stand der Alte auf. Vor der Tür stand ein Wachmann, er grüßte freundlich als der Alte die Tür öffnete " Einen recht schönen guten Morgen. Was verschafft mir das Vergnügen ihres morgendlichen Besuchs Herr Wachmeister?" fragte der Alte.

Der Wachmann tippte sich an seinen Hut "Ebenfalls einen recht schönen Morgen, der Herr. Ich wollte Sie fragen, ob ihnen am gestrigen Tag etwas ungewöhnliches aufgefallen ist?", erwiderte er, worauf der Alte den Kopf schüttelte. "Nein, tut mir leid, was sollte mir denn aufgefallen sein?" erkundigte er sich.

Der Wachmann sah ihn ungläubig an, dann trat er ein Stück näher und sagte " Ja haben Sie es denn noch nicht gehört? Ein Courier unserer hiesigen Bank wurde beraubt. Man hat ein sehr wertvolles Amulett gestohlen. Und wie ich hörte soll es aus ihrem Besitz stammen."

Der Alte war verwundert "Ein Amulett sagen Sie? Weiss man denn schon wer es gewesen sein könnte?" erkundigte er sich.

Der Wachmann holte einen Notizblock aus seiner Uniformjacke und blätterte bis er die richtige Seite fand. "Zeugen haben uns berichtet, dass es ein Mädchen gewesen sein soll, ungefähr zwölf Jahre alt." Der Alte bemerkte, wie der Wachmann interessiert in den Laden blickte und auf etwas deutete, er drehte sich um und sah das Mädchen am Tresen stehen, sie war kreidebleich geworden. „So, so!“ dachte der Alte schmunzelnd, „das Mädchen war also eine Taschendiebin“ Erklärend fügte er hinzu: "Meine Nichte. Sie ist zu Besuch und hilft mir im Laden." Der hob eine Augenbraue und musterte den Alten, doch er schien mit der Antwort zufrieden" Dann werde ich Sie nicht weiter behelligen und seien Sie gewiss, dass wir alles tun werden, um den Dieb so schnell wie möglich zu fassen!" damit drehte er sich um und ging davon. Der Alte schloss die Tür. Mit einem verschmitztem lächeln meinte er: "Hoffentlich ist der Kaffee noch heiß." Und ging an dem Mädchen zwinkernd vorbei. Er konnte sehen, das sie rot anlief.

Da stand sie nun im Türrahmen und trat nervös von einem Bein auf das andere, es war als ob sie nicht so recht wüsste, was sie nun tun sollte. Sollte sie bleiben? Immerhin hätte der alte Mann sie gerade verpfeifen können oder sollte sie davon laufen? Sie war eine Diebin und der Alte schien das genau zu wissen, doch er sagte nichts. Die Situation war ihr unerträglich . Der Alte hatte ihre Unsicherheit bemerkt und überlegte, hatte sie tatsächlich das Amulett bei sich? Und warum hatte sie keinen Schaden davon getragen? Ausser ihm hätte nur eine einzige Person es tragen können, das musste der Grund sein, da war er sich ganz sicher. Er musste es herausfinden und zwar hier und jetzt! Er deutete ihr an, sich zu ihm zu setzen. Für einen kurzen Augenblick blickte sie zwischen ihm und der rettenden Tür hin und her, doch aus einem ihr unerklärlichem Grund nahm sie im Sessel platz. Sie saßen wieder vor dem Kamin und schwiegen, der Alte sah sie aufmerksam an, zum ersten Mal sah er sich die Kleine genauer an. Sie war, trotz ihres makellosen Porzellanteints, ziemlich blass und sehr dünn, offensichtlich hatte sie seit langem keine anständige Mahlzeit mehr bekommen. Ihre grünen Augen strahlten etwas geheimnisvolles aus, das einzige was störte, war ihr unordentliches und zotteliges, langes, blondes Haar. Ihre zerschlissene Kleidung war auch kein besonders schöner Anblick, an vielen Stellen waren Löcher und nur wenige waren notdürftig geflickt worden. Die Stiefel die sie trug, waren ihr eindeutig viel zu groß und nur durch ein Wunder waren die Sohlen noch nicht gänzlich abgefallen. Alles in einem, bot sie einen bedauernswerten Anblick! Er beschloss das zu ändern, doch zuerst musste er wissen ob sie die jenige war.

„Zeig es mir!“, forderte er sie auf „Es ist wichtig!“ fügte er hinzu, als sie unruhig hin und her rutschte. Schließlich stand sie auf, verschwand im Laden und kam nach kurzer Zeit zurück, sie streckte ihm die Hand entgegen und da lag es. Das Amulett! Es lag in ihrer Handfläche, wie schön es war, er hatte es fast vergessen. Das Amulett hatte Achtecken, feine Linien verschlungen und verschnörkelten sich auf beiden Seiten ineinander, in der Mitte war ein blutroter Edelstein eingefasst und im Unterschied zu dem Medaillon, dass ihm vor drei Jahren von einem Draugr, einem Untoten gestohlen worden war, stand bei diesem, der Stein auf beiden Seiten hervor. Das Amulett war aus purem Gold. Beides, Kette und Amulett waren von Meisterhand gefertigt worden

Seine Augen leuchteten vor Begeisterung, sie war also, die Auserwählte. Noch zuvor war es ein Mädchen gewesen, aber das war für den Augenblick ganz egal, er wusste das er sie vorbereiten musste, koste es was es wolle. Doch für den Moment interessierte ihn nur eines „Wie ist es in deinen Besitz gelangt?“, seine Neugierde war kaum zu überhören. Sie zog ihre Hand zurück und hielt dabei das Amulett fest an sich gedrückt als sie sich in den Sessel zurückfallen ließ. Sie fing an zu erzählen. Sie gehörte zu einer Bande von Dieben, die schon seit Jahren Londons Strassen unsicher machten. Ihr Anführer, ein schlechter Kerl Namens Jack, hatte ihr befohlen, alles zu stehlen was der Courier bei sich trug. Die anderen, so sagte sie, hatten den Wachmann der ihn begleitete abgelenkt, während sie den Courier ausraubte. Doch er hatte um Hilfe geschrieen und so war ihr nichts anderes übrig geblieben, als davon zu laufen. Dabei hatte sie alles fortgeworfen und nur das Amulett behalten, aus irgendeinem Grund konnte sie es nicht wegwerfen. Als sie floh waren Wachmänner ihr gefolgt und erst in der Gasse war es ihr gelungen, sie abzuschütteln. Sie hatte versucht durch irgendeine Tür zu schlüpfen, doch erst hier war es ihr endlich geglückt. Sie endete mit ihrer Erzählung und sah ihn betreten an, doch zu ihrer Verwunderung schien er eher beeindruckt, als verärgert.

„Wenn unser Anführer, dieser Jack, mich findet, wird er mich bestrafen oder sogar schlimmeres. Er kennt kein Mitleid und wenn jemand einen Fehler macht, wird er aus dem Weg geräumt. Für Verräter und Versager hat er in seiner Bande keinen Platz.“ Tränen liefen über ihr Gesicht, sie sah in verzweifelt an, auf der einen Seite schämte sie sich, doch auf der anderen hatte sie furchtbare Angst und wusste nicht was sie tun soll.

Der Alte sah sie bestürzt an „Du bleibst bei mir, bis wir eine bessere Lösung gefunden haben“, sagte er. Jetzt, dachte er, jetzt musste er es ihr erzählen er hatte keine andere Wahl. Er räusperte sich und als sie ihn mit grossen Augen ansah, fragte er „Hat man dir schon einmal von der Legende Valgesia erzählt?“ sie schüttelte den Kopf.

„Valgesia“, begann er „ist eine andere Welt. Dort leben andere Wesen als hier, Elben würdevoll und geheimnisvoll im Wesen, exzellent im Bogenschießen, gute Dichter und Sänger. Sie sind sämtlichen Künsten zugetan, Zwerge mit langen Bärten, hervorragend im Umgang mit der Axt und vortreffliche Bergleute. Magor, raue Krieger, die den Ruf haben von Hexen und anderen Schaurigen Gestalten abzustammen, Ori die Weltenwanderer und die besten Heiler die es gibt. Und natürlich Druden, Najaden, Wehrwesen, Dryaden, Drivs und andere Wesen.“

Vor staunen blieb ihr der Mund offen stehen, es war faszinierend sich das vorzustellen. Wie wunderbar wäre es, wenn es diese andere Welt tatsächlich geben würde. Der Alte lächelte und fuhr fort.

„Vor vielen Zeitaltern, noch bevor wir geboren wurden, bestand eine Verbindung zwischen unserer und ihrer Welt. Die Menschen lebten mit ihnen im Einklang und Frieden, doch eines Tages fingen die Menschen einen grausamen Krieg an. Er dauerte Jahre und kostete vielen das Leben, die Menschen haben viele eiskalt dahin geschlachtet. Doch als alles verloren schien, tat sich ein Bündnis aus allen grossen Völkern Valgesias zusammen und die Menschen wurden besiegt. Als der Krieg vorbei war und die Toten beigesetzt, wurden die Menschen vertrieben, man kannte kein Erbarmen und wer nicht freiwillig ging, dessen Blut tränkte bald die Erde. Die Verbindung wurde gelöst und niemals wieder durfte ein Mensch Valgesia betreten.“

Gespannt hatte sie zugehört, eine Weile dachte sie darüber nach was sie gerade gehört hatte, schließlich fragte sie „ Aus welchem Grund haben die Menschen den Krieg begonnen? Es ist doch schön, wenn man Freunde hat und in Frieden lebt.“

Der Alte nickte zustimmend „Da hast du absolut Recht. Aber Menschen sind nicht perfekt und damals waren sie voller hass! Sie waren neidisch auf die großen Völker Valgesias, weil sie in ihren Augen Fähigkeiten hatten, die sie nicht besaßen. Irgendwann waren ihre Herzen so von neid zerfressen, dass sie beschlossen sich zu erheben. Sie dachten wenn sie erst mal die Macht haben, würden die anderen Völker ihnen all ihre Reichtümer geben und damit könnten sie die Fähigkeiten die sie nicht hatten wieder wett machen.“

Sie schüttelte den Kopf „Das ist das dümmste was ich je gehört habe! Wieso glauben die Meisten das Macht und Reichtum das einzig wahre auf der Welt ist?“

„Was ist denn deiner Meinung nach, das einzig wahre das es gibt?“, fragte er neugierig.

„Eine Familie, ein zu Hause und Freunde.“ , sagte sie leise.

Wieder liefen ihr Tränen über das Gesicht, zum erst mal verstand er wie einsam sie eigentlich war. Er fragte sich ob sie eine Familie hatte, doch er beschloss, sie nicht danach zu fragen. Nach einer Weile meinte sie „ Es hätte noch eine andere Möglichkeit gegeben.

“Welche?“ fragte er erstaunt.

„Sie hätten die anderen Völker bitten können, ihnen zu zeigen, wie sie ebenfalls diese Fähigkeiten erlangen konnten. Das wäre tausendmal besser gewesen, als sich abzuschlachten wie Vieh!“

Er war erstaunt über diese Antwort. Von einem so jungen Mädchen hätte er diese Weitsicht nicht erwartet. Das war der Beweis, dass sie die richtige ist. So saßen sie noch Stunden da, tranken Tee.

Er musste ihr alles über die Tore erzählen, es gab nur noch drei von ihnen, alle anderen hatte man nach der Vertreibung der Menschen vernichtet. Sie waren entweder vergraben oder komplett zerstört, er erzählte ihr das eines hier in London war, eines irgend wo auf dem Land und eins auf einer Insel. Sie vertraute ihm, auch wenn sie nicht recht wusste weshalb. Es schien. als würden sie sich bereits seit langem kennen. Der alte Mann hatte ähnliche Gedanken, aber auch er wusste nicht woher sie sich kennen sollten. Eines Abends, nachdem sie über die verschiedenen Möglichkeiten gesprochen hatten, wie man nach Valgesia gelangen könnte, fragte der Alte das Mädchen danach, wie sie zu der Diebesbande gekommen war. Sie saßen wieder vor dem Kamin, das war in dem Monat, den sie schon bei ihm war, zu ihrem Lieblings Platz geworden. Dort war es warm und gemütlich und man konnte die Gedanken bei einer Tasse heissen Tee schweifen lassen. Mittlerweile war es Winter geworden, ein sehr kalter noch dazu, der Schnee lag Knie hoch, auf den Strassen war kaum noch ein durchkommen und die Leute eilten dick vermummt von einem warmen Ort zum anderen. Große Eiszapfen hingen von den Dächern und an den Straßenlaternen Der Vorteil an dieser Jahreszeit war, dass kaum jemand in den Laden kam, die Leute blieben lieber daheim, deshalb waren sie nahezu ungestört. Auch die Diebesbande hatte es aufgegeben nach ihr zu suchen, einmal war einer durch die Gasse gegangen und hatte sich umgesehen, aber zu ihrem Glück hatte er sie nicht bemerkt. Sie wusste das sie nicht in Sicherheit war, sobald es Frühling werden würde, würden sie erneut nach ihr suchen. Das Feuer prasselte, der Alte legte noch etwas Holz nach, als er sich in seinen Sessel setzte fing sie an zu erzählen.

„Als ich noch ganz klein war, ungefähr fünf Jahre alt, bin ich mit meinen Eltern auf einen Jahrmarkt gegangen. Wir konnten uns so was eigentlich nie leisten und deshalb konnte ich immer nur den anderen zusehen. Aber an dem Tag, war alles anders, ich durfte zum erstenmal Zuckerwatte essen und sooft Karussell fahren wie ich wollte. Meine Eltern standen an der Seite und sahen mir dabei zu, doch plötzlich waren sie verschwunden, ich habe sie überall gesucht, doch ich habe sie niemals wieder gesehen.“

Sie schluckte und musste all ihre Kraft aufbringen um nicht zu weinen. Jetzt fiel es dem Alten wieder ein, er konnte sich an alles erinnern. Er konnte sich an das kleine verzweifelte Mädchen erinnern, dass weinend zwischen den Menschen umher gelaufen war. Er hatte sie damals angesprochen und ihr zusammen nach den Eltern gesucht, sie waren auch zu der ärmlichen Hütte gegangen in der sie gelebt hatten, doch sie war leer gewesen. Man hatte sie dann in ein Waisenhaus gebracht, sie hatte viel geweint und die erste Zeit hatte er sie besucht, aber eines Tages war sie davon gelaufen. Er erzählte ihr woran er sich erinnerte und zum ersten Mal lächelte sie.

„Ich bin damals in den Strassen umher geirrt, ich war davon gelaufen, weil ich adoptiert werden sollte. Ein Mann kam und hat nach Arbeitern für seine Fabrik gesucht, er wollte mich haben, aber ich wollte nicht. Da wurde Seife hergestellt und die Kinder mussten mit bloßen Händen in die Laugen fassen, deshalb bin ich fort. Einer aus der Bande, sein Name war Blake, hat mich aufgegriffen als ich etwas zu Essen stehlen wollte, er nahm mich mit zu Jack. Am Anfang war er sehr nett, er gab mir zu essen, neue Kleidung und einen Platz zum schlafen. Dann zeigte Jack mir was ich in der Bande zu tun hatte. Anfangs musste ich nur weinen um die Leute abzulenken, damit die Anderen Zeit hatten unauffällig die Leute zu berauben. Irgendwann war ich dafür zu alt und musste stehlen. Ich sollte zur Bewährung eine alte Dame beklauen, doch sie hat es bemerkt und mich angeschrieen, ich hatte soviel Angst das ich davon gelaufen bin. Jack der mich beobachtet hatte, prügelte mich später grün und blau, erst da habe ich gemerkt was er für ein Bastard ist. Er hat gedroht, mich in der Themse zu ersäufen, wenn ich mir noch einen Fehler leiste. Dann kam das mit dem Courier....“

Sie schwiegen. Als es dunkel wurde stand der Alte auf und schloss die Ladentür zu während sie das Abendessen vorbereitete. Sie aßen ohne rechten Hunger.

„Vor einigen Monaten sind wir in ein großes Haus eingebrochen. Durch dessen Fenster nur ich durch passte. Ich sollte eine Karte stehlen, Jack meinte sie würde in einem Bilderrahmen in der Bibliothek hängen. Er bläute mir ein, dass ich sie auch richtig ansehen sollte. Also stieg ich durch das Fenster und schlich in die Bibliothek. Sie war tatsächlich in einem Rahmen, aus dem ich sie rausholte. Die Karte war sehr alt, ich spürte überall ein kribbeln als ich sie ansah. Sie veränderte sich, erst war darauf eine Insel, im nächsten Augenblick verschwand sie und überall waren Bäume und Berge, Städte und Dörfer. An den Rändern waren dünne Linien die sich bewegten. Jack hat nach der Karte gegiert, er hat sie mir aus der Hand gerissen und niemand durfte sie danach auch nur ansehen. Ich habe ihn heimlich beobachtet, als er die Karte ansah, passierte gar nichts und er war stink wütend. Er hat sie in einem Buch versteckt und es versehentlich verkauft.“ Meinte sie schadenfroh.

„Man, hat der geflucht. Er hat gedroht, wenn wir ihm das Buch nicht wieder beschaffen würde er uns alle umbringen. Aber wir konnten es nicht stehlen, weil das Geschäft gut bewacht wurde.“

Der Alte war aufmerksam geworden. Es gab also eine weitere Karte, er musste sie haben, damit sie eine größere Chance hatten nach Valgesia zu gelangen, wenn ein Tor unpassierbar sein sollte.

„Weißt du wie das Geschäft heisst? Wir müssen diese Karte unbedingt holen, Jack darf sie um keinen Preis zurück bekommen!“

Sie nickte „Das Geschäft heisst Duncan & Söhne. Das Buch liegt in einem Schaukasten. Das Geschäft ist lang und schmal, wenn man zur Tür hereinkommt, ist nach ungefähr zwei Schritten eine Stufe. Sie müssen nach hinten durchgehen, hinter einem großen Regal, stehen einige Sessel, da ist auch ein Kamin, darüber hängt ein Bild und da ist auch der Schaukasten mit dem Buch. Aber seien sie vorsichtig, Jack schickt oft Leute um nachzusehen ob es noch da ist.“

Kapitel 2

Gleich am nächsten Morgen wollte er sich aufmachen, um das Buch zu holen. Es war ein scheußliches Wetter, ein Schneesturm wütete über der Stadt, man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Als der Alte vor die Türe trat, seufzte er, doch es half nichts, er durfte nicht länger warten. Also stapfte er los. Eingepackt in einen dicken, langen Mantel, hinter einem Schal verborgen und die Mütze tief ins Gesicht gezogen. An manchen Stellen versank man bis zur Hüfte im Schnee, doch hier und da hatte man enge Pfande frei geschaufelt, damit man einigermaßen voran kam. Er hatte sich den Weg genau beschreiben lassen und so hatte er keine Schwierigkeiten das Geschäft zu finden. Duncan & Söhne lag in einem guten Geschäftsviertel, wo wohlhabende Bürger pflegten ihren Besorgungen nachzugehen. Einfache Leute suchte man hier vergebens, der alte Mann kam sich fehl am Platz vor, zwischen all den dicken Pelzmänteln und dem wertvollen Schmuck, dabei war er ja selbst ein Geschäftsmann. Das Schaufenster von Duncan & Söhne war bereits weihnachtlich Dekoriert, eine Tannengirlande mir Strohsternen und Christbaumkugeln zierte die Oberfront des Fensters, in der Auslage war eine Krippe aufgestellt, darum standen viele dicke und weniger dicke Kerzen, nur das Jesuskind wirkte neben den anderen protzigen Figuren, ein wenig armselig. Wäre es nicht in ein blaues Tuch gewickelt, man hätte es im Stroh nicht sehen können. Die Menschen eilten achtlos daran vorüber, sie schienen damit beschäftigt, wo sie ihren Reichtum als nächstes zur Schau stellen konnte um Dinge zu kaufen, die sie eh nicht brauchten. Schade, dachte der Alte, dass die meisten nur auf Kommerz und zur Schaustellung als auf das miteinander eingestellt sind. Er öffnete die Tür zu Duncan & Söhne, einige Glöckchen die über der Tür hingen klingelten sacht. Als er die Tür hinter sich schloss, eilte ein junger Mann im feinen Anzug und Krawatte herbei. Er hatte platt gekämmtes Haar, das so gerade rechts und links an seinem Kopf klebte, als hätte er es mit einem Lineal genausten abgemessen, selbst der Mittelscheitel war penibelst gerade, jedes Haar war genau an seiner Vorhergesehenen Stelle. Er lächelte breit und zeigte dabei seine makellos weißen Zähne

„ Einen schönen guten Morgen, mein Herr. Willkommen bei Duncan & Söhne. Mein Name ist Rupert Duncan, wie kann ich Ihnen behilflich sein?“

Der Alte sah ihn an, das Lächeln schien ihn sehr anzustrengen, denn es glich mittlerweile einer verkrampften Fratze. Er grinste und antwortete freundlich „ Vielen Dank. Ich werde mich erst einmal ein wenig umsehen, wenn es ihnen nichts ausmacht.“

Der junge Rupert schüttelte den Kopf, wobei er noch immer breit grinste, dann drehte er sich um und eilte davon, der alte Mann sah ihm nach und ging durch den Laden zu dem Kamin. Hier war alles genauso, wie sie es ihm beschrieben hatte. Alle Regale standen im exakt gleichem Abstand und in jedem standen die Bücher feinsäuberlich nach Größe sortiert. Die Bücher waren in feinstes Leder gebunden und mit goldener Schrift verziert, manche wurden sogar auf einem samtenen Kissen präsentiert. Schließlich fand er den Schaukasten am Kamin. Es war eine Leseecke, mit geblümten Sesseln und einem riesigen Kamin, in dem ein Feuer loderte, auf dem Bild das über dem Kamin hing, waren einige fette Engel zu sehen. Es war ein scheußliches Bild. Der junge Duncan eilte erneut herbei, diesmal mit einem etwas weniger verkrampften lächeln, er bemerkte dass sich der Alte für das Buch interessierte.

„ Darf ich ihnen das Buch näher zeigen?“ fragte er höflich und fuhr mit öliger Stimme fort, „Es ist von einem sehr berühmten Autoren verfasst worden. Von diesem Exemplar gibt es nur eine sehr begrenzte Anzahl von Büchern, welche natürlich sehr schwer zu haben sind.“

Er grinste breit und lobte das Buch weiter in den höchsten Tönen, der Alte besah sich das Buch genauer, daran war nichts besonderes, der Einband war alt und rissig, an manchen Stellen war das Leder ganz ausgefranst und die Schrift war kaum noch zulesen. Man hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht es zu restaurieren, auch der Titel zeigte das es im Grunde absolut wertlos war. Es war ein Schundroman, den man an jeder Straßenecke kaufen konnte. Der Alte zeigte sich interessiert und tat so, als wenn er den Schwindel nicht bemerkt hätte. Als er andeutete es zu kaufen, schwebte der junge Mann freudestrahlend davon, hatte er doch gerade das Geschäft seines Lebens gemacht. Er grinste noch breiter und begann euphorisch das Buch einzupacken, ganze acht Pfund musste der Alte bezahlen.

„Vielen Dank und beehren Sie uns bald wieder“ flötete der junge Mann und verabschiedet ihn wild winkend. „Halsabschneider!“, dachte er als er das Geschäft verließ, hinter ihm vollführte der junge Rupert Duncan einen Freudensprung. Beim rausgehen stieß der Alte mit einem schauderhaften Kerl zusammen, der Fremde hatte einen ungepflegten Dreitagebart, zerzaustes, fettiges Haar, buschige Augenbrauen die über beide Augen wucherten und er roch nach Schnaps. Es war ein unangenehmer Zeitgenosse, er grinste den Alten an und entblößte dabei seine schiefen, gelben Zähne. Eine Fahne aus Tabakgeruch und Schnaps wehte ihm entgegen und er musste würgen. Schnell eilte der Alte davon und als er gerade um eine Häuserecke verschwand hörte der Rupert Duncan kreischen

„Tut mir aufrichtig leid mein Herr, aber das Buch das Sie suchen, wurde soeben käuflich erworben.“

Der Kerl fluchte und der alte Mann eilte schnell nach Haus. Es war schon dunkel und er war ganz durchnässt und halb erfroren, was ihm den weg noch mehr erschwerte. Noch immer fielen dicke Flocken vom Himmel, sodass er kaum voran kam. Er schloss die Ladentüre auf, drinnen war es dunkel, nur das schemenhafte Flackern des Feuers war zu sehen. Nach dem er die Tür verschloss ging in den Nebenraum. Das Mädchen hatte sich im Sessel zusammengerollt und schlief. Er lächelte bei ihrem Anblick. Kopfschüttelnd wurde ihm bewusst, wie sehr er sie bereits in sein Herz geschlossen hatte. Sie war keine Nichte als viel mehr seine Tochter die er nie hatte. Leise ging er zu seinem Platz hinüber, zog sich einen Stuhl heran damit der Mantel am Kamin trocknen konnte, er zog sich die Stiefel aus und stellte sie unter den Stuhl, worauf er sich anschließend setzte und es sich gemütlich machte. Die wärme kroch in seine ausgestreckten Füße. Er nahm das Buch und sah es sich genauer an, als er den Titel las, schüttelte er den Kopf, für so einen Schund hatte er soviel Geld bezahlt. Es ärgerte ihn. Der Titel lautete „Die Kaschemme der Lust“ es war ein noch schlimmerer Schundroman als er befürchtet hatte, er schlug den hinteren Buchdeckel auf und suchte nach der Karte. Hätte er nicht gewusst das sie dort versteckt war, wäre sie wohl von ihm übersehen worden. Sie war gänzlich unter den Einband geschoben, lediglich eine kleine Ecke sah hervor. Er zog sie heraus, entfaltete sie und sah sie sich genau an. Bei genauerer Betrachtung veränderte sich die Zeichnungen, genauso wie das Mädchen es beschrieben hatte. Er staunte, die Karte war noch genauer als die, die er bereits hatte. Es faszinierte ihn wie die Insel den Bäumen und Bergen wich. Am nächsten Tag war er schon früh aufgestanden und suchte nach den Pergamentrollen, das Mädchen sollte Drakon lernen, die Sprache der Drachen und Veriin, die Sprache der Elben. Außerdem musste sie alles über die verschiedenen Völker und Wesen Valgesias wissen. Emsig suchte er nach den Pergamentrollen und fand sie schließlich auf dem staubigen Dachboden in einer alten Kiste. Als sie am Morgen erwachte und nach dem frisch machen etwa Frühstücken wollte, war der Tisch über und über mit Pergamenten vollgepackt. Der Alte war ganz darin vertieft, sie in einer bestimmten Reihenfolge zu ordnen, als er sie bemerkte winkte er sie zu sich.

„Ab heute bringe ich dir alles bei was ich weiss. Als erstes solltest du die Sprachen lernen, die zwei wichtigsten sind Veriin und Drakon. Versprich mir, dass du sie fleißig lernst.“ , sie versprach es. „Und du wirst alles über die großen Völker und die verschiedenen Wesen lernen.“

Während er sich daran machte das Feuer im Kamin neu zu entfachen, sagte er ungeduldig „Setz dich! Setz dich!“ und wedelte mit dem Finger in Richtung Sessel. Sie tat wie ihr geheißen und machte es sich bequem. Auch der Alte nahm Platz „Gut, wo fange ich am besten an?“ , er überlegte eine Weile und fuhr dann fort „Es gibt mehrer große Völker in Valgesia. Da sind zum Beispiel die Ori, früher wanderten sie zwischen der unsrigen und der ihrigen Welt hin und her. Die Ori pflegten die Freundschaft und den Frieden zwischen den Welten. Ori waren gute Heiler und verstanden viel von der Pflanzenkunde, überhaupt lebten sie im einklang mit der Natur. Meist in kleinen Dörfern die gut geschützt oder versteckt lagen. Leider wurden die Meisten des Volkes von den Menschen und einem Pack Namens Narzka getötet.“

„Warum?“ fragte sie erschüttert

„Weil sie die Einzigen waren die zwischen den Welten umher wandern konnten und die Menschen hatten angst, dass sie ihnen folgen und Rache nehmen würden.“

Er fuhr fort. „In der Wüste lebt das Volk der Magor. Sie sind Diebe und Plünderer, deshalb glauben die meisten sie würden von Hexen und anderen finsteren Gestalten abstammen. Im krieg haben sie die eroberten Städte geplündert, die Männer getötet, die Frauen vergewaltigt und die Kinder geraubt um sie als Sklaven zu halten.“

Der Mund blieb ihr offen stehen, sie wollte fragen wieso, aber sie bekam kein Wort heraus. Der Alte antwortete auf ihre stumme Frage.

„Sie sehen es als ihr vorrecht an. Aber keine Sorge ansonsten hat man von ihnen nichts zu befürchten.“

Es beruhigte sie keinesfalls, doch sie schwieg und hörte weiter zu.

„Wo waren wir...ach ja. Da sind die Zwerge, kleine tapfere Bergleute mit langen Bärten, buschigen Augenbrauen, gut im Umgang mit der Axt. Aus Edelsteinen vollbringen sie Meisterwerke und aus Metall schmieden sie die Wiederstandsfähigste Rüstung die es gibt. Es wird unwahrscheinlich sein, dass wir ihnen begegnen, sie bleiben lieber unter sich. Die Elben, auch das edle Volk genannt, schlank und hoch gewachsen, mit Augen so klar und blau wie ein Bergsee und Haare so hell wie das Sonnenlicht. Auch sie leben mit der Natur, sie sind hervorragende Dichter und Philosophen. Manche können singen wie ein Nachtigall und sie sind exzellente Schwertkämpfer und Bogenschützen, Ihrem Auge entgeht so gut wie nichts, sie können sehen was deinem oder meinem Auge noch lange verborgen bliebe und sie können sehr gut hören, selbst das Trippeln einer Ameise vernehmen sie laut und deutlich.“

Ihre Augen glänzten vor Begeisterung, die Elben machten sie neugierig, hoffentlich so dachte sie, würden sie welchen begegnen. Sie sprachen noch lange über die Völker, er erzählte ihr alles was er wusste, wie sie lebten, wie die Städte und Dörfer hießen. Am Nachmittag machten sie eine Pause und aßen eine Kleinigkeit. Der Alte ging danach in den Laden und schloss ihn auf, er hatte es ganz vergessen. Vor der Tür stand ein dicklicher Bursche, er hatte sich notdürftig in seinen Mantel gewickelt und rieb seine kalten Hände. Er schien erleichtert, als die Tür aufgeschlossen wurde und kam auch gleich herein. Er tippte sich dabei an die Stirn zum Gruße und sah sich um. Dem Alten kam das sehr merkwürdig vor, denn der Bursche interessierte sich keineswegs für irgendetwas im Laden, sondern er kramte hier herum und da herum und beobachtete den Alten aus den Augenwinkeln. Nach einiger Zeit ging der hinaus und tippte sich dabei wieder an die Stirn. Was für ein merkwürdiger Bursche, dachte der Alte und ging nach Nebenan, das Mädchen saß in der Ecke und war ganz blass. Er hockte sich herunter und fragte was ihr fehlen würde „Das war Blake“ flüsterte sie „Jacks zweite Hand.“ Ehe er antworten konnte, öffnete sich die Tür erneut und jemand mit schweren Stiefeln kam herein, er ging auf und ab, dann rief eine tiefe, kratzige Stimme „Mr. Wendilan?“

Der alte ging nach nebenan. Da stand der unangenehme Typ mit dem er bei Duncan & Söhne zusammen gestoßen war. Als er ihn erblickte, machte er sich am Tresen breit und grinste ihm entgegen, mit seinem Finger pickte er etwas aus seinen Zahnzwischenräumen. Der Alte schüttelte sich, er wusste das dieser besuch nichts gutes zu bedeuten hatte, doch trat näher, fing an zu lächeln und fragte höflich „ Einen schönen guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“

Der Fremde lehnte seinen massigen Oberkörper weit über den Tresen und winkte ihn lässig heran „Sie haben etwas das mir gehört, Mr. Wendilan.“ sagte er süffisant und fuhr mit einem Finger über die Holzoberfläche des Tresens. Der Alte tat überrascht „Ach, habe ich das?“

„Sie haben gestern etwas bei Duncan & Söhne erstanden. Ein Buch, es gehört mir und ich hätte es gerne wieder!“ hämisch sah er den Alten an und knackte drohend mit seinen Knöcheln. Der Alte ließ sich davon keineswegs beeindrucken, doch er wusste dass er vorsichtig sein musste, trotzdem konnte er sich einen kleinen Schabernack nicht verkneifen.

„Och das. Naja wissen sie, dieses Buch kann ich ihnen nicht geben. Ich restauriere es nämlich gerade. Ein solches Meisterwerk der Schreibkunst muss für die Nachwelt erhalten bleiben. Sie werden sich also noch eine Weile gedulden müssen. Kommen sie in einigen Wochen wieder, dann steht es zum Verkauf. Ach, wie sagten sie sei ihr Name?“

„Jack. Einfach nur Jack.“

„Gut Mr. Jack, wie ich ihnen bereits sagte werden sie sich noch etwas gedulden müssen, ehe sie das Buch zurück kaufen können.“

Jetzt wich jede geheuchelte Freundlichkeit aus Jacks Gesicht, er mahlte mit seinem Unterkiefer, ballte die Fäuste und sagte mit drohenden Unterton „In zwei Tagen komme ich wieder Mr. Wendilan und dann rate ich ihnen mir mein Eigentum zurück zu geben oder sie werden nicht mehr dazu kommen weitere Geschäfte zu machen. Wenn sie verstehen...“

Er zog ein Messer aus seiner Hosentasche und rammte es mit voller Wucht in das Holz des Verkaufstresens „Das ist zur Erinnerung, Mr. Wendilan!“ dann drehte er sich um und ging zur Tür. Vor dem rausgehen drehte er sich noch einmal um „In zwei Tagen alter Mann.“ , dann war er verschwunden. „Das war also dieser Jack“ ,dachte der Alte „Was für ein unangenehmer Zeitgenosse!“

Das Mädchen sah vorsichtig um die Ecke, sie kauerte noch immer auf dem Boden, sie war kreidebleich und zitterte „Er wird sie umbringen. Wir müssen verschwinden, sofort!“

Der Alte schüttelte den Kopf, es war unmöglich, dass sie jetzt schon gingen, er hatte ihr noch nicht alles beigebracht, doch sie wollte davon nichts hören und flehte ihn an heute Nacht noch zu fliehen. Sie stritten darüber was sie nun tun sollten, während sie schnellst möglich verschwinden wollte, wollte er ausharren und abwarten was passieren würde. Immer wieder sagte er dass es so schlimm nicht werden würde und das sie sich keine Sorgen machen sollte, Jack würde ihm schon nichts tun. Das Mädchen lief umher und sammelte alle wichtigen Sachen zusammen, damit sie nur noch eingepackt werden mussten und sie endlich gehen konnten. Der alte Mann blieb stur, er wollte nicht gehen und seinen kleinen Laden zurück lassen. Es dämmerte, als eine Frau in den Laden kam, sie war ganz ausser Atem „Phinneas. Phinneas wo bist du?“

Das Mädchen stand am Tresen und sortierte einige der alten Bücher, die Frau kam näher, sie war eine Blumenverkäuferin drüben am Markt, sie trug ihren roten Mantel, einen dazu passenden Hut und einen schwarzen Schal „ Kindchen, sag wo ist Phinneas?“

Sie wies auf eine schmale steile Treppe, die zum Dachboden führte.

„Er ist da oben, schon eine ganze Weile.“

„Danke, Kindchen.“

Als sie vorbei ging verströmte sie einen penetranten Geruch von Mottenkugeln, was ihr den Atem raubte, sie zum husten und niesen brachte. Im nächsten Moment fuhr sie erschrocken zusammen, als die fremde Markerschütternd brüllte „PHINNEAS WENDELIN!“

Von oben rumpelte und fluchte es, einen Moment war stille, ehe er um die Ecke nach unten blickte und rief „Meredith, altes Mädchen, schön dich zu sehen.“

Er kam die Treppe herunter und rieb sich Knie und Ellenbogen, offenbar hatte er sich an etwas gestoßen.

„Meredith, ich freue mich. Komm trinken.....“ , doch weiter kam er nicht, sie unterbrach ihn rüde. „Phinneas du alter Esel, was hast du nur wieder angestellt?“ sie war verärgert und machte sich lauthals Luft „Ausgerechnet mit diesem Halunken Jack musstest du dich anlegen. Wenn du Klug bist, dann verschwindest du so schnell du kannst. Am besten heute noch!“

Während sie ihn anbrüllte zerrte sie ihn in Richtung Tür, der Alte machte sich los.

„Dieser Jack ist harmlos, Meredith. Reg dich nicht auf, es gibt keinen Grund zur Sorge.“

„Keinen Grund zur Sorge? Sag mal SPINNST DU? Dieser Jack ist das schlimmste was London zu bieten hat. Er ist nicht nur ein Dieb sondern auch ein Mörder.“

„Sie hat recht Mr. Wendilan. Wir müssen fliehen und zwar sofort!“ , das Mädchen war hinter dem Tresen vorgekommen und sah ihm direkt in die Augen „Bitte, wir müssen fort!“

„Die Kleine hat Recht, er versammelt bereits seine Leute, es sieht nicht gut für dich aus. Sei froh, wenn du noch rechtzeitig davon kommst!“

Er schüttelte den Kopf, das ging alles zu schnell, es lief nicht so wie er es geplant hatte, sie würde unvorbereitet in Valgesia ankommen. Das Mädchen hatte noch soviel zu lernen. Doch er erinnerte sich wie erstarrt sie gewesen war, als sie das Messer im Tresen erblickt hatte. Anscheinend hatten sie wirklich keine andere Wahl, schließlich nickte er. Die beiden Frauen schienen erleichtert zu sein, jetzt musste alles schnell gehen, sie packten eilig alles nötige zusammen. Während Meredith mit dem Mädchen Kleidung und etwas zum Essen einpackte, suchte er alle wichtigen Pergamentrollen zusammen und verstaute sie in seinem Rucksack. Die Karte die zum Tor hier in London führte steckte er in seine Manteltasche. Kurze Zeit später hatten sie sich ihre Stiefel und Mäntel angezogen, jeder trug seinen Rucksack und so marschierten sie los. Ihm passte es ganz u gar nicht, dass sie so überhastet davon rannten, er bat Meredith auf seinen Laden aufzupassen ehe sie sich verabschiedeten. Das Mädchen drängelte, sie konnte gar nicht schnell genug verschwinden, sie wurde auch erst ruhiger als sie eine Weile unterwegs waren und weit genug weg vom Laden. Sie führte ihn durch viele verwinkelte Gassen und Hinterhöfe, in der Hoffnung keinem von Jacks Bande in die Arme zu laufen. Als sie eine kurze Rast in einem Hauseingang machten, schaute der Alte nach dem Weg. Er zog die Karte aus seiner Manteltasche und rollte sie aus einander. Es hatte wieder angefangen zu schneien, erst fielen vereinzelt ein paar dicke Flocken, doch nach und nach fielen sie dichter vom Himmel, die Wolken färbten sich grau und wurden allmählich schwarz. Das schwache Licht der Strassenlaternen machte das studieren der Karte nicht besonders leicht und so dauerte es eine Weile bis er den rechten Weg gefunden hatte. Das Tor lag im Hinterhof einer Kirche, er prägte sich den genauen Weg ein und verstaute die Karte wieder in seiner Manteltasche. Sie machten sich wieder auf den Weg. Im dichten Schneetreiben war es schwierig die Straßenschilder zu lesen, denn die Flocken fielen so dicht dass man seine eigene Hand vor Augen nicht sehen konnte. Nach zwei Stunden hatten sie die Nebenstraße in der die Kirche lag endlich gefunden. Auf ihrem Weg mussten sie ab und zu hinter einer Häuserecke oder Mülltonnen in Deckung gehen, sie konnte es nicht riskieren gesehen zu werden. Der Alte war erleichtert, bisher war nichts ungewöhnliches passiert. Vorsichtig öffneten sie das Eisentor vom Gitterzaun, der das Grundstück der Kirche abgrenzte. Es quietschte ein wenig. Langsam und Vorsichtig, damit sie den Priester nicht aufweckten, schoben sie es auf und traten auf das Gelände. Das Mädchen hatte das Gefühl die Wasserspeier würden ihnen strafende, verächtliche Blicke zuwerfen. Sie fühlte sich beobachtet, es war ihr unheimlich, doch der alte Mann ging unbeirrt vorwärts. Sie mussten um die Kirche herum gehen und folgten einem gepflasterten Weg, der zu beiden Seiten mit kleinen Hecken begrenzt war, Bäume standen auf dem zugeschneiten Rasen. Neben dem Eingang zur Kirche führte ein Pfad unter einer Trauerweide zum Hinterhof. Hier sah alles ganz anders aus. Hohe Sträucher verdeckten die Sicht auf das Nachbargrundstück, Kletterpflanzen wucherten an der Hinteren Fassade und verdeckten die gesamte Rückseite der Kirche, auch hier standen vereinzelt einige Bäume, wie stumme Wächter. Das alles ließ den Hinterhof unheimlich wirken.

„Es muss ein Tor aus Stein sein“ ,flüsterte der Alte „Such danach!“

Sie suchten in den unterschiedlichsten Winkeln, versteckt hinter Sträuchern und einer weiteren Trauerweide, fanden sie es schließlich. Es war ein steinender Torbogen aus alten klobigen Steinen. Rechts und links waren kleine Mauern angedeutet, die fließend zum Torbogen über gingen. Es war überwuchert mit Flechten, Schlingpflanzen und Moos, der Alte konnte es fühlen als er näher trat.

„Komm!“ ,sagte er leise doch niemand antwortete. Als er sich umdrehte sah er Jack mit einem seiner Handlanger, der das Mädchen fest im Würgegriff hatte. Jack lachte siegessicher und kam näher „Hatten sie wirklich geglaubt, ich hätte sie unbeobachtet gelassen Mr. Wendilan?“

Seine Frage klang durch und durch belustigend. Er wies auf seine Begleiter, der das Mädchen fest im Griff hatte.

„Mein Freund Schleicher ist ein Meister der Tarnung. Er ist ihnen gefolgt und hat mir mitgeteilt wo sie sich aufhalten. Hat ihnen unsere hübsche Eleanor nicht gesagt wo unser Versteck liegt? Es ist gar nicht weit von hier.“

Sein lachen war wie hundert Peitschenhiebe.

„Und jetzt Mr. Wendilan, hätte ich gerne mein Eigentum zurück. Geben sie mir die Karte oder der Kleinen passiert was!“

Jack schnipste mit dem Finger, Schleicher zog darauf hin ein Messer aus seiner Tasche und drückte es dem Mädchen an die Kehle. Sie wehrte sich, doch Schleicher war eindeutig stärker. Wohl oder übel musste er die Karte herausgeben. Er hatte keine andere Wahl, das Mädchen musste um jeden Preis am Leben bleiben. Missmutig überreichte er Jack die Karte der sie feixend aus seiner Hand riss. Neugierig rollte dieser sie auseinander, anscheinend war seine Gier so groß dass er nicht einmal bemerkt hatte, dass es die falsche Karte war. Jack witterte großen Reichtum und achtete nicht auf die Worte, die auf der Karte erschienen, als er zum Tor ging.

„Nun, Mr. Wendilan warum verraten sie mir nicht was ich zu tun habe.“ Der Alte schwieg.

„Mr. Wendilan, ich bin kein besonders geduldiger Mensch, also sollten sie sich gut überlegen ob sie das Leben der Kleinen aufs Spiel setzten wollen.“

„Sie müssen nichts weiter tun, als hindurch zu gehen.“

Jack tat wie ihm der Alte geraten hatte, er stellte sich unter den Torbogen und trat einen Schritt vor. Zuerst geschah nichts, dann leuchtete es unter dem Tor bläulich auf, erst wie flimmern und dann wie ein blauer Vorhang. Er streckte die hand aus und tauchte sie in das blaue Licht, ein zischen und pfeifen war zu hören, erschrocken zog Jack seine Hand heraus und versteckte sich hinter dem Mauerrest. Es wurde schlagartig kalt, dabei waren sowieso schon Minustemperaturen, die Schneedecke gefror in sekundenschnelle zu einer dicken Eisschicht, die Flocken erstarrten in der Luft und hingen wie weiße Kugeln bewegungslos in der Dunkelheit, ihre Atemluft zerfiel zu feinem Schneestaub, der lautlos zur Boden rieselte.

Das zischen und pfeifen wurde lauter, es war so gell und Ohrenbetäubend, dass sie sich die Ohren zu hielten. Schleicher schrie entsetzt auf und vergaß das Mädchen völlig, sie riss sich los und ging in Deckung hinter einem Strauch. Sein Blick haftete auf der blassen Gestalt die aus dem Torbogen trat, die Haut war so zart dass man hindurch auf die Knochen sehen konnte, sie spannte sich eng an das Skelett. Mit wässerigen Augen starrte das Wesen zurück, die Pupillen glühten rot. Der Alte brachte sich in Sicherheit, er robbte bäuchlings über das Eis, hinter einen der Büsche, die einem Eisgerippe ähnelten. Die Fenster der Kirche knirschten bedenklich und drohten zu zerbersten, sie mussten weg von hier. Eleanor die ebenfalls hinter dem Strauch in Sicherheit gegangen war, sah ihn entsetzt an. Er zog sie mit sich fort, als sie unter der Weide waren rannten sie los ohne sich noch einmal umzudrehen.

„Lauf Eleanor! Lauf weiter, dreh dich nicht um!“ rief der Alte als sie die Strasse runter rannten, der Alte wusste ganz genau was das für ein Wesen war, ihm war schon einmal solch eine Kreatur begegnet, vor drei Jahren in seinem Laden.

Schleicher stand wie versteinert und starrte auf das Wesen, das langsam näher kam bis es direkt vor ihm stand. Er wollte schreien, doch es blieb ihm im Halse stecken, verzweifelt suchte er nach Jack, doch der hatte sich gut versteckt und war nirgends zu sehen. Das fremde Wesen streckte seine Arme nach ihm aus, dünne Hautfetzen hingen herunter, die dünne Haut spannte sich bis sie an einigen Stellen aufplatze. Mit seinen skelettartigen Händen nahm er Schleichers Kopf und öffnete den Mund. Es klang wie ein röcheln, als wenn jemand verzweifelt nach Luft ringen würde. Doch das Wesen rang nicht nach Luft, sondern sog Schleichers Lebenskraft auf. Wie feine Seide verließ der Lebenswille Schleichers Körper, er versuchte sich zu wehren, doch er war wie versteinert und konnte sich vor Angst nicht rühren. Als das Wesen all seinen Lebenswillen aufgesogen hatte, ertönte ein Schrei und alles was von Schleicher übrig geblieben war, zerfiel zu Staub und hinterließ einen schwarzen Fleck auf dem Eis. Danach verschwand es wieder so wie es gekommen war, es hatte seinen Zweck erfüllt und das Tor vor fremden Eindringlingen beschützt.

Jack hatte die ganze Zeit in seinem Versteck gesessen, zwar hatte er nicht sehen können was passiert war, aber er hatte es gehört und es hatte ihm einen Schrecken eingejagt. Er schwor Rache an dem alten Mann und der Kleinen, dann stand er auf, sah sich noch mal im Hof um ob das Wesen auch wirklich verschwunden war, ehe er davon eilte.

Der alte Phinneas zerrte das Mädchen am Mantel hinter sich her, sie rannten und rannten, gönnten sich Pausen nur zum durchatmen. Kurz vor der Morgendämmerung kamen sie am Bahnhof Kings Cross an. Völlig außer Atem betraten sie das große Gebäude, in der Menge würden sie möglichen Spitzeln von Jack nicht weiter auffallen. Erschöpft ließen sie sich auf eine Bank fallen und ruhten sich einen Augenblick aus, dann ging der Alte los um Fahrkarten zu kaufen. Das Tor in London konnten sie vergessen, sie mussten aufs Land fahren. Hoffentlich hatten sie dort mehr Glück!

Kapitel 3

Gemütlich fuhr der Zug in die Morgendämmerung hinein. Der Himmel färbte sich orange und ging langsam ins blau über. Es waren keine Wolken am Himmel und die Sonne mühte sich ein wenig Wärme zu verbreiten. Das Abteil war leer und schön warm, Eleanor hatte sich auf einer der Sitzbänke langgemacht und schlief, auch der Alte lehnte mit dem Kopf am Fenster und döste vor sich hin. Erst als draußen jemand mit einem Servierwagen vorbei ging, erwachte er und sah aus dem Fenster. Die verscheite Landschaft flog an ihrem Fenster vorüber. Ab und an sah man in der Ferne ein paar Häuser stehen aus deren Schornsteine rauch aufstieg. Verschneite Bäume und Sträucher wirkten wie Eissäulen und die weißen Wiesen und Felder stachen in den Augen. Er hatte freie Sicht doch er war ganz in Gedanken versunken, das ein Draugr das Tor beschützt hatte machte ihm Sorgen, was würde bei dem zweiten Tor auf sie lauern? Es dauerte Stunden ehe sie am Ziel ankamen. Mitten in der zugeschneiten Landschaft stoppte der Zug und sie stiegen aus, ein Holzsteg diente als Bahnsteig. Es stürmte und die Flocken pieksten wie Nadeln, als der Wind in ihre Gesichter wehte. Sie wickelten sich fester in ihre Mäntel, schlangen die langen Schals um ihre Köpfe um sich vor der beißenden Kälte zu schützen und stapften los. Eine kleine Treppe führte von dem Holzsteg herunter, die Treppen waren vereist und rutschig. Vorsichtig stiegen sie die Stufen runter und folgten der Strasse. Die Strasse führte in ein Dorf, es war nicht besonders groß und glich einem Bild auf einer Postkarte. Die Dächer ächzten unter der dicken Schneelast, die Fenster waren voller Eiskristalle und nur kleine runde Stellen waren frei zum gucken. Auch hier war alles weihnachtlich geschmückt. In den Fenstern brannten Laternen und Kerzen, es duftete herrlich nach Lebkuchen und Gewürzen. Sie gingen auf einen Pub zu, vor deren Türe sie stehen blieben um sich den Schnee aus den Mänteln zu klopfen. Dann öffneten sie die Tür und traten ein. Der Pub war gut besucht, alle sahen sie neugierig an- anscheinend kamen nicht oft Besucher in diese Gegend. Der Alte grüßte freundlich und zog das Mädchen zu einem Tisch in der Ecke, in dessen nähe ein Holzofen stand, der ihnen mollige Wärme spendete. Der Wirt kam zum Tisch und der Alte bestellte zweimal lauwarmes Bier. Sie hingen ihre Mäntel über ihre Stuhllehnen zum trocknen, Eleanor verzog das Gesicht, denn lauwarmes Bier war das abscheulichste Gesöff, dass sie jemals getrunken hatte. Einer der Dorfbewohner kam auf sie zu „ Einen schönen guten Abend. Darf ich fragen was sie in unser beschauliches Dorf führt?“

„Wir sind nur auf der Durchreise und würden gerne für eine Weile hier bleiben bis das Wetter besser wird.“

„Das könnte einige Zeit dauern! Der Winter hat ja erst angefangen.“

„Sagen sie mein Herr, wüssten sie vielleicht eine günstige Unterkunft für meine Nichte und mich?“ ,fragte er den Fremden.

„Aber sicher“ antworte dieser und zeigte auf den Wirt der gerade Whisky ausschenkte „Hier im Pub sind noch genügend Zimmer frei. Fragen sie Geoffrey Wilkox ihm gehört der Pub.“

„Vielen Dank! Mein Name ist übrigens Dädalus, Dädalus Jacobs.“ Er hasste es zu lügen, aber der Umstand ihrer Reise zwang ihn dazu. Er reichte dem Mann die Hand.

„Mein Name ist Charles, Charles Miller. Trinken wir noch eine Kleinigkeit?“

Der Alte lehnte das Angebot nicht ab und so bestellte Charles noch zwei Biere und eine heisse Schokolade für Eleanor. Dankend nahm sie die Schokolade entgegen. Das war eindeutig besser als das lauwarme Bier und nach einem kräftigen Schluck lächelte sie glücklich.

Die beiden Männer unterhielten sich angeregt, schließlich fragte der Alte „Sagen sie Charles, kennen sie zufällig Professor McKinnon?“

„Sie meinen den alten Dorian McKinnon? Ja den kennt hier jeder. Er ist manchmal ein wenig sonderbar! Was wollen sie denn von ihm?“

„Wir sind alte Schulfreunde. Wissen sie zufällig wo der gute Dorian wohnt?“

„Aber klar weiß ich das! Wenn das Wetter besser wird kann ich sie gerne zu ihm bringen.“

„Danke Charles, das würde uns wirklich weiterhelfen.“ erwiderte der Alte, dann stand er auf „Ich sollte meiner Nichte mal ein Zimmer besorgen.“

Eleanor hatte ihren Kopf auf den Tisch gelegt und war fast eingeschlafen. Der Wirt wies ihnen zwei nebeneinander liegende Zimmer zu. Das Mädchen legte sich gleich schlafen und wünschte dem alten Phinneas eine gute Nacht. Er lächelte und ging wieder hinunter um sich mit Mr. Miller weiter zu unterhalten.

In den kommenden Tagen tat der Alte nichts anderes als sich ausgiebig mit Charles zu unterhalten Eleanor blieb unterdessen auf ihrem Zimmer und las in den Pergamentrollen.

Drakon

Stand auf dem Papier, vorsichtig rollte sie das Pergament auseinander, darauf stand:

Amlug, tond aran i gwelwen dw gweld nhwthau hedfan,

eu roval saw yn gweaw hen rinc.

Gyda en tan galad bad nhw yn i maeth

( Drachen, stolze Könige der Lüfte, ich sah sie fliegen.

Ihre Flügel sanft im Wind sich wiegen.

Mit der Feuerpracht, ziehen sie in die Schlacht.)

Bald stapelten sich unzählige Rollen auf dem Boden, alle waren ausgerollt und lagen kreuz und quer. Es kostete sie unglaublich viel Arbeit den kurzen Text zu übersetzen.

Grell pfiff der Wind durch das Dörfchen die weisse Pracht hatte sich zu hohen Hügeln aufgetürmt, die wie Mauern die Häuser im Schnee einschlossen. Der Winter kam diese Jahr mit einer solchen Macht, dass sich die Menschen in ihren Häusern verkrochen um der klirrenden Kälte zu entkommen. Die Meisten hockten vor ihrem Kaminen oder ihren Öfen um sich warm zu halten, nur selten wagte sich jemand hinaus in den Schneesturm um etwas Feuerholz zu holen. An den Fenstern hatten sich dicke Eisschichten gebildet und drohten sie zu sprengen, man stellte unzählige Kerzen auf die Fensterbänke um sie vor dem Eis einigermaßen zu schützen. Eleanor und Mr. Wendilan hatten ihre Fenster mit Decken verhängt um die Kälte einzudämmen. Sie schliefen nun in einem Zimmer, vor dem Kamin lagen ihre beiden Matratzen. Am morgen hatten sie sich einmal kurz nach draussen gewagt um genügend Holz für die kommenden Tage zu holen als sie wider im Haus waren hatte sie der Schnee vollkommen eingehüllt und ihre Hände waren blau vor Kälte. Zitternd und bibbernd klopften sie alles ab ehe sie die Holzscheite gemeinsam hinauf in ihr Zimmer trugen, unter den Fenstern hatten sie es dann in langen Reihen aufgestapelt. Trockenes Brot und Zwieback dienten in diesen Tagen als einzige Nahrungsquelle, denn es war alles was sie in der Speisekammer des Pubs gefunden hatten, zusammen mit den muffigen Teeblättern bot es ihnen karge Mahlzeiten. Bald, so hofften sie würde sich das Wetter bessern und sie könnten diesem Raum entfliehen und zum Anwesen Professor McKinnons aufbrechen.

In den folgenden drei Tagen änderte sich jedoch nichts, der Sturm nahm kontinuierlich zu und brachte ihnen noch mehr Schneemassen, welche die Häuser völlig unter sich begrub.

Am vierten Tag blieb der Himmel pechschwarz, war er sonst immer grau so war er jetzt schwärzer als schwarz. Das Grollen von Donnerschlägen zeriss das Getöse des Windes, ein grellen Pfeifen und jaulen, wie von einem Rudel hungriger Wölfe war zu hören, dass es ihnen in den Ohren schmerzte.

Am fünften Tag schien die Erde zu beben, der ganze Pub schien zu zittern. Sie konnten die Whiskeyflaschen und Gläser klirren hören, hin und wieder fielen Holzscheite zu Boden. Die Kälte war unbeschreiblich, selbst das Feuer wollte nicht so recht brennen und glomm nur fade vor sich hin. Eine Raureifschicht kroch durch das Fenster und zog sich langsam an den Wänden und der Tür empor, sie konnte dabei zusehen. Selbst der Boden war von einer zarten Schicht überzogen, die Decke am Fenster war zu einer festen Masse gefroren. Sie rückten näher an den Kamin um sich das bisschen Wärme zu teilen, dass noch übrig war. Je weiter der Tag voran Schritt, umso schauriger dröhnte der Lärm. Die Welt schien aus den Angeln gehoben zu werden, selbst die Luft zum atmen brannte in den Lungen, irgendwie schien sie aus dem Raum gesogen zu werden, es war ein Gefühl als würde man ersticken.

Eng zusammen gekauert lagen sie noch lange wach, Eleanor zitterte vor Angst und selbst der alte Phinneas konnte seine Unruhe kaum verbergen. Schließlich konnten sie ihre Augen kaum noch offen halten, die letzten Tage und Nächte hatte an ihren Kräften gezerrt und so schliefen sie endlich ein und erwachten erst als ein knirschen und knacken sie weckte. Ein lauter Knall ließ sie erschrocken hochfahren, müde blinzelten sie und trotz dass das Feuer seit Stunden erloschen schien, war keine Kälte mehr zu spüren. Erst jetzt fiel ihnen auf das die Decken heruntergefallen und in viele kleine Stücke zersprungen war die nun überall im Zimmer umher lagen. Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster das Eis war geschmolzen, der Schnee hatte angefangen zu tauen, vom Dach plätscherten Rinnsale wie schmale Wasserfälle, die das Dorf mit unzähligen Bächen umgaben. Hatten vor wenigen Tagen nur noch die rauchenden Kaminschloten aus einer dicken Schneedecke geschaut, so war das ganze Dorf bis über den Rand hinaus, wie durch Zauberei davon befreit. Der Himmel strahlte wie ein türkiser Edelstein, die Sonne schien warm und spiegelte sich golden auf den vielen Bächlein wieder. Der Alte öffnete das Fenster, er musste kraftvoll dagegen drücken denn das Holz hatte sich verzogen und atmete tief ein. Es tat so gut endlich wieder frische Luft zu haben und nicht mehr diese dumpfe feuchte Luft, wie noch in der letzten Nacht. Nachdem sie sich notdürftig frisch gemacht hatten, traten sie ins Freie um das schöne Wetter zu genießen. Charles Miller begrüßte sie freundlich „Einen schönen guten Morgen ihr Zwei. Ist das nicht ein herrliches Wetter? Nicht zu vergleichen mit der Höllennacht, was?“, er grinste und doch konnte man ihm, wie jedem anderen auch die Strapazen der letzten Tage ansehen. Er lud sie zu sich nach Hause ein, dankbar nahmen sie die Einladung an. Charles wohnte am Rande des Dorfes. Das Haus war nicht besonders groß und hatte wie die Meisten weisse Wände und braune Ziegel. Kleine Büsche wuchsen unter den Fenstern, das einst angelegte Blumenbeet sah Herz zerreißend aus, sämtliche Rosensträucher waren zerstört und würden sich niemals wieder erholen. Aus dem kleinen Häuschen drang ein unwiderstehlicher Duft von frisch gebackenem Brot, Ingwerkuchen und anderen Leckereien. Eleanors Augen leuchteten wie hatte sie das trockene Brot und den muffigen Zwieback in den letzten Tagen verabscheut. Als Charles die Türe öffnete und sie herein bat, kam ihnen eine fröhliche rothaarige Frau entgegen. Ihr Haar war gelockt, sie hatte es zu einer hübschen Frisur hochgesteckt, ihre Wangen glühten von der Hitze des Backofens und ihre blauen Augen leuchteten während sie ihre Gäste lachend zu einem reich gedecktem Tisch buxierte. Ehe sie sich versahen türmen sich sämtliche Köstlichkeiten vor ihnen auf, dazu eine Tasse mit heissem Kaffe und Schokolade.

Etwas beschämt saß Eleanor am Tisch, sie bemerkte erst jetzt wie schäbig sie beiden eigentlich aussahen sie selbst jedoch bot einen noch schlimmeren Anblick, als der alte Mann. Die Frau hatte ihre Verlegenheit bemerkt und zwinkerte ihr zu „Iss erst mal Kindchen, du bist ganz blass und viel zu dürr. Um den Rest kümmern wir uns später.“

Zärtlich streichelte sie dem Mädchen über die Wangen und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

Sie genossen das üppige Frühstück, sie konnten sich gar nicht genug bedanken, immerhin war es keine Selbstverständlichkeit zwei Fremde in seinem haus zu bewirten.

Nach dem Essen führte die Frau Eleanor in einen weiteren Raum, der neben der Küche lag. Dort hatte sie eine Zinnwanne aufgestellt die schon zur Hälfte mit Wasser gefüllt war unermüdlich schleppte Charles Eimer um Eimer heisses Wasser herbei. Beatrice, so war ihr Name, hatte bereits einige Kleider zusammen gesucht, die nun auf einen Stuhl legte. Danach brachte sie Handtücher und sah das Mädchen erwartungsvoll an, als sie endlich alleine waren pellte sie sich aus ihren schmutzigen und klammen Kleidern. Vorsichtig tauchte sie zuerst einen Zeh in das wasser, es war herrlich warm, dann stieg sie hinein und ließ sich in den duftenden Schaum hinab sinken.

Frisch gebadet und Frisiert, eingehüllt in neue Kleider setzte sie sich wieder an den Tisch zu den beiden Männern, die sie erstaunt ansahen. Zwar hatte Beatrice vergeblich versucht ihr ein hübsches aber einfaches Kleid anzuziehen, doch stattdessen trug sie wieder eine Hose. Diesmal saßen die Sachen wie angegossen, sie trug eine braune, aus dickem Stoff gewebte Hose, ein langärmlige dunkelgrüne Tunika die eine Handbreit über die Hüfte ging und ihre Taille umspielte, so dass ihre weiblichen Rundungen zur Geltung kamen. Ein dunkelroter Schal aus robustem Stoff war als Schärpe um ihre Taille gebunden und brachte alles noch ein wenig mehr betonte. Ihre blonden Haare hatte Beatrice ein wenig am Hinterkopf hochgesteckt, jetzt umspielten sie leicht ihre Schultern. Charles hatte ihr neue Schnürstiefel aus Leder besorgt, außerdem hing ein neuer Mantel neben der Tür am Haken. Auch der alte Phinneas genoss ein Bad. Als er zurück kam war sein Bart ordentlich zurück gestutzt und in seinen ebenfalls neuen Kleidern sah er wieder ganz annehmbar aus. Die beiden waren bei ihrer Ankunft im Dorf in einem schlechten Zustand gewesen, die Hosen des Alten waren an manchen Stellen zerrissen gewesen, er hatte sie sich auf dem Weg an einem Himbeerstrauch verfangen. Sein Schuhwerk und der Mantel hatten jedoch nichts abbekommen. Das Mädchen hatte in ihren viel zu grossen Männersachen und den abgelaufenen Schuhen noch wesentlich elender ausgesehen, doch nun war sie hübsch anzusehen.

Nach einem ausgezeichnetem Mittagessen spannte Charles sein Pferd vor eine Kutsche, ein Schlitten war bei diesem Wetter gar nicht nötig, denn seit dem frühen Morgen war der Schnee überall fast gänzlich geschmolzen. Nur in den Baumkronen war noch etwas von der weissen Pracht zusehen. Sie machten sich auf den Weg zu Professor McKinnon, Beatrice drückte Eleanor fest an sich und winkte zum Abschied ehe sie zurück ins Haus ging. Sie fuhren an Wiesen und Feldern vorbei bis die schmale Strasse in einen Wald abbog. Die Bäume wirkten wie abgekaute Hühnerknochen. Eleanor fand den Wald irgendwie merkwürdig, kein einziger Laut war zu hören, nicht mal die Schreie der Schneeeulen, die normalerweise hier in der Gegend weit verbreitet waren. Kein Wildschwein oder Rotwild kreuzte ihren Weg, in diesem Wald schien es kein Leben zu geben. Seit sie hier waren herrschte totenstille. Den beiden Männer schien dies jedoch nicht aufzufallen, deshalb behielt sie es für sich und schwieg.

Professor Dorian McKinnon wohnte in einem Landhaus der von einem kleinen Park umgeben war. Sie fuhren durch ein grosses Eisentor, dass zu ihrer Verwunderung weit offen stand. Die Strasse führte hinauf zum Haus, rechts und links von kleinen Hecken umsäumt war. Charles hielt direkt vor dem Eingang, gemeinsam stiegen sie ab und gingen hinüber zur Eichentür. Eigentlich hatten sie erwartet das ein Bediensteter sie freundlich vor dem Haus empfing, doch niemand war da um sie begrüssen, deshalb klopften sie mit dem grossen Eisenring an die Vordertür. Nichts tat sich niemand kam heraus, selbst im Haus war kein Laut zu hören, Charles zuckte mit den Schultern und wollte schon zur Kutsche zurück gehen, als der Alte Eleanor bei der Hand nahm und mit ihr um die Ecke verschwand. Charles folgte ihnen und gemeinsam gingen sie einmal um das ganze Haus herum. Nichts war zu sehen, kein Licht, kein offenes Fenster, nicht einmal das flackern des Kaminfeuers. Auch keiner der drei Hunde bellte und kam ihnen entgegen, alles war Mucksmäuschen still. Hier war nichts zu machen dennoch wollte der Alte nicht so einfach gehen, er musste herausfinden was los war, die Situation war viel zu merkwürdig. Er ging über die weite Terrasse auf der sie standen, folgte den Stufen hinunter zu einer weitläufigen Wiese das Gras stand ziemlich hoch, Unkraut wucherte anscheinend hatte der Professor keinen allzu fleißigen Gärtner das Anwesen wirkte sehr verwildert. Zu beiden Seiten der Wiese führten Wege unter einer Baumallee hindurch, in der Mitte war ein riesiger Teich angelegt worden, Seerosen wuchsen dort, doch zu dieser Jahreszeit blühten sie nicht deshalb sah man nur die grossen grünen Blätter auf dem Wasser schwimmen. Neben dem Teich stand ein Pavillon aus weiss gestrichenem Holz, drum herum wuchsen allerhand Rhododendron Büsche, Forsythien und Fliederbäume am Pavillion wucherte eine Rosenranke hinauf. Sie gingen weiter zum Ende der Wiese, dort wuchsen hohe Büsche und wuchtige Bäume, deren ausladendes Astwerk ein grünes undurchdringliches Dach bildeten. Nur eine schmale Öffnung erlaubte es ihnen hineinzugehen. Gemeinsam gingen sie weiter, unter den Bäumen war es dunkel, nur an wenigen Stellen konnte Licht durch die Blätter dringen. Aus irgendeinem Grund war hier alles grün, kein einziger Baum hatte seine Farbe gewechselt oder seine Blätter abgeworfen, hier schien ewiger Frühling zu herrschen. Doch anstatt nach frischem Grün lag ein süßlich, beissender Geruch in der Luft, vermischt mit dem Geruch von feuchtem und fauligem Holz,. Je weiter sie voran gingen umso schlimmer wurde es schliesslich war es kaum noch zu ertragen, sie verbargen ihre Nasen unter Taschentüchern. Dann sahen sie es, das zweite Tor! An dieser Stelle drang etwas mehr Licht durch die Äste der Bäume, so hatten sie eine bessere Sicht. Freudig klatschte der Alte in die Hände, er ging einen Schritt vor, er wollte das Tor öffnen damit Eleanor und er hindurch nach Valgesia gehen konnten. Charles packte ihn fest am Arm und zog ihn zurück mit zitternden Fingern wies er nach vorn, ein erstickter Schrei kam aus Eleanors Mund, entsetzt vergrub sie ihr Gesicht in den Mantel des Alten, sie schluchzte. Er sah zum Tor, blankes Entsetzen stieg in ihm auf, überall war Blut! Unmengen an Blut es lief an den alten Steinen hinunter und hatte sich zu einer riesigen Lache gebildet die zu ihren Füssen langsam im Boden versickerte aufgespießte Köpfe der Bediensteten steckten auf Holzpflöcken im Boden, die Küchenmädchen trugen noch ihre einst weissen Häubchen. Maden waberten in ihren Mündern aus ihren bleichen Augen starrten sie ihnen entgegen.

Angewidert und so schnell es ihnen möglich war liefen sie zurück zum Haus, ihre Gedanken überschlugen sich. Was war hier nur geschehen? Was war für diese Greultaten nur verantwortlich?

Sie liefen über die Wiese, plötzlich rief Charles „Da! Die Tür sehen sie!“

Die Tür zur Terrasse hatte sich bewegt und stand einen Spalt weit offen. Schnell Rannten sie die Stufen hinauf und bleiben kurz vor der Tür stehen „Du bleibst hier!“ befahl der Alte eindringlich. Eleanor nickte, um keinen Preis der Welt wollte sie dort hinein gehen.

Als die beiden hinein gingen standen sie in einer Bibliothek die bis unter die Decke mit Büchern vollgestopft war, an der einen Wand hing ein grosses Bild mit der Szene einer Fuchsjagd, daneben zeugten duzende Geweihe und eine Flinte von der Leidenschaft des Professors. Im Kamin hatte seit Tagen kein Feuer mehr gebrannt, kein einziger Stumpen Holz war mehr übrig, der Teppich war von Dreck und einer roten dickflüssigen Substanz besudelt, sie folgten der Spur hinaus die riesige Diele des Hauses. Eine geschwungene Treppe führte hinauf in das Obere Stockwerk. Jetzt sahen sie was eine Spur gezogen hatte, es war Blut! Die Spur war zum grössten Teil geronnen, doch anscheinend hatte etwas eine neue Spur gezogen, sie führte an der Treppe vorbei zu einer weiteren Tür. Soweit sich der alte Phinneas erinnerte war dort das Arbeitszimmer des Professors, er war seit vielen Jahren nicht mehr hier gewesen. Immer mehr hatte sich sein freund zurück gezogen und sich seinen Forschungen gewidmet.

Ein ungutes Gefühl beschlich den Alten. Krach! Etwas war in diesem Raum, soviel war sicher. Langsam gingen sie weiter, vorsichtig öffneten sie die Tür und erschraken.

Mitten Im Raum lag ein grosser Kadaver eines Hirsches. Das Fell hing in Fetzen herunter, der schwere Schädel war aufgebrochen um an das Hirn zu kommen, Blut durchtränkte den kostbaren Teppich und ein dumpfes Geräusch kam aus der Richtung des toten Tieres. Knochen brachen, etwas fraß an dem Kadaver und riss Fleisch von dem toten Körper.

Schaudernd, aber ohne ein einziges Wort zu sagen, gingen die Männer durch den Raum gepackt aus einer Mischung von Neugierde und Ekel. Was auch immer das für ein Tier war, es hatte anscheinend auch alle anderen Bewohner des Hauses getötet.

Patsch, patsch, ihre Schritte klangen als würden sie durch Morast waten, vorsichtig, Schritt für Schritt gingen sie voran, als das Tier plötzlich aufhörte zu fressen.

Für einen Augenblick war es ruhig, dann sprang es hervor und blieb oben auf dem Kadaver sitzen und starrte sie aus wahnsinnigen Augen an. Es war Dorian McKinnon! Der Professor war mit Schnittwunden übersäht, die Haare strähnig voll verkrusteten Blut, welches auch an seinen Kleidern klebte, die in Fetzen an ihm herunter hingen.

Ein Stück rohes Fleisch hing ihm aus dem Mund, sein Blick glühte vor Irrsinn, als keiner der Männer sich rührte fraß der Professor an dem Stück Fleisch und riss kleine Stücke ab, die er ohne zu kauen hinunter schlang.

„Dorian? Dorian alter Freund, was in Gottes Namen ist hier nur passiert?“

zögernd ging der Alte einige Schritte vor, plötzlich starrte McKinnon ihn an, wie ein Raubtier seine Beute. Er ließ das Stück Fleisch fallen, seine einst blauen Augen blitzten nun gelb während das Blut des Hirsches an seinen Mundwinkeln herunter lief und auf seinen hellen Anzug tropfte.

„Dorian. Rede mit mir mein Freund!“

Doch sein Gegenüber fletschte nur die Zähne und knurrte böse. Plötzlich fing er an zu röcheln stieg von dem Kadaver herunter und kam langsam auf sie zu, er fletschte noch immer die Zähne die sich langsam zu einem Raubtiergebiss veränderten. Er hob seine Hände wie Krallen, die Knöchel traten hervor, die Finger wurden länger und Krallen wuchsen, brüllend und windend verwandelte er sich in ein haariges Monster. Die Männer starrten den Professor entsetzt an, Phinneas Wendilan blieb das Herz stehen als er zusah, wie sich sein einst bester Freund veränderte. Dorian McKinnon hatte sich in eine Blutrünstige Bestie verwandelt und hatte sie zu ihrer neuen Beute auserkoren! Langsam, ohne sie auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen, schlich er näher, Geifer tropfte aus seinem Maul, diese Augen jagte ihnen einen Schauer über den Rücken. Knurrend setzte das Untier zum Sprung an während die Männer voller Angst zurück wichen, dann gerieten sie in Panik und stürzten in Richtung Tür. Mit einem gewaltigen Sprung hechtete das Monster ihnen hinterher, er hatte zuviel Schwung und prallte gegen die Tür. Doch die fiel zu ihrem Glück nicht ganz zurück ins Schloss, sondern schwang wieder auf. Fauchend, Knurrend mit glühenden Augen trieb es seine Beute vor sich her um sie im nächsten Moment zur Strecke zu bringen. Hilflos und zitternd standen die Männer mit dem Rücken zur Wand, als sich das Tier vor ihnen aufbaute und seine mächtige Pranke hob. Es holte aus, doch ehe es sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte ertönte ein gewaltiger Knall, stöhnend und Blutüberströmt sackte es zusammen ein Loch klaffte in seiner Brust, es war ein glatter Durchschuss!

Eleanor stand in der Tür aus dem Lauf der Flinte quoll Rauch hervor.

Mit bleicher Miene sah sie die beiden Männer an „Aa.....a...alles o...o....ok?“ stammelte sie während die Flinte scheppernd zu Boden fiel und sie in die Knie sank.

Charles eilte zu ihr hin und stützte sie. Als der Alte über den Toten hinwegstieg, packte ihn etwas am Hosenbein und als er hinunter sah, erschrak er. Das Untier hatte sich in den Professor zurück verwandelt und sah ihn an. Vorsichtig beugte er sich herunter, nahm den Kopf in seine Arme er wollte seinem Freund die letzte Ehre erweisen, sie hatten gemeinsam soviel erlebt und waren sich immer loyal geblieben, bis zum heutigen Tag.

„Phinneas“, keuchte er „Vergiss das Tor. Kehr um, ich bitte dich.“

Er spuckte Blut und fing an zu husten.

„Ich flehe dich an, etwas grauenvolles wartet auf der anderen Seite. Das Tor ist zu einem schwarzen Tor geworden, das von Rivnirs Kreaturen bewacht wird.“

Mit letzter Kraft keuchte er „Flieh! Du darfst das Tor nicht betreten, sieht nur was aus mir geworden ist. Flieh, alter Freund! Flieh!

Dann tat Dorian McKinnon seine letzten Atemzug und starb in den Armen seines besten Freundes, Phinneas Wendilan. Tränen liefen über sein Gesicht als er die Augen des Toten schloss, er riss einen der Vorhänge vom Fenster und deckte ihn damit zu. Gemeinsam trugen die beiden Männer ihn hinaus, über die Terrasse, die Stufen hinunter zum Pavillon, dort begruben sie ihn.

Auf der fahrt zurück ins Dorf sagte niemand ein Wort denn das geschehende ging ihnen nicht aus den Kopf. Eleanor wurde bewusst, dass es nicht nur schöne Dinge und freundliche Wesen in der anderen Welt gibt und zum ersten Mal bekam sie es mit der Angst zu tun.

Am Abend saßen sie wieder bei Charles zu Hause und genossen Beatrice´ gutes Essen, er hatte ihr in knappen Worten geschildert was sie dort vorgefunden hatten. Sie hatte entsetzt die Hand vor den Mund gehalten und war in die Küche gegangen und sie kam erst heraus als das Essen fertig war. Dem Alten wurde klar, dass sie jetzt nur noch eine einzige Möglichkeit hatten, sie mussten zu der Insel fahren und darauf hoffen das sie das letzte Tor passieren konnten.

Kapitel 4

Die Nacht war regnerisch und kalt, Draußen tobte ein heftiger Wind der die kleine Fähre hin und her schaukeln ließ. Der Alte hatte zusammen mit dem Mädchen eine Kabine, doch diese war so bedrückend eng gewesen, dass sie beschlossen auf Oberdeck zu gehen. Eleanor saß am Fenster und folgte mit ihrem Finger einem Regentropfen der daran herunter lief. Mit dem Kopf lehnte sie an der Scheibe, seit drei Stunden saß sie nun da und sah gelangweilt in die Nacht hinaus. An Schlaf war bei diesem Wetter und der schaukelei gar nicht erst zu denken, ihre Mägen rebellierten so dass sich das eine oder andere Mal Luft machen mussten. Übereilt waren sie aus dem Dorf geflohen als Jack mit einigen seiner Männer dort aufgetaucht war, Charles und Beatrice hatten sie abgelenkt, damit die beiden so unbemerkt wie möglich fliehen konnten. Sie erwischten den Zug gerade noch rechtzeitig, sie stiegen ein und fuhren quer durch das Land. In der Nacht bestiegen sie die Fähre in Richtung Insel.

Sie schliefen schlecht in dieser Nacht, das Schaukeln war so heftig, dass der Alte aus dem Bett auf den Boden plumpste. Eleanor hatte sich unter der Decke eingekuschelt und musste grinsen, als sie ihn fluchen hörte.

Am nächsten Morgen hatte es aufgehört zu regnen, dennoch war die Luft feucht sie roch salzig und frisch. Beide standen an Deck, eigentlich wollten sie die einfahrt in den Hafen beobachten doch das einzige was man an diesem Morgen sah war dicker Nebel. Er war so undurchdringlich, dass sie keinen Meter weit sehen konnten, der Kapitän ließ das Nebelhorn ertönen und der Leuchtturm antwortete mit einem langen tiefen Brummen. Er erklärte ihnen dass er so durch den Nebel navigieren könnte nur am Klang des dröhnenden Nebelhorns.

Schließlich lichtete sich der Nebel, selbst die Wolken machten der Sonne Platz und sie sahen die Insel vor sich auftauchen. Das Hafenstädtchen bei dem sie Voranker gingen, war klein, die Häuser standen dicht gedrängt mit ihren Stroh oder Ziegeldächern aus deren Kaminschloten es rauchte und qualmte. Alles wirkte sehr idyllisch mit den Krämerläden und den Fischerbooten die sanft in den Wellen hin und her schaukelten. Schließlich war es soweit und sie konnten an Land gehen. Eine einzige Strasse führte durch den ganzen Ort hinaus zwischen Wiesen und Feldern entlang. In einem kleinen Gasthof nahmen sie sich ein Zimmer und während Eleanor ihre Sachen zum trocknen aufhängte und den Ofen mit neuen Holzscheiten füllte, saß der Alte an einem kleinen Tisch und schrieb eine Nachricht:

Lieber Godric,

die zwei anderen sind schwarz. Unmöglich unseren Weg dort fortzusetzen, hoffe nun auf deine Hilfe!

Gruß, Phinneas

PS: Was hältst du morgen von einer Tasse Tee?

Als er fertig geschrieben hatte, rollte er das Paper zusammen ehe er ein Wachssiegel nahm. Der Alte erhob sich und ging hinüber zum Ofen, er nahm das Siegel und hielt es über die Flamme bis die Spitze ganz weich wurde, dann drückte er es auf das Papier und verschloss es damit. Es klopfte an der Tür davor stand ein Junge, offenbar der Bote. Der Alte gab ihm die Nachricht „Bring das zu Godric Greyhound!“

Der Junge nahm die Nachricht entgegen, er bekam noch ein paar Münzen für seine Mühe, dann lief der Junge los. Jetzt hoffte der Alte das sein Freund die Nachricht auch verstehen und ihnen helfen würde.

Sonnenstrahlen kitzelten die Nase des Mädchens sodass sie mit einem gewaltigen Niesen erwachte. Langsam setzte sie sich auf, rieb sich die Augen und sah aus dem Fenster. Dort, wo die Fischerboote an der Kaimauer festgemacht waren, standen einige Leute um frisch gefangenen Fisch zu kaufen. Es war ein herrlicher Tag, die Sonne schien vom strahlend blauen Himmel und die Vögel veranstalteten mit ihrem Gezwitscher einen riesigen Lärm. Eleanor blieb im Bett sitzen, sie genoss es aus dem Fenster zu sehen und dem Treiben auf der Strasse zuzusehen. Unten aus dem Gasthof drang ein klirren und scheppern zu ihr herauf, in der Küche Pfiff die Köchin ein lustiges Liedchen und klapperte dabei mit den Töpfen. Es klopfte, der Alte steckte seinen Kopf zur Tür herein und bat sie zum Frühstück zu kommen ehe er wieder hinunter ging. Eleanor stand auf und streckte sich, in den letzten zwei Tagen, seit ihrer Flucht, hatte sie nicht mehr so gut geschlafen. Die Holzbänke im Zug und der starke Wellengang auf der Überfahrt hatten nicht gerade dazu beigetragen sich einigermaßen zu erholen. Mit einem Handtuch ging sie in ein kleines Badezimmer das neben ihrem Zimmer lag, sie verschloss die Tür und staunte nicht schlecht. Dieser Gasthof hatte mehr Annehmlichkeiten als der letzte. Hier war alles schön sauber und hell, im Pub war alles muffig, feucht und staubig gewesen, hier duftete es nach Bohnerwachs und Zitrone und es gab eine Dusche. Begeistert drehte sie das Wasser auf, entledigte sich ihres Nachtgewandes und ließ sich genüsslich von dem warmen Wasser berieseln. Es war herrlich! Danach trocknete sie sich ab, zog sich an und putzte sich die Zähne. Als sie die Treppe herunter kam, saß der Alte schon mit einem Kaffee am Tisch und war in eine Zeitung vertieft. Eleanor rückte sich einen Stuhl zurecht, dann setzte sie sich und begann zu Frühstücken.

„Guten Morgen, hast du gut geschlafen?“ fragte der Alte hinter seiner Zeitung hervor.

„Ja danke.“

Plötzlich stand ein Junge vor ihrem Tisch er wirkte sehr abgehetzt, völlig außer Atem keuchte er „ Ich soll ihnen ausrichten. Heute um vier in Greyhound Manson, eine Kutsche wird sie abholen.“

Er grinste stolz, immerhin hatte er sich alles merken können.

„Danke mein Junge. Hier hast du noch drei Pennys für deine Mühe.“

Er gab ihm die Münzen und vergrub sich wieder hinter seiner Zeitung, während der Junge mit großen Augen die Münzen in seiner Hand betrachtete. Dann steckte er sie sich in die Tasche, bedankte sich und lief hinaus.

Mr. Wendilan und Eleanor warteten bereits draußen vor dem Gasthof, als kurz vor vier die Kutsche hielt. Der Kutscher stieg vom Bock und öffnete ihnen die Tür damit sie einsteigen konnten, als sie sicher drinnen saßen schloss er sie wieder, stieg wieder auf den Bock und fuhr los. Sie fuhren die holprige Strasse hinaus aus dem kleinen Städtchen während der Fahrt sah Eleanor aus dem Fenster. Wie schön es hier doch war, doch konnte eine Landschaft kaum gegensätzlicher sein als es hier der Fall war. Vor ihnen lagen sanfte Hügel, steile Klippen und Täler mit heidekrautgesäumten Ebenen, die diese Abwechslungsreiche und idyllische Landschaft prägten. Im Norden zogen sich Flüssen und Bäche durch die flache Landschaft. Im Osten lag ein stark zerklüftetes bergiges Moor mit seltsam anmutenden Pflanzen und Bäumen und im Süden sah man eine schroffe Gipfelkette aus rotem Sandstein. Je weiter sie fuhren desto mehr wechselten sich Hügel und Täler mit Heide- und Marschland ab, auf den Wiesen mit ihren Mauer aus unbehauenen Steinen war typisch für diese Insel. Sie fuhren an dicht an der Klippe entlang, von hier aus konnte man die Kilometer lange Küste mit ihren Dünen, den zahlreichen Buchten und den langen Sandstränden sehen, das alles bot ihnen einen atemberaubenden Anblick. Schließlich bogen sie in ein mit hohen Bäumen umsäumtest Grundstück ein, vor ihnen lag Greyhound Manson [....]

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Gast Nimbrethil

wäre schön wenn ihr auch mal was dazu sagen würdet....oder ist es so schlecht? :heul:

[....] Das große Haus wirkte ein wenig unheimlich obwohl wilder Wein am Haus empor wuchs, der in sämtlichen Farben schimmerte, so sah man die schwarzen Steine aus denen das Haus gebaut wurde, durch die Blätter hindurch. Es stand wie ein Mahnmal zwischen den grünen Wiesen und den alten hohen Bäumen. Unzählige Blumen wie Iris, Schwertlilien, Passionsblumen, Tamarisken, Narzissen, Löwenzahn, Mohn und andere wuchsen mit Wildkräutern überall, es duftete herrlich. Buchen und Erlen säumten die Allee die zum Haus führte. Hunderte Insekten schwirrten durch die Luft und erfüllten sie mit einem gebrumme und gesurre. Nektar sammelnde Bienen, bunte Schmetterlinge und Libellen, deren zarte Flügel in sämtlichen Farben glitzerten.

Der Eingang war ein großes Eichentor, dass mit Eisenornamenten beschlagen war, zwei geschwungene Steintreppen führten in einem rechten und in einem linken Bogen zu ihnen herunter. Große Löwen hockten wachsam auf Säulen am oberen und unteren Ende der Treppe. Ginster wuchs unter den Fenstern, Fliederbäume und Rosen verströmten einen intensiven Duft. Der Kutscher hielt ruckartig an, die Pferde wieherten erschrocken auf und wirbelten Staub auf. Er sprang vom Bock und rannte in windeseile um das Gefährt herum, schwungvoll riss er die Tür auf, offenbar konnten sie gar nicht schnell genug aussteigen. Er zerrte sie förmlich heraus ehe er zurück auf den Bock eilte und den Pferden die Peitsche gab. Die Pferde bäumten sich auf, dann raste die Kutsche davon und verschwand um die Ecke. Schulterzuckend blickte der Alte ihr hinterher, ihm war noch gut in Erinnerung geblieben welch unheimliche Wirkung Godric auf andere hatte, aber auf seine eigenen Bediensteten?

Hinter ihnen räusperte sich jemand, ein Butler im schwarzen Anzug, glänzenden Schuhen, Fliege und weißen Handschuhen. Sein Gesicht war extrem faltig und von fahler Farbe, eine Brille ruhte auf seiner krummen Nase aus trüben Augen sah er sie an „ Mein Herr wünscht, dass sie jetzt eintreten mögen.“

Damit drehte er sich um würdevoll aber ein wenig steif schritt er die Treppe rauf, während Eleanor und Mr. Wendilan ihm folgten. Das Eichentor quietschte ganz entsetzlich als er es hinter ihnen verschloss, mit einem lauten rumms fiel es zu, im Inneren war es noch unheimlicher als von Außen. Es drang kaum Tageslicht durch die riesigen Fenster Vorhänge versperrten der Sonne den Weg so dass innen eine drückende Stimmung herrschte. Die Wände waren mit Ebenholz verkleidet, selbst die Türen und die Treppe waren aus diesem schönen dunklen Holz gefertigt. Keltische Ornamente zierten jede dieser Türen und dennoch sah jede anders und einzigartig aus. Der Butler schritt weiter voran und führte sie in einen großen Raum, der Arbeitszimmer und Bibliothek in einem zu sein schien. In der größeren Hälfte des Raumes standen impulsante Bücherregale, die so vollgestopft mit Büchern waren das man keine Lücke mehr sehen konnte. Kostbare Gobelins hingen an den Wänden, darunter stand ein riesiger Schreibtisch. In der anderen Hälfte des Zimmers stand ein Sofa und ein großer Ohrensessel vor dem größten Kamin den Eleanor jemals gesehen hatte. Er bestand aus hellem Marmor war halbrund, was eigentlich ein eher ungewöhnliche Bauweise war an den Seiten waren merkwürdige Zeichen. Das ganze Haus wirkte protzig und doch elegant und faszinierend zugleich. Ein Feuer loderte und bot die einzige Lichtquelle denn auch hier drang kein Tageslicht durch die Fenster. Der Butler blieb in der Mitte des Raumes stehen, er räusperte sich erneut „ Mein Herr, ihre Gäste wären nun hier.“

„Danke Jacob, da wäre alles fürs erste.“

Die Stimme kam von dem Großen Ohrensessel der direkt vor dem Kamin stand, sie hatte einen merkwürdigen einlullenden Klang.

„Sehr wohl.“ Jacob verbeugte sich und verließ das Zimmer. Im Sessel regte sich jemand langsam stand er auf drehte sich zu ihnen um und begrüßte sie freundlich „Phinneas? Tatsächlich, Phinneas Wendilan mein alter Freund. Ich konnte es kaum glauben als ich deine Nachricht erhielt. Kommt und setzt euch.“

Er stand mit dem Rücken zum Feuer wie eine pechschwarze dünne Statue.

Wenig später saßen sie auf dem Sofa und tranken Tee, während Godric wieder in seinem Sessel Platz genommen hatte. Eleanor konnte nicht anders, dieser Mann hatte eine merkwürdige Ausstrahlung die ihr Gänsehaut bereitete. Seine Augen waren blau-grün, sie versank förmlich in ihnen es war als würde in das klarste Wasser schauen. Sein Blick war gleichzeitig unheimlich und doch faszinierend sodass man ihn weder ausweichen noch ignorieren konnte. Die stimme löste wildes Herzklopfen aus, der Klang dieser außergewöhnlichen Stimme wirkte angsteinflößend und hypnotisierend zugleich. Noch wie zuvor war ihr ein Mensch begegnet der so widersprüchlich war und doch so ein einnehmendes Wesen hatte. Sie konnte nicht einmal sagen ob dieser Mann gutaussehend oder unattraktiv war, so sehr hatten seine Augen und die Stimme sie in ihren Bann gezogen. Eleanor starrte ihn unentwegt an und verschüttete dabei ihren Tee, doch sie bemerkte es nicht einmal.

„Eleanor? Eleanor, hörst du mich? ELEANOR!“

Erschrocken fuhr sie zusammen und ließ die filigrane Tasse fallen, sie zerbrach in der Pfütze aus Tee. Der Alte sah sie ärgerlich von der Seite an.

„Schön das du wieder unter uns weilst.“ sagte er spöttisch „Darf ich dir Godric Greyhound vorstellen.“

Greyhound reichte ihr die Hand, er grinste und sah ihr tief in die Augen. Als sich ihre Hände berührte durchfuhr sie ein Schauer gefolgt von wildem Herzklopfen, sie merkte wie sie rot anlief und doch konnte sie seinem intensiven Blick nicht ausweichen. In ihrem Kopf klangen Stimmen die so schön waren, sie fühlte sich leicht und sah eine Flut von Bildern und Gefühlen, dass sie weinen musste.

Die Männer saßen bei einem Gläschen Wein beisammen und unterhielten sich angeregt, als Eleanor erwachte sie fühlte sich eigenartig, es war als würde ein Schleier von ihr abfallen und ihre Gedanken wieder klar werden lassen. Was war vorhin geschehen? [....]

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Gast Nimbrethil

[...] Ihre Gedanken waren verwirrt an das was genau geschehen war konnte sie sich nicht erinnern, sobald sie es versuchte kam das dumpfe Gefühl mit aller Macht zurück etwas schien ihre Erinnerung zu blockieren.

Aus den Augenwinkeln beobachtete Godric Greyhound das Mädchen, er hatte in ihre Seele blicken können, er kannte ihre größten Ängste, ihre Sorgen, er wusste jetzt fast alles von ihr. Sie hatte Kräfte in sich die ihr noch völlig unbekannt schienen er würde Zeit brauchen um sie behutsam dort heran zu führen und er würde sich alle Mühe geben, auch wenn ihre Zeit knapp bemessen war. Der Alte erzählte ihm von dem Draugr der das Medaillon des schwarzen Drachen gestohlen hatte und von den beiden Toren die unpassierbar waren.

„Mächtige Kreaturen haben sie hervor gebracht. Das in London war harmlos im Vergleich zu der Bestie die Dorian getötet hat. Es muss schrecklich gewesen sein, Rivnir hat etwas von seiner Höllenbrut auf diese Welt losgelassen und wir können nur hoffen, das es wieder durch das Tor verschwunden ist nachdem es seine Arbeit getan hat. Dorian hat tapfer gekämpft, ganze fünf Tage und doch war er am Ende nicht stark genug. Du hättest es erleben müssen Godric, es war als wenn die Welt aus den Angeln gehoben würde.“

Es bereitete ihm große Sorge, dass er nicht wusste welch schreckliche Kreatur seinen Freud, den Professor getötet hatte. Seinen Geist blieb es verborgen und somit blieb ihm nur die Hoffnung, dass sie diesmal mit weitaus mehr Glück begünstigt waren. Godric saß auf der Kante seines Sessels er hatte die Ellenbogen auf seine Knie gestützt, seine Hände waren gefaltet doch nur die Fingerspitzen ruhten aneinander. Aufmerksam hörte er Phinneas zu, während er Eleanor noch immer beobachtete. Sie hatte sich mittlerweile aufgesetzt und stützte ihren Kopf er schmerzte. Er erhob seine Hand, sofort verstummte der Alte. Godric erhob sich, er ging zu ihr und reichte ihr die Hand, Eleanor hatte den Kopf gehoben und sah ihn misstrauisch an doch er hielt ihr noch immer seine Hand entgegen. Sie drehte sich zur Seite, sie wollte nicht noch einmal so was erleben, am liebsten wäre sie aufgesprungen und hinausgerannt. Doch wohin hätte sie gehen sollen? Zum Gasthof war es zu weit. Wen hätte sie um Hilfe bitten können? Die Bediensteten hatten Angst vor ihm und der alte Mann schien ihre Not nicht zu bemerken. Er hielt ihr noch immer die Hand entgegen. Wieso konnte er nicht einfach verschwinden? Ungeduldig räusperte er sich, sie drehte sich zu ihm hin und sah ihn böse an, es ärgerte sie das er sie nicht in Ruhe ließ. Schließlich legte sie ihre Hand in seine. Im selben Augenblick zog er sie hoch ganz nah an sich heran sodass sich ihre Nasenspitzen berührten. Seine Hände umfassten fest ihre Handgelenke die er hinter ihrem Rücken gekreuzt festhielt, dabei sah er ihr tief in die Augen. Wieder machte sich dieses merkwürdige Gefühl in ihr breit, ein kribbeln durchzuckte ihren Körper fest schlug ihr Herz in der Brust. Eleanor versuchte sich loszureißen doch er hatte sie fest im Griff, sie konnte seinem Blick nicht stand halten egal wie sehr sie es auch versuchte.

„Hab keine Angst Eleanor, vertrau mir!“

Wie ein rauschen im Wind erklang die Stimme in ihrem Kopf und umhüllte sie wie eine weiche Decke. Der Raum und Godric verschwammen vor ihren Augen, alles verschwand in weiter Ferne bis sie in völlige Dunkelheit eintauchte und nur noch diese hypnotisierende Stimme vernahm. Sie merkte wie ihre Kräfte schwanden, mit aller Kraft versuchte sie dem süßen Klang der Stimme zu wiederstehen. Es kostete sie große Mühe, immer wieder lullte sie seine Stimme erneut ein bis sie schließlich „NEIN!“ schrie und ihr Geist langsam wieder klar wurde. Noch immer standen sie dicht voreinander, noch immer sah er ihr tief in die Augen. Doch war sein Gesicht eben noch unbewegt wie eine Maske, so sah sie nun das er lächelte.

„Sie lernt schnell, das ist gut. Sie hat ihren Geist vor mir verschließen können. Es war mir unmöglich weiter vorzudringen.“

Hinter ihm atmete Phinneas erleichtert auf, war es doch eine seiner größten Sorgen gewesen, dass sie vielleicht doch noch nicht bereit sein könnte. Doch jetzt fiel eine unglaubliche Last von ihm ab. Godric hatte seine Augen noch immer noch abgewendet, Eleanor klopfte das Herz unaufhörlich wieso nur faszinierte sie dieser Mann nur so? Er hätte in diesem Augenblick alles von ihr verlangen können, sie hätte sich nicht gewehrt. Doch er ließ sie plötzlich los und ging zurück zu seinem Platz. Wie angewurzelt blieb sie auf der Stelle stehen, warum hatte er die Situation nicht ausgenutzt, jeder andere hätte es vielleicht getan.

„Jacob wird dich auf dein Zimmer führen!“ sagte er in einem ruhigen Ton, ehe er sich erneut der Unterhaltung widmete die sie unterbrochen hatten. Ihre Gedanken verwirrten ihn doch er musste sie um jeden Preis ignorieren, er hatte kein Recht darauf sie Ernst zu nehmen. Und doch schien sein Verlangen geweckt.

Wenig später war sie in ihrem Zimmer, sie lag auf dem Bett und fühlte sich elend. [...]

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Gast Nimbrethil

[...]In dieser Nacht schlief sie unruhig wirr waren ihre Träume immer wieder warf sie sich hin und her, Stimmen flüsterten ihr aufwühlende Dinge zu. Draußen leuchtete der Vollmond hell am Himmel und warf einen Schein in ihr Zimmer während langsam Nebelschwaden sachte über die Wiesen und durch die Wälder und Hügel zogen. Erst waren sie wie dünne Fäden, die langsam dahin schwebten doch nach kürzester Zeit wurde aus ihnen eine dicke undurchdringliche Nebelwand. Wellen schlugen gegen die Klippen, an die Sandstrände aus der eben noch ruhigen See wurde ein wild aufgepeitschter Ozean, auf den immer höher werdenden Wellen bildeten sich Schaumkronen, die zerplatzten sobald sie ans Ufer klatschten. Eine Legende erzählte, dass der Gott des Meeres die Insel in eine Nebelwand hüllte um sie vor Feinden zu schützen. Schweißtropfen perlten von Eleanors Stirn, eine einsame Träne rann über ihr Gesicht, als sie ihre Finger sich in ihre Decke krallten. In ihrem Traum sah sie ein Tal das zwischen schwarzen zerklüfteten Felsen lag, alles war wie tot. Die Bäume oder das was einmal welche waren, standen als Stumpen einsam in der weiten Ebene des Tales, knorrige Büsche überwucherten an manchen Stellen den Boden, doch keine Blüte und kein Blatt war an ihnen zu sehen. Sie waren stumme Reste der Vergangenheit, als dieses Tal vor Leben erstrahlte. In der Ferne war ein Turm zu sehen, seine Größe war gigantisch, langsam ging sie auf ihn zu, die Erde war ausgedorrt und staubig bei jedem Schritt bildeten sich neue Staubwolken, etwas knackte unter ihren Füßen als sie hinunter sah, konnte sie Knochen erkennen, sie hatte sie zertreten. Eleanor versuchte ihre Angst zu unterdrücken als sie weiter auf den Turm zu ging. Dünne Schlote kamen hier und da aus dem Boden und stoben einen widerlich riechenden, gelben Dampf aus der nach faulen Eiern roch, zwischen den Schloten blubberte es, sie ging durch eine art Sumpf, ab und zu quoll eine dickflüssige schwarze Blase aus der Tiefe nach oben, die beim zerplatzen noch mehr Gestank preisgab.

Sie stand auf einem Hügel und blickte von oben auf den Turm herab, seine Bauweise war klobig und plump und doch war er bedrohlich und jagte ihr große Angst ein. Eleanor stand da hier gab es nicht nur tote Pflanzen und Bäume es gab ebenso wenig Tiere nicht einmal Insekten nur Stille herrschte. Der Himmel war genauso schwarz wie alles andere hier, doch plötzlich begann die Erde unter ihren Füßen zu zittern sodass sie an manchen Stellen aufbrach und Lava aus dem Boden nach oben stieg, es bildeten sich nach kurzer Zeit Flüsse die durch das ganze Tal flossen und es einschlossen. Rot und schwarz war der Himmel, als sich etwas auf einem der Felsen bewegte, ein großes schwarzes Tier herhob sich sein brüllen war so laut, dass sie sich die Ohren zu halten musste. Es bäumte sich auf und breitete seine Flügel aus, es stob einen Feuerstrahl aus der den Himmel erleuchtete und gab seine wahre Gestalt preis, es war ein Drache. Das Tier stieß sich vom Felsen ab und flog genau auf sie zu, sein Maul hatte es weit aufgerissen, es brüllte und wieder spie es Feuer.

Mit einem Schrei schreckte sie aus dem Schlaf auf, ihr Atem ging keuchend, das Herz pochte stark in ihrer Brust, ängstlich sah sie sich um und war erleichtert das es nur ein Traum gewesen war. Zitternd setzte sie sich auf, es war unmöglich das sie jetzt wieder schlafen konnte deshalb stand sie auf, zog sich den Morgenmantel an, den ihr Jacob gebracht hatte, nahm den Kerzenleuchter vom Nachtschrank und ging zur Tür. Vorsichtig öffnete sie die Türe und schlich leise durch den langen Flur, die Treppe hinunter und ging in die Bibliothek. In dem Raum brannte das Feuer immer noch lebhaft im Kamin, doch von den beiden Männern war weit und breit nichts zu sehen, erleichtert Atmete sie auf denn der Alte hätte sie sonst gefragt, was sie so spät noch in der Bibliothek wollte und auf Erklärungen hatte sie keine Lust. Sie ging durch den Raum auf die Bücherregale zu, stellte sie Kerze auf ein kleines Tischchen und nahm sich das erstbeste Buch heraus. Als sie es aufschlug räusperte sich jemand hinter ihr, ein unangenehmes Kribbeln stieg in ihr auf und sie wusste sofort wer dort hinter ihr stand, Godric Greyhound!

Langsam drehte sie sich zu ihm um, er trug einen dunkelroten Pyjama mit hellen Nadelstreifen, darüber hatte er einen braunen Morgenmantel an. Er rauchte an einer Pfeife und sah sie neugierig an, als sie nichts sagte winkte er sie zu sich und bot ihr einen Sessel an. Eleanor war es unangenehm mit ihm allein zu sein und so suchte sie nach einer passenden Ausrede, um schnell zurück auf ihr Zimmer zu gehen, doch ihr wollte nichts einfallen. Er lachte leise und als sie ihn grimmig anfunkelte sagte er „Sei beruhigt, ich werde dir schon nichts tun. Versprochen! Komm setz dich, magst du eine Tasse Tee?“

Diesmal war nichts hypnotisierendes in seiner Stimme, diesmal klang sie normal wie jede andere auch. Zögernd und auf das schlimmste gefasst ging sie zu ihm hinüber und nahm im vorbeigehen einen Brieföffner vom Tisch und ließ ihn in ihre Tasche gleiten, sie würde sich zu wehren wissen falls er wieder in ihren Geist eindringen wollte. Ohne sich etwas anmerken zu lassen setzte sie sich und nahm dankend die Tasse Tee entgegen, während sie trank ließ sie ihn nicht aus den Augen doch er saß ganz entspannt da und sah den Flammen im Kamin zu.

„Verrätst du mir, was dich zu so später Stunde veranlasst hat herunter zu kommen?“

Er beobachtete sie dabei aus seinen Augenwinkeln, als sie wieder nicht antwortete fügte er ruhig hinzu „Nach dem zittern deiner Hände nach zu urteilen und den Schweißperlen auf deiner Stirn, gehe ich wohl recht in der Annahme, dass du einen schlechten Traum hattest.“

Sie schwieg weiterhin und er beließ es dabei, er war sich sicher das sie ihm schon sagen würde was sie bedrückt. Eleanor saß steif in dem Sessel und starrte auf den Teppich, sie versuchte sich für dessen Muster zu begeistern doch ihr war die ganze Situation so unangenehm, dass sie schließlich die Tasse auf den Tisch stellte aus dem Sessel aufsprang und sagte „Ich bin müde, danke für den Tee.“ Ehe sie hinaus ging und zurück in ihr Zimmer eilte. Sie legt sich in ihr Bett und schlief schnell ein. Beim Frühstück war sie mit Phinneas allein „Godric sagte mir, du hättest letzte Nacht schlecht geträumt. Magst du mir davon erzählen?“ Sie erzählte ihm alles und er hörte aufmerksam zu, er hatte seine Zeitung beiseite gelegt und runzelte die Stirn, etwas schien ihn zu beunruhigen. Als sie geendet hatte schüttelte er den Kopf und sagte leise „Das ist nicht gut, das ist gar nicht gut...“

„Warum sind sie so beunruhigt? Es war doch nur ein schlechter Traum.“

„Das war nicht nur ein Traum Eleanor, das was du gesehen hast war real. Der Drache und sein Reiter haben großes Unheil über Valgesia gebracht. Rivnir, so heißt der Reiter war derjenige, der die Menschen dazu gebracht hat Krieg zu führen. Er füllte ihre Herzen mit Hass und Neid bis sie ihm blind ergeben waren und seine Befehle befolgten wie Marionetten. Deshalb ist es nicht gut, verstehst du?“[..]

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Gast Nimbrethil

[...] „Nein, ich verstehe nicht was daran so schlimm sein soll wenn ich weiß was dieser Rivnir und sein Drache getan haben.“

„Weil...“, abrupt stellte er seine Tasse ab, der Tisch begann zu wackeln und die Untertasse zerbrach „Weil Rivnir jetzt weiß das es dich gibt und weil Surkra, sein Drache dich gesehen hat, deshalb! Er wird dich jagen und zur Strecke bringen koste es was es wolle. Verstehst du es nun?“

Er war aufgestanden und lief unruhig im Zimmer auf und ab, er fluchte wieso war alles nur so furchtbar schief gelaufen? Nichts, aber auch gar nichts war bisher so gelaufen wie er es geplant hatte. Eleanor wusste zwar das es von Anfang an nicht leicht werden würde, wenn sie in der anderen Welt waren, aber jetzt trachtete ihr auch noch jemand nach dem Leben und das missfiel ihr ganz und gar.

„Und was jetzt? Gehen wir wieder zurück nach London?“

„Auf keinen Fall, dafür haben wir zu viele Strapazen auf uns nehmen müssen, außerdem sieh doch wie weit wir gekommen sind Kind und da willst du aufgeben?“

Oh ja und wie weit sie gekommen waren, sie wurden von Londons schlimmsten Verbrecher gejagt, sie waren knapp einem unbekannten Monster entkommen, hatten aufgespießte Köpfe in einer Blutlache gesehen, Sie, Eleanor hatte ein riesiges Tier erschießen müssen um das Leben des Alten zu retten, sie waren halb erfroren hier angekommen und wohnten nun bei einem verrückten. Und jetzt wollte er trotz allem noch durch das Tor gehen ohne dass sie wussten was sie dort erwartete, abgesehen von einer schwarzen, feuerspeienden Bestie?

Eleanor musste raus, sie musste jetzt erst mal durchatmen. Sie stand auf und ging durch eine Terrassentür nach draußen, das war alles zuviel. Sie fing an, an seinem Verstand zu zweifeln doch sie wusste auch das sie auf ihn angewiesen war, außer diesem verschrobenen alten Mann hatte sie keine Menschenseele zu der sie gehen oder der sie gar vertrauen konnte. Das Anwesen lag zwischen saftigen Wiesen umsäumt von Hecken und Sträuchern, alte Eichen- und Ahornbäume wuchsen überall, an manchen von ihnen rankten sich Efeu empor. Sie ließ ihren Blick in die Ferne schweifen, am Ende des Parks war alles mit Himbeersträuchern zugewuchert nur ein schmaler Pfand schlängelte sich hindurch. Man konnte das Meer rauschen hören und wie die Wellen gegen die Klippe klatschten. Eleanor beschloss einen Spaziergang zu unternehmen, sie ging durch den Park zu den Himbeersträuchern und folgte dem schmalen Pfad vorbei an Brennesseln, Disteln und moosbedeckten Felsblöcken die an manchen Stellen aus dem Boden rakten, unter Weiden hindurch bis zur Klippe. Dort blieb sie stehen, die salzige Seeluft und der Geruch von Algen wehte ihr um die Nase, sie genoss die Stille und hörte dem kreischen der Möwen zu die über sie hinweg flogen.

„Guten Morgen Eleanor.“ sagte eine bekannte Stimme neben ihr, es war Greyhound! Er sah furchterregend aus, sein Anzug war an vielen Stellen zerfetzt, er hatte unzählige Striemen und Kratzer, blaue Flecken, Prellungen und er war voller Dreck.

„Was ist denn Ihnen zugestoßen?“ fragte sie entsetzt.

„Ich hatte ein unerfreuliche Begegnung mit einigen dunklen Gestalten. Darf ich fragen, was du hier so alleine machst?“

„Warum haben Sie ihm erzählt, dass ich einen schlechten Traum hatte? Das geht niemanden etwas an, sie hatten dazu kein Recht!“

„Ich habe jedes Recht dazu Eleanor auch wenn es dir nicht gefällt!“

„Nein das haben Sie nicht. Wer oder was sind sie überhaupt? Und wo kommen sie so plötzlich her? Lassen sie mich in Ruhe und gehen Sie, es gibt sicherlich noch viel zu bereden wovon ich nichts wissen darf.“

Er sah sie an als hätte ihn der Schlag getroffen sie war so abweisend und kalt, das es ihn erschreckte. Er packte sie am Arm und drehte sie zu sich um, er tat ihr weh das wusste er, aber sie musste aufhören sich zu benehmen wie ein bockiges Kind.

„Eleanor, schluss jetzt! Komm mit zurück!“ er wollte sie mit sich ziehen, doch sie riss sich los und gab ihm eine schallende Ohrfeige. Das sie so etwas wagte Zorn stieg in ihm auf, doch er riss sich zusammen und unterdrückte ihn.

„Eleanor. Was hast du getan, Kind?“

Phinneas war aus den Sträuchern hervorgekommen und sah sie erschrocken an, er hielt Rucksäcke in der Hand, die seit Tagen im Arbeitszimmer gestanden hatten. Godric hielt sich die schmerzende Wange, ihre Finger hatten sich rot auf seiner Haut abgezeichnet und sah immer noch wütend aus.

„Was auch immer gerade passiert ist, müssen wir unterwegs klären. Jetzt sollten wir schnell weg von hier, Jack ist hier her auf den Weg und ich möchte nicht auf ihn warten. Also los, beeilen wir uns!“

Er packte Eleanor am Ärmel und zog sie mit sich. Sie gingen ein Stück an der Klippe entlang bis sie zu einem kleinen Wäldchen kamen, wie damals bei Professor McKinnon hatten auch hier die Bäume ein undurchdringliches Dach gebildet. Eleanor bekam Angst doch die beiden Männer gingen ohne zu zögern voran, dass sie schließlich folgte. In der Mitte des Wäldchens war eine kleine runde Lichtung auf der längliche Steine senkrecht nach oben standen und einen Feenkreis bildeten. In der Mitte des Feenkreises war eine Öffnung in die eine gewundene Treppe hinunter führte. Die Männer holten Laternen hervor, entzündeten sie und stiegen die Stufen hinunter. Das Mädchen blieb draußen stehen es war ihr nicht geheuer dort runter zu gehen, bis einer der Männer nach ihr rief.

„Eleanor, verdammt noch mal komm endlich. Wir müssen uns beeilen!“

Langsam ging sie auf die Öffnung zu und spähte vorsichtig über den Rand hinunter in die Tiefe. Phinneas und Godric standen mit den Laternen mitten auf der Treppe und sahen zu ihr hoch.

„Beeil dich, Kind!“ sagte der Alte ungeduldig und so stieg sie die Stufen endlich hinab. Sie waren glitschig und an manchen Stellen waren Stücke herausgebrochen. Die Treppe führte hinunter zum Fuße der Klippe und zu einer Brücke, die Männer gingen weiter bis sie auf einem Felsvorsprung standen.

„Das Wasser steigt bald an, wir haben nicht mehr viel Zeit.“ sagte Godric als er sie über die Brücke auf die andere Seite führte. Der Seewind wehte ihr das Schulterlanges Haar ins Gesicht, für einen Augenblick schloss sie die Augen und genoss den Wind in den Haaren, sie fühlte sich frei und schwerelos. Sie öffnete die Augen und setzte ihre Weg über die Brücke fort. Dabei musste sie sich am Geländer festhalten denn das Holz war morsch und von Algen überwuchert. Die Brücke lief in einem leichten Bogen auf die andere Seite hinüber, sie war aus einem edlen Holz gefertigt und kunstvoll verziert worden und sie schien sehr alt zu sein. Doch wo war die andere Seite? Vom Rand der Klippe hatte sie keine Insel entdeckten können, wohin würde sie die Brücke also führen? Als Eleanor auf der anderen Seite ankam, warteten die beiden bereits ungeduldig auf sie. Sie standen vor dem Eingang zu einer Höhle, innen war es pechschwarz kein einziger Lichtstrahl war zu sehen, vorsichtig gingen sie einen Schritt hinein und wurden sogleich von der Dunkelheit umhüllt, allmählich begannen sich ihre Augen daran zu gewöhnen und sie konnten ihren Weg fortsetzen. Im Inneren roch es modrig, die Luft war alt und abgestanden an den Wänden wuchsen Moose, Pilze hatte sich dort angesiedelt, die Wände waren scharfkantig und feucht, Salz hatte sich hier über die Jahre hinweg am Felsen abgelagert. Gemeinsam folgten sie einer weiteren Treppe hinauf ans Tageslicht. Erneut standen sie in einem Wäldchen der Boden war mit Farnen und Wachholder bedeckt. Unsagbar alt schienen die Bäume zu sein. Lange Schleppen und Bärte von Flechten hingen von ihnen hinab und wiegten sich im Wind. Die Luft war hier ebenso abgestanden und modrig wie in der Höhle, das es sie anstrengte weiter zu gehen. Sie kamen schließlich zu einer Stelle an der zwei seltsame Bäume standen. Ihre Stämme waren in einander verdreht und bildeten einen Bogen, doch das war nicht einmal das seltsamste. Die Stämme und Äste waren vollkommen kahl, kein Blatt, keine Blüte wuchs an ihnen nur die Flechten hingen daran herunter. Sie stiegen über die knorrigen Wurzeln die aus dem Boden wuchsen bis sie unter dem Baumbogen standen. Die Männer nahmen Eleanor in ihre Mitte und gingen einen Schritt vor. Ihr wurde schwindelig, alles begann sich zu drehen, Eleanor hatte das Gefühl als würde sie in ein Dunkles Loch hinab fallen ehe sie das Bewusstsein verlor.

Kapitel 5

Als sie erwachte lag sie auf einer Lichtung auf einer Wiese umgeben von herrlich duftenden Blumen. Über ihr hingen rote saftige Äpfel an einem Baum, Bienen schwirrten überall umher und sammelten fleißig Nektar. Eleanor setzte sich auf und erschrak. Zwei riesige Gelbe Augen starrten sie an.

„Steh auf, du kannst hier nicht sitzen bleiben!“ knurrte eine raue Stimme.

Die gelben Augen gehörten zu einem Wolf der sich vor ihr hingesetzt hatte und sie unverwandt anstarrte.

„Steh auf. Phinneas wartet, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“ sagte er barsch.

Als sie keinerlei Anstalten machte aufzustehen und ihm zu folgen, packte er sie mit seinen Zähnen und zog sie über den Waldboden mit sich fort. Eleanor schrie, sie strampelte und schlug um sich, solange bis der Wolf sie endlich losließ. Wütend rappelte sie sich auf, kleine Äste und Blätter hatten sich in ihrem Haar verfangen Eleanor nahm einen Stein der neben ihr auf dem Boden lag und schleuderte ihn dem Wolf entgegen. Jaulend sprang er zur Seite, als er ihn hart am Hinterlauf traf. Vor ihren entsetzten Augen verwandelte sich der Wolf in Godric Greyhound, der sie sogleich am Kragen packte und zu sich hochzog.

„Wag das ja nicht noch einmal oder du wirst zu spüren bekommen wie böse ich werden kann!“

Sein drohender Unterton war kaum zu überhören, doch Eleanor ließ sich nicht davon einschüchtern.

„Zu Ihrer Information, wenn Sie mir gleich gesagt hätten, wer Sie sind dann hätten Sie sich Ihre Drohung auch sparen können!“

Damit stolzierte sie an ihm vorbei und würdigte ihn keines weiteren Blickes. Der Alte hatte sich das ganze aus der Entfernung angesehen und schüttelte den Kopf, Rivnirs Unholde waren hinter ihnen her und die beiden hatten nichts besseres zu tun als sich zu streiten. Das würde ja noch heiter werden dachte er als sie weiter gingen. Sie liefen durch den Wald, offensichtlich hatten es die Männer sehr eilig, denn sie war nach kurzer Zeit völlig außer Atem. Hinter ihnen zwischen den Bäumen krachte es „Duckt euch“ flüsterte Godric. Ein brüllen war zu hören als mehrere merkwürdige Gestalten aus dem Unterholz hervorbrachen. Ihre Haut war lederig und dunkel von Dreck und anderem Unrat, sie waren in Felle gekleidet, an den Armen ,Beinen und der Brust waren sie gepanzert. Die Kreaturen stanken bestialisch unter ihren wulztigen Lippen konnten so etwas wie Reißzähne erkennen, sie trugen alle klobige Schwerter.

„Sucht sie!“ befahlt eine raue Stimme.

Phinneas, Godric und Eleanor lagen hinter einem umgestürzten Baum unter dessen herabhängenden Wurzeln und wagten kaum zu atmen. Die Kreaturen liefen einige Male an ihrem Versteck vorbei doch zu ihrem Glück sahen sie die Drei nicht und verschwanden wieder im Unterholz. Als sie sich aus ihrem Versteck trauten hatte es angefangen zu regnen. Der Waldboden weichte immer mehr auf und verwandelte sich in einen zähen Matsch.

„Gut.“ knurrte Godric „der Regen verwischt unsere Spur!“

Der Regen wurde immer schlimmer und Godric führte sie fast nur noch durch dichtes Gestrüpp das Kratzer und Schnitte in ihren Gesichtern hinterließ. Der Wald wurde immer dichter und dichter, zwischen den Bäumen war es fast schwarz, nur hier und da fiel ein Lichtstrahl durch das Blätterdach. Überall wuchs Efeu so stark, dass einige Bäume aussahen, als würden sie vom Efeu erdrosselt. Der Pfad auf dem sie gingen war schmal und wand sich um die Stämme herum. Hier und da konnte man die absonderlichen Geräusche kleiner Tiere hören, die an ihnen vorbei huschten. Es grunzte, schnaufte, raschelte und kreischte um sie herum. Irgendwo schrie ein Waldkauz doch sehen konnten sie nichts. Sie kamen an einem Bach vorbei, dessen Ufer vom Regen ganz aufgeweicht war und das Vorwärtskommen schwieriger machte. Noch eine ganze Weile gingen sie durch das dichte Gehölz, ehe sich endlich der Wald etwas lichtete. Hinter einigen Bäumen, lag fast verdeckt von vielen Büschen, Sträuchern und einigen hageren Fichten, ein großer Felsen. Die Männer führten sie näher heran, bis sie vor einer Höhle standen. Benommen vor Erschöpfung konnte Eleanor zwei runde Fenster erkennen, die unter einer halbumgestürzten Tanne hervorschauten. Sie waren beleuchtet, die Höhle war also bewohnt. Godric klopfte an einer grünen Tür. Im nächsten Augenblick sank Eleanor ohnmächtig zusammen. Sie spürte nicht mehr wie sie von zwei starken Armen aufgefangen und hinein getragen wurde. Sie hatte Fieber bekommen und warf sich unruhig hin und her. Das kalte wasser das ihre Lippen berührte trank sie hastig, denn es tat so gut. Jemand tupfte ihre Stirn und sprach leise zu ihr. Obwohl sie die Worte nicht verstand wurde sie von der warmen und beruhigenden Stimme wieder in einen ruhigen und erholsamen Schlaf versetzt aus dem sie erst wieder erwachte, als es schon hell war. Mit großer Mühe gelang es ihr sich aufzurichten. Jemand hatte ihr ein Nachtgewand angezogen. Müde sah sie sich um, man hatte sie also in die Höhle gebracht. Diese war nicht sehr groß, sie wurde von Laternen beleuchtet und im Kamin brannte ein Feuer, über dem ein dampfender Kessel hing. In der Mitte stand ein Holztisch mit vier Stühlen. Eleanors Lager befand sich in einer Ecke, es bestand aus einem Holzrahmen und war mit vielen Fellen ausgelegt, damit sie es warm und weich hatte. Ein besonders großes diente ihr als Decke. Sie sah sich um, doch außer ihr war niemand zu sehen.[...]

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Gast Nimbrethil

[...]Hatten der Alte und Godric sie hier allein zurück gelassen? Eleanor setzte sich auf und streckte sich dann stand sie vorsichtig auf, nahm eines der Felle und hängte es sich um ehe sie sich genauer in der Höhle umsah. In einer weiteren Nische entdeckte sie ein zweites Lager, auch dieses war mit Fellen ausgelegt. An der Wand standen drei Regale in denen Flaschen und Gläser in allen möglichen Formen standen, alle waren mit bunten Flüssigkeiten gefüllt. Daneben war eine schmale Tür und als Eleanor sie öffnete sah sie in eine reich gefüllte Speisekammer mit Kisten voller Äpfel, Kartoffeln und Rüben, Pökel- und Dürrfleisch hing von der Decke und ein großes Fass mit Schmalz stand in einem Regal. Sie verschloss die Tür und zum ersten Mal fiel ihr auf das von der Decke Kräuter und getrocknete Blumen in Bündeln herunter hingen und einen angenehmen und würzigen Duft verströmten. Das Mädchen ging durch die Höhle zur Eingangstür, als sie die Tür öffnete bemerkte eine Stimme „Wie ich sehe geht es Euch wieder besser.“ es war Godric, der als Wolf im Gras lag und genüsslich alle Pfoten von sich streckte. Eleanor drehte sich um, was meinte er mit „Euch“? Sie war doch allein. Er lachte „Mit Euch meinte ich dich. Das klingt höflicher jeder spricht hier so, daran solltet Ihr euch gewöhnen!“

Ehe sie etwas darauf antworten konnte kam eine Frau aus dem Dickicht, sie trug ein Bündel Holz mit sich das sie in die Höhle brachte. Eleanor folgte ihr. Sie hatte unordentliches rotes Haar, die zu einem wilden Knoten am Hinterkopf zusammen gesteckt waren und ein einfaches braunes Kleid.

„Dein Fieber ist also abgeklungen. Was hälst du von einem Bad und frischen Kleidern?“

fragte sie während sie das Holz in das Feuer warf.

Es dauerte eine Weile ehe die Wanne mit Wasser gefüllt war, nach fünf Kesseln war sie endlich voll und Eleanor konnte sich ins das warme Wasser legen.

„Mein Name ist übrigens Varla“ sagte sie während sie etwas ins Wasser gab sodass es herrlich duftete. „Wenn du fertig bist Essen wir etwas und dann bringe ich dich zu Phinneas .“

Der Wolf war ihnen unterdessen nach drinnen gefolgt und lag nun vor dem Feuer, sein Kopf ruhte auf den Vorderpfoten, neugierig starrte er Eleanor an. Er ließ sie nicht aus den Augen und sobald sie sich ein wenig bewegte, hob er den Kopf als wartete er auf etwas bestimmtes.

„Hören Sie gefälligst auf mich anzustarren, sie Ferkel!“

Eleanor hatte sich tiefer in das Wasser sinken lassen, sie konnte diesen Godric nicht ausstehen, er war ihr unheimlich und suspekt.

Varla packte ihm am Ohr und schimpfte „Raus mit dir. Hör auf sie in Verlegenheit zu bringen!“

Knurrend und murmelnd lief der Wolf hinaus, als er in der Tür stand bedachte er das Mädchen mit einem verächtlichen Blick ehe er verschwand und dabei die Tür zuschlug. Varla hatte ihre Sachen gereinigt und legte sie ihr auf das Lager, als Eleanor aus der Wanne stieg und sich abtrocknete. Nur der Mantel war durch einen neuen ersetzt worden, ein dunkelgrüner Lodenmantel lag dort, er hatte schwarze Knebelknöpfe aus Holz, in die jeweils ein Blatt mit Goldfäden eingearbeitet war und eine große Kapuze. Der Mantel bestand aus gewalkter Wolle, die Nässe und Kälte abhalten sollte und doch war er federleicht und fühlte sich weich und zart an. Es gab Eintopf schweigsam saßen sie am Tisch, Godric hatte sich in seine menschliche Gestalt zurück verwandelt und schien noch immer schlecht gelaunt, aber das war Eleanor egal. Sie mochte ihn nicht und das würde auch so bleiben!

Nach dem Essen gingen sie Varla, Eleanor und Godric sich auf den Weg. Nachdem sie eine Zeit lang am Waldrand entlang gegangen waren, kamen sie zu einem See. Er trug den Namen Esna See und lag zwischen dicht bewachsenen, grünen Berghängen, die in der bereits untergehenden Sonne erglänzten. Varla und Godric führten Eleanor lange Zeit am Ufer entlang, sie brachten sie nach Oca Susta, einer Stadt die auf der anderen Seite des Sees lag. Eleanor war gespannt, wie die Städte dieser Welt wohl aussehen mochten. Der Weg führte durch eine Bucht mit einem steinigen Ufer. Sie gingen über groben Kies und hier und da lagen Felsblöcke und große Steine im Weg. Zarte Wellen schwappten an das Ufer, die herabhängenden Äste der Weiden, machte das Vorwärtskommen schwierig. Die Wasseroberfläche des Sees, glänzte in der Sonne und ein Widerschein der Wolken tanzte auf dem Wasser. Sie gingen weiter am Ufer entlang, bis sie an einen Weg kamen. Diese einzige Straße nach Oca Susta, war von Hufen und Wagenrädern zerfurcht, hier und da hatten sich Pfützen darin gebildet. Um diese Zeit waren nur wenige unterwegs, die Meisten waren Bauern und Händler die ihnen keinerlei Beachtung schenkten.

Langsam färbte sich der Himmel rot und orange und wurde von dunklen Wolkenfäden durchzogen, als sie endlich Oca Susta erreichten. Eleanor bot sich ein unglaublicher Anblick; Oca Susta lag in der Mitte der Bucht im Wasser. Die Hälfte der Stadt lag auf einer Insel während die andere Hälfte auf Holzpfählen gebaut im Wasser stand. Eine breite Holzbrücke war der einzige Zugangsweg der in die Stadt, auf der ein reges Treiben herrschte. Von Ochsen gezogene Wagen quälten sich dicht aneinander gedrängt über die Brücke hinaus oder hinein. Zwischen den Wagen liefen Leute umher, auch Varla, Godric und Eleanor gingen zu Fuß, über die Brücke in die Stadt hinein. Das steinerne Stadttor, gleichzeitig Ausgangspunkt der Stadtmauer die, die zum Ufer gerichtete Seite eingrenzte, wurde von zwei Wachposten bewacht die, die Neuankömmlinge grimmig ansahen. Im Inneren war das Gedränge um einiges dichter. Sie gingen über den Marktplatz, vorbei an den bunten Ständen. Die Luft war erfüllt von dem Duft von Honigwein und gebrannten Mandeln, einige Stände hatten dampfende Kessel, aus denen es lecker zischte und brodelte, Händler priesen lautstark ihre Waren an und ein Ochse briet über einem Feuer. Met trinkende saßen singend dabei, während Feuerspucker, Jongleure und Stelzengänger durch die Menge gingen, um sie mit ihren Kunststücken zu erfreuen. Auf der anderen Seite des Marktes bogen sie in eine kleine Seitengasse ab. Über einen Steg erreichten sie jetzt den teil der Stadt, der auf mächtigen Holzpfählen gebaut war. Unter ihnen gluckste das Wasser. Alle Häuser waren in die Höhe gebaut worden, viele von ihnen waren krumm und schief und hielten nur Stand weil das danebenliegende Haus es stützte. Vor einem weißen Haus mit blauen Fensterläden, an dem sich Wein empor rankte, blieben sie stehen. Varla trat vor und klopfte an die Tür. Niemand öffnete. Sie hämmerte nun lauter an die Tür. Es dauerte eine Weile, bis sie Schritte hörten und die Tür sich schließlich öffnete. Phinneas stand in der Tür, er wirkte müde und entschuldigte sich als er gähnte. Er bat sie herein und führte sie durch einen langen dunklen Flur, der links und rechts mit Wandteppichen behangen war, bis sie die Bibliothek erreichten.

Das war das größte Durcheinander, das Eleanor jemals gesehen hatte. Sie war beeindruckt von der Menge der Bücher und Schriftrollen, die in einen so kleinen Raum passten. Türme aus gestapelten Büchern standen auf dem Boden verteilt, sodass man den Teppich kaum sehen konnte, ein Scheibpult stand am Fenster, auf ihm und darunter, auf dem Fenstersims lagen unzählige Berge von Büchern, in den einst geordneten Bücherregalen lagen diese nun kreuz und quer verstreut. In der Ecke stand ein staubiges Sofa, ein kleiner Sessel und ein Tisch, ein gemütliches Feuer prasselte im Kamin und verlieh dem ganzen Durcheinander eine gewisse Gemütlichkeit.[...]

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Gast Nimbrethil

[...]Varla, Eleanor und Godric setzten sich. Das Mädchen sah den Alten fragend an, doch er schien ein wenig durcheinander zu sein und verschwand schnell in der Küche und kam mit einem Tablett, voll Tee und Gebäck zurück. Er stellte kleine Tassen auf den Tisch, dann schenkte er jedem Tee ein und reichte ihnen das Gebäck. Seufzend setzte er sich „Es ist alles komplizierter als erwartet. Bror wird euch nach Endura bringen, damit Eleanor richtig ausgebildet werden kann, während ich erstein mal hier bleibe.“

„Du kommst nicht mit uns?“ fragte Godric

„Ich habe noch etwas zu erledigen und werde später nach kommen.“

„Und wo ist Bror, wenn ich fragen darf? Treibt er sich wieder im Gasthaus herum?“ Varla klang nicht sehr erfreud.

„Ich bin hier, werte Varla.“

Bror war ein älterer stämmiger Mann mit buschigem Bart und buschigen Augenbrauen. Sein grau-braunes Haar stand wirr in alle Richtungen ab, er hatte blaue Augen und ein markantes Kinn. Er lehnte im Türrahmen und sah interessiert in die Runde, dann kam er auf sie zu und reichte Eleanor seine Hand.

„Du musst Eleanor sein. Phinneas hat mir schon viel von dir erzählt.“

Mittlerweile hatte auch er sich, auf einen unter Büchern vergrabenen Sessel gesetzt, den er kurzerhand und mit einem Schwung davon befreite. Er zog einen Beutel Tabak unter einem Kissen hervor, stopfte seine Pfeife damit und zündete sie schließlich an. Rauchringe zogen durch die Bibliothek, große und kleine, dicke und dünne.

Bror sah Eleanor an „Was kann sie?“

Sie war verwirrt, was sollte sie denn können müssen?

„Ich bin in ihren Geist eingedrungen. Beim ersten Versuch hat sie das Bewusstsein verloren, beim zweiten hat sie mich abwehren können.“ Godric hatte sein Wort an ihn gerichtet „Aber sie ist schwach und muss noch viel lernen.“

Eleanor wurde wütend, was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein?

„Dann komm mit uns Godric, damit sie unterwegs lernen kann.“

„Ich kann nicht, ich muss wieder zurück. Du wirst schon jemanden finden der an meiner Stelle mitkommt.“

„Ich habe bereits eine Nachricht nach Rathdum geschickt. Meister Bratak wird jemanden zum Kelldras Tal schicken.“ Bror schien Godrics Antwort bereits erwartet zu haben.

„Wir sollen mit dem Mädchen ins Kelldras Tal gehen? Was hast du dir denn dabei gedacht, du weißt wie die Magor auf Fremde reagieren.“ Varla war wütend und sah Bror funkelnd an.

„Auch daran habe ich durchaus gedacht, meine Liebe. Ich habe Beren bereits von unserem baldigen Besuch unterrichtet. Er war einverstanden. Du siehst ich habe nicht dem Zufall überlassen.“

Varla schnaubte „Aber du hast nicht bedacht das Eleanor ein Mädchen ist und wie willst du sie bitte vor deren gierigen Gelüsten beschützen?“

Daran hatte er tatsächlich nicht gedacht. Es war nun mal die Sitte der Magor, die Frauen zu nehmen die sie wollten, egal ob mit oder ohne deren Einverständnis. Was hatte er nur getan?

Eleanor wurde blass, sie konnte sich noch gut daran erinnern, was der Alte ihr über das Volk der Magor erzählt hatte und jetzt sollte sie einfach zu denen hinspazieren?

„Ich muss mal an die Luft“ sagte sie und stand auf. Ehe die anderen etwas sagen konnten war sie schon hinaus gegangen, sie ging über den Steg zurück zum Markt. Es war dunkel geworden und überall hatte man Fackeln aufgestellt oder kleine Lagerfeuer entzündet über dem Fleisch gebraten wurde. Eleanor schlenderte zwischen den Ständen umher, jemand drückte ihr einen Becher in die Hand und verschwand wieder. Sie roch daran, es duftete nach Honig. Vorsichtig nahm sie einen Schluck und musste husten, es brannte in der Kehle. Was war das nur für ein Zeug? Es schmeckte nach Honig und etwas scharf, es war also Honigwein. Scheußliches Zeug, dachte sie und kippte alles aus. Als Eleanor weiter gehen wollte zog sie jemand am Arm, es war eine Frau die sie zu ihrem Stand zerrte und ihr Stoffe und Tonteller anbot. Dankend lehnte sie ab und eilte davon. Am Rande des Marktes standen Tiere zum Verkauf. Schweine, Ziegen, Hühner, Ochsen und Pferde waren dort angepflockt und warteten auf ihre neuen Besitzer. Als sie zwischen zwei Wagen hindurch ging, sah sie einen fetten, gut gekleideten Mann, der in den Fängen einiger düsterer Gestalten war. Es waren die Narzka, jene Kreaturen die sie bei ihrer Ankunft in Valgesia durch den Wald gejagt hatten. Der Anführer hielt ihm ein Messer an die Kehle „Hast du einen Menschen gesehen?“

Der fette Mann schüttelte den Kopf und flehte um sein Leben. Der Narzka grunzte wütend und ließ seinen Gefangenen los.

„Kommt!“ gröhlte er und die Horde verschwand zwischen den Häusern.

Der Mann war offenbar ein Händler, Eleanor war erstaunt wie fett er war, nicht einmal der breite Gürtel um die Hüfte, konnte seine Leibesfülle verstecken, im Gegenteil es ließ in nur noch fetter erscheinen. Sie musste grinsen denn als er aufstand, schwabbelte sein Bauch so sehr, dass er Wellen schlug.

Eleanor ging schließlich zurück zu Brors Haus. Oca Susta war eine sehr verwinkelte Stadt, mit unzähligen Gassen und Strassen, es kostete sie Mühe den richtigen Weg zu finden. Als sie durch die Gassen ging, konnte sie die Narzka sehen, wie sie in die Häuser eindrangen und dort alles verwüsteten. Manche der Leute versuchten sich zu wehren und stellten sich ihnen in den Weg, doch sie wurden brutal beiseite gedrängt oder verprügelt. Sie musste sich beeilen.

Als Eleanor endlich das haus gefunden hatte, hämmerte sie gegen die Tür bis endlich jemand öffnete.

„Was soll der Krach?“ fragte Phinneas ärgerlich, als er sie herein ließ.

„Die Narzka, sie sind hier in der Stadt. Sie brechen in jedes Haus ein.“

Phinneas war entsetzt und zerrte sie mit sich „Schnell, sie suchen in allen Häusern.“

Varla und Bror sprangen auf, sie packten kleine Bündel die auf dem Tisch lagen und buxierten Eleanor zu einem Gemälde, dass in der hintersten Ecke des Flures hing. Es war groß und reichte bis zum Boden, Bror zog es von der wand weg wie eine Tür und dahinter erschien eine kleine Holztür, die ihnen bis zur Brust reichte. Bror bückte sich und öffnete sie, unter ihnen lag der Esna See.Eleanor wurde unsanft hinaus gezogen und saß ehe sie sich versah in einem Boot, das an einem kleinen Steg angebunden war. Phinneas winkte ihnen zum Abschied und verschloss die Tür. Sie saßen in der Dunkelheit, nichts konnten sie sehen nur das schwarze, ächzende und glucksende Wasser war unter ihnen. Bror und Varla paddelten auf den See hinaus, aus der Ferne konnten sie hören wie die Narzka in Brors Haus einbrachen und alles verwüsteten. Jemand schrie. Hoffentlich ging es dem alten Phinneas und Godric gut, dachte Eelanor als sie weiter hinaus fuhren. Was suchten diese Kreaturen nur? Es dauerte Stunden und als es anfing zu dämmern kamen sie auf der anderen Seite des Esna Sees an. Sie versteckten das Boot unter den herabhängenden Ästen einer Weide und machten sich auf den Weg.

„Was haben die Narzka gesucht?“ fragte Eleanor als sie durch ein Fichtenwäldchen wanderten. „Dich!“ sagte Bror knapp.

„Wieso mich? Was wollen die von mir?“

„Sie suchen dich um dich zu Rivnir zu bringen, damit er dich töten kann.“

Rivnir, irgendwo hatte sie den Namen schon einmal gehört. Dann erinnerte sie sich an den Traum und was der Alte ihr gesagt hatte.

„Wo liegt das Kelldras Tal?“ fragte sie leise.

„Drei Tagesmärsche von hier. Wir müssen und beeilen und auf der Hut sein.“

Bror führte sie zwischen den Berghängen hindurch, sie waren mit saftigen Grün bewachsen. Farne, Pampas Gras, und Sauerklee, Fichten und Stechfichten wuchsen überall. Als sie am Ende der Berge ankamen traten die Bäume schließlich zurück, und vor ihnen öffnete sich ein weites Tal, in dem überall das Wasser von unzähligen Teichen glänzte. Der Esna See hatte sich in ein Flüsschen verwandelt, dessen viele Windungen sich durch das Tal schlängelten, kleine Sumpfinseln säumten den Weg des Flusses. Wasserpalmen waren die einzigen Bäume die hier wuchsen. Vor ihnen lag das Grasland, es würde drei Tage dauern ehe sie es durchquert und im Kelldras Tal ankommen würden. Varla und Bror sahen sich um, die Narzka schienen ihnen nicht gefolgt zu sein und so nahmen sie Eleanor in ihre Mitte und begannen mit dem Unterricht.

„Ich kann dir nur einen kleinen Teil beibringen, also pass gut auf!“

Bror überlegte kurz.

„Vielleicht hat Phinneas es dir schon erzählt, es gibt so was wie Magie, das du lernen musst. Wenn du zum Beispiel einen Baum wachsen lassen möchtest, dann musst du es dir im Geiste vorstellen .Hast du das verstanden?“

Eleanor nickte. „Gut, dann versuch es!“

Sie schloss die Augen und versuchte an einen Baum zu denken, der aus der Erde wuchs, doch nichts geschah. Sie kniff fest die Augen zusammen und dachte an einen Baum, sie öffnete ein Auge doch es war kein Baum zu sehen.

„Nein, nein, so geht das nicht. Okay atme tief durch und versuch an nichts zu denken. Lass alle Sorgen und störende Gedanken hinter dir, es muss völlige Leere in deinem Kopf sein. Wenn du das geschafft hast, versuch es noch einmal. Sieh her!“

Er zeigte ihr was er meinte, er schloss seine Augen, doch für einen Moment geschah nichts. Dann schoss urplötzlich eine Fichte aus dem Boden. Eleanor war begeistert.

„Versuch es noch einmal!“ sagte er „Konzentrier dich darauf und wenn du einen Baum siehst, lass ihn wachsen!“

Sie konzentrierte sich, doch es passierte nicht das geringste. Eleanor war enttäuscht.

„Es wird eine Weile dauern ehe es dir gelingen wird.“ beruhigte sie Bror [...]

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  • 2 Wochen später...
Gast Nimbrethil

[...] Während der drei Tage, die sie durch das Grasland gingen wollte es Eleanor nicht ein einziges Mal gelingen etwas wachsen zu lassen. Die Landschaft veränderte sich, aus dem Tal mit den weiten Wiesen und den Sumpflöchern, Tümpeln und Flüsschen wurde langsam eine sandige und steinige Umgebung. Das Grün wurde immer weniger und verschwand bald gänzlich unter den Sandmassen. Sie standen am Rande einer Wüste, in der Ferne konnte man Berge erkennen. Das Kelldras Tal war nicht mehr weit. Sie hatten die Nacht unter einigen Palmen, deren schwertförmige Blätter zu einer dichten Krone wuchsen verbracht.

„Das ist eine cordyliene australis“ hatte Varla erzählt „sie wächst auf besonders Nahrhaften Böden“

Es war erstaunlich was sie alles über Pflanzen wusste, Eleanor konnte sich nicht mal die Hälfte davon merken. Je weiter sie kamen umso steiniger wurde der Boden, sie stolperten oft über im Sand vergrabene Steine und Felsblöcke. Bald erreichten sie die Ausläufer der Berge, erst ragten sie flach aus dem Sand und wurden immer höher und höher, bis sie sich schließlich als Felswände vor ihnen aufbauten. Überall wuchsen Kugeldisteln, die Pflanzen hatten einen weißfilzigen Stängel und fedrig gespaltene Blätter, ihre Blüte war kugelartig daher hatte sie ihren Namen. An den Blättern waren Dornen die sie durch die Kleider stachen. Bror führte sie zwischen den Felswänden durch eine schmale Schlucht. Diese war so eng, dass sie nur knapp hindurch passten. Einen ganzen Tag wanderten sie durch die engen Schluchten und quetschten sich durch schmale Felsspalten, als sie endlich rast machten. Einige Steppenläufer hatten sich beim letzten Sandsturm hier her verirrt und boten ihnen nun die Möglichkeit eines kleinen Feuers. Die Nacht war klar und schwül warm. Eleanor lag auf dem Rücken und hatte die Arme hinter ihrem Kopf verschränkt, sie sah hinauf in den Nachthimmel und beobachtete die Sterne. Sie funkelten hell, es waren unzählig viele.

Spät in der Nacht wurde sie von einigen kleinen Steinen geweckt, die von den Felsen herabrollten. Eleanor öffnete die Augen, wieder fielen Steine herab einer traf sie am Kopf. Als sie sich aufrappelte blitzte etwas helles vor ihr auf und im nächsten Augenblick wurde sie gepackt. Sie versuchte zu schreien doch eine Hand presste ihren Mund fest zu. Jemand stülpte ihr etwas über den Kopf, fesselte ihre Arme und Beine ehe sie hochgehoben und bäuchlings über die Schulter geworfen wurde. Hilflos und voller Angst wurde sie davon getragen. Es schien Stunden zu dauern ehe sie die erste Rast machten, unsanft wurde sie auf den Boden geworfen in etwas weiches und feuchtes. Nach kurzer Zeit war sie durchnässt und fror fürchterlich. Eleanor konnte Stimmen hören, es waren raue und kratzige Männerstimmen . Die Kante eines Felsens bohrte sich in ihren Rücken, als sie sich anders hinsetzten wollte schnitt sie sich die Seite bis auf das Blut ein. Langsam und warm sickerte es an ihr herunter, sie konnte es spüren, doch niemand der Männer schien es zu interessieren, als sie an ihr vorbei gingen. Von irgendwo her hatten die Männer Feuerholz geholt denn sie konnte es knistern hören. Etwas briet über dem Feuer, denn ein herzhafter Duft drang zu ihr herüber. Anscheinend hatte man sie abseits sitzen lassen, denn die Stimmen waren nicht all zu laut. Die Männer saßen vor dem Feuer, aßen Fleisch und tranken Met und Wein, sodass sie nach kurzer Zeit betrunken waren und dabei derbe Lieder grölten. Als es endlich still war, sah Eleanor ihre Chance und versuchte an der Felskante ihre Hände zu befreien. Es dauerte ewig bis sie das Seil durchgescheuert hatte, doch als sie es geschafft hatte, zog sie sich einen Sack in dem ihr Kopf steckte herunter, löste ihre Fußfesseln. Vorsichtig versuchte sie aufzustehen, ihre Seite brannte schmerzhaft, langsam zog sie ihre Tunika hoch und besah sich die Wunde. Sie war bereits entzündet und es würde nicht mehr lange dauern ehe sie anfangen würde zu eitern. Eleanor zog sich am Felsen hoch, sie verdeckte die Wunde wieder unter ihrer Kleidung und sah sich um. Wie sollte sie Bror und Varla nur wiederfinden? Die schmalen Schluchten waren wie in Labyrinth aus dem sie nicht so leicht herausfinden würde, so viel war klar. Doch nach ihnen rufen konnte sie auch nicht, denn dann würde sie die schnarchende Meute aufwecken oder gar noch weitere herlocken. Nein. Sie musste irgendwie einen anderen Ausweg finden. Leise schlich sie zwischen den schlafenden hindurch, nahm sich einen Trinkschlauch der mit Wasser gefüllt war, suchte sich etwas Fleisch zusammen das sie in ein Tuch einwickelte ehe sie sich durch die schmalen Gänge auf den Weg machte. Währenddessen hatten Bror und Varla bemerkt, dass Eleanor nicht mehr da war und riefen nach ihr. Doch das einzige das ihnen antwortete, war ihr eigenes Echo.

„Wir müssen sie suchen!“

„Nein, Varla. Die Schluchten führen kreuz und quer durch die Berge, wenn sie uns nicht gehört hat werden wir sie auch nicht finden. Wir gehen zu Hérick und bitten um Hilfe. Nur die Magor kennen alle Wege und nur sie können sie finden.“

Schweren Herzens musste sie zugeben, das er Recht hatte und folgte ihm. Vor einer Felswand an der Lianen hinabwuchsen blieben sie stehen, Bror trat einen Schritt vor und zog die Lianen beiseite, sodass sie in eine Höhle gehen konnten, die sich dahinter verbarg. Sie war nicht sehr hoch und nicht sehr groß, denn nach wenigen Schritten waren sie schon auf der anderen Seite angekommen. Vor ihnen lag ein Tal, dass nur spärlich mit Gras bewachsen war, Sand und Grasflächen wechselten in einem interessanten Farbenspiel. Überall wuchsen Akazien und Zypressen. Auf dem Vorsprung auf dem sie standen wuchs Feuerdorn voller gelber Beeren und Wachholdersträucher. Zum erstenmal bemerkte sie einen Unterschied zwischen ihrer und dieser Welt. Dort unten im Tal standen keine Häuser, sondern bunte Zelte und allen möglichen Formen. Manche waren breit und rund, andere glichen einem Zeltturm. Man hatte Felle zum trocknen aufgehangen, Fisch und Fleisch hing ebenfalls dort. Bellende zottige Hunde liefen zwischen den Zelten umher und wurden von kreischenden Kindern gejagt. Männer kämpften mit langen Holzstäben miteinander und überall.

„Komm!“ sagte Bror.

Gemeinsam gingen sie hinunter zur Zeltstadt. Ein großgebauter, breitschultriger Mann wartete bereits auf sie.

„Seit gegrüßt, ich habe Eure Nachricht erhalten und freue mich auf euren Besuch.“

„Wir danken Euch, Hérick. Doch wir müssen Euch sogleich um Hilfe bitten.“

„Sprecht, werte Varla womit kann ich helfen?“

„Bei uns war ein Mädchen, ungefähr fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, doch heut morgen war sie verschwunden und wir hoffen das Eure Männer sie in den vielen Schluchten finden könnten.“

„ Ich werde sogleich meine Männer auf die Suche schicken. Doch jetzt kommt und erfreut euch an Speis und Trank.“

Kapitel 6

Seit zwei Tagen irrte Eleanor bereits durch das Labyrinth aus Schluchten. Das Wasser war bereits leer und sie hatte auch nicht weiter zu essen, langsam schwanden ihre Kräfte. Sie würde nicht mehr lange durch halten, wenn sie nicht bald jemand finden würde. Die Hitze war am Tage unerträglich geworden, sie brannte heiß auf der Haut und raubte ihr die letzten Kräfte. Nach einigen weiteren Stunden, sank sie erschöpft zu Boden, der heiße Sand versenkte ihre Beine, Blasen bildeten sich die furchtbar schmerzten. In der flirrenden Luft sah sie einige Männer die ihr entgegen kamen. Als sie Eleanor erblicken, packten sie das Mädchen und zerrten es mit sich fort. Sie war am Ende ihrer Kräfte und vermochte sich nicht zu wehren. Unbarmherzig wurde das Mädchen vorwärts getrieben ohne Rast und ohne Wasser, einige Male fiel sie zu Boden und wurde immer wieder hochgezerrt und weiter getrieben. Endlich, als es zu dämmern begann erreichten sie eine Art Dorf oder Stadt, Ihre Augen waren unscharf und sie konnte alles nur verschwommen sehen.

Eleanor wurde in ein Zelt gebracht, das helle Feuer in der Mitte stach in ihren Augen, doch langsam gewöhnte sie sich daran. Der Boden war mit Fellen ausgelegt und ein ungepflegter Mann saß dort, er sah sie neugierig an. Als er sie erblickte, grinste er breit, stand auf und kam auf sie zu. Mit seinen schmierigen Fingern umfasste er Eleanors Hals und roch dann an ihrem Haar und an ihrer Haut. Ekel stieg in ihr auf, der Kerl roch furchtbar und hatte ein Bad bitter nötig.

„Sie ist genau das was ich suche. Sie wird mir gute Dienste leisten.“

Der schmierige Kerl ging zu einem Tisch, nahm einen kleinen Beutel und warf ihn den Männern zu.

»Für eure Mühen und jetzt verschwindet!«

Wieder packte er Eleanor, diesmal im Genick, er kam ganz nah an sie heran und presste sie an sich. Er grinste und fuhr mit seiner Zunge über ihren Hals. Eleanor schrie, trat und schlug um sich, sodass der Kerl rückwärts auf den Boden fiel.

Sie überlegte nicht lange und rannte aus dem Zelt, sie wollte nur weg. So schnell sie konnte lief sie zwischen den Zelten umher, sie sprang über alles was ihr im Weg stand. Bis sie endlich am Rande der Zeltstadt ankam. Kurz hielt sie an um durchzuatmen. Geschrei war zu hören und schon war der schmierige Kerl mit einigen Männern zwischen den Zelten aufgetaucht. Eleanor lief davon, sie rannte einen Pfad den Felsen hinauf, bis es nicht mehr weiter ging. Was sollte sie tun?

»Wohin so eilig?« fragte jemand hinter ihr, sie wusste genau wer es war. Er war ihr also gefolgt, mit de Handrücken wischte er Blut von seiner Lippe. Seine Begleiter lachten hämisch.

»Vielleicht sollten wir sie uns teilen, was haltet ihr davon?«

Die Männer stimmten feixend zu und waren plötzlich ganz euphorisch. Eleanor wusste das, das nichts gutes zu bedeuten hatte. Doch ehe die Männer sie erreichten, wurde sie von etwas großem gepackt und in die Höhe gerissen. Es war als würde sie ersticken, ihre Augen tränten und es war furchtbar kalt. Als sie versuchte ihre Augen zu öffnen um zu sehen was geschehen war, sah sie auf etwas schuppiges über ihr. Große Pranken hatten sie gepackt und flogen mit ihr davon. Die gewaltigen Flügel schwangen gleichmäßig auf und ab, das Tier gab ein grollen von sich.

In einem Bogen flogen sie zurück und landeten auf einer freien Fläche. Das Tier ließ sie knapp über dem Boden fallen, unsanft landete sie im harten Steppen Gras. Ehe das große Tier mit einem elegant geflogenen Bogen neben ihr aufsetzte. Als sich Eleanor aufrappelte sah sie vor sich einen Drachen. Mit einer Mischung aus Angst und Faszination sah sie ihn sich genauer an. Bisher kannte sie Drachen nur aus Märchen und Geschichten die man Kindern erzählte, aber das sie mal einen echten und lebendigen Drachen vor sich haben würden, daran hatte sie nie zu denken gewagt. Der Drache neigte etwas den Kopf und sah sie aufmerksam an

»Typisch kleine Mädchen.« zwei dunkelbraune Augen sahen sie direkt an. Eleanor wich erschrocken zurück, die Augen gehörten zu einem jungen Burschen der zwischen den Flügeln des Drachen saß und sich gerade herunter gleiten ließ. Er blickte sie verächtlich von oben bis unten an. Auch Eleanor sah in an. Sein Haar war braun und wuschelig, er hatte einen Dreitagebart, buschige dunkle Augenbrauen und dunkelbraune Augen mit lagen vollen Wimpern. Mit offenen Mund starrte sie ihn an, ihr Herz pochte immer schneller und sie bemerkte, dass sie rot anlief. Er hatte es bemerkt und grinste sie nun ganz unverhohlen an »Und, hast du was interessantes entdeckt?« fragte er hämisch.

Was für ein unverschämter Kerl, dachte Eleanor was der sich herausnahm sie ein kleines Mädchen zu nennen. Pah! Sie war mit Sicherheit kein kleines Mädchen mehr. Er musste schon blind sein, wenn er das nicht bemerkte. Sie war außer sich und stapfte wütend auf und ab. Der Drache hatte seine Flügel angelegt, belustigt schaute er dem Mädchen zu. Menschen waren doch recht merkwürdige Wesen.

»ELEANOR, Kind geht es dir gut?« Varla drückte sie fest an sich und ließ sie nicht mehr los.

»Gereon, schnell holt Wasser!« rief sie entsetzt, als das Mädchen das Bewusstsein verlor.

Als das Mädchen erwachte lag sie auf einem großen Bett. Sie war wieder in einem Zelt, doch dieses war viel prunkvoller eingerichtet, als das vorige.

»Ihr solltet noch liegen bleiben und Euch ausruhen.«

Ein Mann stand vor Eleanors Bett. Er war groß und Kräftig, seine Schultern waren breit und wie der Rest seines Körpers sehr muskulös. Sein Haar war kurz und schwarz, nur ein paar lange Zöpfe in die farbige Knochenstücke und so etwas wie Perlen eingeflochten war, hingen seitlich herunter. Seine Augen waren sehr dunkel, er trug einen Kinnbart und er hatte eine Tätowierung. Es waren kleine dunkle Punkte die an beiden Seiten den Zeigefinger zierten und am Unterarm bis zur Achselhöhle hinauf liefen, ehe sie hinter dem Ohr, den Hals hinauf führten und auf der Stirn schließlich endeten.

» Ich möchte mich für das schlechte Benehmen meiner Männer entschuldigen. Auch wenn es eigentlich nicht unserer natur entspricht, sich zu entschuldigen.«

Eleanor blickte ihn wütend an, beschwichtigend hob er die Hand und fügte hinzu »Coru hatte kein Recht Euch so schändlich zu behandeln. Seit vergewissert, dass er entsprechend dafür bestraft wird«

Varla betrat das Zelt, sie trug eine Schüssel mit Wasser herein und stellte sie neben das Bett. Der Mann nickte mit dem Kopf Varla zu und ging hinaus.

»Hat er etwas zu dir gesagt Kind?«

» ur, das dieser schmierige Kerl bestraft wird sonst nichts. Und er hat sich für ihn entschuldigt.«

» Das ist eine große Ehre. Magor entschuldigen sich niemals, sie sehen das als ihr Vorrecht an, sich die Frauen zu nehmen nachdem sie einen Sieg errungen haben.«

»Man hat mich aber nicht besiegt!«

Zorn glühte in Eleanors Augen. Sie war verärgert, dass es in dieser Welt eine Selbstverständlichkeit zu sein schien sich an Frauen zu vergehen. Varla schien ihre Gedanken erraten zu haben.

»st das bei den Menschen etwa nicht üblich? Tun die Männer das nicht auch in deiner Welt im Krieg?«

»Manchmal....«

»Auch hier passiert es manchmal, auch wenn nur die Magor dasnach einem Sieg tun.«

Eleanor hatte sich abrupt aufgesetzt und sah Varla jetzt fest an.

»Niemand sollte es jemals wagen mich ohne meine Zustimmung anzurühren!«

Varla nickte. Sie half dem Mädchen sich den restlichen Sand abzuwaschen, ehe sie ihr beim anziehen half. Man hatte ihre Kleider gereinigt, nur die Tunika hatte man gegen eine neue ausgetauscht. Diese war nun Grasgrün und saß zart auf der Haut. Nach einer Weile setzte sich das Mädchen auf die bett kante und fragte neugierig »Wer war eigentlich dieser unverschämte Kerl auf dem Drachen?«

Varla war der gewisse Unterton ihrer Stimme nicht entgangen. Sie stand mit dem Rücken zu Eleanor und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

»Meinst du Gereon?«

»Er hat sich mir nicht vorgestellt. Er hat mich ein „kleines Mädchen“ genannt, kannst du dir das vorstellen?«

Varla lachte auf, doch als Eleanor sie beleidigt ansah wurde sie wieder ernst.

»So, so, er gefällt dir also?«

Sie schnaubte verächtlich.

»Er ist ein ungehobelter Mistkerl« erwiderte sie als sie gemeinsam hinaus gingen.

S sie sich umdrehte, sah sie ihm in Gesicht. Erschrocken biß sie sich auf die Unterlippe und lächelte verlegen.

»Ich bin also ein Mistkerl.« er trat näher bis er direkt vor ihr stand »Das nächste Mal, kleines Mädchen, werde ich dir nicht aus der Patsche helfen.«

Er biss in einen Apfel, den er in seiner Hand hielt und ging davon. Am liebsten hätte sie ihm etwas hinterher geworfen, doch es ließ sich nichts passendes finden. Wieso nur brachte er sie so in Rage?

Gemeinsam gingen sie zu Bror, der mit dem Mann aus Eleanors Zelt zusammen stand. Bror lächelte erleichtert, als er sah das es ihr gut ging, er winkte beide zu sich und stellte ihr den Mann vor.

»Das ist Hérick, Anführer der Magor. Er hat uns dabei geholfen dich zu finden und uns eingeladen hier zu bleiben, bis du dich von deinen Strapazen erholt hast.«

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[....] In den folgenden Tagen lernte sie das Volk der Magor besser kennen. Zwar waren sie in vielen Dingen barbarisch veranlagt, doch waren sie sehr liebevoll im Umgang mit ihren Familien und Freunden. Das einzige was sie störte war die Tatsache, dass die Männer regelmäßig Frauen raubten die ihnen gefielen und sie zwangen bei ihnen zu bleiben. Manche die im Kampf erobert wurden hielten sie als Liebessklavinnen und wurden erst wieder frei gelassen, wenn sie die Schuld ihrer Männer beglichen hatten. Andere hingegen waren für Arbeiten wie Wäsche waschen, Kochen oder Kinder hüten zuständig. Trotz der schlimmen Umstände durch die, die Frauen hier her gelangt waren, so gab es doch eine feste Struktur im Familienverband. Coru, der schmierige Kerl zu dem man sie, nachdem sie gefunden wurde gebracht hatte, ging mit seinen Frauen respektlos und furchtbar um. Er schlug sie und machte zwischen seinen Ehefrauen, es waren fünf und den Sklavinnen keinen Unterschied, wenn er betrunken war. Wenn sich ihm eine verweigerte, dann nahm er sie sich mit Gewalt. Von all den Männer war er der einzige, der so schändlich mit seinem Familienverband umging.

Nach zwei weiteren Wochen war Eleanor gänzlich genesen und Bror konnte sich seiner eigentlichen Aufgabe widmen. An einem warmen, sonnigen Tag führte er das Mädchen zu einem von Tannen verborgenen Platz. Dort hatte man eine Holzplattform errichtet, auf der sich zwei Männer im Kampf gegenüber standen. Der eine war zweifelsohne der Bursche, der sie als „ kleines Mädchen“ tituliert hatte. In dem anderen erkannte sie Hérick, den Anführer der Magor wieder. Zwischen zwei Tannen blieb sie stehen und beobachtete die Männer bei ihrem Übungskampf.

»Diese Holzplattform nennt man „bracol“« Bror war voraus gegangen und stieg zu den beiden hinauf, worauf sie den Kampf unterbrachen und ihn freundlich begrüßten. Er winkte sie zu sich und deutete ihr an zu ihm auf das Bracol zu kommen. Eleanor wusste nicht recht was sie von Bror halten sollte. Auf der einen Seite war er dem alten Phinneas sehr ähnlich und doch waren sie so verschieden. Während Phinneas seine Nase lieber in Schriftrollen und Büchern tauchte, war Bror eher ein Mann der Tat. Er nahm seine Aufgabe sehr ernst und hatte beschlossen, dass sie Bogenschießen und das Kämpfen erlernen sollte um sich verteidigen zu können. Und bei dem was künftig noch auf sie zukommen würde, musste sie so gut vorbereitet wie nur möglich sein.

»Hérick und Gereon werden dir die Grundtechniken des Kämpfens beibringen. Du wirst lernen mit dem Schwert und dem Kampfstab umzugehen. Auch das Bogenschießen wirst du erlernen. Ich hoffe nachdem was Phinneas von dir erzählt hat, wirst du eine gelehrige Elvem sein.«

»Elvem?«

»Entschuldige, ich hätte daran denken sollen, dass du das Wort nicht kennst. Elvem bedeutet Schüler.«

»Ich wird mein bestes geben.«

Eleanor war sich nicht sicher ob der Alte mit seinen Erzählungen nicht maßlos übertrieben hatte. Man schien sie für ein Wunderkind zu halten und sie war sich nicht sicher dass sie den Anforderungen auch genügten würde. Seufzend stand sie da. Soviel sollte sie lernen Sprachen, Kämpfen und Vael und das würde sicherlich nicht das einzige bleiben.

Hérick trat vor, er machte eine leichte Verbeugung » Es freut mich Euer Ferynsee in der Kunst des Bogenschießens zu sein.«

Nachdem sie ihn fragend ansah, flüsterte er grinsend »Ferynsee bedeutet Lehrer«

Eleanor versuchte zu lächeln doch es gelang ihr nicht.

»Dann wird es wohl an mir sein, Euch im Schwertkampf und dem Umgang mit dem Kampfstab zu unterrichten«

Er kam langsam näher und sah ihr dabei direkt in die Augen bis er vor ihr stehen blieb. Er beugte sich soweit vor, dass ihre Gesichter kaum einen Fingerbreit voneinander entfernt waren.

»Auch wenn Bror mich darum gebeten hat Euch das Kämpfen zu lehren, so bezweifel ich dennoch es einem kleinen Mädchen beibringen zu können.«

»Ich bin kein kleines Mädchen«, knurrte sie »es wäre schön, wenn Ihr es Euch endlich merken würdet!«

»Es wäre klüger Ihr würdet Euch einen Ehemann suchen und eine Familie gründen«

»Oh und Ihr haltet Euch wohl für geeignet dafür?«

»Ich habe keinerlei Interesse daran kleine Kinder zu hüten.«

»Redet Ihr des öfteren so tölpelhaft?«

Belustigt sahen Hérick und Bror den beiden Streithähnen zu und vermieden es dennoch etwas zu sagen.

»Hat man Euch schon gesagt wie unverschämt Ihr seit?« fragte er herablassend.

» Zu dumm das ich noch gar nicht angefangen habe unverschämt zu werden!« fauchte Eleanor zurück.

Gereon hob den Zeigefinger und wollte etwas erwidern, doch es wollte ihm nichts einfallen ihre grünen Augen sahen ihn direkt an, es machte ihn irgendwie nervös das sie ihn so ansah, doch er schwieg.

Während sie ihn ansah nahm sie ihm den langen Kampfstab aus der Hand und sagte spitz »Bevor das Alter Euch noch einholt, sollten wir besser mit dem Unterricht beginnen.«

Seine Augen funkelten vor Zorn.

„Euch scheinen wohl starke Männer zu verzücken.« antwortete Gereon als er sich einen neuen Kampfstab holte.

»Mich verzückt vandalenhaftes Benehmen keinesfalls, also braucht Ihr Euch gar nicht erst anstrengen.«

»Keine Sorge das werde ich schon nicht. Lasst uns beginnen«

Bror hatte eine Holztafel geholt und hielt sie ihnen entgegen. Darauf war eine Figur abgebildet die beide Arme seitwärts von sich streckte. Neben der Figur standen Worte geschrieben. Gereon zeigte mit dem Kampfstab auf die Tafel und sagte »Es gibt verschiedene Techniken die man ausführen kann um seinen Gegner auszuschalten«

Er dreht sich wieder zu ihr, er stellte sich kampfbereit hin streckte die Arme aus und hielt den Kampfstab vor sich.

»Das nennt man einen „Zwerg“. Man führt den Kampfstab oder das Schwert horizontal von der Körpermitte aus weit ausgedehnt und entsprechend weit auf die andere Seite. Die Arme sollte man möglichst gestreckt halten, das erhöht die Reichweite. Während des Schlages geht man einen Schritt nach vorn. Habt Ihr das soweit verstanden?«

Eleanor nickte, hielt er sie für so dumm das sie das nicht verstanden hatte?

»Gut dann zeigt es mir«

Sie wiederholte mit ihrem Kampfstab was er ihr gerade erklärt hatte.

»Für den Anfang nicht schlecht. Weiter! Jetzt zeige ich Euch die „Zwergparade“.«

Nachdem er ihr diesen Schlag gezeigt hatte, folgten noch sechs weitere. Alle hatten Tiernamen wie Ochs und Ochsparade, Eber und Eberparade, Dachs und Dachsparade. Es wurde bereits dunkel als sie endlich fertig waren. Eleanor war ganz erschöpft und wollte nur noch ins Bett und schlafen.

»Morgen üben wir das ganze noch ein mal, so lange bis ihr es im Schlaf beherrscht.«

Eleanor stöhnte auf.

Gemeinsam mit Bror ging sie zurück zu ihrem Zelt. Er klopfte ihr auf die Schulter »Das war sehr gut für den Anfang.«

»Gereon scheint das nicht so zu sehen.«

»Doch das tut er.«

Als sie vor ihrem Zelt ankamen und Eleanor hinein gehen wollte hielt er sie zurück.

»Von einem Elvem wird verlangt, dass er sich Morgens vor dem Übungen wäscht und Abends bevor er schlafen geht. Ich denke für heute belassen wir es dabei, aber morgen früh solltet ihr euch gründlich waschen bevor du zum Bracol kommst. Varla wird dir zeigen wo«

»Danke. Wir sehen uns morgen.«

»Schlaf gut, Kind« [...]

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[...] Eleanor hatte es nicht mehr geschafft sich ihrer Kleider zu entledigen, sie war erschöpft auf ihr Bett gefallen und gleich eingeschlafen. Varla fand sie am nächsten Morgen noch mit Stiefeln an den Füßen tief schlafend vor. Orangefarbene und rote Streifen zogen sich durch den blauen Himmel, während die Sonne hinter den Bergen langsam aufging. Von überall her ertönte ein gezwitscher, gefiepe, brummen, schnauben und noch eine Vielzahl mehr an tierischen Geräuschen, die gemeinsam den Tag begrüßten. Varla setzte sich zu dem Mädchen auf das Bett und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, sie mochte sie sehr gern. Sanft stupste sie Eleanor schließlich an um sie aufzuwecken. Müde blinzelte sie zu Valra hinauf, die noch immer auf der Bettkante saß und sie anlächelte.

»Du musst aufstehen.«

Das Mädchen vergrub sich in einem der Kissen und schüttelte den Kopf, ihre Glieder schmerzten, ihre Arme waren schwer wie Blei, die Beine zitterten ein wenig und sie konnte beim besten Willen die Augen kaum offen halten. Doch Varla war umbarmherzig und kniff sie solange in den Arm bis sie endlich aufstand.

»Jetzt wo du aufgestanden bist, komm mit mir ich zeige dir wo du dich waschen kannst«

Schlaftrunken taumelte sie hinter Varla hinterher, die sie hinter das Zelt zu einem Pfad führte. Der Pfad schlängelte sich durch hohes Gras, das im Sand wuchs und an Ginsterbüschen vorbei bis zu einer kleinen Höhle in der eine warme Quelle war. Ein Rinnsal fiel vom Felsen hinunter in das Wasser und ließ Dampf aufsteigen. Einige Frauen waren dabei sich zu waschen und sahen Eleanor neugierig an, als sie näher trat. Das Ufer der Quelle war aus groben Kies und einigen größeren Felsblöcken, auf denen die Kleider der Frauen lagen. Varla führte sie zu einer freien Stelle und half ihr aus den Sachen. Dann reichte sie Eleanor eine Schüssel mit einem roten Brei darin »Damit kannst du dich waschen«

Der Brei duftete herrlich, doch was für ein Geruch das war konnte sie nicht erraten. Nach dem Waschen half Varla ihr beim abtrocknen und reichte ihr eine zweite Schüssel mit einem Öl darin. »Damit deine Haut zart und geschmeidig bleibt«

Nach einer weiteren halben Stunde war Eleanor fertig angezogen und ging zum Bracol wo Gereon schon auf sie wartete. Als sie zu ihm hinauf stieg warf er ihr ohne ein Wort zu sagen einen Kampfstab zu und stellte sich in Position. Bis zum Mittag wiederholten sie alle Übrungen vom Vortag und machten erst eine Pause als Varla etwas zu Essen brachte. Eleanor war erleichtert ihr Magen schmerzte schon vor Hunger und ihr war ganz schlecht. Sie setzten sich auf die Kante des Bracol und als Varla ihr ein Stück Brot reichte biss sie gierig hinein und schlang den ersten Bissen gleich herunter. Eleanor musste husten. Gereon sah sie geringschätzig von der Seite an »Vielleicht sollte man Euch in den Regeln des gesitteten Essens Unterrichten«

»Hättet Ihr mich vorher Frühstücken lassen, währe ich nicht so hungrig.«

»Wärt Ihr früher aufgestanden, hättet Ihr auch ein Frühstück zu Euch nehmen können.« antworte Gereon kauent.

»Ihr seit der Ansicht ich bräuchte Unterricht im gesitteten Essen? Ihr scheint es allerdings auch bitternötig zu haben!«

»Ich bin ein Mitglied des Drachen Ordens und weiß sehr wohl wie man sich benimmt«

Eleanor lachte »So, wisst Ihr das? Bisher hattet Ihr keine Ahnung wie man sich anständig benimmt. Ihr seit äußerst unfreundlich«

»Ihr seit nicht nur unverschämt sondern auch unerträglich« knurrte er zurück.

Wütend verspeisten sie den Rest der Mahlzeit. Varla lachte laut auf »Es gibt so ein Sprichwort das heißt: was sich neckt das liebt sich«

Gereon und Eleanor hörten schlagartig auf zu essen und liefen beide rot an.

Als Varla ihnen zu zwinkerte standen beide abrupt auf, jeder nahm seine Kampfstab und sie gingen wieder in die Mitte des Bracol.

Gereon räusperte sich, er hatte rote Ohren bekommen doch er versuchte es zu überspielen.

»Wir beginnen jetzt mit einigen schwierigeren Übungen. Ich würde Euch raten gut aufzupassen«

Das Mädchen nickte.

Mit einem kühlen Tonfall erklärte Gereon die Übungen.

»Bei der „beidhändigen Zwergparade“ führt man die Parade beidhändig aus. Das heißt: die rechte Hand bleibt in der Mitte, während die Linke an die Spitze fasst. Anschließend wird der gegnerische Kampfstab mit Hilfe des eigenen nach oben geführt. Mit dem Ende des eigenen Kampfstabes über den Kopf hinweg. Nun steht der eigene Kampfstab oder auch der Schwertknauf in der Position einen Knaufschlag ausführen zu können. Verstanden?«

Eleanor war sich nicht sicher ob sie alles verstanden hatte, doch sie nickte.

»Gut, dann versuchen wir es zusammen.«

Bis auf einige kleine Fehler lief diese Übung sehr gut und Gereon brummte nur ab und zu und sie gingen zur nächsten Übung über.

»Die „beidhändige Dachsparade“ wird ebenfalls beidhändig ausgeführt. Der gegnerische Kampfstab oder das Schwert kann dabei zur Seite weggeschlagen werden.«

Er führte die Übung vor und Eleanor tat es ihm nach. Nachdem sie damit fertig waren ließ er sie alle Übungen angefangen vom „Zwerg“ bis zur „beidhändigen Dachsparade“ noch einmal wiederholen. Als die Sonne unterging holte sie Varla ab und ging mit ihr zur heißen Quelle damit sich das Mädchen waschen konnte. Danach gab es ein großzügiges Essen ehe sie ins Bett ging.

Kapitel 7

Der alte Phinneas erwachte inmitten der Trümmer die einst die Möbel von Brors Haus gewesen waren. Mühsam setzte er sich auf und rieb sich die schmerzende Wange. Blut hatte einen beachtlichen Fleck auf seiner Kleidung hinterlassen. Vorsichtig tastete er seinen Kopf nach Verletzungen ab und fand eine Platzwunde die vom Hinterkopf bis zum Nacken führte.

Im Raum war es dunkel, es war mitten in der Nacht und kein Laut war zu hören. Nur das Platschen der Wellen, die vom See an das Haus schwappten war das einzige Geräusch das er vernahm. Staub hing in der Luft sodass er niesen musste. Hoffentlich waren Bror, Varla und Eleanor davon gekommen ehe die Narzka das andere Ufer erreicht hatten.

Irgendwo zwischen den Trümmern war ein rumpeln zu hören, ein Schatten bewegte sich auf den Alten zu. Den Kerzenleuchter der nicht weit von ihm lag nahm er in die Hand und wartete.

»Wolltest du mich damit etwa erledigen?« ,fragte ein ihm wohl bekannt Stimme.

Godric hatte sich aus den Trümmern befreit und saß nun über ihm als Wolf auf einem umgeworfenen Schrank. Seine gelben Augen sahen ihn besorgt an.

»Du bist verletzt.«

Mit einem Satz sprang er über einen weiteren Schrank und landete als Mensch neben ihm auf dem Boden. Mit aller Kraft schob er die Trümmer von Phinneas Beinen und half ihm auf. Godric stellte einen der umgeworfenen Sessel richtig hin und half Phinneas beim setzten. Er verschwand kurz in der Dunkelheit und kam mit Verbandsmaterial und einer Schüssel Wasser zurück. Mit einigen gekonnten Handgriffen reinigte und verband er die Wunde und setzte sich neben ihn. [...]

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[...] »Die Narzka haben das Haus ganz schön verwüstet. Bror wird nicht begeistert sein, wenn er zurückkehrt«, sagte Gordric leise.

Aber es war ganz gleich wie sehr das Haus verwüstet war, sie waren am leben geblieben und sie waren kaum verletzt bis auf einige Kratzer und Prellungen.

Nach einer Weile stand der Alte auf. Entsetzt sah er sich um, viele der Möbel waren zertrümmert worden, sämtlichen Büchern fehlten Seiten und etliche Pergamentrollen waren zerrissen oder verbrannt worden. Der Anführer der Narzka hatte seine Freude daran gehabt Die Schriftrollen ins Feuer zu werfen und zuzusehen wie sie verbrannten. Phinneas hatte wieder einmal feststellen müssen wie dumm diese Kreaturen doch eigentlich waren. Außer ihrer unbändigen Kraft, dem Wahn jedem Befehl ihres Meisters blind zu folgen und dem fürchterlichen Aussehen, war nichts gefährliches an ihnen. Ein kräftiger Schlag hätte genügt und die Unholde wären jaulend davon gelaufen. Doch sie waren schneller gewesen und hatten Godric und den alten Phinneas überrumpelt, gefesselt und verprügelt. Dann als sie bemerkten das niemand sonst im Haus war, hatten sie alle Möbel zertrümmert und waren gegangen. In den Gassen hatten sie einen Mann gepackt, der ihnen schließlich nach etlichen Schlägen verraten hatte, dass irgendjemand in einem Boot über den See geflohen war. Die Narzka hatten die ganze Nacht gebraucht um, um die Hälfte des Sees zu laufen. Unter einer Weide fanden sie das Boot mit dem Bror, Varla und Eleanor gerudert waren, doch von den dreien fehlte jede Spur. Der Anführer schickte einige seiner Untergebenen aus um ihre Spur zu finden. Im Fichtenwäldchen fanden sie schließlich die Spuren der Flüchtigen und folgten ihnen. Die Horde kannte keinerlei Pausen und rannte den Spuren folgend voran. Als sie das Grasland erreichten setzte plötzlich starker Regen ein und verwischte die Fährte, jetzt blieb ihnen nichts anderes übrig als blind nach den Flüchtigen zu suchen.

Mit Kerzenhaltern liefen de beiden Männer durch das Haus und suchten Kleidung und Proviant zusammen. Sie hatten nach langem beratschlagen beschlossen nach Endura zu gehen um dort auf die Drei zu warten. Hier konnten sie nicht bleiben, denn sie hatten die Befürchtung die Narzka würden zurückkommen, falls sie keine Spuren finden würden. Als es zu dämmern anfing waren sie schon auf dem Weg zur Stadt im Nebelgebirge. Auch sie waren um den halben See herum gegangen, durch das Fichtenwäldchen bis ins Grasland. Doch ab hier gingen sie einen anderen Weg. Hinter den meterhohen Gräsern lag ein alter verfallener Weg verborgen, die seit vielen Jahren niemand mehr genutzt hatte. Man hatte über die Jahre vergessen das es ihn einst gab und das es ein wichtiger Weg gewesen war. Er führte zum Errymrryl, dem Vielfarbenwald. Phinneas humpelte ein wenig, die Trümmer die auf seinem Bein gelegen hatten, hatten es anschwellen lassen. Godric lief voraus und suchte einen langen Stock, damit sich der Alte drauf stützen konnte. Er fand einen, der Alte nahm ihn dankbar entgegen so war das Vorwärtskommen gleich viel leichter. Der Weg wurde holpriger, die Steine mit denen er angelegt worden war, waren herausgebrochen und lagen kreuz und quer herum. Birken wuchsen aus großen Löchern und die Natur hatte sich den Weg fast gänzlich zurück erobert. Das alles erschwerte ihnen zusätzlich den Weg. Auch die Brücke zu der sie kamen, zwang sie zu einer Verschnaufpause. Auch sie war aus Stein gebaut, doch in der Mitte fehlte ein großes Stück und machte es unmöglich hinüber zu springen. Auch der Fluss, der einst klar und frisch hier entlang floss, war nun zu einer schlammigen, stinkenden Brühe geworden, die allerlei Unrat mit sich führte. Der Alte setzte sich auf einen Felsblock der von Moos und Flechten bewachsen war und zwischen verdorrten Pflanzenresten lag. Godric lief am Ufer auf und ab um nach einem geeigneten Weg hinüber zu finden. Weiter oben waren große Felsblöcke über die sich auf das andere Ufer gelangen konnten. [...]

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[...] Es kostete sie viel Mühe über die Felsblöcke zu gelangen, doch als sie endlich die andere Seite erreicht hatten konnten sie die Pracht des Vielfarbenwaldes sehen. Sie standen auf einem Hügel der nicht weit von der Brücke entfernt in ein Tal reichte. Die Hänge waren mit sattem Grün bedeckt und von hier oben konnte man sehen woher der Wald seinem Namen hatte. Alle Bäume hatten verschiedene Farben, es sah aus, als könnten sich die Jahreszeiten nicht entscheiden welches Kleid die Baumkronen tragen sollten. Einige standen in voller Blüte, andere hatten grüne saftige Blätter, wieder andere hatten farbiges Herbstlaub, das in sämtlichen Farben schimmerte. Der Weg machte eine Gabelung, sie nahmen den durch den Wald. Phinneas hatte beinahe vergessen wie schön es hier war, als junger Bursche war oft hier unter den Blättern gewandelt, doch dann kam der Krieg und seit dem war niemand mehr hier her gekommen. Sie folgten den Weg in den Wald hinein, erst lag er steinig und eben vor ihnen, doch dann endete er plötzlich und sie standen mitten zwischen den Bäumen. Einige Ruinen standen hier, zerfallene Bauten aus der Vergangenheit. Es war ein Außenposten Endurias gewesen, doch jetzt waren es stumme Mahnmahle des vergangenen Krieges über wuchert von Flechten, Wein und Bougainvilla die lila und rosa blühte. Sie gingen weiter an den Ruinen vorbei, stumm vor erfurcht. Sie gingen eine Weile die Stämme der Bäume, gescheckt vom Morgenlicht boten einen wunderschönen Anblick. Phinneas fühlte sich leicht, wie die Blätter, die golden von den Bäumen regneten. Hier standen dicht an dicht Kastanien, Eschen, Steineichen und Pappeln, die ihre roten, braunen, grünen und gelben Blätter mit den silbrigen Laub von Weiden mischten. Teppiche aus Moos, Spinnennetze noch silbrig und feucht vom Morgentau, ein Blütenmeer das sich zu ihren Füßen erstreckte, die Luft erfüllt von Beeren und Blütenduft. Dort zwischen den Bäumen lag ein Tümpel. Schimmernd und glitzernd zwischen weißen Steinen, umrahmt von blühenden Wildkirschen und Oleander. Sonnenlicht sickerte durch unzählige Blätter. Schatten tanzten über die Wasseroberfläche und ein Schwarm Mücken schwirrte umher. Am Randes des Tümpels streckten die Bäume ihre herabhängenden Äste ins Wasser, als wollte sie sich und ihre Blätter kühlen. Ganz in der Nähe, dort zwischen den Bäumen und den Sträuchern tanzten kleine Flammen in der Luft. Ein merkwürdiger Anblick, doch wer schon einmal diesen Wald betreten hatte, wusste was es damit auf sich hatte. Es waren Feuerrells. Wie genau diese kleinen Wesen aussahen konnte niemand sagen, denn man sah die nur als schwebende kleine Flammen. Die Meisten von ihnen sammelten Nektar von den vielen Blumen und Kräutern die hier überall wuchsen und machten daraus Feuerhonig. Eine leckere Köstlichkeit, die man sich mit viel Schmerz erklauben musste, denn die Feuerrells schützten ihren Honig mit aller Macht. Godric konnte es sich dennoch nicht verkneifen und suchte nach einem Nest. Hoch oben in einem gelbblättrigen Baum fand er eines. Trotz ihrer winzigkeit brachten Feuerells wahre Meisterwerke zu Stande. Das Nest war sehr groß, beinahe wie einer der Felsblöcke, die sie auf ihrem Weg gesehen hatten. Viele kleine Äste und andere Dinge hatten sie ineinander verwoben, sodass ein festes Bauwerk entstanden war. Hunderte Feuerells schwirrten um das Nest herum, wohlwissend das sich ein Honigdieb in der Nähe befand. Flink erklettere Godric die Äste des Baumes und bahnte sich einen Weg hinauf zum Nest. Die vielen Feuerells die ausgeschwärmt waren und ihn mit bissen bedachten, was hässliche Brandblasen hinterließ, kümmerten ihn wenig er wollte etwas von dem köstlichen Feuerhonig haben. Als er das nest erreicht hatte, schwärmten noch mehr der kleinen Wesen aus um den Feind zu vertreiben. Doch Godric erklaubte sich etwas von dem Honig, er streckte seine hand mitten in das Nest hinein und suchte solange mit seinen Fingern, bis er ihn schließlich fand. Er nahm sich etwas und kletterte wieder hinunter zu Phinneas der sich an den Rand des Tümpels im Gras ausruhte. Die kleinen Flammen waren ihm gefolgt und bedachten ihn noch mit vielen bissen, ehe sie sich zurückzogen um weiteren Nektar zu sammeln. Godric hatte den Honig sicher in seiner Hand verwart sie war von Brandblasen nur so übersäht. Doch als er seine Hand öffnete lag ein süßer und saftiger klumpen des roten Feuerhonigs darin. Er brach ihn entzwei und reichte dem Alten ein Stück. Gemeinsam genossen sie die Köstlichkeit, die ein wenig auf der Zunge prickelte. [...]

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[....] Die Männer schauten ihnen noch eine ganze Weile zu ehe sie sich zur Ruhe begaben. Der sandige Boden unter ihnen war äußerst bequem zum schlafen, sodass sie bald tief in den Träumen lagen. Ein knurren weckte sie früh am Morgen, das Feuer war erloschen, nur die Glut glomm noch ein wenig vor sich hin. Die Gmork waren näher gekommen und hatten sie umstellt, ein großer grauer Wolf kam direkt auf sie zu und kläffte um sie aufzuwecken. Erschrocken fuhren die Männer hoch.

»Ich hätte nicht gedacht dich einmal wieder zusehen, Godric.« knurrte der graue.

»Refbem, wie ich sehe bist noch immer der Anführer der Meute.« erwiderte Godric noch ganz verschlafen, aber auf der Hut. Man konnte dem Kerl nicht über den Weg trauen, denn er war hinterlistig und gefährlich. Er war derjenige gewesen der dafür gesorgt hatte, dass man Greyhound verbannt hatte. Denn es war seine Tochter gewesen, um deren hand er angehalten hatte. Ein weiterer Wolf sprang vor, sein Fell war dunkelbraun und zottelig, er blickte voller Zorn herüber.

»Lasst mich ihm die Kehle durchbeißen, er hat es verdient.« knurrte er.

Refbem schnappte in seine Richtung und fletschte die Zähne, worauf sich der braune unterwürfig auf den Boden warf und den Schwanz einzog.

»Hier wird niemanden die Kehle durchgebissen, verstanden! Und wer es dennoch versucht, der bekommt es mit mir zu tun!«

Das Rudel jaulte, sie hatten verstanden.

»Warum kommt ihr nicht mit uns und seit unsere Gäste?«

»Beim letzten Mal wolltest du mich töten lassen, das hast du doch nicht vergessen.« fragte Godric misstrauisch.

»Godric, Godric, warum lassen wir nicht die alte Geschichte ruhen? Immerhin ist seit dem viel Zeit vergangen. Ich gebe mein Wort das euch nicht geschehen wird.«

Der graue Schritt voran und blieb zwischen den Bäumen stehen, um auf sie zu warten.

»Ich denke wir können es riskieren ihre Gastfreundschaft anzunehmen«, sagte Phinneas der aufgestanden war und dem grauen folgte. Godric zögerte, doch schließlich folgte auch er Refbem er konnte es nicht verantworten den Alten allein mitgehen zu lassen. Die Gmork lebten in einer kargen Felslandschaft ohne jedes Grün, nur schmale Bäche wanden sich durch das Gestein. Der Graue führte sie weiter bis sie zu einer Felsengruppe kamen in der viel Höhlen ins innere führten. Mehrere Wölfe kamen aus ihren Höhlen und betrachten die Fremden neugierig. Refbem lud sie in seine Höhle ein. Im Inneren war es dunkel, nur spärlich drang das Tageslicht ins Innere. Eine hübsche Wölfin mit cremefarbenen, glänzenden Fell stand wie aus heiterem Himmel vor ihnen und blickte Godric mit großen Augen an, der plötzlich sehr nervös zu sein schien und verlegen zu Boden blickte.

»Du bist es tatsächlich, ich wollte mich selbst davon überzeugen als man es mir sagte.« sie trat näher und stupste ihn zärtlich an, Beschämt trat Godric zurück.

»Laffelie, nicht. Es wäre äußerst unpassend und dein Ehemann fände es auch nicht gut.«

Sie lachte fröhlich.

»Mein Ehemann? Wovon redest du?«

»Von Ronwe ihm warst du doch versprochen» erwiderte er traurig.

»Er ist nicht mein Ehemann, ich bin nicht verheiratet. Nach unserer gemeinsamen nacht hatte ich gehofft du willst mich noch immer, doch dann erfuhr ich das man dich verjagt hatte.« [...]

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[...] Sie warf einen wütenden Blick zum Grauen, der ihrem Blick schnell auswich.

»Du bist mit Ronwe also nicht den Bund eingegangen?«, seine Augen strahlten und er musste lächeln, sie war schon immer dickköpfig gewesen und hatte stets das getan, was sie für richtig hielt. Wäre die Situation nicht so merkwürdig gewesen, hätte Godric einen Luftsprung vollführt, so sehr freute er sich über die Nachricht. Seine Laffelie hatte dem Bund nicht zugestimmt.

»Sag es ihm, damit wir es hinter uns haben!«, blaffte Refbem ungeduldig.

Die Wölfin sprang auf den Grauen zu und fletschte die Zähne. Auch Refbem fletschte seine Zähne, beide kläfften und knurrten sich an. Als der Graue nach ihrer Kehle schnappte, drehte sich Laffelie kurz beiseite ehe sie ihn zu Boden warf und ihm drohend am Hals packte. Refbem jaulte auf. Wütend sprang er auf, als sie ihn losließ und ehe er hinaus eilte knurrte er in Godrics Richtung »Mögen dich die Götter künftig nicht mit Töchtern beehren, die machen nur ärger.«

Laffelie fletschte erneut die Zähne, ihr Fell sträubte sich und Refbem war verschwunden. Phinneas entschuldigte sich ebenfalls, er hatte das Gefühl es wäre besser die Beiden allein zu lassen.

Für eine Weile stand sie ohne ein Wort zu sagen, verlegen herum, ehe Laffelie ihre Worte wieder gefunden hatte.

»Godric.....ich..wir..«, sie verstummte etwas lag ihr auf dem Herzen das konnte er deutlich spüren . Er kam näher und liebkoste sie zärtlich. Wie sehr er sie doch vermisst hatte. Sein Herz zersprang vor Schmerz, wenn er daran dachte wie viel Zeit sie verloren hatten.

»Was möchtest du mir sagen?«, fragte er leise.

Traurig sah sie ihn an »Godric, wir haben einen Sohn.«, Tränen liefen über ihr Fell und tropften zu Boden. Für einen Augenblick, war er sich nicht sicher, dass er sie richtig verstanden hatte.

»Wir haben einen Sohn?«, seine Stimme war so leise und zitterte, dass sie ihn kaum verstand. Zärtlich zwickte sie ihn ins Ohr und stupste ihn an, er sollte ihr folgen. Während sie durch einen langen Gang, der zu einem Talkessel führte gingen, verwandelte sich Laffelie in eine hübsche junge Frau, ihr hellbraunes Haar umspielte ihre schmalen Schultern, sie nahm seine Hand und hielt sie fest. Wie weich und warm ihre Hand war, Godric drehte sich der Kopf, ihm war schwindelig vor Glück. Der Gang führte zu einem Felsvorsprung, von dem man in einen steil abfallenden Abgrund blicken konnte. Das Gras das am Fuße des Kessels wuchs, war gelb und hoch. Es waren die einzigen Pflanzen die es hier gab, denn hier sammelte sich bei Regen das Wasser, was das Gelbgras wachsen und gedeihen ließ. Wie oft waren sie als Kinder hier gewesen und hatten ihre Raufereien ausgetragen oder fangen gespielt. Laffelie zeigte nach unten, eine Schar Kinder tollte durch das harte Gras und spielten fangen. Ein dunkelhaariger Junge fiel ihm besonders in Auge, er war flink, listig und trickreich. Als er sich umdrehte, sah Godric sein Gesicht, der Junge sah haargenau aus wie er als Kind.

»Ist er das? Wie hübsch er ist, unser Sohn.«

Sie lächelte » ein Name ist Cerick«. Laffelie hatte sich an ihn gelehnt und ihren Kopf auf seine Schulter gelegt. Er konnte nicht anders, sanft drehte er ihr Gesicht zu sich und küsste sie leidenschaftlich. Er wusste das sie jetzt niemand mehr trennen konnte, weder ihr Vater Refbem, noch Ronwe. Jetzt konnte er, Godric Greyhound endlich wieder Heimkehren und eine Familie gründen, mit seiner geliebten Laffelie. [...]

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[...] In den folgenden Tagen lernten sich Vater und Sohn besser kennen. Laffelie hatte dem Jungen viel von seinem Vater erzählt, was ihm sehr gefiel. Der Junge war begeistert von seinem Vater und stellte Fragen über Fragen und gab erst Ruhe, als alle beantwortet waren. Doch so schön es war, das er eine Familie hatte, so wurde das Glück von wachsenden Unruhen im Rudel überschattet. Ronwe, der mit dem zotteligem Fell, stiftete immer wieder Unfrieden, sodass Godric Laffelie bat mit ihnen nach Endura zu gehen. Sie stimmte zu. Am Abend vor ihrer Abreise ins Nebelgebirge, geschah es.

Ronwe, der Eifersucht kaum noch an sich halten konnte, hatte sich mit einigen aus dem Rudel zusammen getan, denen Godrics Auftauchen ebenfalls missfiel und gemeinsam packten sie sich Cerick und schleppten ihn fort. Ronwe war sich bewusst, das Godric alles tun würde um seinen Sohn zu befreien. Er so doch noch Laffelie zur Frau zu bekommen, wenn er ihn erst einmal beiseite geräumt hatte, denn sie war nicht nur die hübscheste im Rudel, sondern auch weil er mit dem Bund weit im Rang aufsteigen würde. Denn würde Refbem, ihr Vater eines Tages abtreten, wäre er sein Nachfolger und Anführer des Rudels, ohne darum kämpfen zu müssen. Doch er hatte sich getäuscht, als der Kampf begann war Godric eindeutig der stärkere, wenn auch nur der Wut wegen, die sich über die Jahre aufgestaut hatte. Refbem dachte gar nicht daran, Cerick frei zu fordern, er hatte Godric noch nie gemocht und war noch immer wütend, dass er seine Tochter in der Nacht des Blutfestes geliebt hatte. Er wollte Ronwe als Ehemann für Laffelie, er war stark, kühn und rücksichtslos, das gefiel ihm. Cerick war nur Mittel zum Zweck.

Im einem blutigen Kampf, bei dem keiner dem anderen nachstand, kämpften sie um Laffelie. Ronwe war äußerst unfair. Nachdem er Erde in die Augen seines Gegners geschleudert hatte, biss er Godric so stark, dass eine tiefe Fleischwunde an seiner Flanke klaffte. Godric gab sich aber nich so schnell geschlagen, er ignorierte die Schmerzen als er Ronwe packte und in eine Felsenspalte stieß. Zornig befreite dieser sich aus seiner misslichen Lage, als er sich befreit hatte sprang er auf Laffelie zu und packte sie sich. Jaulend versuchte sie sich loszureißen, doch Ronwe biss sie immer wieder und fügte ihr viele Wunden zu. Godric wollte ihr zu Hilfe eilen, doch Refbem war schneller und biss Ronwe die Kehle durch. Er mochte zwar seinen Enkel niemals akzeptiert haben, doch seine Tochter war ihm heilig.

»Geht! Verschwindet, bevor die Anderen Euch töten.«

Er drehte den beiden den Rücken zu, was hieß das sie nie wieder zurückkehren durften. Refbem hatte seine eigene Tochter verstoßen. Phinneas hatte in der Zwischenzeit Cerick befreit und trieb sie nun an, schnellstens zu verschwinden. Die Gmork waren ein grausames Volk unbarmherzig und kalt. Gemeinsam rannten sie zurück durch den Vielfarbenwald. Ziellos irrten sie umher, denn es war schlagartig so dunkel geworden, dass sie nichts mehr sehen konnten. Phinneas flüsterte ein paar leise Worte »Orli, orli anwar abbas ratri!«. (Mein Licht, mein Licht, leuchte hell in dunkler Nacht!)Eine Schar von Feuerrells kamen herbei geflogen, die vor ihren Gesichter schwebten, um ihnen den rechten Weg zu leuchten. Die kleinen Flammen führten sie nicht etwa aus dem Wald heraus, sie führten sie zu einer Quelle. Hinter gelb und rosa blühenden Sträuchern lag sie versteckt. Der Mond war wieder hervor gekommen und glitzerte silbern auf der Wasseroberfläche. Die Feuerrells flogen in die Mitte des Wassers, wo sie kurz in der Luft verharrten. Als die Quelle zu glucksen begann, vollführten sie einen Tanz, indem sie im zickzack hin und her flogen, solange bis sich das Wasser zu bewegen begann. Erst ganz sacht, wie ein zittern, dann langsam schneller bis sich leichte Wellen bildeten, die schneller und stärker wurden und ans Ufer schwappten, bis eine Gestalt aus dem Wasser aufstieg. Eine Najade. Die Najade war schlank und von zarter Gestalt dren Haut hellblau im Mondlicht schimmerte. Ihr Haar war sehr lang und fiel bis ins Wasser, es trieb wellenartig hin und her und umspielte ihre schlanken langen Beine. Die dunklen Augen blickten sie aufmerksam an, ehe ihre tiefe dunkle Stimme sagte »kedar nabor pililani. Un aislinn roedd kasip, y maida mae cyrraedd.« (Herr der Berge, Prophet des Lichts, dem Himmel so nahe. Eine Vision war geboren, das Mädchen ist angekommen.)

Die Najade blickte auf die beiden Wölfe die erschöpft und stark blutend im Gras am Ufer lagen.

»Verwandelt Euch!«

Beide taten wie ihnen geheißen und verwandelten sich in ihre menschliche Gestalt. Staunend hockte Cerick unter einem der Sträucher, er wagte es nicht auch nur einen Laut von sich zu geben und schaute gebannt zur Najade.

»Ich erinnere mich an euch zwei. Godric Greyhound und Laffelie Illrurr. Und Cerick, euer Sohn, der sich im Gehölz versteckt. Ihr habt euch als Kinder einen Spaß daraus gemacht, Steine in meine Quelle zu werfen. Was ist euer Begehren?«

»Ihre Wunden. Sie wurden schwer verwundet, wenn Ihr sie heilen würdet, wir wären Euch ewig dankbar.«, der Alte war vorgetreten, denn die Beiden schienen am Ende ihrer Kräfte.

»Der Kampf, ich habe es gesehen. Refbem hat einen Fehler begangen und auf den falschen Nachfolger gesetzt. Ich bin Garifallia, Najade dieser und aller umliegenden Quellen des Vielfarbenwaldes. Ich werde euch gerne helfen.«

Garifallia trat vor, ihre schmalen Hände mit den langen zarten Fingern legten sich auf ihre Wunden. Sie murmelte ein paar Worte, die wie das rauschen eines Baches und das plätschern von Regentropfen klang. Die bläuliche Haut begann noch mehr zu schimmern, das Wasser schien sich zu erheben und floss spiralförmig um ihre Hände herum, bis die Wunden wie durch Zauberei verschwunden waren und nicht mal ein winziger Kratzer übrig geblieben war.

»Ich danke Euch!«, Godric hatte sich aufgerichtet, er sah Garifallia erleichtert und lächelnd an. Sie nickte ihm zu und verschwand langsam in den Tiefen der Quelle.

Mühsam richteten sie sich auf. Die Feuerrells kamen herbei geschwebt, sie tanzten durch die Luft und führten Godric, Phinneas, Laffelie und Cerick aus dem Vielfarbenwald hinaus ins Nabelgebirge.

Bearbeitet von Nimbrethil
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Kapitel 8

Es war eine ihrer leichtesten Übungen und auf großer Entfernung hatte sie keinerlei Schwierigkeiten ein Ziel zu treffen. Diesmal ließ Hérick sie einen Tannenzapfen vom Baum herunter schießen. Eleanor nahm ihren Bogen, stellte sich in die richtige Position und spannte langsam die Sehne.

»Sieh direkt am Pfeil entlang«, hatte Hérick ihr gesagt. Ruhig atmend stand sie da und fixierte ihr Ziel, hoch oben, nahe der Tannenspitze. Die Sonne blendete ihre Augen, als ihre Strahlen durch das Geäst fielen. Zu ihrem Glück verdeckte eine Wolke die Sonne, sodass sie ihre Beute erneut ins Visier nehmen konnte. Eleanors Blick spähte genau am Pfeil entlang, der Zapfen den sie sich auserkoren hatte, schien nun ganz nahe zu sein. Noch einmal atmete sie tief durch und ließ sie Sehne nach vorne schnellen. Der Pfeil schoss in die Höhe und traf den Zapfen in seiner Mitte, der nun dumpf herunter fiel und ein Stück entfernt auf einem Moosbett landete.

»Gut gemacht!«, lobte Hérick

Gemeinsam gingen sie um den Pfeil mit samt dem Zapfen zu holen. Bror wollte genaustens über ihre Fortschritte informiert werden , deshalb wollten sie den Beweiß antreten und die Beute mitnehmen. Vor ihr lagen zwei feuerrote Blätter, die auf dem dunklen Moos besonders intensiv leuchteten. Eleanor war noch immer fasziniert, welche Schönheiten die Natur in dieser Welt hervorbringen konnte. Noch nie hatte sie ein solch wundervoll leuchtendes Blatt gesehen. In der Menschenwelt dagegen waren die Farben eher graus und blass. Aber hier war alles so vielmehr lebendiger, man konnte fühlen wie einen die Lebendigkeit und die Kraft dieser Welt durchströmte. Manchmal waren die Farben so intensiv das es ihr in den Augen schmerzte. Sie leibte es mit Hérick zwischen den Felsen herumzuwandern, um interessante und neue Ziele für das Bogenschießen zu suchen. Auch waren ihr die Stunden mit ihm angenehm, weil er nicht ständig an ihr herummeckerte und ihre Leistungen auch lobte. Gereon dagegen wurde immer unausstehlicher, er hatte an allem was sie tat oder nicht tat etwas auszusetzen. Eines Tages riss Eleanor der Geduldsfaden, sie konnte nicht mehr länger an sich halten und machte sich lauthals Luft.

»Ihr seit ein aufgeblasener Wichtigtuer! Euer genörgel geht mir auf die Nerven. Ich habe keine Lust mir das länger anzuhören, künftig könnt Ihr alleine Eure Übungen wiederholen!«

Wutentbrannt schleuderte sie Gereon ihren Kampfstab entgegen und stürmte dann zu ihrem Zelt. Sie warf sich auf ihr Bett und starrte hinauf zur Decke, an der sich langsam und grazil eine Spinne entlang hangelte. Sie hatte das Gefühl eine Gefangene zu sein, eingesperrt zwischen diesen Felsen. Sie wollte weg von hier und Valgesia endlich richtig kennen lernen, seit knapp 3 Monaten war sie nun schon in dieser fremden Welt und hatte bisher kaum etwas gesehen. Das Kelldras Tal lag inmitten einer Wüste, somit war weglaufen auch kein gutes Vorhaben. Die Wüste Hárdra. Hier gab es außerhalb der Felsengruppen kein Leben. Keine Pflanzen, keine Tiere nur ewige dürre und Sand. Schwarzen und roten Sand, der sich zu gigantischen Dünen auftürmte. Wasser war nur in den Seen und Quellen zu finden, die meist weit unten in Höhlen verborgen lagen. Es verdunstete sofort, wenn ein Rinnsal es geschafft hatte an die Oberfläche zu gelangen und so war sie vorerst an diesen Ort gebunden [...]

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[...] Als Varla nach ihr sah, hatte sich Eleanor ihre Decke über den Kopf gezogen und tat als schliefe sie. In der Nacht lag sie noch immer wach unter der Decke und vermochte nicht einzuschlafen. Sie beschloss aufzustehen. Leise verließ sie das Zelt, ein Hund der sich dort zur Ruhe begeben hatte knurrte leise und verstummte als er sie erkannte. Eleanor nahm eine Fackel und spazierte zwischen den Zelten umher. Kein einziger Magor war zu sehen, die ganze Zeltstadt lag ruhig und friedlich im Dunkel der Nacht. Eleanor stand plötzlich vor einer Felswand in deren Mitte eine kleine Öffnung war. Eine seltsame Pflanze wuchs daran empor, am Tage war sie ihr noch nie aufgefallen doch jetzt blühte sie vor ihren Augen auf. Orangerote Blüten schimmerten zwischen dunkelgrünen Blättern. Neugierig schaute sie, was sich hinter der Öffnung verbarg. Ein Pfad erstreckte sich zu ihren Füßen, voller eifer folgte sie ihm. Zu ihrer Überraschung war die Luft hier si feucht, dass Moos an den Wänden wuchs. Hohes Gras und weitausfächernde Farne verdeckten ihn fast. Über ihr zogen sich Spinnennetze von einer zur anderen Seite durch die gesamte Schlucht hindurch. Silbergraue runde Nester hingen herunter, das Gewimmel der vielen Tausend blau-silbernen Spinnen war unheimlich und faszinierend zugleich. Als die Tiere bemerkten das ein fremdes Wesen in ihrem Revier umherging, formierten sie sich. Aus sämtlichen Öffnungen und Ritzen quollen die zu Abermillionen hervor und hatten das Mädchen bald eingekreist. Vor dem Schein der Fackel wichen sie jedoch zurück, es war als scheuten sie das Licht. Langsam und vorsichtig ging sie vorwärts um keines der Tiere versehendlich zu zertreten. Der Pfad war sehr lang und bald verlor die jegliches Zeitgefühl, denn je weiter sie ging umso mehr veränderte sich das Gestein des Felsens. Aus dem rotem Gestein wurde bald graues das von weißen Schichten durchzogen wurde. Eleanor hatte einen Ausläufer des Nebelgebirges erreicht, die Berge waren hier jedoch deutlich flacher, als im Gebirge selbst. Die Schlucht wurde plötzlich breiter, der Sand der bisher alle ihre Schritte begleitet hatte, wechselte nun mit fester Grasbewachsener Erde. Vor ihr lag ein Eingang, zu beiden Seiten stand ein kahler Baum. Lange Flechten hingen herunter, durchzogen von silbrigen Spinnenweben. Die Nester der Tiere hingen an jedem Ast, die Fäden die von Nest zu Nest führten sahen aus, wie eine zarte Schneedecke. Die Spinnen waren ihr gefolgt, sie folgten ihr auch als sie die Höhle betrat. Im Inneren schimmerten die Wände von dem weißen Gestein. In einer Rinne neben ihr entdeckte sie eine ölige Flüssigkeit, die sie mit ihrer Fackel entzündete. Rasend schnell breiteten sich die Flammen aus und erleuchteten weite Teile der Höhle. Drei Ebenen erstreckten sich nach oben. Eine Treppe führte Eleanor zur ersten Ebene, hier wurden in frühren Zeiten Waffen gelagert. Ihre verstaubten Relikte zeugten von der Wichtigkeit, die dieser Ort einst gehabt haben musste. Kanonenkugeln lagen überall auf dem Boden. Hier waren seit vielen Jahren keine Soldaten mehr gewesen, die Spinnennetze bezeugten dies, wie die Mäuseschar die fluchtartig in ihre Löcher flüchtete. An den Wänden lehnten alte Speere, rostige Rüstungen und Schwerter, viele vom Alter fast gänzlich zerfressen. Der Anblick ließ sie erschaudern. Eine weitere Treppe führte sie zur zweiten Ebene. Hier waren einst die Quartiere gewesen, alte Schlafstätten waren zu sehen. Morsche aus Holz gefertigte Lager mit meist schimmeligen Strohsäcken die als Unterlage dienten. Anscheinend wurde alles eilig verlassen, zerlumpte Decken lagen noch darauf oder waren zu Boden gefallen. Alte Kleidung hing über etwas das einmal Stühle gewesen sein mussten, oxidierte Messingbecher von Spinnenweben überzogen unter dicken Staubflocken lagen herum. Verrostete Helme dienten den Mäusen als Versteck. Als sie ein Hemd berührte zerfiel es zu Staub, all diese Dinge waren Zeugen einer längst vergessenen Zeit. In der dritten Ebene bot sich Eleanor ein unglaublicher Anblick, in einigen Metern Höhe sah sie Hunderte Öffnungen in der Felswänden. Der weiße Stein der die Wände durchzog, tauchte alles in ein wundervolles Licht.

Ein tiefes Grollen ertönte über ihr und ließ Eleanor zusammen fahren.

»Rromrryr elagaarr!«, grollte die tiefe Stimme.

Als das Mädchen der gewünschten Aufforderung nicht nach kam, ertönte das Grollen um einiges lauter.

»RROMRRYR ELAGAARR

Der drohende Tonfall machte ihr plötzlich Angst.

Ein fürchterliches Kratzen von großen Pranken unterstützte die wiederholte Aufforderung. [...]

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[....] In einer der oberen Öffnungen bewegte sich etwas. Etwas schweres und großes schleifte über das Gestein und bei jedem Schritt konnte sie die riesigen Pranken hören, deren Krallen klackten. Eleanor vermochte nicht sich zurühren, sie stand vor Angst gelähmt in der Höhle. Ihre Hände begannen zu zittern, die Fackel rutschte ihr aus der Hand und erlosch als sie auf den Boden fiel. Ein enorm großer Schatten huschte über das weiß schimmernde Gestein. Als ein heftiger Luftzug die Flammen in der Rinne erstickte, wollte Eleanor davon laufen, doch der Schatten hatte sich über ihr aufgebaut und sank schnell zu ihr herab. Das riesige Geschöpf landete direkt vor ihren Augen in der Halle. Es war ein Drache, denn seine eben noch gespannten Flügel schmiegten sich an die Flanken. Aus stechend gelben Augen starrte das gewaltige Tier sie an. Ängstlich wich sie zurück. Der Drache folgte ihr knurrend und zeigte seine mächtigen Reißzähne. Eine Wand versperrte Eleanor den Weg sie kauerte sich zusammen und wartete darauf gefressen zu werden. Das Tier begann sie zu beschnuppern, um herauszufinden mit wem er es zu tun hatte. Das Mädchen nahm schützend die Arme vor ihr Gesicht, doch ihr war klar dass es nichts nützen würde, falls sie als Beute auserkoren war.

Verächtlich stob der Drache und wich etwas zurück »Menschen«, seine Verachtung war nicht zu überhören. Als Eleanor aufblickte schnellte er erneut vor und knurrte sie an »Sind noch mehr von eurem Verräterpack hier?«.

Die Angst raubte ihr fast die Sinne, sodass sie es nicht fertig brachte auf die Frage zu antworten.

»Sprich Mensch, sind noch mehr von Eurer Sorte hier? Antworte

Tränen standen dem Mädchen in den Augen keine einziges Wort wollte ihre Lippen verlassen, nur ein Kopfschütteln brachte sie zustande.

»Dann sagt mir, auf welche Weise ihr Euer Ende finden wollt

Eleanors Angst wich einer Empörung. Sie nahm all ihren Mut zusammen und stellte sich aufrecht hin, atmete einmal kräftig durch uns antwortete mit fester Stimme »Ihr mögt vielleicht enttäuscht sein, aber ich bevorzuge keinesfalls jetzt schon zu sterben. Ihr werdet Euch wohl ein anderes Opfer suchen müssen!«

Neugierig reckte sich der Drache vor »So, bevorzugt Ihr das

»Ja allerdings!«

»Aus welchem Grund, sollte ich Euer Leben verschonen? Ihr seit ein Mensch und Menschen haben diese Welt in einen lang andauernden Krieg gestürzt. Menschen waren es, die in vielen Völkern aus Habgier und Neid gemordet haben. Auch viele meines Volkes sind durch Menschenhand umgekommen. Menschen haben sich mit Rivnir dem Dunklen zusammengeschlossen und Menschen waren es, die diese Welt und alle darin verraten haben. Ihr seit ein Mensch oder wollt Ihr das leugnen

»Ich habe niemanden getötet. Ich wüsste auch nicht warum ich so etwas tun sollte. Der Krieg ist seit langem vorbei.«, Eleanor verstand nicht weshalb sie für Verbrechen gerichtet werden sollte.

»Verschwindet! Verschwindet und wagt es nicht zurück zukommen. Solltet Ihr dennoch so töricht sein, werde ich Euch mit einem einzigen Prankenhieb zur Strecke bringen

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  • 2 Wochen später...
Gast Nimbrethil

[...] Langsam schob sich das Mädchen an der Wand entlang und tastete mit ihrer Hand nach dem rettenden Ausgang. Der Drache folgte ihr langsam, jeder Muskel hatte sich gespannt, er ging geduckt und knurrend. Sobald Eleanor stehen blieb brüllte er und fletschte seine Zähne. Das Herz pochte wild in ihrer Brust, sodass es schmerzte. Die Angst schien überhand zu nehmen, doch bisher gelang es ihr sich zusammen zunehmen und ruhig zu bleiben. Der Drache schien die Treibjagd zu genießen, ein zufriedener Glanz lag in seinen gelben Augen. Endlich war er erreicht, der Ausgang! Ohne sich lange bitten zu lassen, stolperte Eleanor hinaus und rannte ohne sich umzusehen die Treppen hinunter. Doch was war das? Als sie die unterste Ebene erreicht hatte, war der Ausgang nirgends zu sehen. Panisch sah sie sich um, denn ihr war durchaus bewusst, dass der Drache sie weiterhin beobachtete. Jeder Atemzug brannte in ihren Lungen, als sie hin und her lief um den Weg hinaus zu finden, doch er bleib ihr verborgen. Um sie herum war nur das schimmernde Gestein. Keuchend und zitternd vor Angst sank Eleanor zu Boden, nahm die Hände vor das Gesicht und fing an zu weinen. Etwas regte sich in ihr. Der Wille sich nicht geschlagen zu geben und sich für ein Verbrechen schuldig zu fühlen, dass sie nicht begangen hatte. Langsam stand sie auf und sah sich um. Ganz konnte das Mädchen ihre Angst nicht verbergen, denn sie zitterte noch immer am ganzen Körper. Weit über ihr brüllte das Tier, es war ein Wutgebrüll das die Wände der Höhle erschüttern ließ. Ein surren und rauschen erfüllte die Luft, es war Ohrenbetäubend laut. Ein starker Sog warf Eleanor zu Boden, als der Drache auf der unteren Ebene landete. Als sie aufsah, schnappte er nach ihr und erwischte sie am Arm. Eleanor fühlte wie die Zähne in ihre Haut drangen und sie herunter riss. Der Schmerz war kaum zu ertragen. Im Augenblick des Schmerzes war sie, auf unerklärliche Weise, mit den Gedanken des Drachen verbunden und konnte fühlen was er fühlte. Ein mächtiges Gefühl von Freude, unbändiger Wut und Trauer durchfloss ihren Körper und ließ sie taub werden für ihre eigenen Schmerzen. Das Mädchen brach zusammen und lag in einer Lache aus warmen, tiefrotem Blut das aus der Wunde an ihrem Arm trat. Langsam sickerte der Schmerz und die Lebensenergie aus ihr heraus. Eleanor fühlte sich leicht und benebelt und sie hatte plötzlich keine Angst mehr. So fühlt es sich an, wenn man stirbt, ging es ihr durch den Kopf. Alles um sie herum rückte in weite Ferne, Raum und Zeit existierten plötzlich nicht mehr, alles verschwand in einer gänzlichen weißen Leere, in der Stille herrschte. Eleanor lag in der Leere, hatte die Augen geöffnet und fühlte sich frei.

Der Drache packte das leblose Mädchen und flog mit ihr in die Nacht hinaus. Seine Gedanken waren verwirrt, er hasste die Menschen mehr als er irgendjemanden hasste. Menschen brachten nur Leid und Zerstörung. Warum war es ihm unmöglich das Mädchen zu töten? Ein biss und ihr Körper wäre für immer zerschmettert. Warum sollte er sie nicht fallen lassen? Nicht würde von ihr übrig bleiben, wenn sie auf die Felsen fiel, die Wölfe und Schakale würden den Rest erledigen, sodass nicht ein Körnchen daran erinnern würde, dass es sie je gegeben hätte. Und doch hielt ihn etwas zurück. Etwas dem er sich niemals wiedersetzen konnte. Es war ein Uralter Schwur, den sich einst Drachen und einige Auserwählte gegeben hatten. Ein Drache durfte niemals einem Reiter etwas böses angedeihen lassen, ebenso wie ein Reiter niemals einem Drachen ein Leid antun durfte. Sie waren eins und bis zum Tod miteinander verbunden. Litt ein Reiter, so litt auch sein Drache und umgekehrt.

Doch dieses Mädchen war kein Reiter, sie trug kein Zeichen und doch war er an den Schwur gebunden. Langsam und gleichmäßig durchschnitten die Flügelschläge die Nacht. Lang würde der Weg sein und doch flog er unermühtlich weiter. Er würde nicht eher Rast machen, bis er ein Ziel erreicht hatte. Rathdum! Die Festung der Drachenreiter.

Hérick, Bror und Gereon hatten sich nach Sonnenaufgang auf die Suche nach Eleanor begeben. Varla hatte nach dem Mädchen sehen wollen und hatte ihr Bett leer aufgefunden. Voller Sorge hatte sie die Drei Männer gebeten nach ihr zu suchen. Zu ihrem Glück, war die Sonne gerade erst aufgegangen und die Meisten schliefen noch in ihren Zelten. Es machte es leichter den Spuren zu folgen. Es hatte eine ganze Weile gedauert, ehe die Männer den Pfad hinter der Felswand gefunden hatten. Verwirrt waren sie auf und ab gelaufen, es hatte sie verwundert das die Spur plötzlich inmitten der Blätter der seltsamen Pflanze endete. Erstaunt folgten sie dem Pfad durch die Schlucht. Über ihren Köpfen glitzerten die Netze der Spinnen, Tautropfen hatten sie benetzt, sodass sie wie kleine Diamanten funkelten. Am Tage waren die Nester dunkel Blau bis Violett und kein einziges Tier ließ sich blicken. Die Tiere scheuten nicht nur den Schein der Fackel, sondern auch das Tageslicht. »Drymra Faylt« ,sagte Hérick auf die Nester deutend. »Faustgroße Spinnen mit langen dünnen Beinen. Sie sind harmlos, solange man ohne böse Absichten in ihrem Revier geht. Sie können spüren ob jemand gute oder schlechte Absichten hat. Wehe dem, der schlechtes im Schilde führt!«

»Was geschieht, mit schlechten Absichten?«, Bror konnte seine Unruhe kaum verbergen.

»Sie greifen an. Tausende! Die Spinnen leben hier überall, in jedem Spalt, in jeder noch so kleinen Öffnung. Sie würden denjenigen ohne Gnade töten und fressen.«

Auf Brors entsetzten Blick fügte er beschwichtigend hinzu »Keine Sorge, es sind keine Spuren zu sehen. Das Mädchen hat die Schlicht ungehindert passieren können.«

»Und wo führt dieser Pfad hin?«, Gereon hatte sich zu Wort gemeldet.

»Thirm Mrathra«

»Thirm Mrathra? Ein Aussenposten Enduras, dort wo die Menschen und Narzka alle kaltblütig abgeschlachtet haben? Wenn ich mich recht entsinne, ließen sie keinen am Leben und verbrannten die zerschundenen Körper« sagte Gereon

»Ganz Recht. Der Ort an dem das Übel der Menschen begonnen hat, dem Ort wo sie beschlossen und zu verraten und einen Krieg zu beginnen.«[...]

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Gast Nimbrethil

[...] Der Pfad führte sie dorthin, wo einmal ein Eingang gewesen sein musste. Jetzt war dort an der Stelle nur ein dicht gewobenes Netz, der Drymra Faylt. Die Fäden waren stark, was es ihnen schwer machte sich einen Weg hindurch zu bahnen. Mit großer Anstrengung gelang es ihnen und ließ sie völlig außer Atem eintreten.

Ehrfürchtig standen sie in der Höhle und blickten gebannt, auf die Relikte der Vergangenheit, als sie jede einzelne Ebene erklommen. Auch sie nahmen den gleichen Weg den Eleanor genommen hatte. Nur die Tür, die verborgen in einer Nische auf der zweiten Ebene lag, entging ihren Augen nicht. Man hatte zwei Speere als Warnung im Rahmen der Tür übereinander gekreuzt. Das hieß, etwas schändliches war hier geschehen. Als Hérick einen der Speere berührte zerfiel er, so als habe er niemals existiert. Manchmal war der Zahn der Zeit grausam und unerbittlich. Vorsichtig schob Hérick die Holztür auf. Das Holz war morsch und brüchig, Holzwürmer und Termiten hatten ihr übriges getan. Ein großes Stück brach heraus und zerfiel in seiner Hand zu Staub. Durch eine Öffnung in der Felswand fiel ein einzelner Lichtstrahl herein und bot ihnen nur spärliches Licht. Jahrhunderte alter Staub hatte sich zu einer dicken Schicht zusammen getan und hatte alles unter einem gräulichen zarten Teppich gehüllt. Ihr eintraten hatte den zentimeterdicken Staub aufgewirbelt, dicke Flocken schwebten durch die abgestandene Luft und verwehrte ihnen den Blick auf das was darunter verborgen lag. Dies schien der einzige Raum, indem sich die Spinnen nicht eingenistet hatten. Als Gereon mit seiner Hand sacht, eine weitere Staubschicht beiseite schob, sah er den Grund. Eingeschlossen im Staub der Zeit lagen unzählige Skelette. Einige lagen gekrümmt auf dem Boden, niedergerichtet in einem Hagel aus Pfeilen. Wie schwarze Giftstacheln hatten sie sich einst in das Fleisch und die Knochen gebohrt, jeden mahnend der, der Vergangenheit keinen Respekt zollte. An den Wänden saßen einige aufrecht, einige zusammengekrümmt, die Arme schützend erhoben, mit abgeschlagenen oder gespalteten Köpfen. Grausam niedergerichtet und gefoltert von denen, die sie einst Freunde nannten. Den Menschen. Einst waren sie Drachenreiter, Ori, Magor, Nyr und Elben. Hüter der Gerechtigkeit und Beschützer aller Notleidenen. Niemals zuvor, hatte ein Volk, solch ein unverzeihliches Verbrechen begangen wie die Menschen. Wie wildes Getier waren sie in Thirm Mrathra eingefallen, um alles Leben dort auszulöschen. Erschüttert waren die Gemüter der drei Männer, als sie die Knochen ihrer Vorfahren fanden. Sie erwiesen ihnen die letzte Ehre, indem sie ihre Häupter mit Kränzen aus Arlethyten krönten. Einer Blume, die nur dort wuchs, wo Drachen ihr Feuer versprüht hatten. Mit gesenktem Blick gedachten sie stumm derer die hier sinnlos gefallen waren. Abgeschlachtet aus Neid und Habsucht der Menschen. Schweren Herzens verließen sie den Raum, verschlossen die Tür, weiter auf der Suche nach Eleanor. In der dritten Ebene, dort wo einst viele Drachen hausten, fanden sie Spuren die nur auf eines hindeuten konnten. Hier hatte bis vor kurzem ein Drache gehaust. Der Dung des Tieres dampfte noch, als sie ihn in einem Tunnel fanden. Auch dieser war Eleanors Blick verborgen geblieben, denn er lag eingehüllt in der Dunkelheit. Vor langer Zeit war er für die Drachen und ihre Reiter angelegt worden und führte zu einem Krater, aus dem man bequem landen und heraus fliegen konnte.

»Bror, Hérick! Eilt Euch, hier wurde frisches Blut vergossen.«, Gereon wies auf die Spur aus Blutstropfen.

»Sie ist also verwundet. Wir müssen sie schnell finden!«, Bror konnte seine Unruhe nicht mehr verbergen. Er machte sich große Vorwürfe, weil er die Not des Mädchens nicht rechtzeitig erkannt und entsprechend gehandelt hatte. Er hoffte inständig das, das Mädchen noch am Leben war.

Langsam begann es zu dämmern, als der Drache die Steinwüste endlich erreicht hatte. Die Thïr Wüste war ein steinreiches Gebiet, indem kein Grün zu finden war. Sie grenzte zur einen Seite an das Schattental, dort wohin Rivnir einst geflohen war. Das dunkle Gestein war dort genauso schwarz, wie die Felsen und Berge. An der Grenze lebten die Druden, die zu einem Teil eine Vogelartige und zum anderen eine menschliche Gestalt hatten. Grausam war ihr Wesen, die sich an Blut und dem Fleisch ihrer Opfer nährten. Sie waren Rivnir treu ergeben, denn er war der Einzige, der ihnen ihre blutrünstigen Gelüste gewehrte. Der Drache flog nahe der Grenze vorbei, immer mit einem wachsamen Auge. Er musste achtsam sein, dass er nicht gesichtet wurde, denn sonst wäre das Mädchen verloren. Druden waren listig und griffen ihre Beute gerne hinterrücks an. Nur im Rudel waren sie mutig und griffen an, eine einzelne Drude war feige und leicht zu verjagen. Von den scharfkantigen Felsen ertönte ein kreischen. Eine Drude hatte sie entdeckt und rief nach ihren Schwestern. Sie zog ihre Kreise über der Felsspitze und kreischte erneut, viele Stimmen stimmten mit ein und bald war die Luft erfüllt von dem lauten gekreische der Druden. Sie hatten also das Blut des Mädchens gewittert. Zu Hunderten erhoben sie sich in die Luft und nahmen die Verfolgung auf. Ein schwarzer Teppich verdunkelte den Himmel , er schob sich langsam und stetig auf den Drachen und dem Mädchen zu. Etwas riss eine Wunde in seine Flanke, einige Druden waren lautlos heran geflogen und bildeten die Vorhut. Immer wieder rammten sie ihren scharfen Krallen in seinen Körper. Der Himmel um sie herum war pechschwarz von den vielen Druden. Sie hatten ihn eingekreist und attakierten das mächtige Tier Pausenlos. Mit den langen Krallen rissen sie tiefe Wunden in sein Fleisch, mit ihren Schnäbeln hackten sie nach ihm. Der Drache fauchte und spie Feuer, um die lästigen Kreaturen zu vertreiben. Das Ohrenbetäubende kreischen war ihm unerträglich, sein einziges Ziel war vor den Krallen zu fliehen und das Mädchen zu beschützen. Die Druden kreisten um ihm herum, unter ihm, über ihm und zu beiden Seiten, sie gönnten ihm keinerlei Ruhe immer wieder hackten ihre Schnäbel nach ihm und immer tiefere Wunden rissen sie in seinen Körper. Der Drache wehrte sich nach Leibeskräften, er schnappte, spie Feuer und versuchte sie abzuschütteln, doch es gelang ihm nicht. Nur wenige erwischte er. Eine besonders große Drude flog dicht neben ihm »Menschenfleisch! Gib es uns das Mädchen, damit wir uns nähren können an ihrem zarten Fleisch und dem süßen Blut.« Ihre schwarzen Lippen lächelten ihn boshaft an und ihr Schnabel, dort wo die Nase sein sollte, hieb nach seinem Auge. Die Vorderseite der Druden war hellgrau bis weiß und ging zu den Krallen und Flügeln in glänzendes schwarz über. Ihr weiblicher Köper bedeckte ein zartes Federkleid.

»Verschwindet, ihr seelenlosen Weiber! Das Mädchen bekommt ihr nicht!«

Die Drude kreischte wutentbrannt auf »Reißt den Drachen in Stücke Schwestern. Heute wird es ein Festmahl geben! Nährt Euch Schwestern, kostet von ihrem Blut, schmeckt das Fleisch. Reißt sie auseinander!«

Gemeinsam stürzten sie sich auf das Mädchen und den Drachen, sie krallen sich an seinem Körper fest und rissen an seinem Fleisch. Auch das Mädchen, das leblos in seiner Pranke hing, wollten sie nicht verschonen und hackten nach ihr Das Blut tropfte von ihrem Arm auf die Steine herunter. Wild kreischend stürzten sich einige Druden darauf, jede wollte einen blutbesudelten Stein erhaschen. Es brach ein unerbitterter Kampf aus. Die Druden rissen sich gegenseitig in Stücke, doch kaum hatten sie ihr Leben gelassen, so stürzten sich weitere auf das kostbare Blut. Einer Gruppe gelang es die Steine aufzulesen und mit ihnen davon zu fliegen, verfolgt von den neidenen Schwestern, die ihnen ihre Beute nicht gönnten. Voller Inbrunst leckte ein junge Drude das Blut vom schwarzen Gestein, so als hätte nie etwas köstlicheres ihre Lippen berührt. Sie bezahlte, wie viele andere auch, mit ihrem Leben. Der Kampf der Druden war im vollen Gange, als es dem Drachen endlich gelang zu entkommen. Sein Weg führte weg von der Grenze, dort wo das Gestein grau, manchmal auch weiß war, dorthin wo es keine Druden gab. Er schleppte sich mühsam über eine flache Bergkette, als er unter sich eine Ruinenstadt erblickte und zur Landung ansetzte. Im Schein der aufgehenden Sonne erkannte er die alte zerfallene Stadt, es war Minas Lyrm. In ferner Vergangenheit war dies eine Stadt der Oris gewesen. Jenen Weltenwanderern die von Menschen abgeschlachtet wurden, wie wertloses Vieh. Man hatte ihre zerschundenen Körper einfach liegen lassen und hatte sie ihrer Reichtümer beraubt, nur wenige waren dem sinnlosen Gemetzel entkommen. Der Drache landete auf etwas, das einmal ein belebter Platz gewesen war. Hier hatte man Gehandelt oder Feste gefeiert, doch jetzt war er zugewuchert von Moos, Gras und anderen Pflanzen. Über den groben Mauerresten wuchsen Bougainvilla, ihre lila und rosafarbenen Blüten verströmten einen überwältigenden Duft. Kiefern hatten sich überall angesiedelt, auch Zypressen, Schwarzbirken, Prunkwinden und Himbeersträucher wuchsen hier. Die Natur hatte ihr Recht geltend gemacht und hatte sich die Stadt zurückerobert. An den alten Bäumen rankte sich Wein und Efeu empor. Hätte hier nicht solch eine Untat stattgefunden, wäre es ein wundervoller Ort gewesen. Doch die Geister der Vergangenheit spukten noch immer durch diese Mauern, solange bis ihre Seelen endlich Ruhe finden würden.[...]

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Gast Nimbrethil

[...] Vorsichtig legte er das Mädchen im Gras ab, dort ruhte sie schwer atmend, blass und eiskalt. Ihre Wunde blutete noch immer stark, durch die Schnäbel der Druden war sie erneut aufgerissen. Viele kleine hatten sie ihr zusätzlich zugefügt. Im Augenblick war es dem Drachen nicht möglich ihr zu helfen, auch seine Kräfte schwanden, der Kampf hatte ihn zu sehr angestrengt. Wäre er bei Kräften gewesen hätte er ihre Schmerzen ein wenig lindern können, doch er wollte es gar nicht zu verwirrt waren sein Geist. Jetzt war es wichtig das er Kraft sammelte und sich ausruhte. Er legte sich im Gras nieder, leckte seine zahlreichen Wunden, ehe er die Augen schloss und einschlief. Die Grillen zirpten im hohen Gras, als der Drache spät in der Nacht erwachte. Über ihm erstreckte sich der klare Nachthimmel, die Sterne funkelten wie Diamanten. Er musste daran denken, das eine Legende besagt, das Drachen wenn sie sterben zu den Sternen aufsteigen, um von dort über alles zu wachen. Ob er auch aufsteigen würde, wenn seine Zeit einmal kommen würde? Das stöhnen des Mädchens riss ihn aus seinen Gedanken. Der Schlaf hatte ihm genügend Kraft gegeben, er würde den verbleibenden Weg nach Rathdum schaffen, damit ihrer beider Wunden versorgt werden konnten. Es wurde Zeit, denn die Lebensgeister verließen den Körper des Mädchens immer rascher. Schon jetzt war es schwer zu sagen ob sie noch zur rechten Zeit ankommen würden. Schwerfällig erhob sich das mächtige Tier und stemmte sich, stöhnend vor Schmerz, mit zitternden Gliedern auf seine Beine. Mit seiner Pranke hob er das Mädchen sacht auf, ehe er seine Flügel ausbreitete und sich in die Nacht erhob. Aus der Ferne waren die Klagelaute der Druden zu hören, die um ihre Toten wehklagten. Der Mond schien im satten rot, es war viel Blut vergossen worden. Es kostete den Drachen viel Kraft seinen angestrebten Weg fortzusetzen. Erleichtert erblickte er die Berge in weiter Ferne, aus deren Mitte sich Rathdum erhob.

Noch immer verwirrte der Gedanke, das er nicht fähig war dem Mädchen etwas anzutun seine Gedanken. Er hasste die Menschen, sie hatten ihm seine Lebensfreude genommen, seine Gefährtin. Wie glücklich sie doch waren, hier ganz in der Nähe hatten sie ihr Nest. Voller Trauer dachte er daran, wie stolz er einst gewesen war, als er zum ersten Mal das Ei erblickt hatte, das im Nest ruhte. Doch dann kamen die Menschen, voller Wut und raubten das Ei, sie trugen es fort, als er auf der jagt war. Seine Gefährtin war ihnen gefolgt um ihr Junges zurück zu holen. Ein Schmerz zuckte durch sein Herz. Seine Gefährtin kehrte niemals wieder zurück. Nach Jahren der tiefen Trauer um seine verlorene Liebe, zog er sich nach Thirm Mrathra zurück, um dort auf sein Ende zu warten. Das Mädchen hatte etwas besonderes an sich, das hatte er von Anfang an spüren können, doch seine Wut war größer. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich tief mit ihr verbunden, wie es nur Drache und Reiter waren. Doch sie war kein Drachenreiter und er konnte sich diese Verbindung nicht erklären. In Rathdum, so hoffte er, würde es sich aufklären. Meister Yavneh würde ihm helfen.

Rathdum! Der Sitz des Drachenordens war ein hoher Turm, der in einer Schlucht stand und bis in die Wolken hinauf ragte. Der oberste Teil war gänzlich unter einer Wolkendecke verborgen, während der unterste von glühender Lava umspült wurde. Nur Drachenreiter hatten Zugang zu Rathdum. Zwar gab es eine Zugbrücke, aber diese wurde nur in höchster Not heruntergelassen. Rathdum war eine uneinnehmbare Festung, weshalb es den Menschen und Narzka nie gelungen war, sie einzunehmen.[...]

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Gast Nimbrethil

[...] Rathdum! Der Sitz des Drachenordens war ein hoher Turm, der in einer Schlucht gebaut war und bis in die Wolken hinauf ragte. Der oberste Teil war gänzlich unter einer Wolkendecke verborgen, während der unterste von glühender Lava umspült wurde. Nur Drachenreiter hatten Zugang zu Rathdum. Zwar gab es eine Zugbrücke, aber diese wurde nur in höchster Not heruntergelassen. Rathdum war eine uneinnehmbare Festung, weshalb es den Menschen und Narzka nie gelungen war, sie einzunehmen. Seine Mauern waren fünf Fuß stark, gebaut aus solidem Gestein. Meister Yavneh, einer der obersten Meister des Ordens, war ein hagerer alter Mann, mit langem weißen Haar und weißem Bart. Er stand am Fenster und blickte in die Ferne. Er hatte die Ankunft des Drachens bereits gespürt und wartete auf seine Ankunft.

Kapitel 9

Im zweiten Jahrhundert des vierten Zeitalters, als noch Angst und Schrecken diese Welt regierten, lange bevor die ersten Elben dieses Land betraten, wurde Rathdum in hundertjähriger mühsamer Arbeit errichtet. Morzul der dunkle und grausame Herrscher jener Zeit, hatte alle Völker lange Zeit unterdrückt bis Schiffe vor den Küsten Voranker gingen und ein Volk an Land trat, das von solch einer Schönheit und Eleganz war, wie man es bis dahin noch nie zuvor gesehen hatte. Ihre Gestalt war von zarter Natur, ihre Haut hell und zart. Augen so blau, wie das tiefst und klarste Gewässer, ihr langes meist helles Haar umspielte ihre spitzzulaufenden Ohren du verlieh ihrem Äußeren etwas sagenumwogenes. Das Volk der Elben brachte Musik, Dichtkunst und andere hohe Künste mit sich, welche bald Freude und Hoffnung verbreiten sollten. Von allen Völkern Valgesias wurden die Elben besonders geschätzt und ein jeder wollte gutfreundsein mit ihnen, in der Hoffnung das sie Morzul vertreiben und Valgesia wieder in Freiheit leben würde. Lange Zeit jedoch geschah nichts und das Elbenvolk zog sich tief in die Wälder zurück. Ihre lange und beschwerliche Reise wollten sie erst einmal hinter sich lassen, denn sie kamen von weit her, sie kamen von einer Insel wo nur Ihresgleichen lebten. Einige des Elbenvolkes wurden dies bald müde und machten sich auf die Reise, um neue Gefilde zu entdecken. In unzähligen Liedern und Gedichten gedachten sie ihrer alten Heimat, die sie Valinor nannten. Die Elben waren in viele weitere Völker unterteilt und sie, die zum Volk der Veriin gehörten, fanden in der Geschichte ihre Volkes keinerlei Erwähnung. Viele der Schiffe segelten an den Küsten Valgesias vorbei um anderweitig an Land zu gehen. In den ersten Jahren hörten sie viele Nachrichten von denen ihres Volkes die sich Noldor nannten, doch mit der Zeit verstummten diese und sie hörten nie wieder von ihnen. Als Morzul, der dunkle Herrscher sich anmaßte und die Veriin zu unterdrücken versuchte, schlossen sie ein Bündnis mit all den übrigen Völkern Valgesias. In jener schweren Zeit wurde der Drachenorden ins Leben gerufen, um den Schwachen, Unterdrückten und Notleidenen zur Seite zu stehen. Ein mächtiger Schwur verband Drache und Reiter, welches nur durch den Tod des jeweils anderen gebrochen würde. Niemals, so der Schwur, durfte ein Drachen einem Reiter unrechtes tun, sowie ein Reiter seinem Drachen niemals ein Unrecht antun durfte. Dieses mächtige Bündnis wurde mit einem Mal besiegelt, welches Drache und Reiter eingebrannt in der Haut trugen. Den Drachenreitern gelang es schließlich Morzul zu besiegen und ihn für immer aus Valgesia zu verbannen, doch sein Spross gezeugt mit einer unreinen Hexe stieg als Erwachsener auf den Thron und erhob sich über das gesamte Land und stürzte es in einen langen Krieg. Die Menschen dienten ihm einst als blind ergebene Marionetten, deren Herzen er mit viel Hass und Habgier füllte bis sie alle anderen Völker verrieten und viele der Drachenreiter töteten. Doch sein Plan sich über alle zu erheben schlug fehl und er flüchtete in das Tal der Schatten, bis seine Zeit gekommen war und er zurück auf den Thron seines Vater steigen konnte.[...]

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Gast Nimbrethil

[...] Zu jener Zeit ward ein Amulett geschmiedet, aus des Zwergen und Elbenvolkes Hand. Golden war es anzusehen, ein Stein ruhte dort inmitten von blutroter Farbe. Jene die des Drachenordens zugehörig, schworen erneut den einstigen Schwur. Ilthrur, Vater aller Drachen schloss ein sein Blut in des Inneren Kernes Amulett, welches den Schwur mächtiger werden ließ. Nur ein reines Herz, dessen Gedanken unschuldig und ohne unmutes sei, würde den unreinen Spross des einstigen dunklen Herrschers vernichten und Valgesia endgültig befreien können.

Kalt war es im hohen Norden, eisig Pfiff der Wind und brachte erbarmungslose Kälte mit sich, nur wenige Tage waren warm und voller Sonnenschein doch meist war der Boden von einer dünnen Reifschicht bedeckt. Der Drache hatte große Mühe dem Turm näher zu kommen ganz plötzlich hatte sich der Himmel bewölkt und ein gewaltiger Sturm brach los. Manches Mal, so schien es, blieb er an einer Stelle in der Luft stehen doch es war der Wind, der ihn immer wieder zurück trieb. Die enorme Anstrengung ließ seinen Körper vor Schmerzen glühen, der Atem brannte wie Messerstiche in seiner Kehle, Rauch stieg aus seinen Nüstern als seine Flügel die Luft durchschnitten. Meister Yavneh die Mühe des Drachen, gerne hätte er ihm Hilfe zukommen lassen, doch ein Gesetz besagt, das ein Drache allein den aufstieg zum Turm schaffen musste. Nicht jeder Drache wurde auserwählt dem Orden zur Seite zu stehen, nur die kräftigsten und mutigsten Drachen bekamen diese Möglichkeit, alle anderen wuchsen in Freiheit auf der Insel Drahrrah auf. Drahrrah war eine zerklüftete Insel, mit Vulkanen und vielen Seen, weiten Wiesen und tiefen Wäldern wo nur Drachen leben konnten. Seit vielen Jahren schon schienen die Drachenreiter in Vergessenheit zu geraten, was der Rat des Ordens bedauerte. Doch die Völker Valgesias würden sich einmal wieder ihrer erinnern und sie um Hilfe bitten. Um dicken Steinmauern Rathdums wehte der Wind nun heftiger er trieb große Hagelkörner vor sich her, die den Drachen in den Wunden stachen und sie erneut aufrissen, kaum hatte sich das Blut verkrustet. Er musste seine Anstrengungen verdoppeln um höher hinauf zu steigen, Schneeflocken, Sand und Hagel die heran wehten raubten ihm die Sicht und er flog blind und nur mit vertrauen den rechten Weg zu finden. Je näher er kam umso mehr änderte der Wind seine Stärke, mal pfiff er gnadenlos von vorne und wehte ihn zurück, mal bildeten sich Wirbel, die ihn strudeln und taumeln ließen, dann preschten Massen an Sand, kleiner Gesteinsbrocken und Hagel auf ihn ein gemischt mit Schnee, der ihn einschloss wie eine weiße Decke. Seine Kraft war dem Ende nahe, als er die Plattform hoch oben endlich erreichte. Die Plattform lag unter einer Wolkenschicht verborgen, sodass sie von der Erde aus nicht zu sehen war. Sie diente als Start und Landeplatz auf dem die mächtigen Tiere genügend Platz fanden. Ein kurzer Tunnel führte ins Innere und endete in einer großen Halle, dessen Ausmaße kaum sichtbar waren. Lange rote Banner hingen an den Wänden von der hohen Decke herunter, alle mit einer goldenen Rose und einem schwarzen Drachen darauf. Unzählige Flammen erleuchteten das Innere, von den Wänden oder eingelassen in den felsigen Boden schienen ihre Flammen, welches dem braun-grauem Gestein schmeichelte. In der Mitte der riesigen Halle waren rote und schwarze Steine im Boden eingelassen, viele Gänge führten von hier aus durch den ganzen Turm. Rathdums Größe ließ sich nur schwerlich erahnen, aber es war gewaltig. Weit oben lagen, wie in Thirm Mrathra, die Höhlen der Drachen. Als sie den verletzten, ihrer Art witterten stimmten alle in ein tiefes Brummen ein. Völlig erschöpft schleppte sich der Drache sich herein, in Rinnsalen rann der getaute Schnee an ihm herunter und tropften auf den Boden. Eiszapfen hatten sich an seinen Nüstern gebildet welche langsam in der wohligen Wärme dahin schmolzen und riesige Pfützen hinterließen. Zitternd von der Anstrengung sank das Tier zu Boden. Die Arnor, Heiler die nur für das Wohl der Drachen verantwortlich waren, eilten herbei geschickt von Meister Yavneh, der den Drachen freundlich begrüßte »Ghragan ´eniaghtagh, failt ort

»Gura mie ayd vainshter Yavneh.Ta yn inneen Ihottit !«, doch weiter kam er nicht, die ganze Reise hatte alle seine Kräfte aufgebraucht und der Drache fiel in einen tiefen Schlaf, aus dem er erst erwachen würde, wenn seine Wunden verheilt waren. Vorsichtig hoben sie das Mäcdchen vom Rücken des Tieres herunter. Unter einer Schneedecke lag sie noch immer Bewusstlos, leicht bläulich war ihre Haut sie war stark Unterkühlt und brauchte jetzt vor allem eines, Ruhe!

Sechs Tage und Nächte kämpfte man um ihr Leben, es stand schlecht um sie zuviel Blut hatte sie verloren, die Kälte hatte ihr übriges getan. Unermütlich kümmerten sich Heiler um Eleanor bis sie am Morgen des siebten Tages endlich ihre Augen öffnete. Meister Yavneh hatte sich zu ihr ans Bett gesetzt und lächelte ihr aufmunternd zu. Wie schwach sie war, es würde Zeit brauchen, bis wieder gänzlich genesen sein würde. Doch er würde ihr so gut er konnte zur Seite stehen, wie es ihm möglich sein würde. [...]

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Gast Nimbrethil

[...] Nach weiteren zwei Wochen konnte Eleanor zum ersten Mal ihr Bett verlassen und umher gehen. Man hatte ihr ein Bad eingelassen, um sich frisch zu machen. Der Raum, von dem es mehrere auf jeder Ebene gab und für alle da waren, war ebenfalls rund, denn gerade Wände suchte man in Rathdum vergeblich. Fackeln leuchteten von den Wänden. Hier gab es eine Besonderheit wie sie, außer in den Quartieren, üblich war. Man hatte eine Vertiefung in den Boden des Raumes geschlagen, sie war hier rund und von einer Knöchel hohen Mauer umrandet, in dessen Mitte ein Feuer brannte. Die Steine würden sich, so erklärte es eine der Heilerinnen die dem Mädchen behilflich sein sollten, durch das Feuer aufheizen und damit den Raum warm halten. Aus Felsblöcken hatte man Bassins gefertigt, die als Badestätte dienten. Mehrere dieser Bassins standen an den Wänden, doch nur in eine lief Wasser aus einem Drachenkopf, der aus der Wand ragte. Eine der Heilerinnen lies Öl ins Wasser laufen, sie nannten es ooil lossreeyn Iheihys, ein aus Kräutern gewonnenes Heilöl, das Wunden sekundenschnell heilen konnte und einen schönen Taint verlieh. Es verbreitete einen würzigen Duft, der in der Nase schmeichelte. Eine weitere Heilerin half dem Mädchen sich zu entkleiden und half ihr in das Bassin. Das warme Wasser hüllte sie ein, während das lossreeyn Iheihys Öl seine heilende Wirkung entfaltete und Eleanors fast verheilte Wunden gänzlich verschwinden ließ. Durch das Öl prickelte das Wasser leicht auf ihrer Haut, was sie jedoch als angenehm empfand. Neue Kleider lagen auf einem Stuhl nahe des Feuers. Die beiden Heilerinnen waren nicht von Eleanors Seite gewichen und halfen ihr nun sich zu trocknen und sich anzukleiden. Danach führten sie das Mädchen in ihr Zimmer, eine Mahlzeit stand schon bereit, die sie dankbar verzehrte. Nach einer Weile klopfte es an der Türe, eine der Heilerinnen steckte ihren Kopf herein und bat sie mit ihr zu kommen. Ihr Name war Oona. Oona war eine kleine rundliche Frau mit langen geflochtenem Haar, roten Wangen, dunklen Knopfaugen und einem liebevollen Lächeln, dass viele kleine Grübchen in ihr Gesicht zauberte. Sie hatte raue fleischige Hände von der vielen Arbeit, doch ihre Hand war warm und gab Eleanor ein Gefühl des Vertauens. Oona führte sie durch einen Gang, der in einer Bibliothek endete. Außer den gewaltigen Regalen voller Pergamentrollen und Büchern, standen kleine runde Tische im Raum, eine Laterne stand in dessen Mitte, drum herum standen gepoltzterte Stühle und luden zum Lesen ein. Ein älterer Mann mit weißem Haar und ebenso weißem Bart wartete bereits auf sie. Es war der, der an ihrem Bett gesessen hatte.

»Wie ich sehe, seit Ihr wohlauf. Kommt setzen wir uns, ich möchte alles wissen.«

Mit einem charmanten Lächeln fügte er hinzu »Oona meine liebe, würde es Euch etwas ausmachen uns ein wenig Tee zu holen?«

Als Eleanor dem Alten folgte, bemerkte sie auch hier die Feuerstätte im Boden. Doch diese war um einiges größer und zog sich längst durch den Raum. Im hinteren Bereich standen zu beiden Seiten gepolzterte Sofas, auf einem davon machten sie s sich gemütlich. Oona eilte unterdessen davon und kam mit einem Tablett ,auf dem eine Kanne mit zwei Tassen stand wieder herein und stellte alles auf einem Tischchen ab. In jede Tasse füllte sie etwas von dem Tee und reichte ihnen jeweils eine.

»Ich danke dir Oona, Euer Gewürztee ist der beste«, nickte der Alte ihr zu.

Oona zwinkerte Eleanor zu ehe sie wieder hinaus ging.

Der Alte Mann wollte alles über sie wissen, Stundenlang unterhielten sie sich bis tief in die Nacht hinein. Eleanor erzählte vom Verlust ihrer Eltern, von dem Leben in Jacks Bande, wie sie zu Phinneas gekommen war und ihrer Reise quer durch England um ein geeignetes Tor nach Valgesia zu finden. Sie erzählte von Godric Greyhound, von ihrer Flucht aus Oca Susta, dem Kelldras Tal und der Begegnung mit dem Drachen.[...]

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