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Filmkritik


Gast Órin

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habe eben bei http://www.alleyways.de/abgeschminkt/archivh.htm#Ring eine wundervolle filmkritik gefunden.... da die sich noch auf den ersten teil bezieht bin ich mir zwar sicher, dass der eine oder andere die schon kennt....aber ich wollte sie für alle anderen nochmal hier anbringen...die ist echt gut :-)

Der Herr der Ringe: Die Gefährten:

LORD OF THE RINGS: THE FELLOWSHIP OF THE RING

Darsteller: Elijah Wood, Ian McKellen, Sean Astin, Viggo Mortensen, Ian Holm, John Rys-Davies, Orlando Bloom, Liv Tyler, Christopher Lee, Sean Bean, Cate Blanchett & Billy Boyd und Dominic Monaghan u.a

Regie: Peter Jackson; Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson nach dem Roman von J.R.R. Tolkien; Kamera: Andrew Lesnie; Filmschnitt: John Gilbert; Musik: Howard Shore; Aufbauten: Dan Hennah; Kostüme: Ngila Dickson, Richard Taylor

Neuseeland / 2001 ; circa 178 Minuten

Die ganze Welt ist Mittelerde. Mit nur zwei Ländern Ausnahme, bildet der Auftakt zur Trilogie des Meisterringes einen eisernen Leinwandring um die Erde, weniger um der Internet-Piraterie ein klein wenig entgegen zu wirken, sondern das Erlebnis als solches zu untermauern. Selbst erklärte Gegner des Fantasy-Genres warten auf die Gelegenheit, freie Sitzplätze zu ergattern. Dabei sind 'die Gefährten' nicht einmal ein von Werbung tot geredetes Objekt, wie der ebenfalls unter den Fittichen von Warner gestartete Zauberschüler. Ted Livin, Vorstand des Time Warner Konzerns, zu dem New Line gehört, erklärte offenherzig wie sehr ihm an erster und einziger Stelle der Erfolg der Verfilmung des Rowling Romanes interessiere. New Line stellte sich dem Wagnis, welches einzigartig war und in diesem Umfang auch bleiben sollte, eine Trilogie in diesem Ausmaße vorab zu produzieren und dann auch noch mit dem Spinner aus Neuseeland an der Spitze. Robert Zemeckis war einst Vorreiter, drehte Teil zwei und drei von 'Back to the Future' an einem Stück um Produktionskosten zu sparen. 'Matrix' ergeht es nun ebenso und den 'X-Men' wird wahrscheinlich ähnliches widerfahren. Aber Peter Jacksons Konzept war bestimmt nicht das Senken der Produktionskosten. Es ging ihm, und dies ist dem Film mehr als deutlich anzumerken um ein filmisches Gesamtkonzept, eine lineare Einheit, die 'Lord of the Rings' nach Abel Gance' 'Napoleon' zum längsten Kinofilm der Geschichte machen könnte. Das der Spaß dabei 270 Millionen Dollar gekostet hat ist eher Nebensache. 'Lord of the Rings' wurde zum Selbstläufer, mit den typischen Verfechtern der Verfilmung, den üblichen Gegnern und den notwendigen Schwarzsehern. Als Coppola in Cannes eine komplette Version seines Meisterwerkes vorstellte, wurde er knallhart ins Abseits gedrängt von 25 Minuten Filmschnipseln der 'Gefährten'. Die Saat war gelegt. Nachdem das Internet bereits aus allen Nähten platzte, war die Presse auf dem Weg zum Schicksalsberg mit eingestiegen. New Line brauchte sich eigentlich um nichts mehr sorgen.

'Der Herr der Ringe' ist nicht der größte Film und schon gar nicht der beste Film aller Zeiten. Aber es ist mit Abstand das Eindrucksvollste seit Jahren. Ein imposantes Abenteuer, welches das Zauberwort Epos auch zu zeigen versteht. Mit Andrew Lesnie an der Kamera weiß endlich wieder einmal einer Cinemascope so zu verwenden, wie es seine eigentliche Bestimmung war. Die Magie der Bilder funktioniert auch ohne digital bearbeitete Sequenzen und werden auf der anderen Seite mit diesen um einiges aufregender. Jackson hat dabei alles im Griff. Man wird nicht müde zu schreiben, das er bei den 200 Drehtagen nicht ein einziges mal laut geworden sei. Ebenfalls eine Aussage die in Cannes zu hören war und seither den pummeligen Kerl mit Brille und Shorts zum Mensch gewordenen Mythos erhob. Er scheut sich nicht davor die Zeit still stehen zu lassen und kitschiger Gefühlsduselei den Weg frei zu machen. Dann wieder reißt er den Zuschauer in die Abgründe der Gefahr. In der mitreißenden Inszenierung darf der Zuschauer nicht einfach nur Zeuge sein, wie sich die Helden aus den Gefahren retten. Von Regie, bis hin zur Kamera und dem Schnitt überträgt sich das Gefahrenpotential auf den Zuschauer. Wenn die 9 Gefährten durch die Minen von Moria hetzen, über unendliche Abgründe hinweg, auf den schmalsten Brücken und Stufen, dann ist das Publikum mittendrin. Es spürt und erlebt hautnah wie es den Charakteren ergeht. Das ist eine Kunst die Hollywood längst verlernt zu haben scheint.

Jackson setzte auch im vollen Umfang auf seine Heimatinsel und öffnete sich damit auch alle Türen. Und was würde sich besser anbieten, als die majestätischen Naturkulissen von Neuseeland um Mittelerde in die reale Welt zu erheben. Fans der Buch Trilogie wurden als Statisten eingesetzt. Die Tricktechnik kommt aus neuseeländischen Gefilden. Der verrückte Regisseur wußte, das er, wollte er in Hollywood ankommen, der Industrie kräftig gegen den Strich bürsten mußte. Millionen Dollar investierte Jackson in ein verfilmtes Expose, damit er im fernen Kalifornien beweisen konnte, den Vorstellungen Tolkiens gerecht zu werden. Soviel Eigensinn wird auf einer Seite auch belohnt, auf der anderen aber auch mit Nichtbeachtung bestraft, wie es eben Warners Ted Levine offenkundig tat. Nein, Jacksons Hobbits' durften nicht von Zwergen dargestellt werden, denn wer würde dann die im Buch vorkommenden Zwerge spielen? Alle Szenen wurden gedreht, die Hobbit-Darsteller herausgeschnitten, verkleinert und wieder in den Film eingefügt. Es war Wahnsinn und das genialste Unterfangen, seit D.W. Griffith die ersten Massenszenen inszenierte. Und natürlich gibt es die Heerscharen von Tolkien Fans, die überall etwas zum bemängeln finden. Das liegt in der Natur der Sache, mindert das Erlebnis aber nicht im geringsten.

Ohne Zweifel macht sich Ian McKellen als Gandalf am eindrucksvollsten, doch darf dies keineswegs die filmische Integrität der anderen Darsteller in Frage stellen. Ob die wie ein Ringgeist reitende Liv Tyler, oder die bezaubernste aller Lichtgestalten Cate Blanchett als Galadriel. Billy Boyd und Dominic Monaghan sorgen für eine angenehme Brise Humor, wie Elijah Wood bestechend die reichhaltigen Facetten des Ringträgers zu vermitteln weiß. Mortensen, Bloom, Bean, oder Rhys-Davies, den man in Maske kaum erkennt. Es macht keinen Unterschied. Da hat sich für zweihundert Drehtage eine Truppe zusammengefunden, die scheinbar zusammengehört hat, so wie der Ring sich seine Träger aussucht. Und das zieht sich bis in die hintersten Reihen einer Film Hirachie. Fans des Fantasy-Schreibers, welche sich mit einer Verfilmung grundsätzlich anfreunden können, werden feststellen, das sich das Buch wie der Meisterring verhalten hat, es hat sich die richtigen Träger und die passenden Gefährten für diesen gesucht. Die neun menschlichen Hauptdarsteller sind alle mit einer tätowierten 9 ins richtige Leben zurück gekehrt. So hat sich Mittelerde den Weg in die für uns richtige Welt gebahnt und wir werden nicht Opfer verlogener Werbestrategien, sondern dürfen teilhaben an dem Wagemut eines Visionärs und seiner gelungenen Vision. Mit Sicherheit ist es nicht der größte und bestimmt nicht der beste Film aller Zeiten, und ist es ein überwältigendes Erlebnis. Und nach drei Stunden, welche man dem Film allerdings anmerkt, das Kino verläßt, dann schreitet man Elbenhaft über die Wege und freundet sich mit den Gedanken an, sich nur im von Sauron besetzten Teil Mittelerdes auf zu halten. Alles wird gut und wird bestimmt noch besser, denn die drei Stunden merkt man durchaus, aber lang heißt niemals unbedingt langweilig. Ganz gewiß nicht. Nicht mit Peter Jackson und überhaupt nicht bei seiner Vision der Ring-Trilogie. Ein Epos fordert eben seine notwendige Zeit und darüber werden viele sehr froh sein. Wir werden wie die Hobbits Bier trinken, Auto fahren wie die Ringgeister reiten und mit zurückhaltendem Stolz wie Gandalf auf das nächste Weihnachtsfest warten, auch etwas ungeduldig wie Frodo, denn erst dann wird uns 'Die Zwei Türme' das Herz erwärmen. Das Leben kann so aufregend sein. Wundervoll.

(http://www.alleyways.de/abgeschminkt/archivh.htm#Ring)

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