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Problematische Übersetzungen?


mathias

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Als ich heute durch den Buchladen schlenderte, fiel mein Blick auf ein Werk von Murakami. Wollte ich mir schon länger kaufen. Doch dann fiel mir ein, da war ja was. Die deutsche Übersetzung von mindestens einem seiner Werke wurde nämlich so unsauber angefertigt, dass man beinahe Zensur unterstellen konnte. Die Stelle findet sich in "Gefährliche Geliebte", wo auf eine recht eindeutige, sexuelle Sprache zurückgegriffen wurde, die Übersetzung jedoch harmlos und verwässert klang. Die Ursache des Problems lag wohl nicht in der Prüderei sondern darin, dass das Werk zunächst vom Japanischen ins Englische übersetzt wurde und erst danach ins Deutsche. Durch solch eine Methodik weicht die Endübersetzung nunmal zwangsläufig stärker vom Original ab als notwendig.
 
Zwar hatte der Verlag nach Bekanntwerden des Problems eine neue Ausgabe mit direkter Übersetzung angekündigt, aber die Unsicherheit besteht natürlich auch bei den anderen Werken, die alle durch so eine Drittübersetzung entstanden: inwieweit weichen diese zu stark vom Original ab?
 
Noch ein anderes Beispiel zu diesem Werk: eine genauere Übersetzung des Titels würde lauten: „Südlich der Grenze, westlich der Sonne“, was sich laut Wikipedia, als Metapher für das Totenreich interpretieren lässt und somit einen Anhaltspunkt liefert um die Figur Shimamoto als Geist einordnen zu können. Diese wichtige Information fehlt durch Verwendung des, mit Verlaub, bescheuertem deutschen Titels "Gefährliche Geliebte". Der Autor wählt den Titel eines Werkes doch nicht aus einer Laune heraus, er ist das erste, was der Leser wahrnimmt (zusammen mit dem Cover). Warum kann man sich nichtmal da Mühe geben? Wobei ich nicht weiß, ob wir hier eher dem Verlag und nicht den Übersetzern einen Vorwurf machen müssen. Ich weiß von verschiedenen Autoren, dass sie von ihrem Verlag einen Titel vorgesetzt bekommen haben. Weil es sich dann besser verkauft!!! (man verzeihe mir bitte die drei Ausrufezeichen, aber mir geht diese Profitgeilheit in bestimmten Bereichen unserer Gesellschaft einfach so extrem auf den Keks.) Und bei vorsätzlicher Titelverfälschung hilft natürlich auch keine Direktübersetzung mehr.

Im Englischen heißt das Buch übrigens: "South Of The Border, West Of The Sun" - so wie es sein soll.
 
Also, ihr seht schon, dass ich so meine Probleme mit Übersetzungen habe. Aber was meint ihr dazu:

  • Wie problematisch seht ihr (Dritt-) Übersetzungen?
  • Lest ihr wenn möglich nur in Originalsprache und welche Gründe sind dafür ausschlaggebend? 
  • Unterscheidet ihr dabei nach Gattungen? (z.B. finde ich Übersetzung von Lyrik äußerst bedenklich, gehen doch nicht selten viele Feinheiten der Sprache des Autors dabei verloren, was sich bei hier eben deutlich stärker auswirken kann - im Gegensatz zur Epik, wo nicht jeder Satz des Textes elementar wichtig ist.)
  • Welche Kriterien muss eine Übersetzung erfüllen um euren Ansprüchen zu genügen?
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Gast Dunderklumpen

Übersetzungen sind natürlich immer problematisch, und immer wird man sich entscheiden müssen: es sein zu lassen, also einen unbekannten Autor unübersetzt zu lassen, ihn also im deutschen Sprachgebiet nicht bekannt zu machen - oder Kompromisse einzugehen.

 

Kompromisslos ist eine Übersetzung nicht zu haben. Letztendlich entscheidet der Autor selber, welche Kompromisse er eingehen möchte. Und auch darüber, welchen Grad des Kompromisses er einzugehen bereit ist.

 

Er hat immer die Möglichkeit - falls er noch lebt, und um lebende Autoren geht es hier, glaube ich - sein Werk entweder unveröffentlicht zu lassen oder selber das Risiko auf sich zu nehmen: also in books on demand zu veröffentlichen. Da kann er komplett den übersetzten Titel wählen, auch den Übersetzer. Das wird sehr teuer, und bei Misserfolg wird er sich möglicherweise hoch verschulden.

 

Wenn der Autor wünscht, dass ein anderer das Risiko auf sich nimmt und ein anderer im Zweifelsfall sich für ihn hoch verschuldet, dann wird dieser andere seine Markt-Erfahrungen einbringen, eben, um nicht selber pleite zu machen.

 

Vor allem Verlage, die jungen oder unbekannten Autoren Chancen bieten möchten, müssen darauf achten, dass sie nicht pleite gehen und nicht möglicherweise bis an ihr Lebensende hohe Schulden abstottern und finanziell nie wieder Fuß fassen. Das passiert leicht, gerade bei Verlagen. Die machen pleite wie die Fliegen. Insofern geht es da vermutlich überhaupt nicht um "Profilgeilheit", sondern um das nackte menschliche Überleben.

 

Wenn also ein Verlag einen Übersetzungstitel wählt, von dem er glaubt, dass dadurch das Werk leichter verkauft wird und der Autor auch gelesen wird, dann ist das ja auch der Wunsch des Autors.

 

Darum ist ja der Autor zu einem Verlag gegangen, damit er "verkauft" wird - das ist doch keine Schande. Dazu schreibt man doch, dass man verkauft wird. Will der Autor nur gelesen werden, aber nicht verkauft, dann kann er seine Exemplare auch gratis in die Briefkästen werfen. Dann braucht er keinen Verlag und muss nicht andere in einen eventuellen Konkurs mit hineinziehen.

 

In der Regel ist es aber doch so, dass die Autoren in ihrem Schreiben einen Beruf sehen, also damit ihre Wohnung bezahlen und ihre Familie ernähren wollen. Früher galt das als schimpflich, heute ist das eigentlich durchaus akzeptiert. Und ein Verlagsinhaber sieht ebenfalls in seiner Tätigkeit einen normalen Beruf, der es ihm ermöglichen muss, in dieser Welt finanziell zu überleben.

 

Ich denke also, dass auch kulturelle Arbeit - Schreiben, Werke Verkaufen - als normaler Beruf nichts Schimpfliches ist.

 

Jetzt komme ich zu den Kompromissen:

Da geht es eben darum, was einem Autor lieber ist: nicht in Deutschland bekannt zu werden oder aber im Zweifelsfall - falls man z.B. auf Chinesisch geschrieben hat - auf sich zu nehmen, dass die deutsche Übersetzung aus dem Englischen getätigt wurde, weil einem Verlag eine Direktübersetzung aus dem Chinesischen aus irgendeinem Grund nicht möglich war.

 

Natürlich wünscht der Leser sich, dass der beste Übersetzer Deutschlands direkt aus der Originalsprache, und sei sie noch so exotisch, übersetzt. Aber solange der Autor nicht selber dafür das Risiko trägt - also den Übersetzer selber sucht und bezahlt -, kann er andere Menschen nicht dazu verpflichten, dieses Risiko einzugehen. Er hat kein verbrieftes Recht, dass andere für ihn ihre Haut zu Markte tragen.

 

Überhaupt wäre eine Übersetzung z.B. aus dem Chinesischen schon automatisch eine "Verfälschung", weil die deutsche Sprache die Mentalität niemals wiedergeben kann. Es sind immer nur Annäherungen.

 

Gute Übersetzer werden eine Art neues Werk daraus schaffen, und so kommt das dann in die Buchhandlungen. Aber dafür muss ein Verlag bereit sein, das Risiko zu tragen. Wie die Kritik der Medien sein wird, kann er nicht vorausberechnen, und davon hängt entscheidend ab, ob das Buch eine Zweitauflage erhalten wird oder nicht.

 

In dem Fall, den Du beschreibst, wird der richtige Titel ja demnächst im Dumon-Verlag veröffentlicht. Aber erst einmal hat ein anderer Verlag das volle Risiko getragen, mit einem Titel, der offenbar zugkräftig war.

 

Ist ein Autor in Deutschland erst mal bekannt, ist das Risiko nicht mehr so groß, einen nichtssagenden Titel wörtlich zu übersetzen. Ich habe zwar keine Ahnung, ob der von Dir erwähnte japanische Autor Murakami in Deutschland permanent Bestseller ist oder gänzlich unbekannt, wollte aber nur einmal allgemein diskutieren, dass es keine Schande ist, einen Verlag beruflich führen zu wollen und darauf zu achten, dass man nicht pleite geht.

 

 

Was Gedichte aus exotischen Sprachen angeht:

da muss man sich dann eben auch entscheiden: entweder Gedichte unübersetzt zu lassen oder in Kauf zu nehmen, dass es Nachdichtungen sind.

Es ist nicht selten so, dass erst in einer langen Übersetzungsserie - über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte - mal ein wissenschaftlich geschulter und gleichzeitig poetisch veranlagter Übersetzer am Horizont erscheint, der zum Beispiel lyrische Epen völlig neu übersetzt.

 

Das können dann aber nur Verlage umsetzen, die europaweit oder gar weltweit operieren und einen Reinfall durch populäre Übersetzungen ausgleichen können. Kleinere Verlage hätten da keine Chance.

 

Wenn ich das richtig verstanden habe, Mathias, bist Du gegen Übersetzung von Lyrik. Aber wenn ein Autor das wünscht, dann kann man ihm das auch nicht verbieten.

 

Ich selber finde es spannend, Lyrik zu übersetzen und quasi nachzudichten.

Jeder Autor weiß, dass in einer fremden Sprache das Werk verändert wird. Er wird es also in der Regel hinnehmen: vielleicht darum, weil ihm die Einnahmen erlauben, weitere Literatur zu schreiben - vielleicht darum, weil er möchte, dass Kultur in alle Welt getragen wird, auch in veränderter Form.

Lesen würde ich aber Lyrik möglichst nur im Original. Beherrsche ich die Sprache nicht, wird es mit Grammatik und Wörterbuch trotzdem gehen.

 

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Also zunächst soll es hier in der Tat primär um Übersetzungen von modernen Werken gehen.

Es gibt sicher viele Verlage, die mit dem Überleben kämpfen. Andererseits ist nicht jeder Verlag dazu genötigt maximalen Profit zu generieren, ein hoher Profit genügt bereits. Solch einem Verlag nützt es weniger durch Alternativtitel vielleicht ein paar Prozent mehr zu verkaufen* als es kleineren Verlagen nützen würde, die prinzipiell weniger Umsatz erzielen und somit geringere Puffer aufbauen können um finanzielle Verluste auszugleichen.

Ein Grundsatz unseres Staates ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Dieses Grundrecht wurde zwar in erster Linie geschaffen für die Abwendung übermäßiger Ausübung staatlicher Gewalt auf dessen Bürgerinnen und Bürgern. Es stellt sich aber auch die Frage ob dieses Prinzip, Nutzen und Schaden gegeneinander abzuwägen, nicht auch für andere Lebensbereiche sinnvoll ist, nicht zuletzt weil es die Interessensparteien dazu anhält Kompromisse zu finden.

Meine Argumentation stützt sich nun auf die These, dass das Streben nach maximalem Profit, insbesondere wenn er nicht überlebensnotwendig ist, im Verhältnis zum Nutzen manchmal zu viel Schaden anrichtet. Wenn wir diese These nun auf den konkreten Sachverhalt der bewussten Abänderung eines Werktitels anwenden, dann ist es natürlich streitbar ob dieser Schaden so groß ist. Ich meine, wenn der Titel soweit verfremdet wird, dass dem Leser eine grundlegende Deutungsmöglichkeit des Werkes entgeht, dann ist eine Grenze überschritten worden. Ich bin nicht bereit soetwas hinzunehmen, denn ich wollte ja ein Werk des Autors und nicht ein Werk des Marketingleiters des Verlags kaufen.

Wie könnte man diesen Umstand nun ändern? Ein Boykott wäre am wirkungsvollsten, lässt sich aber praktisch nicht umsetzen, allein schon deshalb, weil sich viele Menschen an Alternativtiteln nicht stören. Auch einen Brief an den Verlag zu senden bringt wohl wenig, es sei denn man ist z.B. bekannter Literaturkritiker. Denn in solch einem Fall kann der Verlag nicht abschätzen, wie schlimm sich die Konsquenzen auswirken, wenn man die Kritik dieses Menschens einfach ignoriere. Dann werden sie in der Regel auch zumindest punktuell aktiv. Beobachten konnte man dies beispielsweise an dem Eklat in der Sendung "Literarisches Quartett", wo Sigrid Löffler seinen Unmut über die Sprache in der deutschen Übersetzung zum Ausdruck brachte. Und eben daraufhin erklärte DuMont das Werk neu und diesmal direkt aus dem Japanischen zu übersetzen. Ändern wird sich die grundsätzliche Praxis der Behandlung der Titel wohl vorerst nicht mehr. Es sei denn, es gäbe handfeste Beweise, dass sich die Bücher, anders als gedacht, gar nicht so viel besser verkaufen.

Ist es nun aber legitim, dass ein Autor entsprechende Bedingungen hinnimmt um überhaupt veröffentlichen zu können? Wenn er nunmal auf den sich daraus ergebenden Gewinn angewiesen ist um auch das nächste Buch schreiben zu können, dann kann man wohl wenig dagegen einwenden. Allerdings bereitet es mir Bauchschmerzen, wenn ich bedenke, dass vorallem Autoren, die gerade ihre ersten Bücher herausgeben wollen, bei der Vertragsgestaltung kaum eine Wahl haben. Sie sind eindeutig in einer schlechten Verhandlungsposition und werden notfalls gezwungen einer schlechten Übersetzung zuzustimmen. Wäre es hingegen schlimm, wenn viele Fremdsprachigen Bücher im Deutschen nicht mehr erscheinen würden? Ja, eindeutig. Von daher muss man wohl mit gelegentlichen schlechten Übersetzungen leben. Aber ich bevorzuge dann doch englische Varianten, falls mir die deutsche Ausgabe nicht passt. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass das Werk in zwei Sprachen gleich schlecht übersetzt wurde ist gering (bzw. kaufe ich ohnehin oft Bücher, deren Original englisch ist). Und ich glaube in bestimmten Ländern, wie eben UK, ist es auch verpönt den Werktitel nach eigenem Gutdünken zu ändern. Das ist aber mehr Vermutung meinerseits, als Fakt.

Nun noch kurz zur Lyrik.

Grundsätzlich bin ich nicht gegen Übersetzungen von Lyrik, greife aber sehr selten auf sie zurück. Bei deren Übersetzung weicht man meist zwangsweise stärker vom Original ab, als in der Epik. Dabei kann natürlich selbst auch wieder etwas Schönes entstehen, da stimme ich dir zu. Aber über den Autor weiß ich oft, dass er z.B. ein guter Schreiber ist, entweder weil ich schon etwas von ihm gelesen habe, oder mir jemand die Empfehlung gab. Über die Fähigkeiten des Übersetzers weiß ich a priori nichts. Damit wird ein Fehlkauf wahrscheinlicher, falls ich nicht die Zeit habe im Laden jedes Buch ausführlich Probe zu lesen. Dann wage ich doch lieber keine Experimente, greife also auf Originalsprachiges zurück (auch wenn ich sonst, also von meinem Charakter her, eigentlich lieber Neues ausprobiere). Wenn ich mir ein Werk eines mir unbekannten Autor kaufe, dann mache ich das üblicherweise nur, wenn genügend Zeit ist, was seltener vorkommt oder ich habe zumindest im Internet schon vom ihm gelesen. Viel schlimmer ist es bei Online-Käufen: entweder fehlt die Leseprobe, oder sie enthält 10 Seiten belangloses Vorwort. Daher kaufe ich online sogar nur nach Reputation des Autors. Das ist gewiss keine Ideallösung, aber eine mit der ich besser leben kann, als mit Fehlkäufen.

___________________________________________

Fußnoten:

* Mehr wird es wohl kaum sein. Eine Titeländerung zieht nicht nur neue Käufer an, sondern stößt auch welche ab. Mir ist keine korrekt durchgeführte Studie bekannt, die überhaupt einen Vorteil nachweisen kann. Schließlich wäre das auch methodisch sehr schwierig alle Scheineffekte ausschließen zu können. Aber die Behauptung, dass Titeländerungen verkaufsfördernd sind, ist dennoch weit verbreitet.

Bearbeitet von mathias
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Gast Dunderklumpen

Hallo mathias!

 

 


Es gibt sicher viele Verlage, die mit dem Überleben kämpfen. Andererseits ist nicht jeder Verlag dazu genötigt maximalen Profit zu generieren, ein hoher Profit genügt bereits. Solch einem Verlag nützt es weniger durch Alternativtitel vielleicht ein paar Prozent mehr zu verkaufen* als es kleineren Verlagen nützen würde, die prinzipiell weniger Umsatz erzielen und somit geringere Puffer aufbauen können um finanzielle Verluste auszugleichen.

 

Ich bin nicht so ganz sicher, in welche Richtung Deine Überlegung geht. Bist Du der Meinung, dass die Verlagsinhaber ihr Geschäft nicht verstehen und man ihnen die Grundprinzipien erklären sollte? In der Regel aber haben sie vermutlich ein einschlägiges Studium absolviert, und die alteingesessenen Verlage können oft auf die Erfahrungen von fast hundert Jahren Verlagsgeschichte zurückgreifen.

 

Möglicherweise bist Du insgesamt ein Gegner des Kapitalismus, und dann kann natürlich nur helfen, dass man sich überlegt, die Verlagsinhaber zu enteignen und die Verlage zu verstaatlichen. Darauf scheint auch Deine nächste Überlegung hinauszulaufen ->

 

 


Ein Grundsatz unseres Staates ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Dieses Grundrecht wurde zwar in erster Linie geschaffen für die Abwendung übermäßiger Ausübung staatlicher Gewalt auf dessen Bürgerinnen und Bürgern. Es stellt sich aber auch die Frage ob dieses Prinzip, Nutzen und Schaden gegeneinander abzuwägen, nicht auch für andere Lebensbereiche sinnvoll ist, nicht zuletzt weil es die Interessensparteien dazu anhält Kompromisse zu finden.

 

Wenn die Verlage staatlich sind, dann werden die Interessen des Staates vertreten, nicht die Interessen der Bürger. Das hat die Erfahrung gelehrt. Der Kapitalismus hat viel Unheil geschaffen, aber er ist auch in der Lage, sehr viel mehr die Interessen der Bürger zu vertreten als der Kommunismus zum Beispiel mit seinen verstaatlichten Verlagen.

 

Schau Dir einmal die große Vielfalt der kulturellen Stiftungen an, die einzig dafür da sind, genau die zu unterstützen, die aus eigener Kraft sich kulturell nicht halten können. Selbst die Länder und Kommunen schaffen ständig mehr Orte, wo Künstler gratis sich entfalten können.

 

Wenn man die freie Marktwirtschaft so reguliert, wie Du es vorschlägst - indem die Veragsinhaber per Gesetz gezwungen werden, die Buchtitel wörtlich zu übersetzen -, dann wird kein Verlag mehr Lust haben, junge Autoren zu fördern. Die meisten Verlage setzen darauf, junge Autoren zu fördern; es sitzen ja keine Ungeheuer auf den Stühlen, sondern engagierte und bücherliebende Menschen.

 

Aber wenn ein Gesetz die Verlage zwingt, ein Buch unter einem wörtlichen Titel zu verkaufen, von dem der Verlag überzeugt ist, dass er sich nicht verkaufen lässt, dann wird das Buch vermutlich auf den Ladentischen liegen bleiben.

 

Abgesehen davon, dass, wenn man die Verlage unter die staatliche Fuchtel nimmt, das bei anderen kulturellen Veranstaltungen auch der Fall sein muss. Und das würde das ganze kapitalistische System zum Einsturz bringen. Denn welchem Politiker trauen wir zu, dass sie die Verlage und Theater und Filme besser zum Blühen bringen können als die Institutionen selber, in ihrer Eigenverantwortung?

Mal abgesehen davon, dass die meisten ohnehin staatlich unterstützt werden - allerdings ohne Einschränkung der freiheitlichen Rechte.

 

 

 

Ich meine, wenn der Titel soweit verfremdet wird, dass dem Leser eine grundlegende Deutungsmöglichkeit des Werkes entgeht, dann ist eine Grenze überschritten worden.

 

Der Originaltitel steht immer im Buch, im Impressum. Hier wird also nicht gemogelt. Möglicherweise könnte man die wörtliche Übersetzung in Klammern dahinter schreiben, das wäre eine Idee. Allerdings kann man sich heute im Internet rasch auch darüber schlau machen.

 

 

Ich bin nicht bereit soetwas hinzunehmen, denn ich wollte ja ein Werk des Autors und nicht ein Werk des Marketingleiters des Verlags kaufen.

 

Du musst es aber hinnehmen. Weil Du es nicht verändern kannst. Du kannst höchstens den Verlag oder einen bestimmten Autor sponsern, damit das Risiko durch dich abgefedert wird. Oder Du erklärst dem Verlag das, was Du oben geschrieben hast: dass sie sich in ihrer Kalkulation irren. Vielleicht sehen sie es ja ein. Ein Bundesgesetz auf den Weg zu bringen, der die großen Verlage dazu zwingt, wird aus genannten Gründen nicht möglich sein: weil damit die Eigenverantwortung der Verlage enthebelt wird.

 

Im Übrigen ist die Situation, was Genauigkeit und Verantwortungsgefühl bei Übersetzungen betrifft, noch nie so wünschenswert wie heute. Schau dir mal Übersetzungen noch vor ein paar Jahrzehnten an. Da wurden Sachen mal eben gekürzt, ohne dass das überhaupt erwähnt wird (zum Beispiel im "Kleinen Hobbit", wo ja auch der Titel verändert wurde).

 

Heute ist da ein ganz anderes Bewusstsein entstanden, und noch nie hatten wir so gute Übersetzungen wie heute. Das sind alles die Verlage, die das in die Wege leiten und da Ehrgeiz entwickeln. Überall gibt es Neuübersetzungen, sehr teure auch, die dem heutigen Anspruch genügen wollen.

 

 


Ist es nun aber legitim, dass ein Autor entsprechende Bedingungen hinnimmt um überhaupt veröffentlichen zu können?

 

So, wie Du es formulierst: Es wäre nicht legitim, Autoren oder überhaupt Menschen zu zwingen, bestimmte Bedingungen nicht zu akzeptieren. Ist noch nicht lange her, wo man Ausnahmen bei entmündigten Menschen machte: bei alten senilen Menschen konnten die Vormünder deren Entscheidungen rückgängig machen. Selbst das ist heute nicht so einfach möglich: man gesteht auch senilen Menschen ihre individuelle Freiheit zu.

 

 

Allerdings bereitet es mir Bauchschmerzen, wenn ich bedenke, dass vorallem Autoren, die gerade ihre ersten Bücher herausgeben wollen, bei der Vertragsgestaltung kaum eine Wahl haben.

 

Doch, sie haben eine Wahl; heute mehr denn je. Autoren können in der Regel überhaupt nie bei ihrem ersten Buch davon leben, sie müssen immer einen anderen Beruf oder zumindest einen anderen Job haben, um abgesichert zu sein. Schließlich muss auch ein Wirtschaftsfachmann erst mal studiert haben und nachweisen können, dass er ein Geschäft führen kann. So muss auch ein Schriftsteller überhaupt erst mal nachweisen, dass er ein Kulturträger ist.

 

Es kann zwar manchen jungen Autoren sehr schwer fallen, tagsüber noch etwas anderes zu machen als an dem Buch zu schreiben - früher ist das mir so gegangen -, aber auch da gibt es heute genügend Möglichkeiten, sein Geld in der Weise zu verdienen, dass man beim Thema bleibt: Volkshochschulkurse übers Schreiben geben oder selber Schreibwerkstätten eröffnen.

 

Die Zahl derer, die am Ende durch ihr Schreiben leben können, ist gering. Dafür gibt es eben viel zu viele, die schreiben, und dann auch nach Massenansprüchen ausgerichtet schreiben.

 

 

Sie sind eindeutig in einer schlechten Verhandlungsposition und werden notfalls gezwungen einer schlechten Übersetzung zuzustimmen.

 


Es ist immer der in einer schlechteren Verhandlungsposition, der von einem anderen etwas haben will. Der andere muss es bewilligen, muss bereit sein, dafür gerade zu stehen. Der Autor hat Glück, wenn ihm jemand das schenkt, aber er kann es nicht einfordern. Es ist ja nicht der (unbekannte) Autor, der dem Verlag etwas schenken will, sondern er will nur etwas kriegen. Insofern ist das von vornherein keine partnerschaftliche Verhandlungsbasis. Das ist es erst, wenn der Ertrag der Bücherverkäufe dieses Autors halbwegs berechenbar wird.

 

Gezwungen wird der Autor aber eindeutig nicht. Wenn er einer schlechten Übersetzung zustimmt, um Geld damit zu verdienen, dann hat so was meine Verachtung. Und dann sollte er besser das Schreiben lassen, denn solche Typen sehe ich nicht als Kulturträger.


 

Übrig bliebe noch zu klären, ob die Verlage sich irren, wenn sie die Titel nach verkaufstechnischen Überlegungen bei unbekannten Autoren ändern - oder ob sie sich nicht irren. Das ist meines Erachtens der einzige strittige Punkt.

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Noch ein Einwurf zum Thema wörtliche Titelübersetzungen: Was soll eine wörtliche Übersetzung überhaupt sein? Avor hatte hier im Forum mal das Beispiel »Der Mond ist aufgegangen« angebracht, das bei deutschen Lesern sofort die Assoziation des Gute-Nacht-Liedes aufkommen lässt. Das englische »Moon has risen« hingegen ist (soweit ich weiß) in dieser Hinsicht assoziationsfrei (oder bringt andere Assoziationen mit sich). Und in diesem Fall reden wir von zwei Sprachen, die sich zumindest in der Struktur recht ähnlich sind. Das Japanische und das Deutsche liegen wesentlich weiter voneinander entfernt, so ist die japanische Alltagssprache beispielsweise wesentlich ausgeschmückter und metaphorischer. Es ist also möglich, dass der japanische Buchtitel, der in der »wörtlichen« deutschen Übersetzung sehr lyrisch klingt, im Original ein ganz gewöhnlicher Satz (bzw. eine ganz gewöhnliche Wortgruppe) ist. Wie kann/darf/muss das in der Übersetzung rübergebracht werden?

 

Hinzu kommt dann noch, dass ja auch der Originaltitel vom Verlag gewählt worden sein kann, wie es ja zum Beispiel bei RotK war. Soll man da dann auch »wörtlich« übersetzen oder sich stattdessen nach dem Willen des Autors richten (der bei den meisten Werken schlicht nicht bekannt ist)?

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Ich meinte keine wörtliche Titelübersetzung, das wurde falsch verstanden. Ich hätte gerne Titelübersetzungen, die die ursprünglich gemeinte Bedeutung so gut es geht ins Deutsche transportieren. Bei Murakamis "Gefährliche Geliebte" ist die Andeutung eines Jenseitsgedanken, die noch im Originaltitel steckt und sich im englischem Titel noch erahnen lässt, im Deutschen völlig verloren gegangen. Mir ist auch klar, dass es nicht immer funktioniert, die Bedeutung zu übertragen, wie sich das bei Cadrachs Beispiel andeutet.

Man sollte meiner Meinung nach nur sprachliche/kulturelle Gründe für eine Titelwahl einfließen lassen und keine kommerziellen, das war mein Kritikpunkt. Und an dieser Stelle sei auch angemerkt, dass ein Verlag auch deutsche Titel, die sich der Autor zuvor ausgedacht hat, für eine Veröffentlichung in deutscher Sprache abändern möchte. Hier spielt die Übersetzungsproblematik eben keine Rolle, es geht nur um das Verkaufsargument. (ich weiß das z.B. von der Autorin Alexandra Tobor und ihrem Buch "Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer" , das so nie heißen sollte.) Und spätestens in diesem Fall, findet sich der ursprünglich angedachte Titel auch nicht mehr im Impressum. Ich weiß, das geht weg vom Thema, aber es zeigt eindeutig, dass kommerzielle Überlegungen hier eine Rolle spielen. Und warum sollte dies bei übersetzten Titeln nicht auch so sein?

Ich habe auch nie gesagt, dass ich den Verlag zu irgendwas zwingen will, erst recht nicht per Gesetz. Ich hatte lediglich erwähnt, dass das Prinzip der Verhältnismäßigkeit ja auch in unserer Rechtssprechung angewendet wird und ich es für sinnvoll halte dieses hin und wieder auch in anderen Bereichen des Zusammenlebens anzuwenden. Dann allerdings eher als eine Art Handlungsmaxime des Einzelnen nach seinem Ermessen und eben nicht als Gesetz und somit zwanghaft. Ich finde das Prinzip der Verhältnismäßigkeit ergibt sich einfach aus dem gesunden Menschenverstand. Ich möchte also kein Gesetz implementieren und somit will ich dem Verlag nichts vorschreiben, sondern ihn z.B. ermutigen selbst von der von mir kritisierten Praxis abzusehen. Ich habe einige Ideen, wie das funktionieren könnte, muss die aber noch genauer durchdenken. Eine Lösung des Problems, die 100-prozentig sicher funktionierte, wüsste ich aber nicht. Der grundlegende Ansatz könnte sein Anreize zu schaffen um den Verlag nahezulegen eine möglichst hohe Kundenzufriedenheit anzustreben und dann über wiederkehrende Leser seinen Profit zu machen. Und nicht über enttäuschte Leser, die aufgrund des Titels vielleicht andere Erwartungen an das Buch hatten, und das nächste Buch des Autors nicht mehr kaufen, wenn es wieder im selben Verlag erscheint.

Noch zuletzt: Ich habe gar keine bessere Alternative zum Kapitalismus, also bin ich auch kein Gegner, wohl aber ein Kritiker dieses Systems. Ich finde er sollte im Zaum gehalten werden und zurzeit sehe ich derlei Ristriktionen wie Sozialgesetze, Arbeitsrecht, etc, als mangelhaft an. Man kann ihn auch im Zaum halten, indem man nicht alles mitmacht, was sich die Konzerne gerne wünschen. Das kann damit anfangen, dass man sich philosophisch mit dem Thema beschäftigt, was konkret heißen kann, dass man fragt: Ist es überhaupt wünschenswert innerhalb des Kapitalismus immer das Maximum anzustreben, immer der Erste zu sein? Welche Nachteile sind damit verbunden? (die werden ja gerne ignoriert, solange bis es kracht.). Und wenn du sagst, Dunderklumpen, dass die Leute die ein einschlägiges Studium vorweisen können und deswegen schon wissen, was für den Verlag am besten ist, so muss ich auch entgegnen, dass mindestens einige dieser Studiengänge, wie z.B. BWL in Deutschland eher engsichtig gestaltet sind. Zwar können deren Abgänger konkrete unternehmerische Schwierigkeiten meistern, aber ob der grundlegende Kurs Richtung Maximalprofit sinnvoll ist, dass hinterfragt eben kaum jemand. Dabei ist Maximalprofit in unserem jetzigen System nicht notwendig um ein florierendes Unternehmen aufzubauen. Ich kenne mindestens ein Unternehmen, dass mit ungewöhnlichen Konzepten wie Anti-Mengenrabatt (Kleinabnehmer zahlen weniger, Großabnehmer mehr) und dem Ziel nur begrenzt zu wachsen, erfolgreich ist. Ein weiteres Unternehmen, das ich kenne, verkauft Lebensmittel und zwar nur genau 5 verschiedene Produkte. Auch die wachsen zwar langsam, aber stetig. Es geht also. Allerdings weiß ich nicht, ob ein etablierter Verlag auf einen Langsam-Wachstums-Kurs umschwenken kann, vorallem mit Blick auf die Aktienkurse. Das müsste man noch näher untersuchen. Aber das ist vielleicht auch nicht notwendig, wenn man, wie oben schon beschrieben, Anreize schafft, damit der Verlag andere Wege geht.

 

Bezüglich der Anmerkungen zum Verhalten des Autors bei der Vertragsgestaltung, seinen Wahlmöglichkeiten vom Schreiben zu leben, etc. würde ich dir nun weitestgehend zustimmen. Dort habe ich gemerkt, dass ich das ein oder andere nicht genau genug durchdacht hatte.

Bearbeitet von mathias
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Gast Dunderklumpen

Man sollte meiner Meinung nach nur sprachliche/kulturelle Gründe für eine Titelwahl einfließen lassen und keine kommerziellen, das war mein Kritikpunkt.

 

Ich habe nach wie vor massive Schwierigkeiten mit dieser Art Aussagen, Mathias. Ich halte es für menschenunmöglich, nicht schon beim Schreiben so zu formulieren, dass die Bücher auch gelesen werden können. Kultur ist eben etwas für Menschen, nicht nur Selbstbefriedigung. Das "Du" ist immer mit im Spiel beim Schreiben. Man schreibt für andere - es sei denn, man schreibt Tagebuch und will es nie veröffentlichen. Schreiben ist Kommunikation. Wenn man nicht gelesen wird, ist das Schreiben eine Sackgasse.

 

Das Wort "kommerziell" scheint für Dich etwas Negatives zu sein. Wer von anderen ernährt wird, muss sich nicht um das Kommerzielle kümmern. Wer selber für sich und andere sorgen muss, schaut nicht hochmütig auf das Kommerzielle herab. Es ist seine Lebensbedingung.

 

Möglicherweise sollte man vielleicht tatsächlich grundsätzlich Bücher gratis schreiben, das meine ich Ernst. Sollte nicht mit Kunst sein Geld verdienen wollen. Kunst sollte man schenken, nicht verkaufen.

Aber das hätte als Konsequenz, dass nur noch die Reichen Bücher schreiben können und Kunst machen können. Letztlich läuft Deine Kritik dann darauf hinaus: die Armen müssen Geld verdienen, können keine Romane schreiben, sondern nur die, die von irgendwem unterstützt werden.

 

 

 

Und an dieser Stelle sei auch angemerkt, dass ein Verlag auch deutsche Titel, die sich der Autor zuvor ausgedacht hat, für eine Veröffentlichung in deutscher Sprache abändern möchte.

 

Das sagte ja schon Cadrach.

 

 

Hier spielt die Übersetzungsproblematik eben keine Rolle, es geht nur um das Verkaufsargument. (ich weiß das z.B. von der Autorin Alexandra Tobor und ihrem Buch "Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer" , das so nie heißen sollte.) Und spätestens in diesem Fall, findet sich der ursprünglich angedachte Titel auch nicht mehr im Impressum. Ich weiß, das geht weg vom Thema, aber es zeigt eindeutig, dass kommerzielle Überlegungen hier eine Rolle spielen. Und warum sollte dies bei übersetzten Titeln nicht auch so sein?

 

Niemand hat abgestritten, dass bei der Änderung von Titeln - sei es gleich schon in der Originalsprache, sei es bei der Übersetzung - es sich um die Verkaufbarkeit der Bücher handelt. Worum denn sonst? Der Autor selber will doch gelesen werden, will in den kulturellen Dialog einsteigen.

Meine Argumentation lief immer nur in die Richtung, dass Du das irgendwie zu verachten scheinst. Und darum versuche ich dahinter zu steigen, wie Du Dir das so vorstellst: ein Autor, und nur hundert Exemplare werden verkauft. Der Rest der Auflage kommt dann nach Ebay und kostet 1 €. Und der Verlag hat geblutet. Nicht der Autor, sondern der Verlag.

 

 

Ich habe auch nie gesagt, dass ich den Verlag zu irgendwas zwingen will, erst recht nicht per Gesetz. Ich hatte lediglich erwähnt, dass das Prinzip der Verhältnismäßigkeit ja auch in unserer Rechtssprechung angewendet wird und ich es für sinnvoll halte dieses hin und wieder auch in anderen Bereichen des Zusammenlebens anzuwenden.

 

Richtig, Du hast das nicht gesagt. Das weiß ich ja auch. Aber Deine Argumentationen laufen trotzdem alle auf Zwang hinaus. Anders als durch Zwang und per Gesetz kann man nicht die tausende von Verlagen dazu verpflichten, die Titel wörtlich zu übersetzen bzw. die Titelidee von unerfahrenen Autoren zu übernehmen. Kein Verlag wird das freiwillig tun, der nicht scharf darauf ist, pleite zu machen und die Autoren auf ihren Buchexemplaren sitzen zu lassen.

 

 

Dann allerdings eher als eine Art Handlungsmaxime des Einzelnen nach seinem Ermessen und eben nicht als Gesetz und somit zwanghaft.

 

Mathias: Du willst erreichen, dass Leute eine Handlungsmaxime haben, die Du persönlich toll findest, die aber die Verlage eben nicht toll finden. Das ist nur durch Zwang zu erreichen, nur durch eine Diktatur. Handlungsmaximen lassen sich auf tausend andere nicht übertragen ohne Gewalt.

 

 

Ich finde das Prinzip der Verhältnismäßigkeit ergibt sich einfach aus dem gesunden Menschenverstand.

 

Du beklagst ja, dass die Verlage anders handeln. Also unterstellst Du ihnen, dass sie nicht nach gesundem Menschenverstand handeln. Du erklärst sie sozusagen für unzurechnungsfähig. Und nun?

 

 

 

Ich möchte also kein Gesetz implementieren und somit will ich dem Verlag nichts vorschreiben, sondern ihn z.B. ermutigen selbst von der von mir kritisierten Praxis abzusehen.

 

Das ist ungefähr so, als wolltest Du nicht per Gesetz die Leute dazu verpflichten, bei Rot nicht über die Straße zu gehen, sondern alle einzeln ermutigen, doch den gesunden Menschenverstand zu benutzen.

Da Du es nicht schaffen wirst, alle deutschen Verlage dazu zu ermutigen, umzudenken und Deine Prinzipien zu übernehmen, kann nur ein Gesetz helfen. Ansonsten bleiben die Verlage so, wie sie sind: bar menschlicher Vernunft (in Deinen Augen).

 

 

 

Das kann damit anfangen, dass man sich philosophisch mit dem Thema beschäftigt, was konkret heißen kann, dass man fragt: Ist es überhaupt wünschenswert innerhalb des Kapitalismus immer das Maximum anzustreben, immer der Erste zu sein?

 

Man kann aber auch damit anfangen, dass man als Kritiker anfängt, ein wenig differenzierter zu denken und nicht sloganartig. Das sloganartige Denken ist nämlich selber schon ein Resultat kapitalistischen Denkens. Wenn man sich selber davon nicht befreit - wie soll man da andere belehren wollen?

 

Sprich: Wer sagt, dass die Verlage, die die Bücher ihrer Autoren verkaufen wollen, "immer das Maximum anstreben", "immer der Erste sein wollen"? Da fängt es doch an.

 

 

Bezüglich Kapitalismus:

Ich glaube, schon Karl Marx hat erkannt, dass das System sich irgendwann verselbständigt und man es kaum noch in den Griff kriegt. Es sind nicht die bösen Kapitalisten, die raffgierig sind - wie Du anfangs angedeutet hast, glaube ich -, sondern es ist das System, das einen aufzufressen scheint, wenn man nicht immer wieder neue Wege findet.

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Man sollte meiner Meinung nach nur sprachliche/kulturelle Gründe für eine Titelwahl einfließen lassen und keine kommerziellen, das war mein Kritikpunkt.

Das Wort "kommerziell" scheint für Dich etwas Negatives zu sein. Wer von anderen ernährt wird, muss sich nicht um das Kommerzielle kümmern. Wer selber für sich und andere sorgen muss, schaut nicht hochmütig auf das Kommerzielle herab. Es ist seine Lebensbedingung.

 

Da hast du schon recht, aber ich frage mich ob aus kommerziellem Interesse heraus zwingend alle Produktaspekte optimiert werden müssen. Beispielsweise wird in Supermärkten gerne Musik gespielt, die Käufer animieren soll mehr zu kaufen. Aber einige Eigenständige unterlassen dies und sie verkaufen trotzdem ausreichend Ware.

 

Richtig, Du hast das nicht gesagt. Das weiß ich ja auch. Aber Deine Argumentationen laufen trotzdem alle auf Zwang hinaus. Anders als durch Zwang und per Gesetz kann man nicht die tausende von Verlagen dazu verpflichten, die Titel wörtlich zu übersetzen bzw. die Titelidee von unerfahrenen Autoren zu übernehmen. Kein Verlag wird das freiwillig tun, der nicht scharf darauf ist, pleite zu machen und die Autoren auf ihren Buchexemplaren sitzen zu lassen.

 

Im Fall Murakami hat ja der Verlag in Großbritannien es nicht für nötig gehalten einen anderen Titel zu wählen, der deutsche Verlag tat es aber, obwohl der korrekte Titel hierzulande genauso verständlich wäre wie es der entsprechende Titel in Großbritannien ist. Folglich denken die Verlage unterschiedlich darüber. Also würden auch nicht alle gleich auf diese Kritik reagieren und folglich gibt es sicher welche, die freiwillig Änderungen umsetzen möchten. Dass sie dabei pleite gehen, bezeifele ich wirklich sehr. Letztlich würden auch andere Verlage die Vorreiter beobachten und dann ggf. umdenken, oder aber wie bisher verfahren, das ist mir dann egal. Und genau deshalb kann ich auf Zwang verzichten, weil es mir bereits genügt es überhaupt auszuprobieren und hier und dort was zu verbessern.

 

Dann allerdings eher als eine Art Handlungsmaxime des Einzelnen nach seinem Ermessen und eben nicht als Gesetz und somit zwanghaft.

 

Mathias: Du willst erreichen, dass Leute eine Handlungsmaxime haben, die Du persönlich toll findest, die aber die Verlage eben nicht toll finden. Das ist nur durch Zwang zu erreichen, nur durch eine Diktatur. Handlungsmaximen lassen sich auf tausend andere nicht übertragen ohne Gewalt.

 

Menschen und Unternehmen sind prinzipiell fähig umzudenken, Gewohnheiten abzulegen, Neues anzunehmen und zwar auch durch eigene Einsichten angetrieben. Das dürfte klar sein.

Wenn ich eine Handlungsmaxime toll finde, teile ich sie anderen mit. Ob sie die auch toll finden, liegt ja in derem Ermessen. Und wenn sie diese nicht annehmen, dann ist das erstmal so. Und je nachdem um welches Problem es sich handelt, kümmere ich mich nicht weiter drum, oder übe weiterhin Kritik.

 

Ich finde das Prinzip der Verhältnismäßigkeit ergibt sich einfach aus dem gesunden Menschenverstand.

 

Du beklagst ja, dass die Verlage anders handeln. Also unterstellst Du ihnen, dass sie nicht nach gesundem Menschenverstand handeln. Du erklärst sie sozusagen für unzurechnungsfähig. Und nun?

 

Nein. Wenn jemand einen Aspekt des gesunden Menschenverstands nicht bachtet, ist er nicht unzurechnungsfähig. Ich habe einfach nur den Eindruck, dass viele Entscheidungsträger in Verlagen ein wenig öfters hinterfragen könnten, ob ihre Entscheidung verhältnismäßig sind oder man doch zu viel Gewicht auf den Gewinn legt.

 

Das kann damit anfangen, dass man sich philosophisch mit dem Thema beschäftigt, was konkret heißen kann, dass man fragt: Ist es überhaupt wünschenswert innerhalb des Kapitalismus immer das Maximum anzustreben, immer der Erste zu sein?

 

Man kann aber auch damit anfangen, dass man als Kritiker anfängt, ein wenig differenzierter zu denken und nicht sloganartig. Das sloganartige Denken ist nämlich selber schon ein Resultat kapitalistischen Denkens. Wenn man sich selber davon nicht befreit - wie soll man da andere belehren wollen?

 

Sprich: Wer sagt, dass die Verlage, die die Bücher ihrer Autoren verkaufen wollen, "immer das Maximum anstreben", "immer der Erste sein wollen"? Da fängt es doch an.

 

 

Direkt zur letzten Frage im obigen Zitat: Es geht mir hier auch, wie schon öfters angedeutet, nicht so sehr um die kleinen Verlage, sondern um die Konzerne. Warum operieren sie an der Börse? Und wie sollten sie auf nervöse Aktionäre reagieren, die in Panik geraten, wenn nicht jedes Jahr wenigstens der Umsatz, besser noch der Gewinn steigt, als eben den Gewinn zu maximieren? Deine Ansicht, dass sie das Streben nach größtmöglichem Wachstum nicht anstreben würden, wäre hier doch die stärkere These, weil sie der Art und Weise, wie die Konzerne auf dem Markt agieren, so sehr widerspricht. Und nicht zuletzt habe ich im letzten Post einige Unternehmen erwähnt, die alternative Wege gehen. Wenn deren Weg Standard wäre, dann würden die nach schnellem Wachstum strebenden Unternehmen die Ausnahme sein, so ist aber nicht.

Grundsätzlich finde ich es aber auch nicht unbedingt schlimm bei seiner Entscheidungfindung den Profitgedanken im Hinterkopf zu haben. Ich wünsche mir aber, dass man Außnahmen macht. Nicht jede Entscheidung muss nach Gewinnaspekten getroffen werden. Und da steckt auch ein, wie ich finde, ausreichender Grad an Differenziertheit in meiner Überlegung: ich halte es für sinnvoll in einigen Situationen nach Gewinn zu streben und in anderen nicht. Und ich halte es für sinnvoll, dass der Einzelne abwägen sollte, wann dies der Fall ist. Genau das steckt doch in der Überlegung, wenn ich schreibe, man solle sich fragen ob man immer das Maximum anstreben sollte.

 

Bezüglich Kapitalismus:

Ich glaube, schon Karl Marx hat erkannt, dass das System sich irgendwann verselbständigt und man es kaum noch in den Griff kriegt. Es sind nicht die bösen Kapitalisten, die raffgierig sind - wie Du anfangs angedeutet hast, glaube ich -, sondern es ist das System, das einen aufzufressen scheint, wenn man nicht immer wieder neue Wege findet.

 

Ich denke auch, dass das Problem im System selbst liegt. Und deswegen wünsche ich mir ja auch von allen Akteuren ihr Handeln zu reflektieren um rechtzeitig gegenzusteuern.

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Gast Dunderklumpen

 

Das Wort "kommerziell" scheint für Dich etwas Negatives zu sein. Wer von anderen ernährt wird, muss sich nicht um das Kommerzielle kümmern. Wer selber für sich und andere sorgen muss, schaut nicht hochmütig auf das Kommerzielle herab. Es ist seine Lebensbedingung.

 

Da hast du schon recht, aber ich frage mich ob aus kommerziellem Interesse heraus zwingend alle Produktaspekte optimiert werden müssen.

 

Wir reden noch immer aneinander vorbei. Es ist doch selbstverständlich, dass nicht alle Produktaspekte optimiert werden müssen. Das wissen doch auch Verlage.

 

 

Beispielsweise wird in Supermärkten gerne Musik gespielt, die Käufer animieren soll mehr zu kaufen. Aber einige Eigenständige unterlassen dies und sie verkaufen trotzdem ausreichend Ware.

 

Da wären nun die Statistiken interessant. Woher kommt es, dass Du die Statistiken hast, die Supermärkte selber aber nicht?

 

Nachtrag:

Und woher weißt Du, was für die betreffenden Personen "ausreichend" ist? Das kannst Du gar nicht wissen, und darum sehe ich bei Dir keine kritische Haltung: denn die setzt fundiertes Wissen voraus, zum Beispiel über die genaue wirtschaftliche Situation der jeweiligen Betroffenen. Aber Unwissen führt nur zur Phantasterei, die kann nichts verändern.

 

 

Im Fall Murakami hat ja der Verlag in Großbritannien es nicht für nötig gehalten einen anderen Titel zu wählen, der deutsche Verlag tat es aber, obwohl der korrekte Titel hierzulande genauso verständlich wäre wie es der entsprechende Titel in Großbritannien ist.

 

Das sind genau die spekulativen Behauptungen, mit denen ich nicht klar komme. Wo hast Du die Statistiken her, die belegen, was Du behauptest?

Nachtrag:

Woher also weißt Du - belegbar -, dass der korrekte Titel "genauso verständlich wäre": wo hast Du die britischen Belege, wo die deutschen?

 

 

 

Folglich denken die Verlage unterschiedlich darüber.

 

Ja, natürlich. Was in Großbritannien geht, muss nicht in Deutschland gehen. Auch kann ein Verlag immer nur auf der Basis seiner eigenen Erkenntisse und Erfahrungen entscheiden. Und die sind selbstverständlich unterschiedlich. Jeder Verlag tritt in ein Nichts, wenn er ein Buch veröffentlicht. Es kann so oder anders kommen.

 

 

 

Also würden auch nicht alle gleich auf diese Kritik reagieren und folglich gibt es sicher welche, die freiwillig Änderungen umsetzen möchten.

 

Sie haben auch vorher freiwillig gehandelt. Sie tun es auf der Basis ihrer eigenen Erkenntnisse.

 

 

 

Und genau deshalb kann ich auf Zwang verzichten, weil es mir bereits genügt es überhaupt auszuprobieren und hier und dort was zu verbessern.

 

Okay, verstehe. Das wäre dann aber ein anderes Thema: nämlich Deinen Weg zu finden, wie man einem Verlag Verbesserungsvorschläge machen kann. Damit ist aber das Grundproblem nicht gelöst. Ich hatte bisher gedacht, es ginge um eine grundsätzliche Lösung für die Autoren.

 

 

 

Menschen und Unternehmen sind prinzipiell fähig umzudenken, Gewohnheiten abzulegen, Neues anzunehmen und zwar auch durch eigene Einsichten angetrieben. Das dürfte klar sein.

 

Mein Punkt ist, dass Du einfach voraussetzt, dass sie es nötig haben, umzudenken. Verlage denken permanent um, weil sie ständig neue Situationen haben. Da können sich gar keine Gewohnheiten einschleichen, weil die schlechte Wirtschaftslage sie zwingt, jeden Tag neue Ideen zu entwerfen und auszuprobieren.

 

 

Aber der springende Punkt, über den wir hier diskutieren, liegt eigentlich noch woanders. Es ist der missioniarische Gedanke, der mich stört. Der ist noch immer ein nach hinten losgegangener Schuss gewesen. Die, die wirklich Menschen verändert haben, waren die, die ein Vorbild waren und gerade nicht andere (nach den eigenen Vorstellungen) verändern wollten. Die, die Menschen verändern wollen und damit loslegen, haben noch immer den Menschen geschadet. Weil sie eben nicht in den Menschen hineingucken können und deren eigenen Weg nicht zulassen wollen.

 

 

Wenn ich eine Handlungsmaxime toll finde, teile ich sie anderen mit. Ob sie die auch toll finden, liegt ja in derem Ermessen.

 

Ein Buch schreiben über die eigenen Ideen finde ich gut. Damit belästigt man niemanden, sondern jeder hat dann die Freiheit, das davon anzuwenden, was einen überzeugt und hat die Freiheit, das zu dem Zeitpunkt zu tun, wo für ihn die Zeit dazu reif ist.

Bearbeitet von Dunderklumpen
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