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Diener des Dämonensterns


Murazor

Empfohlene Beiträge

Ich habe "den Zwerg im Tann" weitergeführt. Aber das hier ist keine richtige Fortsetzung. Es ist eher ein verspäteter Epilog. Er handelt einen Monat nach der Geschichte, schließt sie aber nicht ab, sondern soll nur ein Bindeglied zu möglichen weiteren Geschichten um neue und alte Charaktere darstellen.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen dieser kleinen Geschichte und hoffe, dass sie euch gefällt. :-)

Von dem Dorf war nichts mehr übrig. Der ständig fallende Schnee hatte die brennenden Langhäuser und Hütten nicht löschen können. Die roten Feuer ließen die brennenden Balken knacken und Funken flogen in hohen Bögen durch die Luft, bis sie und der schwarze Rauch im Grau und Weiß der tief hängenden Wolken verschwanden. Die Hitze des Brandes hatte an einigen Stellen den Schnee zum Schmelzen gebracht und Pfützen gebildet. Diese Pfützen waren zum Teil rot. Die Spuren des Wesens, das diesen Brand ausgelöst hatte, führten um das Dorf herum. Inmitten der langsam absterbenden Brände saß ein in eine schwarze Rüstung mit schwarzem Mantel, auf dem das Zeichen des Dämonensterns prangte, gekleideter Reiter auf seinem Pferd, das am liebsten vor den Funken wegrennen wollte, aber der Reiter ließ es nicht zu. Der Helm des Reiters ruhte am Sattel. Der Reiter hatte scharf geschnittene Gesichtszüge mit Augen, die denen eines Habichts glichen. Seine wilden Haare waren schwarz. Seine linke Hand lag auf seinem Schwert, obwohl er wusste, dass es in diesem Dorf niemanden mehr gab, der sich gegen ihn erheben könnte. Er blickte hinunter auf die verkohlten und zerrissenen Leichen, die um ihn herum im Schnee lagen. Nichts war bis auf das Knistern der Flammen zu hören, bis der Reiter herannahende Pferde in vollem Galopp hörte und sich umwandte. Die, auf die er gewartet hatte, waren gekommen.

Es waren zweihundert schwer bewaffnete Reiter, die sich dem zerstörten Dorf näherten. An ihrer Spitze ritt ein Mann, der so aussah wie der Reiter, der auf ihn wartete. Er trug Rüstung und Helm aus Dunkelstahl und seinen schwarzen Mantel zierte der Dämonenstern. Diejenigen, die er anführte, trugen Kettenhemden und Helme mit Nasenbügen, waren bewaffnet mit Langschwertern, Äxten und langen Speeren, ihre Schilde waren rund. Sie trugen lange, braune und blonde Bärte und waren in grobe Mäntel, Hosen und Tuniken aus grauer und brauner Wolle gekleidet. Sie waren hervorragende Reiter. Es waren Alburgen, Männer aus den Nordlanden, und Krieger des Schwarzen Thrones.

Ihr Anführer sah sich die Verwüstungen, die sich vor ihm ausbreiteten, kurz an, trieb sein Pferd an und brachte es vor Wut schnaubend vor dem Reiter inmitten der Ruinen zum Stehen.

„Du hast gegen die Befehle gehandelt, Uronai!“, rief er wütend. „Du solltest die Dörfer auskundschaften, aber nicht so etwas anrichten!“ Geifer flog ihm bei diesen Worten aus dem Gesicht und wütend sah er die verkohlten Leichen an. „Du hast gegen die Befehle gehandelt!“, wiederholte er. „Du weißt, was für eine Strafe darauf steht!“

Uronai verzog keine Miene. „Der Drache ist mir zuvorgekommen.“, sagte er.

Der andere Reiter sah sich wütend die Spuren des Drachen an. Selbst der unaufhörliche Schneefall hatte nicht verschwischen können, das hier ein riesiges Untier gekommen war, um zu töten, zu verbrennen, zu fressen, und dann wieder zu verschwinden. Die Spuren führten zur Klippe, auf der anderen Seite waren die gegenüberliegenden Berghänge in verschneiter Pracht zu erkennen. An der Klippe verschwanden die Spuren, der Drache war weggeflogen. Nur Uronai konnte ihn noch erkennen, wie er auf der anderen Seite zwischen den Tannen gelandet war und der rostbraune Körper zwischen den verschneiten Bäumen verschwunden war.

„Der Drache ist dir also ganz einfach zuvorgekommen?“, zischte der andere Reiter.

„Seit Tagen hat er nichts mehr gefressen.“, antwortete Uronai kalt. „Und einen Drachen von seiner selbst gewählten Mahlzeit abzuhalten, ist selbst für uns schwer, Scaros! Du weißt, wie Drachen sind.“

Scaros konnte seine Wut nur schwer unterdrücken. „Jetzt tu nicht so, als ob ich dafür verantwortlich wäre, dass wir ständig diesen Drachen neben uns herfliegen sehen müssen. Es war ja nicht meine Entscheidung. Das waren die da oben.“ Als er das sagte, wirkte er so, als würde er den Himmel selbst beschuldigen, aber der Himmel war von Wolken bedeckt und antwortete nicht. Scaros blickte sich noch einmal um. „Gibt es keine Überlebenden?“

„Keine.“, sagte Uronai. „Das ganze Dorf wurde ausgelöscht. Unser Drache macht seine Arbeit gründlich.“

„Dann nämlich, wenn wir Überlebende brauchen.“, knurrte Scaros. Er drehte sich zu den Alburgen um: „Durchsucht die Ruinen!“

Die Krieger stiegen ab und machten sich daran, nachzusehen, ob in den teilweise noch brennenden Haufen etwas zu finden war, das ihren Herren nützen könnte.

„Wir müssen wissen, ob hier Zwerge gewesen sind.“, sagte Scaros. „Hier war ich mir sogar ganz sicher, dass wir endlich erfahren würden, ob die fünf hier gewesen sind. Und wenn sie hier gewesen sind, dann muss hier in der Nähe auch der alte Zwerg sein- oder gewesen sein, wenn unsere Leute ihre Arbeit gut gemacht haben.“ Er überlegte. „Aber unsere Leute hätten berichten müssen. Und das hätten sie schon vor mindestens einem Monat machen müssen. Die da oben reißen uns noch die Köpfe ab, wenn sie erfahren, dass wir nichts erfahren haben.“

Uronai runzelte die schwarzen Augenbrauen. „Wenn unsere Leute wirklich kein Glück gehabt haben, wenn der Alte wirklich noch am Leben ist und sich auf dem Weg zu seinem Volk befindet, dann würden sie uns ohnehin nur in die Arme laufen, wenn wir die Pässe gesperrt hätten.“

„Aber da sind die da oben ja dagegen.“, zischte Scaros. „Die Pässe sollen nicht gesperrt werden, solange wir noch keinen echten Krieg mit Amrohoc machen. Die da oben wollen keinen Krieg mit Amrohoc, zumindest nicht jetzt, und das kann ich verstehen. Wenn es so kommt, werden wir ja um Jahre zurückgeworfen.“

Uronai schwieg, er schien nachzudenken. „Sie könnten schon auf dem Weg getötet worden sein.“

Scaros nickte. „Kann sein. Ein Monat ist vergangen seit dem Tag, wo wir von unseren Leuten Nachrichten erwartet haben. Vielleicht sind sie hier irgendwo wem über den Weg gelaufen, der ein wenig zu groß für sie war.“ Er dachte nach und sah sich um. „Aber von Amrohoc sind keine fünf Anfänger, sondern fünf erfahrene Kämpfer aufgebrochen, wenn wir dem glauben können, was unsere Spione gemeldet haben. Aber es kann natürlich sein, dass sie nicht lebend angekommen sind und dann hätten wir großes Glück.“

Während sie sprachen, durchsuchten die Alburgen die Ruinen. Schließlich nahm einer einen Klumpen vom Boden auf, rieb ihn und in seiner Sprache rief: „Ich habe etwas gefunden.“

Uronai sog die kalte Atemluft ein und Scaros drehte sich neugierig um. Er war des Alburgischen mächtig und fragte: „Was ist es denn?“

„Eine Münze, wahrscheinlich eine Zwergenmünze.“, sagte der Alburge, kam angelaufen und hielt Scaros einen Klumpen entgegen.

Obwohl der Klumpen verdreckt und von Asche geschwärzt war, war das goldene Glitzern deutlich zu erkennen. Die Hitze hatte die große Goldmünze ein wenig schmelzen lassen, aber jetzt war sie wieder abgekühlt und die Reste der Prägung, des Monogramms des Zwergenkönigs, waren noch deutlich zu erkennen.

„Sie waren hier.“, sagte Scaros und zeigte Uronai die Münze. Der sah sie sich an und nickte dann.

„Und sie haben hier übernachtet.“, fügte Uronai hinzu. „Sonst hätten sie die Bauern hier nicht entlohnt. Die fünf Zwerge dürften nicht oft die Dörfer der Menschen hier betreten haben. Die Gefahr erkannt zu werden wäre zu groß gewesen. Aber hier haben sie das Dorf betreten.“

„Also wird hier in der Nähe der alte Zwerg gelebt haben.“, meinte Scaros. „Die Münze beweist es.“

Uronai schüttelte den Kopf. „Die Münze beweist nichts. Hier im Gebirge haben sie sich wohl vor Spitzeln sicher gefühlt und haben sich von den Bauern beherbergen lassen. In dieser Einsamkeit haben sie ja zu Recht angenommen, dass nicht in jeder Siedlung Leute von uns auf sie warten.“

Scaros ließ ein leises Zischen hören. „Dann haben wir hier nichts.“, sagte er. „Und sie erwarten unsere Rückkehr. Jeder Tag Verzögerung, haben sie gesagt, kostet dem Schwarzen Thron sehr viel. Und ich will nicht der sein, der dafür herhalten muss, wenn die Zwerge sich in Amrohoc schon zum Krieg bereit gemacht haben und unsere Leute noch in ihren Lagern schlafen.“

Uronai dachte nach. Schnee lag schon auf seinem Helm, seiner Rüstung und seinem Mantel. „Dann haben wir noch die Möglichkeiten, den Drachen ein wenig umherfliegen zu lassen.“

„Wenn er wen erwischt, kann man das hinterher nicht mehr erkennen.“, entgegnete Scaros. „Ich krieche nicht in seinen Magen hinein, um nachzusehen, ob da ein halb verdauter Zwerg liegt. Den Drachen haben wir mit dabei, um schweren Widerstand zu brechen. Völlig sinnlos, aber du warst für den Drachen.“

Uronai ging nicht auf den Vorwurf ein. „Wir könnten die Berge hier selbst durchsuchen, aber dann erfrieren uns noch die Männer. Selbst mit Magie lässt sich da nichts ausrichten. Die dritte Möglichkeit ist“ -er sprach jetzt leise- „dass das gar keine Zwergenmünze war.“

Scaros glotzte ihn verständnislos an. Uronai fuhr fort: „Ich habe meinerseits keine Lust, von den Oberen den Trollen zum Fraß vorgeworfen zu werden. Die Alburgen hier haben ja keine Ahnung, was das für ein Ding ist, das sie aus dem Boden geklaubt haben. Und egal was es ist, niemand wird sie befragen. Wenn doch jemand darauf kommt, dass da eine Art von Münze gewesen ist, dann sagen wir, dass es nur ein Stück Messing war.“

Scaros riss unter seinem Helm die Augen auf. „Uronai, das ist…“

„Vorausschauend.“, antwortete Uronai. „In einigen Wochen wird sowieso niemand mehr fragen, was da genau gewesen ist. Da werden die Oberen genug zu tun haben, damit im Grenzgebiet nicht die Hölle losbricht. Und uns wird man brauchen.“

Scaros dachte nach. Er wollte irgendetwas sagen, unterbrach sich dann aber, sah sich dann noch einmal die ihm zu Füßen liegenden Leichen an und sah Uronai noch einmal fest in die Augen. „Treib du den Drachen wieder auf.“, sagte er unwirsch.

Uronai nickte. Scaros trieb sein Pferd wieder an und befahl barsch: „Alle aufsteigen! Wir brechen auf.“ Die Alburgenkrieger gehorchten und schwangen sich wieder auf ihre schon frierenden Tiere, die darauf warteten wieder in die wärmeren Täler zurückkehren zu können. Sie ritten Scaros hinterher wieder in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Uronai sah ihnen nach, einer starken Truppe erfahrener Krieger, die in Notrons Namen für das Reich der Dunkelheit Angst und Schrecken verbreiteten, wo sie auch hinkamen. Aus Gründen, die sie selbst nicht verstanden. Auf diesem Ritt hatten sie schon einige weiter unten gelegene Dörfer eingenommen, die Einwohner gefesselt und, weil sie nichts sagen konnten, als künftige Hörige Notrons weggetrieben. Ausgerechnet in diesem Dorf, wo die Wahrscheinlichkeit so hoch gewesen war, dass die Zwerge, über deren Marschroute man soweit wie möglich Erkundigungen eingetrieben hatte, dort gewesen waren, hatte aber der Drache zuerst angegriffen. Die Mächte, die hinter Notrons ungezählten Siegen standen, hatten diesmal versagt. Nachdenklich wendete Uronai sein Pferd, das von den noch immer springenden Funken mit Vergnügen wegkam, und ritt zu der Klippe hin. Hinter ihm verloschen langsam die Feuer, wie so oft bei so vielen zehntausenden Dörfern seit Notron begonnen hatte seine Hände nach der Herrschaft über die Welt auszustrecken.

Knapp vor der Klippe blieb das Pferd stehen. Vor Uronai fiel sie in eine gähnende Schlucht hinab, an deren Grund ein Fluss floss, der so schnell war, dass er nicht gefror. Es gab Dinge auf der Welt, die sich den Zwängen widersetzten, die andere Dinge leicht unterwarfen. Das bestimmte das Geschick von Notrons Untertanen. Vor Uronai erstreckten sich die von verschneiten Nadelbäumen bedeckten Berghängen. Der Drache stieß hin und wieder Feuer aus, dann war ein leichtes Glimmen zwischen dem Weiß und dem Dunkel der Tannen zu sehen. Das Pferd wollte weg, aber Uronai hielt die Zügel straff und sorgte dafür, dass es stehen blieb. Ruhig kramte er aus einer Tasche in seinem Mantel ein Metallstück hervor. Es war eine silberne Fibel, wunderbar gefertigt, mit den heiligen Runen der Zwerge. Er sah sich die Fibel noch einmal an, dann holte er weit aus und warf sie in die Schlucht hinunter. Er sah dem Schmuckstück hinterher, bis es nicht mehr zu sehen war. Kalter Wind wehte ihm ins Gesicht.

Als er sich noch einmal umsah, bemerkte er eine Nebelkrähe, die über ihm im scharfen Nordwind schwebte, ohne sich dabei vom Fleck zu bewegen, und ihn zu beobachten schien. Mit einem leisen Knurren wendete Uronai sein Pferd und ritt wieder zu den Ruinen hin.

Ende

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Ich weiß natürlich, dass diese Mini- Geschichte im Grunde ein Ahnhängsel an "Zwerg im Tann" ist. Deswegen kann ich eine Kritik nur von den Leuten erwarten, die auch diese Geschichte gelesen haben. Ich bin mal gespannt, was ihr zu diesem Anhängsel zu sagen habt.

Und nun eine Frage an die Leser dieser Geschichte: Wie, meint ihr, sollte die Geschichte weitergehen? Ich habe selbst schon Pläne, aber nur von Uronai weiß ich, was er noch machen wird. Von den anderen Personen habe ich nur ungenaue Vorstellungen. Wenn also jemand Einfälle hat, dann kann er die ruhig einbringen.

Meinetwegen kann auch wer anders eine Art von Fortsetzung dazu schreiben, aber dann wäre es besser, wenn darin nicht die alten Personen vorkommen, denn für die spare ich mir noch einige gute Ideen auf.

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  • 3 Wochen später...

Ich wundere mich gerade über die Fibel. Es war doch nicht die vom Mirhin oder?Sonst hättest du ja sicher ein Wort darüber verloren. Der Reiter hatte sie ja anscheinend dabei und nicht dort gefunden. Verstehe nicht, warum er die wegwirft aber vielleicht wird das noch später klar. In der anderen Geschichte hattest du ja geschrieben, dass es bei der Fortsetzung um die Fibel gehen soll. Aber es scheint zumindest schon mal mehrere zu geben.

Ein wenig verwirrt hat mich die Geschichte jetzt jedenfalls :kratz:

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genau wie deine geschichte schrecken des nordens finde ich auch die zwerge im tann und diese fotrsetzung sehr spannend und gut geschrieben :-) toll fände ich,wenn mirhin in der forsetzung noch einmal vokommt,vielleicht als einziger überlebender aus dem dorf,der auf den spuren von dinur in das zwergenreich kommt?ich freue mich auf jeden fall schon auf eine fortsetzung :-)

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An deinen Vorschlag hatte ich auch schon gedacht. Mirhin wird zwar nach der Geschichte wahrscheinlich ein wenig "abgeschreckt" von Abenteuern sein aber wer weiß...vielleicht war er ja wieder irgendwo unterwegs die Gegend erkunden während der Drache angegriffen hat und ist noch am Leben. :)

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