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Fanfiction: Schrecken des Nordens


Murazor

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Ich konnte es einfach nicht lassen noch ein weiteres Thema zu eröffnen. Ich habe wohl einfach zu viel Zeit. Es handelt von Ereignissen, die sich zur Zeit des Ringkrieges zutrugen, in einer Gegend, von der sonst nie die Rede ist, nämlich das Land zwischen Abendrotbergen und Lune.

Ich bin gespannt auf euer Feed- Back. :knuddel:

Schrecken des Nordens

Der Herbst hatte begonnen in dem Land am Fluss Madarn, wo Menschen in kleinen Dörfern aus Holz und Ried wohnten. Diese Menschen wohnten schon seit langer Zeit dort an den Ufern des Madarn, eines Flusses, der aus den Bergen im Osten kam, weit durch die Ebenen mäanderte, um dann irgendwo in den großen Fluss Lune zu münden, wo man, wie sie sagte, die Elben auf Booten umherfahren sah. Der Fluss, den sie als eine Gottheit verehrten, versorgte sie großzügig mit Lachsen vor dem Winter und aus den nun bunten Wäldern holten sie Holz für ihre Boote und Häuser, Beeren, Wurzeln und Kräuter bot er ihnen wie den Jägern unter ihnen Wild.

Diese Menschen am Madarn lebten einfach, um die großen Dinge, welche die Welt bewegten, scherten sie sich nicht. Sie wussten wenig über ihre Geschichte, andere, die nicht zu ihrem Stamm gehörten, wussten vermutlich mehr über ihre Herkunft als sie selbst. Die Alten erzählten jedoch, dass sie einst aus dem Osten gekommen waren, als die Macht der Könige nicht mehr bestand, und ihre alte Heimat unsicher wurde.

Der Himmel war von Wolken bedeckt und das Gras war noch nass vom Regen, als einige Frauen mit ihren älteren Kindern in den Wald aufbrachen, um Beeren zu sammeln. Sie hatten sich lange Zeit gelassen, doch nun mussten sie die Waldstücke absammeln, bevor die Beeren schlecht wurden.

Das Mädchen Lana ging in einen Teil des Waldes, wo die Bäume vereinzelt standen, es waren hohe Erlen, hier lagen auch Sümpfe, aber sie wussten, dass es in dieser Gegend schöne Himbeeren geben musste, die Frauen kannten auch die Ecken, wo wilde Kartoffeln wuchsen.

„Geh nicht zu weit weg!“, rief noch ihre Mutter, die ihren kleinen Bruder trug, aber Lana kannte alleine eine Stelle zwischen kleinen Fichten, wo sie im letzten Herbst Nusssträucher gesehen hatte. Ihre Mutter rief immer, sie sollte nicht zu weit weg gehen, das tat sie sowieso nicht. Und überhaupt gab es ja eigentlich nie etwas Gefährliches in den Wäldern, die wenigen kleinen Wölfe, die manchmal auftauchten, griffen nie die Menschen an.

Als sie ganz nah bei der Stelle war, fing es wieder heftig an zu regnen. Wo sie auch hintrat, der Boden klang wie ein nasser Schwamm, sie war ganz in der Nähe der Sümpfe, hier wuchs dichtes Unterholz, Eschen und Birken. Lana sah sich um, konnte die Stelle aber nicht gleich wiederfinden, vielleicht hatte sie sich ja verlaufen. Sie sah sich um und bemerkte ein ungewöhnliches Rascheln im Unterholz zwischen hohen Erlen. Die Bäumchen, die schon höher als ein Haus waren, wackelten merkwürdig und sie hörte das Auftreten eines schweren Fußes. Dann sah sie eine Gestalt zwischen den Pflanzen und rannte schreiend davon.

Die anderen Sammler hörten den Schrei und bald darauf das Poltern von gewaltigen Füßen, dann erfüllte ein grauenhaftes Brüllen den ganzen Wald. Jene, die noch rechtzeitig fliehen konnten, um das Dorf zu erreichen, sahen ein großes Ungeheuer, größer und gewaltiger als jeder Mensch, eine graue Masse mit vorhängendem Kopf, tierischen Augen und tödlich schwingenden Fäusten an gewaltigen Armen.

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Nahirion biss angewidert, aber hungrig in das schmutzige Brot der Menschen. Es zerbröselte und er wollte nicht wissen, was für Zeug diese einfachen Bäcker aus den Dörfern da hineingemischt hatten. Für einen Noldo wäre so etwas eigentlich unzumutbar gewesen, wenn er sich nicht seit sieben Wochen ununterbrochen auf Reisen befände, sein ganzes Lembas schon gegessen und viele Nächte in seinen Mantel eingehüllt am Straßenrand geschlafen hätte. Nahirion war eigentlich das genaue Gegenteil eines Stubenhockers, er war reisefreudig und liebte es, die verschiedenen Länder Mittelerdes zu sehen. Aber diesmal sehnte sogar er sich nach den beheizten Hallen Círdans in Mithlond. Er kam gerade aus dem Süden, aus Minhiriath, denn dort hatte er wichtige Aufträge zu erfüllen gehabt. Und nun saß er auf einem gefällten Baumstamm neben seinem müden Pferd am Rande eines Marktplatzes in Sichtweite der Emyn Uial in einen grauen, schmutzigen Mantel gehüllt, denn er vermied es gewöhnlich allzu schnell von den Menschen als Elb erkannt zu werden, und kaute sein Brot.

Nahirion war weder Krieger noch Kaufmann, er war ein Bote von besonderem Geschick. Im Dienste der Elbenfürsten und ihrer Freunde kam er weit herum, übermittelte Botschaften oder bezahlte Verbündete, bevor sie sich von anderen bezahlen ließen. Nun hatte er besonders viel zu tun, denn ganz Mittelerde schien sich langsam in einen Flächenbrand zu verwandeln. Früher war er ausgesandt worden, wenn eine kleine Orkhorde aus den Bergen kam oder wilde Stämme die Straßen unsicher machten, um die Verbündeten zu benachrichtigen, heute konnte er, der wie wenig andere herumkam, nicht leugnen, dass nun überall böse Gestalten auftauchten. Ganze Heere von Orks formierten sich im Gebirge, die Wege nach Bruchtal waren unsicher, Barbaren und Räuber fielen über friedliche Menschen her, unheimliche Wesen suchten die Berge heim. Viele waren auf der Flucht, Elben, Menschen, Zwerge.

Hier auf diesem Marktplatz ahnten die Menschen wahrscheinlich noch nichts, diese Bauern, die ihr Brot und ihr Gemüse anboten. Vielleicht hatten sie schon vage Gerüchte gehört. Nahirion hütete sich, etwas auszuplappern, sie ahnten nicht, dass der Krieg schon Evendim erreicht hatte und fremde Schiffe aus dem Süden in den Häfen Minhiriaths erschienen. Nahirion hoffte, dass die Herren in Mithlond die kommende Gefahr erkennen würden, er hoffte auch, dass er bald dort sein würde, nicht nur, weil er hungrig und verdreckt war.

Ein paar Zwerge waren mit einem von Ponys gezogenem Wagen aufgetaucht. Sie wollten wohl ins Blaue Gebirge, einige meinte er schon einmal gesehen zu haben, glücklich sahen sie aber nicht aus. Bei einem der Wirte kehrten sie ein und wollten erst einmal etwas essen. Mindestens einen kannte er, dachte Nahirion. Es war der Anführer der Gruppe, ein Zwerg mit braunem Bart namens Brandur. Er kannte ihn wohl aus den Zwergensiedlungen in den Nebelbergen. Er fand es aber unnötig, die Zwerge anzusprechen.

Dann erkannte er einen der Menschen. Es war ein dicklicher Mann mit grauem Bart, der auf einem Fass saß und sich mit einem der Maultierhändler unterhielt. Ihn hatte er vor zwei Monaten zum letzten Mal getroffen, sein Name war Norn, er stammte nicht von hier, sondern aus dem Land an der Mündung des Baranduin, er verschob Getreide, Vieh, Bier, Wein und alle möglichen anderen Dinge beiderseits des Baranduin. Nahirion stand auf, er wollte Norn Guten Tag sagen, immerhin hatte der Mensch ihm einmal wertvolle Kontakte zu den Stammesführern an den Hängen der Südhöhen geliefert.

„Mae govannen, Meister Norn!", sagte er leise und melodisch, als der Maultierhändler gegangen war. Der dicke Mensch drehte sich um und schüttelte Nahirion die Hand.

„Ihr seid es, der Elb, den ich in einem Gerstensaftfass durch die Südhöhen schmuggeln musste!", rief er entzückt.

„Ich komme gerade von dort.", erwiderte Nahirion. „Ich habe mich ein wenig im Umland von Sudúri herumgetrieben. Gut sieht es da nicht aus."

Norn seufzte. „Das dachte ich mir. Seit Ewigkeiten treibe ich mich hier herum, ohne wieder Schafe aus Faerdor beschaffen zu können und auf meinen ganzen Bierfässern bleibe ich hier auch sitzen, wenn ich sie nicht mit Verlust weiterverkaufe. In ganz Minhiriath herrschen die Wilden aus Dunland und es kommen noch Schlimmere von der Küste. Aber was soll ich mich beschweren? Überall sieht es so aus, nicht weit von hier soll ein Troll ein halbes Dorf aufgefressen haben."

„Was?", fragte Nahiron überrascht. „Erzählt mir davon!"

„Am Madarn soll das geschehen sein. Das ist die Gegend, wo diese verschrobenen Dörfler im Herbst immer Lachse fischen, da war mein Gehilfe, der kauft für mich dort den Fisch auf. Aber dort oben herrscht die nackte Panik, ein Troll soll über eines der Dörfer nördlich des Flusses hergefallen sein, es soll dutzende Tote gegeben haben. Eine unglückliche Angelegenheit, vor allem weil ich jetzt bezweifle, dass diese Leute jetzt noch Lust haben, für den Verkauf Lachse zu fangen."

„Die haben Eurem Gehilfen wohl einen Bären aufgebunden. In dieser Gegend gibt es keine Trolle, westlich der Wetterberge gilt es ja schon als großes Ereignis, wenn einmal ein paar Orks gesehen werden."

„Das wollte ich ja auch nicht glauben, aber mein Gehilfe hat mir geschworen, dass die Beschreibung des Untieres der eines Trolles gleicht. Er kennt sich da aus, er lebte lange nahe den Ettenöden. Ich persönlich würde jetzt nur noch ungern in diese Gegend reisen."

Nahirion dachte nach. Eigentlich hatte er andere Aufgaben und überall in Mittelerde verbreiteten sich Gerüchte von furchtbaren Ungeheuern. Aber allein schon die Möglichkeit, dass der Gehilfe die Wahrheit erzählt haben könnte, machte ihm Sorgen.

„Ist Euer Gehilfe hier, Meister Norn?", fragte er.

„Berro ist gestern zurückgekehrt. Er wird wohl in den Ställen sein und sich um meine guten Maultiere kümmern. Das sind viel bessere Zugtiere als sie mir dieser Dörfler anbieten könnte."

„Darf ich ihn kurz sprechen?"

„Wenn Ihr wollt. Aber lenkt ihn nicht zu sehr von der Arbeit ab."

Nahirion ging in die Ställe, von denen einer vom Händler Norn gemietet worden war. Seit sich Zwerge in großer Zahl in den Blauen Bergen niedergelassen hatten, gab es diesen lebhaften Handelsknotenpunkt. Berro war ein fleißiger Gehilfe des fleißigen Händlers und ließ sich gerne auf ein Gespräch mit Nahirion ein, den er wohl gar nicht als Elben erkannte, ohne mit dem Aufstapeln von Heuballen aufzuhören.

Nahirion hörte den Schilderungen von Berro gespannt zu. Was er sagte, schien wahr zu sein. Mit einem Karren voller Fässer, die noch mit Lachsen gefüllt werden mussten, war Berro zu den Fischern am Madarn aufgebrochen. Dort hörte er die schauerliche Geschichte von dem Angriff des Monsters. Neugierig geworden sah er sich die Trümmer des Dorfes selbst einmal an, aber nicht lange, es waren noch nicht alle Toten geboren worden. Sie waren grausam zugerichtet worden. Nahirion fragte, wie das Dorf ausgesehen habe.

„Der Troll hat mit seinen Fäusten die Holzdächer zerschmettert. Nichts war mit Feuer oder mit einer Axt zerschmettert worden, aber die zerstörten Häuser sahen so aus, als hätte ein schwerer Sturm gewütet. Manche Tote hat der Troll weit durch die Luft geschleudert."

„Haben die Fischer die Spur des Trolls verfolgt?"

„Nein, sie hatten zu viel Angst und haben zuerst ihre Verwandten gesucht. Aber der Troll soll wieder in den Wäldern am Fluss verschwunden sein."

„Danke, Berro.", sagte Nahirion nachdenklich.

Was der Gehilfe des Händlers gesagt hatte, beunruhigte Nahirion. Da war wohl etwas geschehen, was er dort nie vermutet hätte. Er hatte nie von Trollen oder auch nur Orks in dieser Gegend gehört, nicht einmal, als der Hexenkönig von Angmar den Norden unsicher machte. Aber er musste sich ehrlich eingestehen, dass er sich da nur schlecht auskannte. Vielleicht hatte es so etwas schon einmal gegeben, aber er wusste nichts davon. Wie mochte ein Troll an den Madarn gekommen sein? Jedenfalls klang das bedrohlich und Nahirion meinte, dass man sich darum kümmern müsste. Da fielen ihm die Zwerge ein, die bei dem Wirt am Marktplatz eingekehrt waren. Wahrscheinlich kam mindestens einer von ihnen aus den Blauen Bergen. Sie würden ihm weiterhelfen können, denn er selbst hatte leider nicht die Zeit, die Lage im Norden auf eigene Faust zu erkunden.

Brandur und seine vier Begleiter waren ins Frühstück und in ein Gespräch über die Geschäfte auf der Ost- West- Straße vertieft, als Nahirion zu ihnen kam. Er nahm die Kapuze ab und stellte sich vor.

„Mae govannen, Herr Brandur.", sagte er zu den überraschten Zwergen. „Erinnert Ihr Euch an mich? Ich war vor fünf Jahren bei Euch zu Gast, um mit Eurem Vater über die Sicherheit des Hohen Passes zu reden."

Brandur, der seinen Bart mit Bier bekleckert hatte, runzelte die Stirn, aber dann hellte sich seine Miene auf. „Ja, ich erinnere mich. Es ging damals doch um die bis an den Rand mit Silber vollgestopften Karren, die im Osten gebraucht wurden."

„Ihr habt ein gutes Gedächtnis, Herr Brandur. Aber lasst uns Stillschweigen bewahren, die Menschen hier sind nach meinem Geschmack zu neugierig. Darf ich mich setzen?"

„Einem anderen Elb würde ich das wohl nie erlauben.", sagte Brandur und rückte einen Schemel für den Noldo hin.

„Woher kommt Ihr?", fragte Nahirion.

„Aus dem Osten. Wir haben eine lange Reise hinter uns. Wir bringen Werkzeuge aus unseren Schmieden für die Brüder in Karad- Manû in den Blauen Bergen. Aber die Reise war alles andere als bequem. Jetzt herrscht offener Krieg im Osten. Wir wurden von Unmengen von Orks angegriffen, als wir im Verband nach Süden fuhren, einige unserer Brüder sind auf der Strecke geblieben. Die Orks haben den Resthir- Pass erobert. Derzeit liegt dort der ganze Handel still."

„Kennt Ihr Euch mit dem Land am Lune aus?"

„Ich war lange in den Blauen Bergen und habe die Gegend mal durchwandert. Aber wir können jetzt nichts mehr transportieren, wir sind schon anderweitig verpflichtet."

„Danke, darum geht es mir nicht." Er beugte sich vor. „Am Madarn hat ein Troll ein Dorf verwüstet, sagen die Menschen. Ich habe die Geschichte überprüft, sie scheint wahr zu sein. Wenn auf einmal Trolle in einer Gegend erscheinen, wo es sie nie gegeben hat, beunruhigt mich das. Ihr kennt Euch da aus. Haltet Ihr es für möglich, dass dort echte Trolle hingewandert sind?"

Brandurs Miene wurde nachdenklich und Sorgen zeichneten sich auf der vom Wetter gegerbten Haut ab. „Von sich aus wird kein Troll dorthin wandern, dazu sind diese Wesen zu dumm. Trolle sind sehr stark, aber in fremde Gebiete wagen sie sich nur selten. Ich kann mir nur vorstellen, dass ihn jemand an der Leine dorthin geführt hat."

„Das haltet Ihr für möglich? Aber das würde bedeuten, dass sich die Diener des Dunklen Herrschers nun selbst am Madarn befinden."

„Seine eigenen Diener wohl nicht, aber ich halte es für gut möglich, dass dort jetzt ein paar Orks herumstreunen, denen der Troll ausgerissen ist."

„Orks am Lune? Hat es so etwas schon mal gegeben?"

Brandur nickte. „In den Blauen Bergen haben die Zwerge am wenigsten mit dem Bösen zu tun, das heißt aber nicht, dass es dort nicht vorhanden wäre. Ich weiß jedenfalls, dass während der Herrschaft des Hexenkönigs mehrfach Orks westlich des Lhûn gesehen wurden. Man hat nie wieder von ihnen gehört, aber wieso sollte es unmöglich sein? Wenn es von Mordor-" er senkte die Stimme, „- befohlen wurde, könnte es gut sein, dass die Orks ein Lager am Lune errichtet haben. Wenn ein Trupp von Orks durch die Wildnis nahe dem ewigen Eis marschiert, dürfte das nicht weiter auffallen, selbst wenn sie einen Troll mitführen."

„Könntet Ihr mir einen Gefallen tun, Herr Brandur?", fragte Nahirion. „Seid so gut und berichtet König Frór von Karad- Manû von dem hier Besprochenen. Wenn so schreckliche Dinge in solcher Nähe geschehen, dann sollte es Aufgabe aller Völker, sowohl der Elben als auch der Menschen und Zwerge sein der Gefahr zu begegnen."

„Ich werde dem König berichten.", sagte Brandur. „Wohin geht Ihr jetzt?"

„Ich kehre nach Mithlond zurück. In den Grauen Anfurten erwartet man meinen Bericht, seit ich so lange in Minhiriath war. Dort sieht es noch weit schlimmer aus, aber das ist ja zum Glück noch weit weg. Varda sei mit Euch."

„Und Mahal sei mit Euch.", antwortete Brandur und verneigte sich nach zwergischer Sitte.

Nahirion hatte genug von diesem Marktflecken. Er band seinen Rappen aus Lindon los und ritt nach Westen davon, wo zum Glück noch kein Blut auf der geheiligten Erde der Eldar vergossen wurde.

Der Berg seiner Sorgen war nun sogar noch größer geworden.

Bearbeitet von Murazor
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Círdan hatte Nahirions Ankunft schon lange erwartet. Dem fähigen Boten war noch nie etwas zugestoßen, aber zu diesen Zeiten konnte man sich ja nie sicher sein. Der Herr der Anfurten saß in Mithlond auf seinem Stuhl in seinem Haus, wo er wie sonst nirgends das Meer bewundern konnte, als man ihm die Ankunft Nahirions meldete. Der Meister aller Schiffsbauer begrüßte den schmutzig eintretenden Boten höflich.

„Wein?", fragte Círdan.

„Ja bitte.", antwortete Nahirion, der sich in der lichten Halle wohl fühlte. „Seit Wochen habe ich fast nur schmutziges Flusswasser getrunken und Menschenbrot gegessen."

„Was hat dich aufgehalten?", fragte der Schiffsbauer, als er dem Heimkehrer rot schimmernden Wein einschenkte.

„Der König von Sagathurn hat die dunländischen Stämme für sich gewonnen. Seine Krieger bewachen alle Wege. Ich war nicht lebensmüde, Herr, also musste ich mir einen sicheren Weg über die Südhöhen suchen, was alles andere als einfach war."

„Mit unseren Verbündeten können wir also nicht rechnen."

„Nein, Herr. In Bree habe ich mich erkundigt, wie die Lage im Osten aussieht. Außerdem habe ich einen Abstecher zu den Dúnedain gemacht. Anscheinend hat der Herr von Mordor eine ganze Reihe von Stämmen in der nördlichen Einöde für sich gewonnen. Sie werden sich ihm zumindest nicht entgegenstellen. Die Orks haben den Resthir- Pass erobert und Mandûrk macht sich zur Verteidigung bereit. Die Menschen fliehen aus den Ettenöden und Mordors Vertreter scheinen sich der Hinterlassenschaften Angmars in den Nordhöhen und den Emyn Uial bedienen zu wollen. Überall wird gekämpft, außer im Auenland, aber das wird wohl auch irgendwann um seine Freiheit kämpfen müssen."

„Hast du in Erfahrung bringen können, wo sich Mithrandir aufhält?"

„Nein, er ist noch immer im Süden."

„Und ausgerechnet da brauchen wir seinen Rat dringender denn je."

„Es ist sehr gut möglich, dass unser Feind einige seiner Diener zum Lhûn entsandt hat."

Círdan, der eben noch aufs Meer gesehen hatte, drehte sich um. „Woher weißt du das?"

„Auf dem Weg habe ich es erfahren. Ein Troll hat ein Menschendorf verwüstet. Mir erscheint die Geschichte glaubhaft. Meiner Meinung nach müssen wir dagegen vorgehen, bevor sich da eine größere Gefahr bildet."

Círdan nickte. „Aber die Kraft der Eldar ist geschwunden. Für die Bedrohung aus dem Süden werden wir alle unsere Kräfte brauchen. Also können wir uns nicht darum kümmern. König Frór könnte aber einige seiner Krieger aus Karad- Manû entsenden."

„Ich hoffe, dass wir ihn dazu bewegen können. Thráins Sohn soll eher dazu neigen, sich in seiner Feste in den Bergen zu verkriechen, solange man ihn nicht offen herausfordert."

„Er wird aber sicher einen Beweis für die Anwesendheit von Feinden seines Volkes verlangen."

Círdan lächelte. „Du kennst das typische Misstrauen der Kinder Aules gegen andere Völker. Kümmere du dich darum."

„Gebt Ihr mir Reiter mit?"

„Nein, die Fürsten von Lindon wollen nicht, dass ich ihre Krieger über den Lhûn hinausschicke."

„Die Dúnedain werden anderes zu tun haben als die Sümpfe am Madarn auszukundschaften."

„Dann musst du einen Weg finden. Ich meine, die Sache eilt. Ruh dich einen Tag aus, dann wirst du zu König Frór ins Gebirge aufbrechen und du wirst ihn für ein Bündnis gewinnen."

Ein Tag Ruhe war nach Nahirions Geschmack viel zu wenig.

Bearbeitet von Murazor
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  • 4 Monate später...

Ich habe mich überreden lassen und führe diese Geschichte weiter. Moment...

In den Blauen Bergen

König Frór II. herrschte in einer Zwergenstadt Karad- Manû im Herzmassiv im Süden der Blauen Berge nördlich von Mithlond. Wanderer fanden diesen Ort unter dem Weißturm, dem höchsten Berg dieser Gegend. Während die meisten Berge in der Umgebung auch am Gipfel von Moos, Gräsern und Nadelgeäst bewachsen waren, schien sich der Weißturm in die Wolken selbst zu erheben und war das meiste Jahr hindurch Schneebedeckt. Für die Zwerge hatte dieser Berg eine regelrecht heilige Bedeutung. Schon immer hatte es in den Blauen Bergen kleine und große Zwergensiedlungen gegeben, auch wenn die zwei größten nach dem Ersten Zeitalter untergingen. Unter dem Weißturm schürften lange Zwerge nach Silber und gruben tiefe Minen, bis irgendwann bei ihnen König Thráin, in direkter Linie Nachkomme Durins eintraf. Er war aus dem Osten vertrieben worden und suchte eine neue Heimstatt. Die Zwerge am Weißhorn unterstellten sich diesem Herrscher und Thráin machte aus ihren Minen die stolze Zwergenstadt Karad- Manû, die Silbergrube. Trotz seines neuen schönen Reiches strebte Thráin nach dem alten Besitz im Osten und kam auf diese Weise um. Sein Sohn Thorin ging den Weg seines Vaters, erlangte den Besitz wieder, kam jedoch ebenfalls dabei um und hätte eigentlich von seinem jüngeren Bruder Frór beerbt werden sollen, der verzichtete aber zugunsten seines Vetters Dáin und blieb, während ein großer Teil des Volkes zu Dáin nach Osten zog, in den Blauen Bergen und herrschte als König Frór II. über Karad- Manû.

Dieser Zwergenherrscher war dem Elbenboten Nahirion noch nie begegnet. Nahirion ärgerte sich, als er auf seinem Rappen die engen Gebirgspfade hinaufritt, dass bei den Sterblichen die Herrscher zwangsläufig immer wechseln mussten. Für ihn, dessen Aufgabe es war die Herrscher anderer Völker gut kennen zu lernen und sie von der Sache der Elben zu überzeugen, stellte es eine nie endende Arbeit dar alte Beziehungen ständig neu aufleben zu lassen. Bei Zwergen war es besonders schwierig. Den Elben gewogen waren sie von Haus aus nicht. Immerhin kannte sich Nahirion mit ihnen aus und wusste die aufgeschlossenen Köpfe unter den Zwergen zu finden. Bei den Zwergen, die aus irgendwelchen Gründen die Elben nicht leiden konnten, ließ sich in der Regel nichts machen. Unglücklicherweise war Thráin schon alles andere als ein Elbenfreund gewesen, sein Sohn Thorin war es angeblich selbst auf dem Totenbett nicht geworden. Letztendlich konnte er also nur wenige Hoffnungen auf Frór setzen.

Ein scharfer, kalter Wind riss ihn aus seinen Gedanken. Der Nordwind hatte die milde Brise vom Meer verdrängt und schob sich mit heulenden Geräuschen durch die Schluchten der Blauen Berge. Die ersten Gipfel waren schon von Pulverschnee bedeckt und die wenigen Laubbäume, die es in dieser Höhe noch gab, hatten ihre Blätter längst verloren. Der Winter war nah. Er betrachtete diese Berge, ein Überbleibsel der Alten Welt, wo die Zwerge noch immer ihre Rückzugsräume hatten. Hier in ihrem Herz waren sie schroff und hoch. Nahirion war sich sicher, wenn der Meerwind hierher kam, konnte man wie in Lindon noch die toten Stimmen des Ersten Zeitalters hören. Aber jetzt, wo der Nordwind wehte, hörte er nur die rauen, grausamen Stimmen des Todes, der wieder einmal auch aus dem Norden kam. Aber vor ihm lag jetzt der Weißturm.

Die oberen Hänge waren von ewigen Eis bedeckt. Majestätisch sah der Berg aus, oben gab es Vorsprünge, wo riesige Eiszapfen hingen, sodass es aussah, als würde sich der Berg selbst dem Himmel entgegenstrecken. Die Zwerge sagten, hier hätte Aule, den sie Mahal nannten, einst gewohnt, als er an seiner Schöpfung arbeitete. Zwischen Nahirion und dem Berg lag eine von gelbem Gras bedeckte Hochebene, an deren Ende eine tiefe Schlucht lag, die von einer Brücke überspannt wurde. Auf der anderen Seite der Schlucht lag ein riesiges Tor, wie es nur Zwerge bauen konnten. Dabei sah es winzig aus in diesem Berg, wie ein kleiner Höhleneingang. Da war Karad- Manû. Rund um das Tor war die Felswand behauen und vor der Schlucht lagen Nutzgebäude der Zwerge, Lager und Scheunen für das Vieh. Dort herrschte ein großes Treiben. Offenbar kauften die Zwerge wieder von den Menschen Vieh ein. Aber da waren auch andere Leute, offenbar Krieger.

Als er dort ankam, stellte sich ihm sofort ein Haufen mit gezückten Äxten in den Weg. Nahirion war solche Feindseligkeiten gewohnt. Diese Krieger sahen aus wie Heimkehrer von schweren Kämpfen, offensichtlich hatten sie im Nebelgebirge gekämpft. König Frór II. mochte keine Freude am Krieg haben, aber andere Zwerge ließ er nicht im Stich. Ebendiese Krieger, die er nach Osten geschickt und die nun zurückgekommen waren, schienen nur allzu bereit zu sein Nahirion auf der Stelle eine Axt an den Kopf zu werfen. Aber er blieb ruhig und schaffte es, dass sie ihn durchließen. Er musste von seinem Pferd absteigen und sein Kurzschwert abgeben, dann wurde er von zehn misstrauischen kleinen Kriegern über die Brücke begleitet.

Er betrat eine typisch zwergische Eingangshalle. Gewaltig und Eindruck schindend und mit vielen künstlerischen Steingravuren versehen. Dort drinnen war ein großes Gewimmel. Vieh von den Menschen wurde herumgetrieben, aus den verschiedenen Stollen kamen Zwerge und gingen wieder. Sie begegneten Nahirion mit Misstrauen. Er wurde von einem grimmigen Zwerg mit rostbraunem Bart empfangen, der ein Kettenhemd trug. Es war offenbar ein schwerst versehrter Krieger. Sein Gesicht war von etlichen Brandspuren und Schnittwunden gekennzeichnet, er hinkte und seine Seite schien schwer zu schmerzen. Aber seine Augen verrieten trotzige Unbeugsamkeit. Ein Zwerg, wie ihn die Götter geschaffen haben mussten.

„Ich bin Murin Hammerkopf.“, knurrte der Zwerg und betrachtete den elbischen Besucher misstrauisch. „Ihr seid hier, um unseren König zu sprechen?“

„Círdan, der Herr der Grauen Anfurten und der Elbenhäfen, schickt mich.“, antwortete Nahirion höflich.

„Und was will er?“, schnauzte Murin.

„Die Freundschaft der Zwerge um die Freiheit beider Völker willen.“, antwortete Nahirion. Murin Hammerkopf war sicher einer der schlimmsten Zwerge, denen er je begegnet war.

Murin schnaubte wütend. „Für die Freiheit der anderen haben die Zwerge schon oft geblutet.“, knurrte er und schien kurz davor aus lauter Wut seine Axt zu ziehen und auf den Besucher loszugehen, aber dann drehte er sich um und winkte Nahirion hinter sich her. „Folgt mir, Elbenherr.“

Über eine hohe, ausladende Treppe führte Murin Nahirion und dessen Bewacher ins Herz von Karad- Manû, die Haupthalle. Nahirion hatte schon einige Zwergenstädte gesehen und alle hatten eine Haupthalle, diejenige von Karad- Manû war beachtlich. Durch Schächte fiel Tageslicht ein und Kohlenfeuer flackerten in der Halle, wo gut tausend Zwerge Platz finden konnten. Die Kunstfertigkeit, die in diesem Bauwerk steckte, war beträchtlich. Sie war bis auf einige wenige Zwerge, die von einem Stolleneingang zum nächsten gingen, leer. Überlebensgroße Statuen großer Zwerge standen in den Hallenecken. Er hatte aber nicht viel Zeit, die Details zu bewundern, denn Murin ging schnell weiter bis zu einem weiteren Tor, das offen war, aber von Kriegern der Königlichen Wache bewacht war. Es war der Eingang zur Königshalle.

Sie war kleiner als die Haupthalle, bei weitem nicht so groß. Sie war auch nicht besonders prächtig, sondern eher bescheiden. Auf einem Podest stand der Thron des Königs. Er war aus funkelndem Kristall und die Lehnen und die Rahmungen des Sitzes waren vergoldet. Das war eine Pracht, die sich Menschen meist nicht vorstellen konnten, aber für einen Zwergenherrscher war das keineswegs üppig. Der König, der darauf sitzen sollte, fehlte. Die Wachen und einige Berater waren beim Eintreten Murins still geworden. Vorher hatten sie getuschelt. Ein Berater verschwand in eine Seitentür und kam nach einiger Zeit zurück. Alle im Raum warteten.

Die Seitentür wurde geöffnet und die Wachen hoben ihre Äxte zum Gruß, die anderen, auch Nahirion, verneigten sich. Frór II, König der Zwerge von Karad Manû, trat ein, ging um den Thron herum, setzte sich drauf und musterte seinen Gast neugierig, aber zurückhaltend. Nahirion hatte seinen Bruder Thorin gekannt. Thorin hatte dem Urbild eines Zwergenherrschers entsprochen, er war würdig, mutig und selbstbewusst gewesen. Sein jüngerer Bruder ähnelte ihm äußerlich, was Gesichtszüge und Art anging. Aber schon die geringe Körpergröße und die Augen, die nicht wie bei Thor stechend und aufmerksam, sondern wässrig und vorsichtig waren, verrieten, dass Frór ein anderer war. Er war alles andere als ein Abenteurer und erst recht kein Krieger. Die Jahre der harten Verbannung in Dunland hatten ihn sicher geprägt, als die einst so stolzen Zwerge als Tagelöhner in zerlumpter Kleidung lebten und hungerten. Dort war Frór geboren worden, seine ersten Lebensjahre voller Entbehrungen hatten Vorsicht und Bescheidenheit bei ihm hinterlassen. Er war tatsächlich wenig ausstrahlend, auch weil er nicht gerade prächtig gekleidet war. Einige seiner Berater machten mehr Eindruck.

„Was will der Gesandte des Elbenvolkes vom Meer?“, fragte einer der Berater, ein misstrauischer Zwerg mit braunem Bart und stechenden Augen. Er schien von den Zwergen in der Halle der wohl wichtigste zu sein.

Nahirion verneigte sich noch einmal. „König Frór, mein Herr schickt mich erstens, um Euch den Respekt und den Dank des Elbenvolkes für die Tapferkeit Eurer Krieger im Osten zu übermitteln.“

Frór musterte den Besucher erneut. „Der Krieg im Osten ist Sache der Zwerge und wie viel wir dafür bluten, ist unsere Sache. Wenn die Elben uns ihren Dank aussprechen, wundert es mich, wieso wir uns nicht auf ihre Hilfe verlassen konnten.“

Nahirion war klar, dass dieser Auftrag schwer sein musste. Frór hatte die Elben niemals um Hilfe gebeten, warf ihnen bei dieser Gelegenheit aber trotzdem vor, dass keine Hilfe gekommen war. Soweit er wusste, war der Krieg im Nebelgebirge für die Zwerge weitestgehend verloren. Was dort noch zu retten war, wusste er nicht.

„Ihr habt Recht, König, der Krieg im Osten ist Sache der Zwerge. Aber auch wir Elben sind noch im Osten vertreten. Wenn Ihr uns darum bittet, können wir das, was wir noch an Kräften haben, den Zwergen zu Hilfe schicken.“, sagte er.

„Und was wollen die Elben dafür?“, fragte Frór wie ein Kaufmann.

Nahirion machte eine kurze Pause. „Uns erreichen schlimme Nachrichten aus der Gegend am Madarn. Wir können nicht mehr ausschließen, dass unsere gemeinsamen Feinde in Emmenras, dem Ödland am Ostufer des oberen Lune, Fuß gefasst haben.“

„Woher nehmt Ihr solche Vermutungen?“, fragte Frór Berater mit dem braunen Bart.

„Ein Troll ist in die Menschensiedlungen am Madarn eingefallen.“, berichtete Nahirion. „Es hat viele Tote gegeben. Die einzige mögliche Erklärung für diesen Vorfall ist, da Trolle in dieser Gegend sonst noch nie gesehen wurden, dass im Sommer eine Streitkraft von Mordors nördlichen Verbündeten dort eingefallen ist.“

Frór wandte sich an seinen braunbärtigen Berater. „Tromur, ist so eine Geschichte möglich?“

Tromur nickte langsam. „So etwas ist möglich. Ein wenig weiter östlich haben unsere Leute zufällig Spuren von großen Truppenbewegungen entdeckt.“

Frór schwieg eine Weile und schien nachzudenken. „Und Ihr, Elbenherr, wollt, dass wir Zwerge uns um die Eindringlinge in diesem Ödland kümmern?“

„Wir Elben allein sind nicht fähig einen großen Kampf gegen diese Feinde zu führen.“, sagte Nahirion vorsichtig.

Die Berater und Wachen im Raum außer Tromur und dem König schienen sich über diese Worte zu ärgern. Ein rotbärtiger Berater trat vor. „Mein König.“, sagte er. „Solche Ausreden haben wir von den Elben schon oft gehört. Sie haben keine Lust selbst zu kämpfen und stattdessen sollen andere für sie bluten. Außerdem sehe ich nicht, wieso uns Eindringlinge in einem Ödland gefährden sollten.“

Nahirion redete zum König, antwortete tatsächlich aber zum Berater: „König, wenn sie da sind, werden sie nach Süden vorstoßen und die Ost- West- Straße in beide Richtungen sperren. Dann wird die Verbindung der Zwerge im Osten und Westen unterbrochen sein und Ihr könnt Euren Brüdern im Nebelgebirge nicht mehr beistehen.“

Aus irgendeinem Grund knurrte Murin, der neben Nahirion stand, wütend.

Der rotbärtige Berater meinte: „Wir haben schon hohe Verluste unter unseren erfahrenen Kriegern erlitten. Für uns Zwerge ist der Krieg kein Würfelspiel.“

Tromur räusperte sich: „Brasgur hat Recht, mein König. Ohne bedeutende Hilfe vonseiten der Elben oder anderer Verbündeter wäre ein weiterer Feldzug unsinnig.“

Frór nickte und erwartete von Nahirion eine Antwort.

„König, die Zeiten, wo wir Elben Mittelerdes größte Heere aufstellen konnten, sind vorbei.“, sagte Nahirion. „Unsere Kräfte sind geschwunden. Aber was wir leisten können, werden wir leisten. Wir lassen unsere Freunde nicht im Stich, egal was so oft behauptet wird.“

Frór war misstrauisch. „Wir ziehen uns zur Beratung zurück. Ihr, Elbenherr, werdet für eine Weile in unseren Gästeräumen untergebracht, bis wir Euch wieder rufen.“

Nahirion verneigte sich höflich, Frór stand von seinem Thron auf und verschwand mit Murin, Tromur und Brasgur wieder durch die Seitentür. Drei Wachen rührten sich und begleiteten Nahirion aus der Halle heraus in Richtung der Gästeräume. Auf dem Weg dachte Nahirion, dass er es immerhin geschafft hatte die üblichen Sturköpfe der Zwerge dazu zu überreden, dass sie einen Feldzug erwogen.

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König Frórs persönliche Gemächer waren mit ihren gepolsterten Sitzen, ihren Wandbildern und ihren prasselnden Kohlefeuern äußerst gemütlich, entsprachen in ihren Ausmaßen und ihrer Pracht aber keineswegs den gewaltigen Schätzen, die dieser sparsame König zum Selbstzweck in den tiefsten Stollen von Karad- Manû angehäuft hatte. Der alternde König setzte sich und bat seine drei Berater, es ihm gleichzutun.

„Was sollen wir also wegen dieser Sache tun?", fragte Frór. „Er bittet uns im Namen seines Volkes einen neuen Krieg an einer anderen Front zu beginnen. Das, was er gesagt hat, klingt vernünftig. Aber ich bin die Kämpfe schon jetzt leid."

Murin knurrte. „Ich kann diesen Elben nicht ausstehen, genauso wenig wie sein ganzes hochnäsiges Volk. Aber ich habe da drüben ein Jahr lang gekämpft, in den verschiedensten Höhlen des Nebelgebirges habe ich mich meiner Haut wehren müssen. Ich verzeihe den Orks und Mordor, das hinter ihnen steht, nichts: Weder die zwei Pfeile, die sich in meine Körper gebohrt haben, als ich am Resthir- Pass kämpfte, noch die Schnittwunden oder die Brandwunden durch diesen Drachen, der über unsere Leute hergefallen ist. Und erst recht werde ich niemals die vielen hundert gefallenen tapferen Zwerge vergessen und Mordor vergeben. Der Krieg kann nur bis in alle Ewigkeiten weitergehen. Und deswegen werde ich nicht stillhalten, wenn ein dreckiger Ork seinen Fuß an den Fluss kurz vor diesen Bergen hier setzt."

Tromur nickte. „Murin hat Recht, mein König. Wir kämpfen im Nebelgebirge, aber diese Front ist nur ein Teil eines Krieges, der ganz Mittelerde erfasst hat. Überall müssen Zwerge kämpfen. Wenn wir an einem Ort kämpfen, können wir uns nicht auf diesen Ort beschränken, wenn unsere Möglichkeiten dazu ausreichen, den Feinden auch anderswo zu schaden."

Frór senkte den Kopf. Er machte einen traurigen Eindruck. Dieser König wurde von seinem Volk geliebt und geachtet, hatte aber wenig mit manchen seiner großen Vorfahren gemein. „Ich habe an diesem Krieg teilgenommen, um meine heiligen Pflichten gegenüber meinen Ahnen zu erfüllen. Aber nun wünsche ich, dass die Kämpfe endlich vorbei sind. Stattdessen werden sie immer härter und blutiger. Ich hatte gedacht, als ich hier König wurde, der Frieden würde zumindest in Eriador ewig währen, aber jetzt scheint er sogar am Lune angekommen zu sein."

Die drei Berater sagten kein Wort.

„Aber wenn man einen Krieg begonnen hat, muss man ihn weiterführen, das verstehe ich. Nur kann ich es nicht leiden. Am liebsten hätte ich meinen Sohn Thrór gar nicht nach Norden ziehen lassen.", fügte der König noch hinzu.

Thrór, der nach seinem Urgroßvater benannte Königssohn, war vor einigen Wochen von Karad- Manû aus nach Osten aufgebrochen, um den im nördlichen Nebelgebirge kämpfenden Zwergen mit Waffen und Lebensmitteln zu helfen. Frór zerfloss seitdem geradezu vor Sorgen um seinen Sohn.

Brasgur räusperte sich und sein Ärger war erkennbar: „Thrórs Entschluss nach Norden zu ziehen war seine Sache, mein König. Aber ich vermute ein böses Spiel hinter den Botschaften dieses Elben. Sein Volk hat uns bei all den Kämpfen nie geholfen und jetzt tritt er mit Forderungen an uns heran. Das ist noch nicht mal eine höfliche Bitte, sondern fast schon eine Drohung: Beseitigt ihr Zwerge die Eindringlinge in einer Gegend, die euch noch weniger angeht als uns, sagen die Elben. Sie wollen die unangenehmen Arbeiten auf uns abwälzen, weil sie angeblich keine Möglichkeiten dazu haben. Mein König! Am Meer liegen gewaltige Elbenstädte voller Schätze, ganz Lindon ist von ihnen besiedelt. Und im Osten gibt es noch mehr von ihnen. Also wieso sollten sie sich nicht selbst darum kümmern?", sagte er voller Erregung.

„Die Städte sind leer, Brasgur.", wandte Tromur ein. „Ihre ganze Bevölkerung ist über das Meer gefahren."

Brasgur lachte. „Wenn sie sich über das Meer von Mittelerde absetzen und uns mit allen Schwierigkeiten alleine lassen, ist das nackter Verrat. Ich bin das falsche Spiel der Elben leid. Schon immer haben sie uns die schmutzigen Arbeiten erledigen lassen. Immer wieder sind sie sogar aus Hinterlist gegen uns zu Felde gezogen und haben uns feige beraubt. Jetzt aber ziehen sie über das Meer und bereiten uns selbst durch ihre Flucht noch Mühsal."

Murin hörte aufmerksam und mit grimmigem Blick zu. Frór schien sich über Brasgurs Worte zu wundern. „Aber Brasgur, wenn sie über das Meer fahren, ist das eine elende Flucht und sie lassen und im Stich, aber was ändert das denn an der Lage? Mordors Diener sind immer unsere Feinde, egal wo sie sind. Dieses Schicksal haben wir. Was ändert daran die Flucht der Elben? Wir können uns nicht über das Meer zurückziehen? Haben wir eine Wahl? Das ist ein falsches Spiel der Elben, aber das Schicksal selbst lässt uns wenig Spielraum."

Der rotbärtige Brasgur war jetzt wirklich in Wut. Er stand auf. „Mein König, Ihr erfasst noch nicht, wie falsch das Spiel der Elben wirklich ist. Wem würde eine Vertreibung von Mordors Dienern vom Lune nützen?"

„Was meinst du?", fragte Murin dazwischen.

Brasgur räusperte sich. „Die Elben geben den Krieg gegen Mordor schon auf. Das ist der Grund, wieso sie sich in ihren Zufluchten verkriechen oder nach Westen ziehen, neben ihrer angeborenen Falschheit und Verschlagenheit. Tausende sind schon über das Meer gefahren, aber noch immer bleiben viele Elben zurück, die es bisher nicht geschafft haben, denn Mordors Diener machen viele Wege unsicher. Zwischen den Elben und Mordor wird es also zu einem Waffenstillstand kommen. Die Elben werden so unbehelligt zum Meer ziehen und Mordors Diener ihre Gebiete einnehmen lassen. Sie werden alle anderen Völker verraten und sich selbst in Sicherheit bringen."

Frór blickte finster in die Runde, als er das hörte.

Brasgur redete weiter. „Letztendlich, da bin ich mir sicher, geht es nur noch um den Preis dieses Waffenstillstands. Es geht darum, wie viel die Elben zahlen müssen, um zum Meer zu kommen. Mordor versucht den Preis nach oben zu treiben, indem es seine Diener anscheinend zum Lune geschickt hat, um die Fluchtwege der Elben zu sperren."

„Das soll dahinter stecken?", wunderte sich Tromur. „Das klingt einleuchtend, aber es ist empörend."

„Und die Elben versuchen den Preis zu senken.", redete Brasgur weiter. „Und wie wollen sie das machen? Indem sie uns dazu benutzen. Wir sollen Mordors Diener ausschalten und so die Fluchtwege der Elben sichern. Wenn die Fluchtwege durch Eriador wieder frei sind, kann Mordor keinen so hohen Preis verlangen und die Elben können den Großteil ihrer Schätze mit über das Meer nehmen. Das steckt hinter der Botschaft dieses Elben."

Murin stand trotz seiner Verletzungen vor Wut auf. „Ich überlege, ob wir diesen Boten überhaupt wieder zu seinem Volk zurückkehren lassen sollten."

„Setz dich, Murin, das Leben und die Gesundheit eines Gesandten sind unverletzlich.", antwortete Tromur scharf.

Murin setzte sich. Brasgur tat es ihm widerwillig gleich. Frór war sitzen geblieben. Der König verriet keine Gefühlsregung. Er gab einem Diener, der in einer Ecke gestanden hatte, einen Wink. Der Diener brachte Bier und die Zwerge nahmen sich je einen Krug, sodass für eine Weile Stille herrschte.

Tromur räusperte sich schließlich. „Brasgurs Vorstellung von einem geplanten Waffenstillstand zwischen den Elben und Mordor klingt einleuchtend, aber ich halte sie dennoch für falsch. In der Geschichte haben immer wieder Zwerge mit den finsteren Mächten zusammengearbeitet, aber ich habe noch nie gehört, dass so etwas bei Elben vorgefallen wäre. Ihr Hass auf die Orks und auf diejenigen, die hinter ihnen stehen, ist zu groß, als dass sie auch nur einen Pakt mit den finsteren Mächten schließen könnten."

Brasgur blickte finster drein. „Sie sind ein falsches Volk, ihre Pakte werden nie bekannt."

„Allein die Behauptung reicht nicht.", entgegnete Tromur scharf.

„Genug!", unterbrach ihn Frór. „Ihr sollt mich beraten und daraus keinen Dauerstreit machen. Brasgur, wenn du Recht hast: Was sollen wir machen?"

„Wir kümmern uns um unsere eigenen Anliegen.", brummte Brasgur.

„Die Sicherheit der Ost- West- Straße ist unser Anliegen wie das der Elben, solange der Krieg im Osten andauert und unsere Händler durch Eriador fahren.", sagte Tromur.

„Wir könnten dafür sorgen, dass den Elben die Straße gesperrt bleibt und wir hindurch können.", sagte Brasgur.

„Was meinst du damit?", fragte Frór. Er warf einen Blick zu Tromur hinüber und sah, dass dieser rot vor Wut wurde.

„Willst du etwa ein Bündnis mit Mordor abschließen?", zischte Tromur. „Sag, ist dies das Ziel deiner Reden? Sollen wir uns mit den Orks verbünden, die im Nebelgebirge unsere Brüder abschlachten? Willst du genau das machen, was du den Elben vorwirfst und zu den Mächten der Finsternis überlaufen?"

Brasgur erstarrte. Murin stand wütend auf. „Wenn das deine Absicht ist, Brasgur, wirst du zum Verräter. Ich habe dann mein Blut nicht vergossen, um dich davonkommen zu lassen."

„Halt! Das ist Unterstellung!", rief Frór. „Setzt euch. Brasgur, das war nie dein Anliegen, oder?"

„Nein, das wollte ich nie sagen.", sagte Brasgur leise und mit gesenktem Kopf.

„Also ein Missverständnis.", sagte Frór. „Ein bedauerliches Missverständnis. Tromur, Murin, habt Respekt vor ihm! Er hat im Nebelgebirge gekämpft, viel für die Sache der Zwerge getan und dafür seine drei Söhne verloren. Er gehört unter meinen Gefolgsleuten zu denen, die ich niemals verdächtigen werde Verräter zu sein. Also sollte von euch auch niemand diesen Verdacht hegen! Das erwarte ich von euch."

Murin und Tromur nickten und verneigten sich.

„Also kommen wir wieder zu der Sache zurück, wegen derer ich euch gerufen habe.", fuhr Frór fort. „Was soll ich diesem Elben antworten?"

„Dass Ihr noch den endgültigen Beweis braucht, dass diese Eindringlinge in Emmenras böse Absichten gegen die Zwerge hegen.", antwortete Murin.

„So sei es.", sagte Frór, nahm seinen Bierkrug und stieß mit seinen drei Beratern an. Aber das Bier lief durch die Kehlen, ohne Freude auszulösen. Die Runde war geteilt.

Als sich die Beratung wieder auflöste, musste Tromur an Brasgurs Vorstellung von einer Verschwörung denken. Es war ganz verständlich, dass er einen solchen Verdacht hegte. Brasgur hatte an vielen Kämpfen teilgenommen, im Grauen Gebirge, in den Eisenbergen, im Nebelgebirge. Er hatte seine Tapferkeit mit schweren Verlusten gebüßt. Seine drei Söhne, hoffnungsvolle junge Zwerge, waren von Orks getötet worden. Bei diesen Kämpfen hatten die Elben, die oft in der Nähe waren, nie geholfen. Auch weil Brasgurs Vater von Elben getötet worden war, als er sich mit ihnen um Kriegsbeute stritt, war sein Hass gegen die Spitzohren verständlich. Tromur wunderte sich, wieso er den Verdacht geäußert hatte, Brasgur würde Mordor zuneigen. Dabei gehörte Brasgur zu den ehrenwertesten Zwergen von Karad- Manû und war nach Murin der beste Kriegshauptmann des Königs.

Bearbeitet von Murazor
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Zwerge waren von Haus aus zu allen Gästen freundlich, auch wenn diese Botschafter waren, die sie alle nicht leiden konnten. Nahirion bekam einen gemütlichen Raum mit Kohlefeuer, Wandteppichen und einem warmen Bett. Der einzige Nachteil war, dass dieser Raum für Zwergenmaße gebaut worden war. Aber er hatte gelernt sich damit abzufinden. Die wenigsten Zwergenstädte in Mittelerde erhielten regelmäßig Besuch von großen Leuten. Und weil ihm eine Zwergin auch noch einen wunderbaren Braten brachte- an das derbe Essen hatte er sich auch schon gewohnt- übersah er auch die Krieger, die vor dem Eingang seines Raumes ganz deutlich die Aufgaben von Bewachern erledigten.

In den Zwergenräumen war leider schwer abzuschätzen, ob Tag oder Nacht war. Bevor er sich schlafen legen wollte, erschien ein Bote, der ihm mitteilte, dass der König noch einen Beweis für die Anwesendheit von Feinden in Emmenras erwartete. Nahirion legte sich daraufhin mit düsteren Gedanken schlafen. Die Zwerge von Karad- Manû lebten in fast unmittelbarer Nachbarschaft zu den Elben von Lindon, hegten aber auch nach Jahrhunderten immer noch eine gewaltige Abneigung gegen ihre Nachbarn, die jeder Vernunft überlegen war. Vielleicht würde er es doch noch schaffen die Zwerge umzustimmen, aber dazu würde er die Blauen Zwerge noch einmal verlassen müssen.

Am nächsten Morgen fragte er seine Bewacher nach seinem Pferd. Nach einer Weile erschien ein Stollenhüter und führte Nahirion mitsamt seiner Bewacher zu den Gängen, über die sie zu den Ställen kamen. Dabei kamen sie in eine der Seitenhallen, die schräg unterhalb der Eingangshalle lagen. In dieser Seitenhalle war den von fern angereisten Zwergenhändlern ein großzügiges Frühstücksbankett gegeben worden und die meisten waren schon gegangen. In dem Gewimmel von fremdländischen Zwergen sah Nahirion einen alten Bekannten.

„Herr Brandur, schön Euch wiederzusehen.“, rief er einem der Zwerge zu, der sich sofort überrascht umdrehte.

„Da treffe ich Euch schon wieder.“, sagte Brandur. Er grinste, aber ihm war deutlich anzusehen, dass er in Unruhe war. „Hat sich für Euer Anliegen etwas ergeben?“

„Nein, leider nicht.“, antwortete Nahirion. „Der König will noch einen Beweis für die Anwesendheit von Feinden am Madarn.“

Brandur runzelte die Stirn. „Der König ist misstrauisch, Ihr müsst das verstehen. Und deswegen werdet Ihr wohl bald wieder abreisen, oder?“

Nahirion nickte. „Ihr scheint auch schon wieder aufzubrechen, dabei wart Ihr doch höchstens einen Tag hier.“

Der Stollenhüter, der von diesem Gespräch sichtlich gelangweilt wurde, gab Brandur ein Zeichen aufzuhören, aber der Händler schien das nicht zu bemerken. „Ich bin gestern Abend erst hier angekommen. Heute Nacht ist ein Bote gekommen. Er hat mir berichtet, dass meine Sippe im Nebelgebirge von Orks aus ihrer Siedlung vertrieben wurde. Dabei sind vielleicht einige Verwandte getötet worden. Also muss ich zurück.“ Seine Stimme stockte hin und wieder. Es war deutlich sichtbar, dass dieser Zwerg Angst hatte und so schnell wie möglich aufbrechen musste.

„Dann wünsche ich Euch viel Glück und den Beistand der Götter.“, sagte Nahirion traurig. Also noch jemand, der unter dem Krieg litt, der im Osten tobte und immer näher kam.

„Ich danke Euch, Elbenherr.“, antwortete Brandur. „Mahal möge Euch bei Eurem Anliegen unterstützen.“

Sie trennten sich wieder. Brandur ging so schnell es ging mit seinen Begleitern durch den Ausgang in Richtung der Eingangshalle, wo sicher schon ihre Karren warteten. Das Gespräch hatte anscheinend auch den bisher eher ruppigen Stollenmeister berührt, der nun Nahirion im Weitergehen ansprach.

„Viele hier haben Verwandte im Osten, die durch den Krieg in Gefahr sind.“, sagte der Stollenmeister. „Die Wut und die Angst gehen durch das ganze Zwergenvolk, egal wo es wohnt.“

„Deswegen hilft Euer König auch den Zwergen im Nebelgebirge, nehme ich an.“, sagte Nahirion.

Der Stollenmeister brummte. „Der König ist sehr vorsichtig und misstrauisch. Es ist die Unruhe im Zwergenvolk, die ihn dazu gebracht hat seine Truppen zu schicken und die Brüder im Krieg zu unterstützen.“

„Ich habe gehört, um die Sache der Zwerge steht es derzeit schlecht.“

Der Stollenmeister brummte wieder, deutlich ungehalten. „Kaum jemand steht uns bei und die Übermacht der Feinde ist erdrückend. Viele der Krieger, die wir geschickt haben, sind gefallen. Aber wir sind Zwerge und Zwerge geben niemals auf. Deswegen ist auch der Königssohn Thrór nach Osten aufgebrochen. Mahal beschütze ihn.“

Er merkte jetzt wohl, dass er zu gesprächig gewesen war, und schwieg. Sie kamen zu den unterirdischen Ställen. Sie waren so angelegt, dass selbst große Pferde keine Platzangst bekamen. Nahirion wurde von fröhlichem Gewieher begrüßt. Der Hengst würde bald herauskommen. Nahirion musste wieder nach Mithlond zurückkehren, wenn er in Karad- Manû nichts mehr ausrichten konnte.

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Nordöstlich der Wetterberge

Der Trupp von dreißig Zwergen bewegte sich durch eine unendlich scheinende Grasebene, wo der kalte Nordwind das Gras hellbraun gefärbt hatte. Der Himmel war tiefblau, aber trotz der Sonne, die schien, war es kalt und die Zwerge waren in dicke Mäntel gehüllt. Sie lenkten die von Yurgen gezogenen Karren über einen der ungepflasterten Wege, die von den Zwergen seit alters her benutzt wurden, um den Nordteil der Nebelberge zu erreichen. Vor ihnen war schon die hellweiße Gebirgskette zu sehen. Sie hatten schon einen weiten Weg hinter sich gelegt, um den bedrängten Brüdern ihre Karren voll stählernen Waffen und Nahrungsmitteln zu bringen.

Unter den dicken Fellmänteln trugen sie keine Rüstungen. Thrór, der Anführer des Trupps, trug als Zeichen seines Ranges eine Goldfibel mit dem Zeichen seines königlichen Vaters. Die Angst, dass die Zwergenfestungen vor ihrer Ankunft fallen könnten, saß tief. Deswegen hetzte er seine Männer in einer erbarmungslosen Geschwindigkeit weiter. In zwei Wochen von den Blauen Bergen bis hierher zu kommen war eine beachtliche Leistung, auch wenn sie nach den endlosen Märschen alle erschöpft waren. Die Köpfe hingen bei vielen nach unten und sie starrten stumpf auf das abgestorbene Gras, über das sie schon seit vielen Tagen marschierten. Niemand rechnete mit einem Angriff, solange die Sonne schien.

Sie bemerkten die dunkle Formation, die sich von Norden ihnen näherte, zu spät. Sie näherten sich von hinten und sie waren schnell. Als ein Zwerg das Getrampel der Hufen hörte, hatte keiner eine Axt in der Hand und keiner trug eine Rüstung.

Es waren mindestens vierzig Menschen auf Pferden. Einige waren in schwarz gekleidete Männer mit Eisenhelmen und Kettenhemden, sie stammten von den gefürchteten Völkern, die von den Dienern des Hexenkönigs von Angmar abstammten, in den unzugänglichen Gegenden des alten Reiches von Angmar lebten und als Sklavenjäger und Söldner ihren Lebensunterhalt verdienten. Der andere Teil der Reiter war in rote und braune Mäntel gekleidet und die Gesichter waren verdeckt. Ihre fremdartigen Rüstungen und die kurzen Bögen verrieten die wilden Reitersöldner aus dem Osten. An der Absicht dieser Reiter bestand kein Zweifel.

„Zu den Äxten!“, schrie Thrór. „Die kämpfen für Mordor!“

Sie ritten schnell wie der Wind von hinten an den Trupp heran. Die Zwerge brachten die Karren zum Halten und griffen nach ihren Waffen, um sich ihrer Haut zu wehren. Die Reiter teilten sich in zwei Haufen und ritten an beiden Seiten um den Trupp herum. Die Ostlinge spannten ihre Bögen, zielten und trafen einige Zwerge, die zwischen den Karren umher liefen. Thrór hatte schon seine Axt in der Hand, als ihn ein Pfeil in den Rücken traf. Er fiel brüllend vor Schmerz um, rappelte sich aber wieder auf. Da warfen die Reiter ihre Speere. Eine erfolgreiche Gegenwehr war da schon nicht mehr möglich. Die Reiter gingen zum Nahangriff über.

„Zwerge!“, brüllte Thrór seinen verbliebenen Kämpfern zu. „Kämpft!“

Einen Reiter, der auf ihn zukam, holte er mit der Axt von seinem Pferd. Ein Ostling schoss noch einen Pfeil ab und traf Thrór in der Schulter. Er raffte sich aber auf und als ein Angreifer zu Fuß auf ihn zukam, schlug er zuerst dessen Speer und dann dessen Rückrat durch.

„Feiglinge!“, brüllte er. Ein Pfeil sauste knapp an seinem Kopf vorbei.

Einer der Sklavenjäger- Reiter zügelte sein Pferd. „Halt!“, schrie er in seiner rauen Mundart. „Das ist er! Er darf nicht sterben! Er hat die Königsfibel!“

Die Reiter um Thrór herum hielten. Thrór steckten zwei Pfeile im Körper, einer im Rücken, einer in der Schulter. Er blutete und konnte sich kaum auf den Beinen halten, aber seine Axt behielt er in der Hand. Er konnte hören, wie der Rest der Zwerge entweder getötet wurde oder aufgab, denn der Kampfeslärm verebbte. Aber er gab noch nicht auf. Ein Ostling versuchte ihn von hinten umzuwerfen, aber Thrór drehte sich um und schlug ihm seine Axt an den Kopf. Die anderen Reiter beobachteten das sichtlich verärgert und ließen ihre Pferde um den störrischen Zwerg herumtänzeln. Einige machten Anstalten anzugreifen.

„Nein!“, rief der Anführer. „Gorlas hat gesagt, dass wir hohe Gefangene brauchen.“

„Gorlas ist nicht hier.“, fauchte ihn ein anderer Reiter an.

„Aber er wird von uns Rechenschaft fordern.“, entgegnete der Anführer. „Wir brauchen ihn lebend.“

Thrór schnaubte. „Kommt her, ihr Feiglinge!“

„Sieh her, Zwerg!“, rief eine Stimme.

Thrór drehte sich wütend um. Zwischen den Karren lagen seine erschlagenen Gefährten. Eine Gruppe kam auf ihn zu. Der Blutverlust ließ ihn undeutlich sehen. Die überlebenden sechs Zwerge wurden herangeschleift, sie waren gefesselt und hinter jedem stand ein Mensch, der ihm einen Dolch an die Kehle hielt.

„Lass die Axt fallen!“, rief der Anführer der Reiter.

Thrór blieb stehen und sah seine Gefährten an. Das Bild verschwamm schon vor seinen Augen. Er konnte ihre Gesichtsausdrücke schon nicht mehr erfassen. Er war umgeben von Feinden.

„Lass die Axt fallen!“, rief der Mensch noch einmal.

Die Axt fiel zu Boden. Im selben Augenblick wurde Thrór schwarz vor Augen.

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Bree

Das schöne Städtchen Bree wirkte wie eine ruhige Insel in einem stürmischen Meer. Brandur dankte der Ahnungslosigkeit der Menschen, die diesen Ort vor Unruhen verschonte, und den günstigen Umständen, die den Krieg, der in ganz Eriador zu toben schien, von Bree fernhielten. Er hatte zusammen mit seinen Begleitern im Eilmarsch innerhalb von fünf Tagen die Blauen Berge verlassen, den Lune überquert und die Ost- West- Straße genommen. Die Zwerge kannten zwar auch einen Weg weiter nördlich, aber Brandur hatte keinen Grund den Berichten von dem Unheil am Madarn nicht zu glauben. So kam er nach einer kurzen Reise durch ein von Menschen besiedeltes Land am unteren Lune durch das Auenland. Das Auenland, die Heimat dieser friedfertigen, einfach gestrickten und ruhigen Halblinge, ahnte nichts von den Gefahren. Bald waren sie daraufhin nach Bree gekommen, wo man Zwerge und Reisende aller Arten schon immer willkommen hieß. Wieso diese Gegend so friedlich war, wusste Brandur nicht. Angeblich hielten Menschenkrieger, die man Waldläufer nannte, die Feinde ab.

Aber Brandurs Hoffnung, dass alles so sein würde wie immer, zerschlug sich. In Bree waren keine Orks zu sehen, keine Dörfer waren geplündert worden und das Bier schmeckte noch immer gleich gut, aber unter den Haufen von Reisenden war Unruhe zu spüren. Es waren mehr geworden, die sich im „Tänzelnden Pony“ um die Tische versammelten, die Köpfe zusammensteckten und flüsterten, als ob sich Spione in Bree befinden würden. Darunter waren viele Händler, aber soweit Brandur und seine Gefährten es mitbekamen, war der Handelsverkehr eingebrochen und viele der Reisenden waren Flüchtlinge. Mindestens zur Hälfte geflohene Zwerge, die meist aus dem Nebelgebirge geflohen waren. Den Menschen gegenüber war das nicht erkennbar, aber Brandur nutzte die Gelegenheit, um Neuigkeiten aus dem Osten aufzuschnappen. Sie klangen alle düster.

Einer der Reisenden war ein entfernter Verwandter namens Golnur aus der Sippe von Brandurs Mutter. Brandur bat den in letzter Zeit schwer gealterten Zwerg an seinen Tisch und ließ den Wirt Bier und ein Abendessen bringen. Golnur nahm das Angebot dankbar an und ließ erkennen, dass er mittellos war. Kaum saß Golnur am Tisch und wurde nach den Umständen gefragt, fing er an zu reden:

„Ich war unterwegs nach Minhiriath zu meinen Geschäftspartnern und ahnte nichts Böses. Am oberen Gwathló sind Halbtrolle aufgetaucht und haben meinen Begleiter getötet, ich konnte nur knapp entkommen und habe die Karren verloren. Stell dir das vor, Brandur, Halbtrolle westlich des Gwathló und noch dazu so ein starker und gut bewaffneter Haufen. Vorher hatten sie reihenweise Menschendörfer überfallen. Die ganze Welt steht Kopf. Ohne Begleiter habe ich mich nicht getraut den Rückweg anzutreten, denn alle Wege ins Gebirge sind unsicher geworden. Was soll ich nur machen?“, sagte er zuletzt verzweifelt.

Brandur klopfte ihm auf die Schulter. „Na, nicht doch. Zwerge lassen untereinander nicht im Stich. Erst recht nicht, wenn sie Verwandte sind. Ich werde etwas für dich finden. Du könntest mich nach Osten zurück begleiten. Aber das wird sicher nicht ungefährlich. Meine Sippe wurde angeblich aus ihrer Mine vertrieben.“

„Was mit meiner Sippe geschehen ist, weiß ich nicht.“, sagte Golnur mit zittriger Stimme. „Aber ich muss sie suchen gehen, das ist meine heilige Pflicht.“

„Denn Zwerge müssen zusammenhalten.“, wiederholte Brandur zum Trost.

Golnur schniefte. „Ja, das sollten sie. Aber selbst jetzt gibt es unter uns Leute, die ihre heiligen Pflichten verletzen und sich nur um den eigenen Vorteil scheren. Die eigene Haut ist ihnen mehr wert als das Leben von hunderten anderen Zwergen, sogar für Gold tun sie alles. Es gibt Zwerge, die selbst jetzt, mitten im Krieg, mit Orks und finsteren Menschen Geschäfte machen. Angeblich hat ein Verräter sogar die großen Orks am Resthir- Pass mit Waffen versorgt, mit denen sie dann unsere Leute besiegt haben.“

„Nicht möglich.“, empörte sich Brandur.

Golnur sah finster drei. „Das ist mehr als möglich. Solche Leute machen Geschäfte. Manche verraten ihr Volk aus Verblendung, aus Angst, aber am meisten verächtlich sind die Zwerge, die es aus Habgier tun. Selbst hier in Bree sind solche Zwerge anzutreffen.“

„Das kann ich mir nicht vorstellen.“, sagte Brandur.

„Doch, hier sind sie, gleich neben den Flüchtlingen, deren Elend sie mit verschuldet haben.“ Er nahm einen tiefen Schluck Bier. „Zum Beispiel dein Vetter Brannor.“

Brandurs Miene verdüsterte sich, als er den Namen seines schmierigen Vetters hörte, der aus derselben Sippe stammte, den zu sehen er aber seit Jahren nach Möglichkeit vermied, was ihm durch Brannors Einzelgängertum zum Glück erleichtert wurde. Brannor wurden schon immer krumme Geschäfte nachgesagt, aber Brandur hatte immer gehofft, dass es kleine krumme Geschäfte sein würden.

„Brannor?“, hauchte er. „Du musst dich irren. Er schlägt zwar sicher manchmal den falschen Weg ein, aber das kann nicht sein. Vielleicht hat er sich übers Ohr hauen lassen oder seine Waren versehentlich an den falschen Kunden verkauft.“

Golnur prustete in seinen Bierkrug. „Wenn er nur versehentlich an den falschen Kunden die Ausrüstung eines ganzen Heeres verkauft hätte, würde ihm hier niemand eine Axt an den Hals wünschen.“

Brandur wollte etwas sagen, aber er konnte nur noch mit krächzender Stimme fragen: „Wo ist er?“

„Du wirst ihn hören. Er ist der fettgefressene Zwerg, der in der einen Ecke bei den dunländischen Pferdehändlern seinen Reichtum besingt.“

Brandur sah sich um. Im „Tänzelnden Pony“ waren diesmal bis zu hundert Gäste zugegen. Menschen, Zwerge und Halblinge. Viele von ihnen trugen Kapuzen, wenn sie nicht sogar vermummt waren. In dem Stimmengewirr musste es eigentlich unmöglich sein, eine bestimmte Stimme herauszuhören, der man zuletzt vor etwa fünf Jahren gelauscht hatte. Aber es war wirklich nicht schwer. Das Gegröle eines offenbar betrunkenen Zwerges konnte er seinem ungeliebten Vetter zuordnen. Es kam aus einer eher dunklen Ecke, wo hauptsächlich Menschen versammelt waren. Dort saß am Kopf einer großen Tafel ein reichlich dicker Zwerg mit Krausbart, dessen entfernte Ähnlichkeit mit Brandur durch seine aufgequollenen Gesichtszüge, den Fettansatz und Verunreinigungen kaum mehr zu erkennen war. Er war gekleidet wie ein Fürst, auch wenn die Kleider schon bekleckert waren. Zwerge, die zufällig an diesem Tisch vorbeikamen, warfen Brannor, der unaufhörlich lautstark mit den schmutzigen Menschen um ihn herum scherzte und prahlte, meist einen verächtlichen Blick zu.

Brandur drängelte sich mit unbewegter Miene zwischen den Dunländern hindurch. Als Brannor seinen Vetter entdeckte, grinste er breit.

„Vetter!“, grölte er und hob seinen Bierkrug. „Endlich sehen wir uns wieder. Was machst du? Wie geht es deinen Leuten?“ Seine Stimme lallte schon. Es musste viel Bier getrunken werden, damit ein Zwerg lallte, aber Brannor betrank sich vielleicht schon seit dem frühen Morgen.

Die Dunländer mussten wohl eher Brannos Gehilfen als Pferdehändler sein, denn einer räumte sofort seinen Platz an der Tafel, damit sich Brandur setzen konnte. Er antwortete langsam, denn es fiel ihm schwer die Fassung zu bewahren:

„Ich bin noch immer Händler und verschiebe alle möglichen Sachen zwischen Karad- Manû und dem Nebelgebirge. Meine Leute, Vetter Branno- wenn es nicht mehr deine sind- wurden angeblich von Orks vertrieben. Wir haben womöglich viele Verwandte verloren.“

Die Dunländer bemerkten vielleicht den Vorwurf, der hinter Brandurs Worten steckte, aber Brannor bemerkte ihn anscheinend nicht. Er grinste voll unersättlicher Trunkenheit und schüttete sich den halben Krug Bier in die Kehle. Dann gluckste er uns begann zu erzählen: „Unsere Sippe, lieber Brandur, hat wie alle Zwerge ein Recht zu leben.“

„Ja.“, stimmte ihm Brandur schmal lächelnd zu.

„Und ein Recht auf Reichtum.“, sagte Brannor.

Brandur sagte nichts.

„Wenn man dieses Recht wahrnimmt…“, lallte Brannor. „Kann man so werden wie mich.“, redete er und schien sich in seiner fetten und aufgedunsenen Gestalt wohlzufühlen. „Denn, Brandur, wenn man bereit ist diese Rechte wahrzunehmen, findet man immer Leute, die einem dabei helfen und die einem sonst den Kopf abschlagen würden. Ich habe diese Rechte wahrgenommen, ich habe für mich den richtigen Weg gefunden, den alle Zwerge finden sollten. Und hier bin ich nun.“

Dieser volltrunkene Zwerg, der vor Brandur herumprahlte, schien jahrelang das stille Bedürfnis nach Rechtfertigung gegen Vorwürfe mit sich herumgetragen zu haben, das er nun nach dem Genuss von mindestens eines Fasses Bier an seinem Vetter ausließ, der eiskalt zuhörte und wartete.

„Viele andere sind tot.“, lallte Brannor. „Aber ich lebe. Brandur, sie kommen, sie kommen immer weiter und sie machen nirgendwo Halt. Bald werden sie auch hier sein. Ich habe den besten Weg gewählt. Deine Leute und du, ihr habt den Weg nicht gefunden, ihr wolltet ihn nicht finden. Ich wollte ihn finden. Deswegen habt ihr mich nicht gemocht.“ Er wischte sich das dreckige Gesicht mit seinem dreckigen Ärmel ab und redete weiter: „Du siehst, sie haben den Weg nicht gefunden, Brandur…“

„Weißt du, was mit der Sippe geschehen ist?“, fragte Brandur.

„Die Sippe? Ich habe nicht danach gefragt und sie würden es mir nicht sagen. Irgendwo im Gebirge, lauter Orks… Da überlebt niemand lange. Und man kann keine Antwort von ihnen verlangen, nein sie geben keine Antwort. Man soll gar nicht danach suchen. Nur der Vorteil, die beiden Rechte, Brandur…“

Brandur blinzelte nur. „Du scheinst reich geworden zu sein.“

„Ja.“, grölte Brannor. „Du, du verschiebst Werkzeuge und Mehl. Du lebst aufrecht von deiner Hände Arbeit, schwitzt und frierst und am Jahresende besteht dein ganzer Gewinn aus… Nichts! Ich verschiebe Gold, ich verschiebe Waffen und Rüstungen. Ich verschiebe alles an jeden. An alle, die gut zahlen.“

„Du musst sehr viel verkaufen um so reich zu werden.“

„Ja. Ich bin reich wie ein König. Meine Schätze habe ich sicher gelagert. Und dafür verkaufe ich Unmengen an Waffen. An Zwerge und an alle anderen. Geschmiedet werden sie von Zwergen und anderen, aber ich erledige den Verkauf. Meine Kunden und die Schmiede wissen selten etwas voneinander und oft wissen sie noch nicht einmal, wer ich bin. Ich verkaufe jedes Jahr genug, um ganze Heere damit auszurüsten.“

„Deine Kunden müssen sehr reich sein.“

„Sie haben viel Gold. Woher sie es nehmen, schert mich nicht. Manchmal haben sie es anderen Leuten abgenommen, aber oft ist es Gold, das sie bekommen für das Blut, das sie vergießen. Ich mag diese Leute nicht, aber durch sie habe ich Reichtum und Sicherheit, Brandur. Reichtum und Sicherheit, Brandur, darum geht es.“

„Wie kannst du solchen Leuten vertrauen?“

„Vertrauen? Ich vertraue niemandem, Brandur. Vertrauen ist schlecht. Meine Kunden vertrauen auch niemandem, also sind wir uns sehr ähnlich. Ich kann sie nicht leiden und ich frage selten danach, wofür sie das Zeug brauchen, aber manchmal bin ich sogar auf ihrer Seite. Wenn sie die Elben abschlachten zum Beispiel, dann bin ich auf ihrer Seite, denn das geht jeden Zwerg etwas an. Und so bin ich auf der Seite von Leuten, die ich sonst hassen würde, stell dir vor! Gorlas zum Beispiel.“

Brannor hickste und sah Brandur blöde an, der sein Entsetzen gerade noch verbergen konnte. „Gorlas…“, sagte er mit langsamer Stimme. „Du hast wirklich ausgezeichnete Kunden. Wofür braucht denn ein Sklavenjäger so viele Waffen?“

Brannor hickste wieder. „Das habe ich mich auch gefragt, denn eigentlich ist er doch sehr unfreundlich. Mit seinem Geschäft konnte ich lange auch nichts anfangen, aber seit er aufgehört hat nach Sklaven zu jagen und stattdessen für andere Leute den Feldherrn spielt, kann ich ihn leiden. Ihm geht es darum die Elben vom Meer abzuschneiden, stell dir vor! Das klang ganz vernünftig, also habe ich nicht gezögert ihm die Waffen nicht nur zu seiner Festung in den Angmar- Bergen zu liefern, sondern sie ihm auch noch nördlich der Dämmerberge anzuliefern, damit seine Viecher nicht so viel Last schleppen mussten, als sie den weiten Weg nach Westen marschiert sind.“

Brandur faltete unruhig die Hände. „So viel Zuvorkommen ist lobenswert, Vetter.“

„So entstehen die Großen des Geschäfts.“, prahlte Brannor. „Du solltest es mir nachahmen.“

„Ich glaube nicht, dass ich für so große Geschäfte geeignet bin.“

„Jeder ist dafür geeignet. Komm, Vetter. Jahrelang hast du zu mir hinabgeblickt, aber jetzt will ich dich in die Lehre nehmen. Das ist ein sehr gutes Angebot, Vetter!“ Er streckte seine Hand über den Tisch hinüber, aber Brandur stand schon auf.

„Danke Brannor, ich werde darüber nachdenken.“, sagte Brandur mit aufgezwungener Höflichkeit. „Wir sind ja Verwandte, wir hängen zusammen.“

„Genau!“, grölte Brannor und nahm einen tiefen Schluck Bier aus einem frisch gefüllten Krug.

Brandur verneigte sich sogar noch knapp, dann entfernte er sich und konnte seine Wut kaum beherrschen. Die Dunländer blickten ihm noch kurz hinterher, sie hatten wahrscheinlich alles verstanden, wagten es aber nicht ihren Herrn damit zu behelligen. Brandur ging schweigen zu seinem Tisch zurück, wo seine Gefährten und Golnur auf ihn warteten.

„Wie war es?“, fragte Golnur.

„Wie ich es nach dem, was du gesagt hast, erwarten musste.“, sagte Brandur und nahm einen Schluck aus seinem Bierkrug, setzte ihn dann aber bald wieder ab.

Er hatte Brannor nie gemocht, aber Vettern waren sie gewesen und Verwandtschaft galt bei allen Zwergen sogar noch mehr als Freundschaft. Brannor hatte schon früh angefangen, als er noch ein Händlerlehrling war, krummen Geschäften nachzugehen, die von den anderen Zwergen immer weniger geduldet wurden, je mehr sie von Gier geprägt waren und gefährlich waren. Brannor ließ sich nie davon abbringen, auch wenn er hin und wieder ein ganz umgänglicher und verlässlicher, ja liebenswürdiger Zwerg war. Aber das, was Brandur gehört hatte, ließ ihm regelrecht das Blut in den Adern verlieren. Die Sippe hatte Brannor vor fünf Jahren regelrecht verstoßen, nachdem seine Geschäfte mit Räubern ruchbar geworden waren, aber auch ein Vetter, den man mied, blieb ein Vetter. Nur sprengte das, was nun ans Licht gekommen war, jeden Rahmen.

Mit Mordor schienen viele Zwerge auf dem einen oder anderen Weg zusammenzuarbeiten. Die meisten aus Angst, einige aus Verblendung, Brannor hingegen tat es aus Habgier. Und das war für Brandur das schlimmste. Brannor kannte bei seinem Handeln keine Grenzen mehr, seine Gier war hemmungslos geworden. Manche Zwerge handelten über Mittelsleute mit Mordor und den Orks, aber sie machten sich selbst oft vor, dass sie von alldem nichts wissen würden. Brannor war anders, er war sich schon lange im Klaren, was er tat. Das war klar geworden, als er den Namen Gorlas genannt hatte.

Gorlas der Sklavenjäger, ein Mensch aus einem der wilden Völker in den Bergen von Angmar, die das Hexerreich überlebt hatten und sich einen schauerlichen Namen als Unterdrücker aller schwächeren Völker machten. Die kleinen Gruppen der Sklavenjäger jagten in den Schluchten und den Tälern der Berge im Norden und auch im Vorland nach wehrlosen Menschen, die sie verschleppen, verkaufen oder gegen Lösegeld wieder freilassen konnten. Sie wanderten so in die Knechtschaft, viele wurden gleich zu den Orks weiterverkauft. Aber bisher hatte sich dieses Grauen auf eine recht schmale Gegend beschränkt, bis Gorlas kam. Gorlas der Sklavenjäger ging ein Bündnis mit Mordor ein, wurde zu dessen wichtigsten menschlichen Verbündeten und Söldnerführer im Nordwesten Mittelerdes. Er dehnte seine Sklavenjagten bis zu den Wetterbergen aus und suchte sogar die Zwerge heim. Viele Zwerge wurden von seinen Leuten verschleppt und oft kamen sie nie wieder. Gorlas war ein Schrecken der Zwerge, ihm galt der stille Hass des ganzen Volkes zwischen dem Nebelgebirge und den Blauen Bergen. Wer mit ihm zusammenarbeitete und wusste was er tat, kannte keine Treue zu seinem Volk mehr.

Brannor war eine Schande für seine Sippe, dacht Brandur. Man hätte ihn nicht ausstoßen, sondern gleich in eine Schlucht werfen sollen. Noch wichtiger war aber, dass der Ernst der Lage am Madarn weitaus größer war als er es jemals vermutet hatte. Das waren keine paar Orks, denen zufällig ein Troll entlaufen war. Es war Gorlas. Und wo Gorlas war, mussten auch tausende seiner Diener sein. Das Land am Unterlauf des Lune war in unmittelbarer Gefahr und die Zwerge im Blauen Gebirge ahnten noch nichts. Und Brannor hatte Gorlas nicht nur geholfen, sondern auch noch am Tod unschuldiger Menschen und sicher auch Zwerge mit verdient.

Brandurs Gefährten und Golnur sagten kein Wort. Dann kam Bewegung in Brannors Ecke. Brannor grölte nicht mehr und die Dunländer standen auf, wohl um ihren Herrn in sein Zimmer zu bringen. Brandur stand unvermittelt auf. Erst nach einigen Augenblicken, als er schon bei Brannor angekommen war, merkte Golnur, dass ein Käsemesser vom Tisch verschwunden war.

„Vetter!“, grunzte Brannor, der schon halb eingeschlafen war, als er Brandur sah.

„Brannor, ich nehme dein Angebot an!“, sagte Brandur und ging auf Brannor zu.

„Du willst für mich arbeiten! Sehr schön!“, lallte Brannor. „Ich brauche Gehilfen mit Hirn, Brandur! Zwerge lassen einander nie im Stich oder?“

Brandur trat näher und umarmte seinen Vetter brüderlich. „Nein, Zwerge lassen einander nie im Stich.“

Brannor grunzte und schien im Stehen eingeschlafen zu sein. Die Dunländer links und rechts nahmen ihn unter den Schultern und trugen ihn mit. Brandur blieb da und zeigte keine Rührung. Es war ganz ohne Hass abgelaufen, wie eine übliche Verpflichtung. Er betrachtete seine rechte Hand, mit der er in Brannors Seite zugestochen hatte. Nur einige wenige Tropfen Blut klebten daran. Das Messer war so schnell tödlich gewesen und das angefressene Fett hatte einen verräterischen Bluterguss verhindert. Die Dunländer würden noch eine Weile, vielleicht noch bis zum morgigen Mittag, brauchen, bis sie den Tod ihres Herrn bemerkten. Ganz so, als ob Mahal selbst den Mord gutgeheißen hätte.

Dabei hatte Brandur gegen ein den Zwergen heiliges Recht, die Unversehrtheit von Verwandten, verbrochen. Gemeinsames Blut war bei seinem Volk ein Wert an sich und es durfte sich nicht selbst vergießen. Was das für Folgen haben würde, konnte sich Brandur noch nicht ausmalen, aber er war sich sicher, dass er in jedem Fall keine Zeit verlieren durfte. Seine Sippe kämpfte im Nebelgebirge wahrscheinlich um ihr Überleben und Gorlas war am Lune erschienen. Er durfte sich nicht mit der Frage aufhalten, ob er ein Mörder war oder nicht. Es gab Wichtigeres.

Die Zwerge an seinem Tisch betrachteten ihn stumm. Brandur nahm einen tiefen Schluck Bier. Sie erkannten die Notwendigkeit seiner Tat an. Es lohnte sich nicht, darüber Worte zu verlieren, auch wenn diese Tat gegen althergebrachtes Sippenrecht verstieß.

„Golnur, ich habe eine Aufgabe für dich.“, sagte er. „Du wirst uns nicht begleiten, stattdessen wirst du in die Blauen Berge reisen und König Frór berichten, dass Gorlas am Madarn erschienen ist.“

„Gorlas?“, fragte Golnur erschrocken.

„Ja, Gorlas. Du wirst dich von nichts und niemandem aufhalten lassen. Es geht um das Leben vieler Zwerge. Die Elben hatten Frór schon vor etwas Ähnlichem gewarnt, aber der König wird nur einem Zwerg glauben.“

„Und meine Sippe?“

„Ich werde nach ihr sehen. Ich werde, wenn nötig, von Gundabad bis Moria jeden Stein umgraben, um unser beider Sippen zu finden.“

„Wann soll ich aufbrechen?“

„Jetzt gleich. Genauso wie ich. Wir werden in der Nacht marschieren und keine Zeit verlieren. Zeit ist kostbar.“

Sie verstanden alle.

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  • 4 Wochen später...

Nahe der Sarnfurt, am Westufer des Baranduin

Nahirion lenkte sein Pferd am Rand des Birkenwaldes entlang, der sich unweit des Flusses Baranduin, von den einfachen Menschen Brandywein genannt, erstreckte. Er kam aus Sarndal, dem Städtchen auf dieser Seite der Furt, das vom Handelsverkehr zwischen dem westlichen Eriador, Minhiriath und dem Land weiter südlich lebte. Ursprünglich kam er aus Mithlond, nach dem enttäuschenden Ende seiner Reise nach Karad- Manû hatte ihn sein Herr Círdan wieder nach Süden geschickt, wo es viel zu tun gab, denn die Dinge standen nicht zum besten, auch wenn hier an der Sarnfurt keine Dörfer brannten und der Handel ruhig und geordnet abgewickelt wurde. Das Unheil würde noch kommen.

Unterhalb des Waldes trieben zwei Hirten eine Herde Ochsen zur Weide und schenkten dem Reiter wenig Aufmerksamkeit. Nahirion hatte es geschafft, dass man ihn erst bei genauerem Hinsehen als Elb erkennen konnte. Er trug einen braunen Kapuzenmantel, der das darunter liegende Elbengewandt gut verbarg. Man hielt ihn vielleicht für einen Edelmann, der die Gegend abritt. Es war noch kein Krieg zur Sarnfurt gekommen und die Bauern waren nicht misstrauisch.

Nahirion entdeckte eine getarnte Gestalt zwischen den Birken und trieb seinen Hengst in den Wald hinein. Sie hatten ihn selbstverständlich schon lange gesehen und waren vorbereitet. Unter einer Birke saß ein Mann in grünbrauner Kleidung mit Kapuzenmantel, Lederwams, verhülltem Gesicht und einem Schwert am Gürtel, auf dessen Griff er die Hand gelegt hatte. Als Nahirion näher kam, stand er auf und hob die Hand als Zeichen, dass der Reiter anhalten sollte. Unmittelbar darauf erschienen weitere Gestalten dieser Art zwischen den Bäumen. Es waren fünf, vier hielten ihre Bögen gespannt, der fünfte trug einen Speer, um den Reiter vom Ross zu zwingen.

„Man hat mir in Mithlond gesagt, dass sich hier Dúnedain herumtreiben.“, sagte Nahirion und nahm die Kapuze ab.

„Besuch von den Elbenherren.“, sagte der Anführer der Waldläufer und auf einen Wink hin ließen die anderen ihre Waffen sinken. Der Anführer nahm Kapuze und Gesichtsverhüllung ab. Es war ein Dúnedain wie fast alle anderen: Dunkles Haar, schmales Gesicht, scharfe Augen, dazu eine hübsche Narbe an der Nase.

„Baranir.“, sagte Nahirion und grüßte nach elbischer Sitte. „Halbarads Neffe, ich hörte, dass man dir die Überwachung der Grenze hier anvertraut hat.“

Baranir nickte. „Wir sollten zum Lager gehen. Wir haben uns auf der felsigen Anhöhe dort gemütlich eingerichtet. Von dort können wir das ganze Umland beobachten.“

Nahirion stieg ab und folgte Baranir und drei Waldläufern in den Wald hinein, während zwei andere unauffällig zurückblieben, um weiter dieses Waldstück zu bewachen, von wo aus wohl die einzige Möglichkeit bestand sich dem Versteck der Waldläufer zu nähern. Bald stieg das Gelände an und wurde felsig, die Gruppe stieg einen steilen Weg zwischen Buchen und Felsbrocken hinauf, bis sie schließlich auf einer Art von Plateau ankamen.

Hier oben wuchsen Buchen und einige Kiefern, zwischen denen noch die Reste alten Mauerwerks lagen. Sie befanden sich auf einer Anhöhe, wo einst eine Festung gelegen hatte, die von Arthedain in alter Zeit zur Überwachung der Grenze genutzt worden war. Schließlich hatten andere Menschen die Festung zerstört, übrig geblieben war nur diese Anhöhe, von der aus man aber einen wunderbaren Ausblick haben musste. Nahirion sah dort oben etwa zehn Waldläufer, die sich gerade eine Suppe kochten und dem Neuakömmling kaum Beachtung schenkten. Baranir nahm Nahirion zur höchsten Erhebung, den Resten des Fundaments eines Turms, mit hinauf. Dort oben schien es Nahirion, als könnte er mit seinen Elbenaugen bis zum Meer schauen. Die Waldläufer hatten sich keinen schlechten Posten ausgesucht. Unter dem von einem Wolkenschleier bedeckten Himmel konnte er teilweise noch Dörfer und kleine Städte im mittleren Minhiriath erkennen. Die alte Minhiriath- Straße führte von dort mit vielen Kurven zur Furt. Auf der Straße waren Händler mit Ochsengespannen unterwegs. Die Bauern holten den letzten Rest der Ernte ein. Es war Herbst, die Wälder waren rot, gelb und braun geworden. Nahirion konnte Sarndal erkennen, ein kleines Städtchen ähnlich wie Bree, etwas mehr als tausend Einwohner groß. Angeblich gab es den Ort schon ununterbrochen seit der Zeit der Könige, auch wenn dort wenige alte Gebäude waren und der Ort mit seinen Strohdächern und seinen Holzwällen aussah wie ein großes Dorf.

Nach einer Weile der Betrachtung bat Baranir seinen Gast zu einem Tee, der inzwischen aufgekocht war. Sie ließen sich in einer Ecke nieder, die vielleicht ein mit Erde gefüllter ehemaliger Kerker war. Der Tee aus heimischen Kräutern war nichts für einen Elben, aber Nahirion hatte gelernt mit den schlichten Speisen und Getränken der Elben vorlieb zu nehmen.

„Die Lage hat sich verändert, nehme ich an.“, sagte er dann.

Baranir nickte. „Alles scheint friedlich zu sein, aber Minhiriath ist Kriegsgebiet. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass unsere Feinde versuchen die Furt im Stillen zu überqueren und Sarndal dann von innen nehmen wollen. So sind sie andernorts schon oft vorgegangen. Um das zu verhindern, sind wir hier.“

„Wie geht es mit den Leuten hier voran?“

„Schlecht, muss ich sahen. In Sarndal regieren Kaufleute, die kein Interesse daran haben, dass wir die Leute an der Furt durchsuchen und die Händler verschrecken. Sie sehen darin einen Eingriff in ihre eigenen Freiheitsrechte. Außerdem sind sie zunehmend der Meinung, dass sie für sich selbst sorgen können. Sie haben etwa drei Dutzend Söldner aus Dunland angeheuert, auf deren Verlässlichkeit ich nicht viel gebe, aber sie glauben, mit ihnen jedem Ansturm gewachsen zu sein.“

„Sie verschließen die Augen.“ Nahirion bemerkte, dass es immer wieder dasselbe war.

„Das tun sie.“, sagte Baranir. „Ich hörte aber noch andere Dinge, Nahirion.“, fuhr er fort. „Angeblich tauchen jetzt sogar Feinde weiter nördlich, am Madarn auf. Ich glaube nicht, dass das Gerüchte sind. Was tun die Elben dagegen?“

Nahirion legte seinen Teebecher ab, dann begann er etwas widerwillig zu erzählen. Er verriet Baranir, dass er sich um die Hilfe der Zwerge von Karad- Manû bemüht, aber an dem Starrsinn und dem Misstrauen der Zwerge gescheitert war. Er erläuterte auch, dass die Kräfte der Elben zu gering waren, um noch große Feldzüge außerhalb von Lindon zu unternehmen, und die Menschen der Gegend friedliche Bauern und keine ernst zu nehmenden Kämpfer waren.

„Jetzt ziehe ich nach Süden. Dort braut sich ebenfalls Unheil zusammen.“, fuhr er fort. „Wenn die Piratenschiffe von ihren Häfen in Minhiriath aus die Baranduinmündungen überfallen, wäre ein Vormarsch Sagaturns nach Norden von der Flanke her gesichert. Mordor unterstützt diese Leute überall und anscheind gibt es noch andere Unterstützer. Ich muss die Menschen da unten dazu bringen, sich kampfbereit zu halten. Aber es sind leider nur Fischer und Bauern.“

„Also hast du keine Zeit übrig für die Bedrohung im Norden.“, erkannte Baranir.

„Es ist leider nur eine Frage der Zeit, bis da oben viel Blut fließen wird.“, sagte Nahirion. „Ich muss mir andere Verbündete suchen. Am besten sind noch immer altbewährte Freunde.“

Baranir ahnte, worauf Nahirion hinauswollte. „Das sollten sich die Elben aus dem Kopf schlagen. Die Kräfte der Dúnedain sind schon jetzt völlig überbeansprucht. Wir haben von unseren Ahnen den Auftrag geerbt, die Menschen vom Mitheitel bis zu den Blauen Bergen zu beschützen und die Sendboten Mordors fernzuhalten. Aber wir sind letztendlich nur ein Stamm unter vielen und können nicht jeden Feind in ganz Eriador bekriegen. Unsere Brüder werden, seit die Orks die Zwerge größtenteils von den Pässen vertrieben haben, von ihnen im Osten stark unter Druck gesetzt. Alles können wir nicht tun, Nahirion, wir sind nicht die Valar.“

Nahirion hörte mit ausdrucksloser Miene zu und nickte dann. „Ich muss mir andere Verbündete suchen. Es schmerzt, dass nicht nur unsere Kraft über die Jahre geschwunden ist.“

Ein Falke umflog die Anhöhe und schrie, dann verschwand er wieder in den Wäldern. Es war, als würde er die Menschen und den Elb verspotten. Nahirion trank den Tee.

„Versuch es mit den Menschen oder mit den Halblingen.“, riet Baranir. „Es sind einfache Bauern, die noch nie in einem richtigen Krieg gekämpft haben und auch nicht über die nötige Ausrüstung verfügen, aber es gehört nicht viel Kunst dazu, eine Horde Orks abzuwehren, wenn man die nötige Anzahl an Kriegern hat.“

Nahirion musste unwillkürlich lächeln. Baranirs Worte hatten sich wie ein böser Scherz angehört. „Das, was da im Norden aufmarschiert, ist leider kein Trupp wilder Orks. Um sich gegen so etwas zu wehren, braucht man wirklich nur ein paar Bauern mit Mistgabeln. Ich befürchte, dass das, was am Madarn aufgetaucht ist, mehr als das ist. Diese Streitmacht muss gut geführt sein, wenn sie bis hierhin gekommen ist. Und dagegen soll ich eine Truppe von Bauern mit Mistgabeln und Sensen aufstellen? Die Menschen wie die Halblinge sind feige, sie flüchten und geben ihre Dörfer auf, wenn der erste Ork auftaucht.“

Baranir hörte nun wiederum ausdruckslos zu. „Dann musst du es wieder mit den Zwergen versuchen.“

Nahirion nickte. Aber eine andere Gefahr drohte aus dem Süden. Zusammen mit Baranir ging er noch einmal auf die Reste des überwachsenen Festungswalles, um das Treiben am Fluss zu beobachten. Die Sarnfurt wurde von Menschen mit Eseln und Wagen überquert. Teils brachten sie das beliebte Pfeifenkraut der Halblinge nach Süden, teils brachten sie Fleisch und Getreide nach Norden. Keiner wurde durchsucht. Niemand wusste, ob es alles ehrliche Händler waren. Der Feind streckte in alle Richtungen seine Fühler aus. In den Ländern weit im Süden und Osten herrschte Krieg, in Minhiriath herrschte Krieg, im östlichen Eriador und womöglich auch bald im westlichen Eriador, unmittelbar vor der Grenze Lindons. Nahirion wandte sich wieder ab.

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Am Madarn, spät in der Nacht

Aus jahrelanger Erfahrung wusste der Mann auf dem schwarzen Pferd, dass Krieg in jedem Fall Blut forderte. Und er hatte genug Erfahrung, um zu wissen, wie man das Blut taktisch einsetzen konnte. Wenn schon in jedem Fall Blut floss, konnte man das auch ausnutzen. Er besaß genaue Kenntnisse der Lage. Sein Meister, der weit im Osten, in Mordor wohnte, hatte Diener in ganz Eriador, die unerkannt ganz gewöhnlichen Tätigkeiten nachgingen und auf Befehl hin alles berichten konnten, was er wissen wollte. So wusste Gorlas, dass es in diesem Kampf drei Beteiligte gab. Ihn selbst, der eine Streitmacht seines Herrn von den wilden Bergen des einstigen Angmars bis hierhin ins spätherbstliche Westeriador geführt hatte, die Elben, die in jedem Fall seine Feinde waren, aber nicht stark genug waren, um selbst gegen ihn zu Felde zu ziehen, und die Zwerge, die in den Blauen Bergen wohnten und allem Anschein nach unschlüssig waren, was sie tun sollten.

Zwei Wochen waren vergangen, seit seinen unfähigen Orks bei einem Spähauftrag jenseits des Flusses ein Troll entlaufen war und ein Menschendorf ausgelöscht hatte. Das war so nicht geplant gewesen. Noch waren da die Vorbereitungen nicht abgeschlossen gewesen. Jetzt allerdings waren sie abgeschlossen. Es war eine Meisterleistung gewesen, so viele Vorräte über die großen Entfernungen bis hierhin zu schleppen, um abseits der eigenen Nachschublinien einen Feldzug führen zu können. Aber Gorlas war ein begabter Feldherr, deswegen hatte er auch den Oberbefehl über die Diener seines Meisters im nördlichen Eriador inne und jetzt sollte er das westliche heimsuchen. Jetzt wusste er, dass der Zeitpunkt gekommen war, seine Gegenwart endgültig zu offenbaren. Und dieses Zeichen musste so deutlich sein, dass die Zwerge eher Lust bekamen ein Abkommen mit ihm zu schließen als sich den Elben anzuschließen. Die Menschen, die in diesen Gebieten siedelten, würden kein Hindernis sein. Sie waren verstreut, lebten in einfachen Dörfern, hatten kein Heer und keinen Anführer, um sich ihm entgegenzustellen. Gorlas wusste, dass der beste Weg, nach dem Winter sein Heer zu versorgen, darin bestand die Bauern soweit einzuschüchtern, dass sie seine Orks gezwungenermaßen durchfüttern würden.

Nach dem Angriff des Trolls, der irgendwo in der Wildnis verschwunden war, befanden sich die Fischer am Madarn anscheinend noch immer in Schockstarre. Aber Gorlas hatte dafür gesorgt, dass keine weiteren Orks oder Trolle aufgetaucht waren, sodass sie sich jetzt wieder einigermaßen in Sicherheit wiegten. Sie waren nicht geflohen. Sie blieben in ihren Dörfern bei ihrem einzigen Besitz und hofften, dass der Troll nur ein böser Albtraum war. Sie verschlossen die Augen. Zum größten Teil standen die Dörfer am Südufer des Madarn, längst waren die wichtigsten von ihnen von der Ferne ausgekundschaftet worden. Gorlas hatte seine Truppen in Stellung gebracht. Er wusste sogar schon, wo er seine Brücke gebaut haben wollte. Eine Brücke über den Madarn musste her, damit er sein Heer dauerhaft übersetzen konnte. Und dazu brauchte er die Arbeitskraft der Fischer. Auch aus diesem Grund musste getan werden, was jetzt geschah.

Der überraschende Überfall auf unbewaffnete Dörfler war eine Kunst, die Gorlas bei den Sklavenjagden im Norden zur Vollkommenheit gebracht hatte. Es musste möglichst schnell gehen, die Dörfer waren niederzubrennen, aber es musste möglichst viel Beute gemacht werden und die Bewohner waren nicht alle abzuschlachten. Er brauchte sie für die Brücke und für viele andere Arbeiten, die nötig waren. Außerdem hatte er nichts dagegen, einige hundert Sklaven zu erbeuten und sie zum Wohle der eigenen Tasche zu verkaufen. Solange der Feldzug zu einem Erfolg führte, würde sein Herr in Mordor sein Auge zudrücken.

Die Menschen schliefen, während sich die Orks in den Uferwäldern bereit machten und auf herangetragenen Flößen das ruhige Wasser des Madarn überschifften. Gorlas selbst blieb mit seinen höchsten Gefolgsleuten weiter nördlich und beobachtete das Geschehen, während sich die Orks den Dörfern nach einem abgestimmten Plan näherten.

Und dann brannten die Dörfer. Die Schreie von Menschen hallten durch die Nacht, ebenso das Gejohle der Orks und das Knistern der Feuer, die den Nachthimmel wie grellgelbe Sterne erleuchteten, die sich bereit machten zum Himmel aufzusteigen. Gorlas genoss diesen Anblick. Im gesamten Mittelabschnitt des Madarn überquerten etwa eintausendfünfhundert Orks den Fluss, um dreißig Dörfer auszuschalten. Niemals hätten sie diesen Feldzug selbst durchführen können. Sie waren immer heißhungrig auf Blut und Zerstörung, konnten aber keine Ordnung in ihre Vorhaben bringen. Deswegen brauchte ihr Herr auch Männer wie Gorlas, die ihre blinde Zerstörungswut begrenzen und nutzen konnten. Es waren nicht alle Dörfer dieses Stammes, die da zerstört wurden, aber der Rest würde bald aufgegeben werden.

Die Hauptleute lachten und scherzten bei dem Anblick, darunter Negan, Gorlas‘ rechte Hand, der dafür zuständig war in den nächsten Tagen die Zwerge ruhig zu stellen. Gorlas hatte keinen Grund auch zu offenbaren, wer die Orks anführte, die gerade jetzt die Dörfer verwüsteten. Immerhin hatten die Zwerge ja einige Gründe ihn zu hassen. Es war über die Jahre recht einträglich gewesen, fahrende Zwerge zu entführen und sie dann entweder gegen üppige Lösegelder wieder freizulassen oder an die Orks weiterzuverkaufen, die ihre Gefangenen in den Minen einsetzten. Seitdem war er der Erzfeind aller Zwerge, denn bei diesem Volk rächte eine jede Sippe den Verlust einer anderen, ganz anders als bei den Menschen. Gorlas hatte sich deswegen schon einige Male mit Zwergen herumschlagen müssen, die seinen Kopf wollten, dabei war er aber immer wieder entkommen und hatte gelernt, wie selbst diese tüchtigen Krieger zu schlagen waren. Das waren Erfahrungen, die ihm am Resthir- Pass zugute gekommen waren.

Die Dörfer brannten wie Zündholz, ihre Schilfdächer fingen schnell Feuer. Es war ein beeindruckendes Schauspiel diese flammenden Infernos am Horizont zu sehen. Viele hatten dieses fragwürdige Vergnügen und viele nutzen es, um ihm letzten Moment, bevor die Orks kamen, ihre Häuser zu verlassen und nach Süden zu fliehen. Noch in der Nacht flohen hunderte Menschen aus ihren Dörfern.

Gorlas hatte befohlen es bei der Zerstörung der Dörfer und der Gefangennahme der darin befindlichen Menschen zu belassen. Aber wieder einmal ließen sich Teile der Orks hinreißen noch weiterzugehen. Sie verfolgten die Flüchtlinge weit über den Madarn hinaus und verwüsteten weitere Dörfer. Viele erschlagene Menschen lagen auf den Wegen. Die Orks erreichten in ihrem Blutdurst und ihrer Beutegier sogar die Marktsiedlung südlich der Abendrotberge, wo sie aber auf eine vorab gewarnte Dorftruppe stießen und sich wieder zurückzogen.

Ein Stück westlich davon ritt ein Zwerg auf einem Pony die Nacht hindurch, um rechtzeitig in Karad- Manû anzukommen. Es war Golnur. Er sah die brennenden Dörfer rechtzeitig, um auf der Hut zu sein. Dann tauchten ein paar Orks auf den Feldern vor ihm auf. Golnur tauchte rechtzeitig in einen nahen Wald ab, bis die Orks wieder verschwanden. Dann ritt er weiter.

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In Karad- Manû

In der Zwergenstadt wollte man das Erzfest zu Ehren des Gottes Mahal feiern. König Frór legte Wert darauf, dass das alte Fest stattfand, dabei war die Stimmung bei seinen Untertanen alles andere als rosig. Noch immer war keine Nachricht aus dem Osten gekommen, wo das Schicksal von hunderten Zwergen aus den Blauen Bergen ebenso unklar war wie das der Zwergenstützpunkte. Obendrein wusste man nicht, ob der Königssohn Thrór bei den Verwandten gut angekommen war. Und außerdem war der Handel auf den großen Straßen durch Eriador auf weiten Strecken zusammengebrochen. Angeblich war die Ost- West- Straße ab den Wetterbergen so unsicher, dass sich dort keiner mehr auf Reisen wagte. Da man sehnsüchtig auf Neuigkeiten wartete, wog es schwer, dass seit etwa einer Woche kein Besucher mehr gekommen war. Die Zwerge fragten sich, was ihr König als nächstes tun würde.

Hauptmann Murin war mitten in der Nacht aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen. Es waren die Verwundungen, die er am Resthir- Pass davongetragen hatte und die trotz aller Heilkunst noch immer so sehr schmerzten, dass jeder Schritt weh tat. Also wanderte er schlaflos durch die Korridore der Zwergenstadt. Er konnte keinen Frieden finden. Er traf einige andere Zwerge, die entweder auch keine Ruhe fanden oder sich notgedrungen mit den Vorbereitungen des Festes beschäftigten und Bänke schleppten und Kohlebecken verräumten. Als die Dämmerung in den von Wolken bedeckten grauen Bergen begann, stand Murin am Fenster des Wächters, das durch den Fels der Bergwand oberhalb des Tores gehauen worden war und einen Ausblick über die Gipfel in der Nähe gestatte. Der Himmel wurde langsam grau. Irgendwo da draußen floß noch immer Blut, irgendwo floss immer Blut. Er war ein Krieger und fand in dieser Wahrheit, die immer in Mittelerde blieb, seine Berufung. Der eigentliche Wächter, der durch das Fenster die Bergwiesen vor dem Tor beobachten sollte, war eingeschlafen und lehnte sich an die mit Zwergenrunen gravierte Wand.

Aus einem Gang, der von unten in die Wachstube führte, hallten Hammergeräusche. Murin ging hinunter, um den emsigen Handwerkern Gesellschaft zu leisten. Diejenigen Zwerge, die am Bau der großen Maschinen beteiligt waren, hatten eine große Halle für sich, die mit Werkzeugen und den Rohmaterialien gefüllt war. In der Mitte der Halle arbeiteten zwei Zwerge an einem Gerät, das Murin unschwer erkannte. Nach dem Verlust Khazad- Dûms hatten sich die Zwerge zunehmend mit dem Bau von Kriegsmaschinen beschäftigt. Aus einfachen Ballisten hatten die Handwerker in den Eisenbergen diesen Typ entwickelt, der gerade hier gebaut wurde. Vier ballistische Spannen aus biegsamem Stahl ragten aus einem Kasten mit Holzverkleidung heraus. Dieser Kasten stand auf einem Radgestell und hinten war er offen. Hier waren vier Fächer, in die je zehn Bolzen gesteckt wurden. Jedes Fach hatte eine eigene Spanne, mit einem Schuss wurden je zehn Bolzen mit stählerner Spitze mit einer Kraft abgeschossen, die sie mit hoher Geschwindigkeit über eine Strecke katapultiert wurde, wie sie nur von den Langbögen der Elben übertroffen wurde. Und selbst am Ende dieser Strecke bewahrten die Bolzen eine Durchschlagskraft, die von keiner anderen Waffe in Mittelerde übertroffen wurde.

Murin sah den beiden Handwerkern zu, wie sie ein Rad an das Gestell steckten, das fast fertig war. Von einem Seitengang ertönten Schritte. Seit den Erlebnissen im Osten erwartete Murin hinter jeder Ecke einen Feind und musste sich zwingen nicht immer gleich zur Axt zu greifen. Und es war auch sein eigener Sohn Murun. Er war für den Stahl, der in den Werkstätten verarbeitet wurde, zuständig, wenn er nicht seinen Dienst bei der Wache wahrnahm. Er hätte wie ein Ebenbild seines Vaters gewirkt, wenn nicht eine Lebenslust in ihm gewesen wäre, die seinem Vater schon seit langem fehlte. Mit einem breiten Lächeln begrüßte er seinen Vater.

„Die Krotagorne ist bald fertig.“, sagte Murin.

„Ja. Diese hier wird oberhalb des Tores aufgestellt, Vater.“, sagte Murun. „Wenn nicht befohlen wird, dass sie wie die drei letzten wieder zerlegt und in Einzelteilen nach Osten geschickt werden soll. Der König hat aus Gründen, die ich nicht kenne, Angst um die Sicherheit dieser Stadt. Eine Krotagorne kann jeden Feind von unserem Tor fernhalten.“

„Es ist eine gefährliche Waffe.“, sagte Murin. „Ihre einzigen Nachteile sind das Laden und die schlechte Beweglichkeit.“

Murun brummte. „Beweglich sind sie noch immer kaum. Aber die Ladegeschwindigkeit ist in den letzten zehn Jahren halbiert worden. Sieh dir diese Stücke an.“ Er wies auf Eisenkästen hin, die auf einem Tisch lagen. „Man schiebt mit ihnen die Bolzen in die Fächer, die sofort gefüllt sind. Man muss nur noch spannen. So spart man sich das Einsetzen jedes einzelnen Bolzen.“

„Ohne Kriegsgeschütze wie die Krotagornen hätten uns unsere Feinde an manchen Orten schon längst überrannt.“, sagte Murin. „Wir Zwerge sind ein kleines Volk, ohne unser Wissen wären wir schon verloren. Mahal gebe, dass unsere Geheimnisse niemals verraten werden. Am Resthir- Pass hatten wir eine Krotagorne, die Feinde haben immer einen weiten Bogen um sie gemacht. Aber dann hatten wir keine Bolzen mehr und zerstörten das Ding, damit es nicht unseren Feinden in die Hände fiel, bevor wie uns in die Wildnis zerstreuten.“

Murun schwieg kurz. „Die Erinnerungen müssen schwer sein.“, sagte er vorsichtig.

„Zwerge sind zum kämpfen gemacht.“, brummte Murin seinen Sohn an. „Wir wimmern nicht. Wir leben schwer mit Niederlagen, nicht mit der Erinnerung an Blut. Menschen weinen, wenn sie Tote und Verletzte sehen, das sind Jammerlappen. Wir Zwerge trauern nur, wenn sie von ihren Feinden zu einem schmählichen Rückzug gezwungen wurden. Und die Trauer hat ein Ende, wenn die verlorenen Brüder gerächt wurden.“

Murun wusste, dass sein Vater keine Ruhe finden würde, solange der Krieg andauerte. „Was hat es eigentlich mit Brasgur auf sich?“, fragte er.

Murin warf seinem Sohn einen grimmigen Blick zu. „Brasgur ist ein vortrefflicher Krieger. So einen wie ihn findet man selbst unter Zwergen nur selten. Dutzenden Orks hat er die Köpfe abgeschlagen und durch die Länder von hier bis zu den Eisenbergen ist er gezogen. Und klug ist er, er sieht Dinge, die wir noch nicht erkennen können. Also einer von den Älteren, an die sich die Jüngeren wie du halten sollten, Murun.“

„Hatte er nicht auch Söhne?“, warf Murun ein.

Murin sah seinen Sohn nicht an. „Er hatte drei vortreffliche Söhne, drei wunderbare Zwerge. Sie haben ihn auf einer Reise ins Nebelgebirge begleitet. Nahe dem Elbengebiet wurde die von den beiden angeführte Vorhut von einer Übermacht Orks umzingelt. Brasgur konnte ihnen nicht helfen, denn der Weg war verschüttet. Er bat sogar die Elben um Unterstützung trotz der Verbrechen, die sich zuschulde kommen ließen gegen unser Volk. Aber sie halfen nicht. Der letzte Kampf der Vorhut dauerte über einen Tag, dann waren sie alle tot.“

Murun schwieg. Murin hatte nichts mehr zu sagen und stieg wieder zur Wachstube hinauf. Der Wächter schlief noch immer. Noch immer hatte er eine wunderbare Aussicht. Kühler Wind wehte durch das Fenster hinein. Eine einsame Gestalt, die ein Pony an der Hand führte, kämpfte sich durch die verschneiten Bergwiesen.

Bearbeitet von Murazor
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Tromur war in Eile. Zwei Diener des Königs hatten ihn gerade aus dem Bett geholt. Es gab Wichtiges zu besprechen. Ein Bote war wohl zum König gekommen und hatte wichtige Neuigkeiten gebracht. Er und die zwei Diener kamen aber nicht so schnell voran, wie sie hätten können, wenn die Hallen leer gewesen waren. Das Fest wurde gefeiert und gerade jetzt war die Haupthalle voll von Zwergen, die Bänke und Fässer an bestimmte Plätze räumten. Lichter und Teppiche wurden zum Schmuck der Hallen befestigt und in den Küchen war man sicher schon eifrig dabei genug Braten für tausende Zwergenmäuler bereitzustellen. Karad- Manû war ein heiliger Ort und viele Zwergensippen, die an anderen Orten in den Blauen Bergen wohnten, kamen hierher, um das Fest zu feiern. Dumm war nur, dass die Gänge jetzt heillos verstopft waren und Tromur einen kleinen Seitengang, der eigentlich für die Verteidigung gebaut worden war, nehmen musste, um schließlich in der Wachhalle neben den königlichen Räumen anzukommen. In der Wachhalle, die dazu da war, dass der König ständig Leibwächter in der Nähe hatte, herrschte Unruhe. Drei Bewaffnete mit Äxten redeten gerade unruhig miteinander in dem großen kahlen Raum, der von einem flackernden Kohlebecken beleuchtet wurde. Sie ließen Tromur, nachdem der sich vernehmlich geräuspert hatte, schnell durch. Der schmale Durchgang zwischen der Wachhalle und der Königshalle war zu Tromurs Überraschung voll von Zwergen. Es waren drei Wächter und ein Diener, die leise miteinander redeten. Die Tür zur Königshalle war offen und laute Stimmen waren zu hören. Jemand rief vernehmlich: „Ruhe!". Tromur fragte die Zwerge im Durchgang, was der Bote schon gesagt hatte.

Die Wachen lauschten dem Geschehen in der Königshalle, der Diener verneigte sich schnell vor dem ehrwürdigen Berater des Königs und antwortete: „Es ist ein Händler aus dem Nebelgebirge. Er war völlig außer Fassung, als er angekommen ist. Er hat in Bree anscheinend jemanden getroffen, der vor kurzem hier war. Der Händler Brandur soll das gewesen sein…"

„Den kenne ich nicht.", antwortete Tromur. „Was hat er gesagt? Sag schnell?"

Der Diener zögerte kurz. „Gorlas ist am Madarn."

Tromur hätte es nicht für möglich gehalten, dass ihm noch ein Zittern durch den Körper ging. „Und?", fragte er. Er wollte so schnell wie möglich selbst in die Königshalle.

„Seine Leute haben den Madarn überquert und eine Reihe von Dörfern verwüstet.", sagte der Diener.

Das hieß, dass sie die Ost- West- Straße bedrohten. O Mahal, das kann nicht wahr sein, dachte Tromur, als er sich nach vorne drängelt. Da war das, was der große Elb gesagt hatte, eine riesige Untertreibung gewesen. Er hatte schon sehr früh von Gorlas gehört, vor zwanzig Jahren, da war er noch ein unbedeutender Räuber und Sklavenjäger in der Gegend, die mal Angmar geheißen hatte. Damals hatte er einen entfernten Verwandten Tromurs entführt. Den Verwandten sah Tromur niemals wieder, er war angeblich in die Orkstadt von Gundabad verkauft worden. Und Tromur wusste, dass aus dem Sklavenjäger von damals ein dunkler Feldherr geworden war, der auf Kosten von Feinden der Zwerge Heere von Orks und Trollen durch das Nebelgebirge und nach Eriador hineingeführt hatte. Er musste hören, was dieser Bote zu sagen hatte.

Er drängelte sich in die Königshalle hinein. Sie war voll. Jeder Zwerg, der erfahren hatte, dass hier sehr wichtige Dinge gesagt wurden, hatte zumindest versucht hineinzukommen. Mindestens hundertfünfzig Zwerge waren da und obwohl alle flüsterten, wenn sie miteinander sprachen, musste es laut sein, zumal es ein geschlossener Raum war. Die halbe königliche Dienerschaft und fast alle Wächter waren anwesend und drängten sich an den Rändern des Raumes, während unten auf den steinernen Bänken diejenigen waren, die als einzige wohl ein echtes Recht darauf hatten hier zu sein. Das waren die Mitglieder des Kronrates, zu dem auch Tromur gehörte. Tromur sah König Frór, der auf seinem Thron saß und äußerst angespannt wirkte. Unten auf einer Bank war Murin und hinter ihm sein Sohn Murun. Nur Brasgur war nicht zu sehen.

„Und dieser Brannor, was hat der gemacht?", sagte Farin, ein Mitglied des Kronrates. Die Frage schien an einen Zwerg in verschlissener Kleidung gerichtet zu sein, der in der Mitte der Halle vor dem Thron stand und sehr zittrig wirkte. Das musste der Bote sein. Dieser Zwerg musste eine harte Reise hinter sich haben.

„Er hat ihm Waffen verkauft.", sagte der Bote und seine rechte Hand zitterte. „Er hat Brandur gegenüber alles ausgeplaudert. Er war in Bree, zusammen mit einigen Menschen aus Dunland. Er hat geprahlt, er hatte sehr viel Geld."

„Was hat er ihm verkauft?", fragte Farin, als würde er den Boten verhören. Der König beobachtete das Treiben nur, aber er stellte selbst keine Fragen.

Der Bote zögerte eine Weile. „Alles."

„Was alles?"

„Waffen."

„Wie viel? Was für Waffen?"

„Das weiß ich doch nicht!", schrie der Bote fast. Es war zu erkennen, dass er mit seinen Nerven am Ende war. „Aber Gorlas hat sehr viel Geld bekommen."

„Woher weißt du das?"

„Jeder wusste das.", antwortete der Bote. „Er hat damit geprahlt und viele Zwerge aus vielen Sippen haben das gewusst. Jeder hat geahnt, dass er krumme Geschäfte macht, aber doch nicht so viel."

„Es ist uns sehr wichtig, welche Waffen er bekommen hat.", sagte eine Stimme. Es war die Stimme von Brasgur. Tromur sah sich in der Halle um und erkannte Brasgur in der Ecke rechts neben ihm. „Hat Brannor ihm einfach nur Äxte und Pfeile verkauft oder hat er ihm auch hochwertiges Kriegsgerät verkauft?", sagte er sehr scharf.

„Woher soll ich das wissen?", entgegnete der Bote. Er war heiser. „Er hat gesagt, dass er Waffen verkauft hat."

„Woher weißt du, dass es Waffen waren?", fragte Brasgur.

„Brandur hat das gesagt, nachdem er ihn getötet hat."

Das musste er vorher schon einmal gesagt haben, aber ein Raunen ging durch die Halle und einige Zwerge schüttelten den Kopf.

Farin stand auf. „Er hat seinen Vetter getötet? Das kann ich jetzt nicht glauben."

„Er hat ihn getötet. Mit einem Käsemesser. Er ist aufgestanden und hat ihn getötet." Die letzten Worte waren fast geschrien. Der Bote war bleich geworden und der Lärm in der Halle war jetzt so groß, dass man kaum noch etwas verstehen konnte.

„Ruhe!", rief Brasgur mit seiner durchdringenden Stimme.

Farin wollte eine Frage stellen, wartete aber, bis in der Halle wieder Ruhe herrschte, was eine Weile dauerte: „Dieser Brandur… Er ist verlässlich, oder?"

„Er ist verlässlich.", sagte der Bote stockend.

„Er hat nie selbst etwas mit krummen Geschäften zu tun gehabt?"

„Nein…", sagte der Bote und schien nachzudenken.

„Nein was?", hakte Farin nach.

„Er hat mal Geschäfte mit den Elben gemacht.", sagte der Bote langsam und sofort wurde es wieder laut in der Halle. „Er hat für sie Silber über die Berge gebracht."

Der Lärm war so groß, dass Brasgur noch einmal Ruhe herbei brüllen musste.

„An wen ging das Silber?", fragte Brasgur.

„Das weiß ich doch nicht.", sagte der Bote händeringend. „Irgendwie hatte das mit den Elben zu tun. Er hat mir das mal erzählt, als ich ihn besucht habe. Ich glaube, er sollte für sie Silber nach Wilderland bringen. Ich weiß nicht, wieso oder für wen."

„Von Brannor haben wir hier noch nie was gehört.", sagte Farin und wollte weitersprechen, aber da meldete sich Murin zu Wort.

„Ich habe einmal von ihm gehört. Als ich drüben gekämpft habe. Einer von den Leuten aus Mandûrk hat geschimpft, dass ein Brannor Fleisch an die Orks verkaufen würde. Aber sonst weiß ich nichts von diesem Brannor." Murins Aussage wurde von großem Getuschel entgegengenommen.

„Danke Murin.", sagte Farin, auch wenn der Lärm groß geworden war. „Zumindest wissen wir, dass dieser Brannor mit Orks Geschäfte gemacht hat. Aber da hat er ihnen nur Fleisch verkauft. Woher können wir wissen, dass er ihnen in den letzten Monaten so viel mehr verkauft hat?"

„Er war sehr reich.", sagte der Bote und seine linke Hand zitterte. „Er hat großes Gefolge."

„Hatte er, wenn er tot ist.", berichtigte Farin den Fehler. „Aber hast du gesehen, wie er gestorben ist?"

„Nein, selbst seine Leute haben geglaubt, dass er nur eingeschlafen ist."

„Also kann niemand außer dir bezeugen, dass Brannor tot ist. Aber du weißt es nur von Brandur, der ihn getötet hat, seinen eigenen Vetter. Sonst kann das niemand bezeugen?"

Gerade in diesem Augenblick, als der Lärm am größten war, drängelte sich ein Zwerg mit roher Gewalt durch den offenen, mit Zuschauern gefüllten Durchgang zur Haupthalle und rief etwas, das zuerst im Lärm unterging. Dann brüllte er das, was er zu sagen hatte, geradezu: „Ein Gesandter!"

Die Köpfe aller Zwerge in der Halle wandten sich zu dem Zwerg um, der, der Kleidung nach zu urteilen, zu den Arbeitern von der Eingangshalle gehörte. König Frór richtete sich im Thron auf, um den Zwerg besser erkennen zu können.

„Was für ein Gesandter?", fragte schließlich Farin.

Der Zwerg war sichtlich aufgewühlt. „Es ist ein Mensch.", rief er, als ob in der Halle noch immer Lärm wäre. „Er ist mit zwei anderen Menschen gekommen, die vor dem Tor geblieben sind. Er ist schwarz gekleidet."

„Woher kommt er?"

Als der Zwerg „Mordor" sagte, herrschte in der Halle helle Aufregung. Die Zwerge, die gesessen hatten, sprangen sofort auf und einige Wächter hoben sogar ihre Äxte. Einige brüllten Verwünschungen gegen Mordor in den Raum, andere waren entsetzt oder auch nur neugierig. Es dauerte eine Weile, bis wieder halbwegs Ruhe eingekehrt war. Frór hatte inzwischen kurz mit Murin und Farin gesprochen.

„Alle raus!", rief Murin, der von allen Mitgliedern des Kronrates am lautesten sein konnte. „Alle raus hier. Sofort. Nur die Zwerge vom Kronrat, fünf Diener und zehn Wächter dürfen hier drinnen bleiben."

Die Zuschauer gehorchten, denn Murin machte auf jeden Unentschlossenen Eindruck. Schnell strebten die Zwerge auf die Ausgänge zu. Tromur drückte sich an die Wand, um nicht mitgerissen zu werden. Dann suchte er sich einen Weg hinunter zu Murin, Brasgur, Farin und den anderen Mitglieder des Kronrates, die gerade mit dem König redeten, der vom Thron heruntergekommen war und ratlos aussah.

„Was soll das? Sie schicken jetzt einen Boten?", fragte Frór.

Murin nickte grimmig. „Das ist ihre Art. Ich hatte genug Gelegenheiten zu lernen, wie sie vorgehen. Und das gehört dazu. Sie gehen sehr schnell vor."

Bearbeitet von Murazor
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Negan hatte keinen besonders freundlichen Empfang erwartet und er wurde auch nicht besonders freundlich empfangen. Seine zwei Begleiter, mit denen er die vereisten und auch ein wenig gefährlichen Gebirgswege hierher hochgeritten war, mussten draußen bleiben. Er selbst hatte sein Schwert abgeben müssen. Negan hatte noch aus den Augenwinkeln gesehen, wie sich, nachdem er über die Brücke und durch das Tor gegangen war, dort ein Haufen von mit Piken und Äxten bewaffneten Wächtern sammelte. Die Zwerge hatten Angst. Sie hatten so große Angst, dass sie von Negans zwei Begleitern, die draußen auf der zugeschneiten Hochebene bleiben mussten, einen ernsthaften Angriff fürchteten. Und Negan selbst wurde von zehn stattlichen Wächtern zur Königshalle begleitet. Ihm war bewusst, dass die Äxte sehr locker in ihren Halterungen saßen. Er machte sich keine falschen Vorstellungen. Die Zeiten waren vorbei, wo die Sendboten Mordors noch einen Zwergenfürsten durch Schmeicheleien auf ihre Seite ziehen konnten. Und dafür gab es genug Gründe. Keinem Zwerg in Karad- Manû, der die Ereignisse im Osten verfolgt hatte, konnte er vormachen ein Freund der Zwerge zu sein. Sie hatten ihn sofort als einen Diener Mordors erkannt. Irgendeiner von den Kriegern am Tor hatte sich wohl daran erinnert, dass die Orktruppen, die am Resthir- Pass die Zwerge überrannt hatten, von solchen Gestalten wie Negan angeführt worden waren. Negan trug eine schwarze Rüstung und einen schwarzen Mantel. Er trug nicht das Zeichen des Auges, von dem er wusste, dass es für Mordor stand, das er nie besucht oder gesehen hatte. Trotzdem war den Zwergen an der Brücke sofort klar gewesen, dass Negan nicht hier war, um Nettigkeiten auszutauschen. Und das war Negan nicht unrecht.

Die Zwerge feierten das Erzfest. Das wusste Negan. Gorlas kannte die Feiertage der Zwerge sehr genau. Mehr als einmal hatte er sie ausgenutzt, um Zwerge beim Feiern zu überfallen und zu verschleppen. Nun würde es Negan von Nutzen sein, dass die Zwerge dieses Fest feierten. Richtig fröhlich waren sie nicht. Viele ihrer Verwandten waren im Osten gefallen. Dieses Fest stand unter schlechten Vorzeichen. Die Zwerge hatten die letzten Monate im Krieg im Nebelgebirge und im ganzen Osten Eriadors fast nur Niederlagen erlitten und waren entsprechend schlechter Stimmung. Der Handel nach Osten war zusammengebrochen, hunderte von Karad- Manû nach Osten ausgeschickte Krieger waren nicht zurückgekehrt und aus dem Osten kamen immer mehr schlechte Nachrichten. Gorlas hatte schon immer ein Talent dafür gehabt Kenntnisse über die Stimmung der Zwerge und ihren inneren Zustand zu bekommen. Er wusste, dass König Frór sehr unsicher war, ganz das Gegenteil seines Vaters Thráin, der vor langer Zeit mit kleinem Gefolge aufgebrochen war, um den Einsamen Berg zurückzuerobern, und erst recht das Gegenteil seines berühmten Bruders Thorin, der dasselbe mit noch kleinerem Gefolge ebenfalls versucht und sogar geschafft hatte. Frór hatte einen ganz anderen Charakter und Gorlas hatte erkannt, dass ihm dieses Erzfest mit dieser schlechten Stimmung schwer zu schaffen machen musste. Und mit diesen Vorkenntnissen war Negan nach Karad- Manû aufgebrochen. Die Zwerge, die, als er vorbeikam, ihre Festvorbereitungen ruhen ließen und ihn böse, aber auch irgendwie mutlos ansahen, waren für ihn die Bestätigung, dass sein Herr richtig lag. Und so machte die Pracht der Zwergenhallen auch keinen besonders großen Eindruck auf ihn. Er war weit davon entfernt von der Größe und Ausstrahlung der Hallen hingerissen zu werden. Er hatte in Gorlas‘ Gefolge schon einige Zwergenminen gesehen. Das hier war sehr viel größer. Dennoch, er konnte nicht beeindruckt werden. Die traurigen Mienen der Zwerge, die an den Seiten des Weges zur Königshalle standen, bestärkten ihn in seiner Meinung, dass die Zwerge schwach waren.

Sie durchquerten die Haupthalle. Ein schwacher Strahl von Tageslicht schimmerte durch irgendeine Öffnung in die Halle hinein, aber tatsächlich wurde der Raum nur von den Kohlebecken und Laternen der arbeitenden Zwerge beleuchtet. Draußen herrschte schlechtes Wetter. Negan musste den Mächten, die hinter ihm standen, danken, dass der Nordwind nicht die Wege nach Karad- Manû vollends hatte zuschneien lassen. Seine beiden Begleiter würden draußen vor dem Tor noch gehörig frieren. Die vielen Zwerge in der Haupthalle hatten ihre Arbeit, nämlich die Halle festlich herzurichten, ruhen lassen, als Negan eintrat. Ihre teils wütenden, teils ängstlichen und teils neugierigen Blicke ruhten auf der großen, dunklen Gestalt, die sich auf das andere Ende der Halle zubewegte, wo der prachtvolle Eingang in die Königshalle lag. Dieser Eingang war von einem Dutzend Wächter flankiert und Negan musste über diese Angst und das Misstrauen der Zwerge schmunzeln. Seit er Gorlas diente- was fast sein ganzes Leben ausmachte, seit er aus den kalten Bergen von Forodwaith herausgekommen war- hatte er viele Zwerge kennen gelernt. Und er hatte gelernt, dass Zwerge höchst unterschiedlich waren. Er war wilden Kriegern begegnet, die im Nebelgebirge tagelang einem Schneesturm und Orks gleichzeitig standhielten und niemals auch nur daran dachten sich zu ergeben. Er hatte ängstliche zwergische Händler dabei beobachtet, wie sie um ihr Leben bettelten und den Orks Silber und ihr Wissen um ferne Städte, Dörfer und Länder anboten, um lebend davonzukommen. Er hatte mit finsteren schwarzbärtigen Zwergenfürsten aus abgelegenen Minen verhandelt, die für genügend Silber ihre eigenen Kinder an den Herrn von Mordor verkauft hätten. Und hier, in Karad- Manû, wurde sein Eindruck immer stärker, dass es sich bei diesem Zwergenvolk in den gemütlichen Höhlen in den Blauen Bergen um keinen besonders mutigen Teil ihrer Art handelte.

Die Wächter vom Tor blieben in der Haupthalle. In der Königshalle wurde Negan erwartet. König Frór, über den er mittlerweile sehr viel wusste, saß auf seinem schönen Thron. Aber es war ihm anzusehen, dass dieser Zwerg Angst hatte. Neben ihm waren noch zwölf Zwerge anwesend, die auf steinernen Sitzbänken zu beiden Seiten der Halle saßen. Das mussten wohl die Berater des Königs sein, mehr oder weniger vornehm gekleidet. Unter ihnen sah er ganz verschiedene Charaktere. Er sah sofort, dass es einige weiche Naturen unter ihnen gab und einige, an denen sich Trolle und Riesen die Zähne ausbeißen würden. Dazu kamen noch schwer bewaffnete Wachen und Diener, die sich im Hintergrund hielten, aber sichtlich unruhig waren. Negan trat langsam, sodass es höflich wirkte, ein. Seinen Helm hatte er abgenommen und seine strähnigen braunen Haare, die wild auf seine Schultern fielen, waren zum Vorschein gekommen. Mit seinen Haaren und seinem kurzen zerzauselten Haar war er keine gepflegte Erscheinung, aber das hätte wahrscheinlich nur Elben gestört und zu seinem Glück hatte er noch nie mit Elben verhandeln müssen. Er verneigte sich höflich vor dem König, der, wie er aus den Augenwinkeln bemerkte, ebenfalls eine Verbeugung andeutete. Hinter Negan schlossen die Wächter den Durchgang zur Haupthalle.

„Ich überbringe die freundlichen Grüße meiner Herren.“, sagte er sehr knapp.

In die Berater kam Unruhe. Besonders einer, der aussah, als hätte ihn ein Troll verdroschen, was so auch sein konnte, wirkte, als wäre er höchst ungehalten. Und Negan erkannte, dass dieser Berater eine harte Nuss war. Aber egal. Es kam auf den König an. Und der König nahm eine Antwort seiner Berater vorweg.

„Darf ich fragen, wer Eure Herren sind?“, fragte er leise und mit der Höflichkeit eines Händlers, der ein gutes Geschäft anbahnen wollte.

„Meine obersten Herren sitzen östlich des unteren Anduin. Ich bin nur der Vertreter ihrer Vertreter hier im Norden, des Fürsten Argábar von Bascor und des Königs Bawallar von Garba.“, sagte Negan mit höflicher Säuselstimme.

„Diese beiden Herren kennen wir, wenn auch nicht sehr nah.“, entgegnete Frór und lehnte sich zurück, allerdings zurckte sein Mundwinkel unruhig. „Zwischen uns gab es vor einiger Zeit Unstimmigkeiten. Vielleicht ist Euch der Streit um den Resthir- Pass ein Begriff.“

Wieder kam Unruhe in den Raum und Negan befürchtete ernsthaft, dass der arg mitgenommen aussehende Berater nach einer Axt greifen und auf ihn einschlagen könnte. Aber dieser Berater blieb ruhig, auch wenn sein tiefer Atem so laut war, dass er mehr sagte als viele Worte.

„Ja, das ist mir ein Begriff, mein Herr.“, sagte Negan langsam. „Aber meine Herren sind nicht die Anstifter dieser Angriffe. Im Nebelgebirge wird ein alter Kampf zwischen den Zwergen und den dortigen Orks ausgetragen. Meine Herren stellen sich den Orks nicht in den Weg, weil sie nicht mit euch Zwergen verbündet sind, aber sie stehen auch nicht hinter den Orks.“

Eine lange Pause entstand. Negan lächelte tapfer, auch wenn er immer mehr das Gefühl hatte, dass jeder Zwerg in diesem Raum, der auch nur halbwegs Mut hatte, ihm am liebsten an die Gurgel springen wollte. Trotzdem schob Negan noch den Satz hinterher: „Wir führen keinen Krieg gegen das Volk der Zwerge und ihre Könige.“

Von Frór kam dann nur ein sachtes „Ach!“. Nach einer längeren Pause stellte dann ein Berater eine Frage: „Gegen wen führt ihr denn dann euren Krieg?“

„Gegen das Elbenvolk.“, sagte Negan sofort. „Wir sind nur hierher gekommen, um die Verbindungen der Elben vom Meer zu den Elben im Osten zu kappen. Wir führen schon seit sehr langer Zeit einen Krieg gegen die Elben, meine Herren haben schon damit begonnen, lange bevor viele Eurer Ahnherren geboren waren, König Frór. Es ist ein ewiger Krieg. Die Elben haben meine Herren sehr oft betrogen, belogen und bekriegt. Vor der elbischen Tücke ist niemand sicher, sie richtet sich gegen meine Herren und gegen alle Völker, von denen sich viele von den Elben schmeicheln lassen. Ziel der Elben ist es, ganz Mittelerde in Abhängigkeit zu halten. Deswegen führen wir Krieg gegen die Elben.“

„Unter Eurem Krieg gegen die Elben leiden auch wir.“, sagte ein Berater. „Der ganze Handel in Eriador ist unmöglich geworden. Jetzt ist die Ost- West- Straße wegen diesem Angriff auch hier im Westen unterbrochen und für unsere Leute unbefahrbar geworden.“

„Obendrein fügt ihr uns auch Schaden zu, da unsere Brüder im Osten gegen die Orks kämpfen, auf die leider auch Ihr keinen Einfluss habt.“, sagte ein anderer Berater mit bitterbösem Unterton. „Diese Sache können wir nicht nur als eine Angelegenheit zwischen Euren Herren und den Elben betrachten.“

„Wir versichern Euch, König Frór, dass wir jeden Schaden, der sich für die Zwerge aus unserem Vorgehen ergibt, sehr bedauern.“, sagte Negan höflich zum König. Er wollte nicht mit den Beratern streiten, auch wenn er nicht um sie herumkam.

Frór runzelte die Stirn. „Um ganz offen zu sein: Ich will mich nicht in die Angelegenheiten Eurer Herren einmischen, aber ich verstehe nicht den Sinn der ganzen Sache. Seht, die Elben sind ein schwindendes Volk, das versichern mir alle, die mit ihnen zu tun haben. Und sie segeln nach Westen fort. Ich sehe keinen Grund, wieso Eure Herren sich die Mühe machen jetzt noch im Westen von Eriador den Kampf gegen die Elben zu führen. Ihr könntet ganz einfach warten, bis sie alle fort sind. Stattdessen schicken Eure Herren Truppen hierher, sperren unsere wichtigste Handelsstraße nach Osten und fügen somit auch uns einen großen Schaden zu.“

Negan nickte mit einem Ausdruck des Bedauerns. Er war auf diese Einwände vorbereitet. „Es ist ein weit verbreitetes Gerücht, dass die Elben einfach nach Westen segeln. Kein Weiser, den ich jemals danach gefragt habe, hat bestätigen können, dass es im Westen wirklich Land gibt, wohin die Elben reisen. Im Gegenteil, im Westen liegt einfach nur Meer. Selbst die Menschen im Süden mit ihren großen Schiffen haben im Westen niemals Land entdeckt. Die Elben haben sich da eine schöne Lüge erdacht. Soweit ich weiß, betritt kaum je ein Sterblicher die Küsten, die von den Elben die Grauen Anfurten genannt werden. Ich habe einmal die Geschichte eines Händlers gehört, der tatsächlich dorthin gereist ist. Er hat gesagt, dass er keine Schiffe hat wegsegeln sehen. Aber die Elben waren schon immer schlau darin Gerüchte zu streuen.“

Das Geraune und die Mienen, die jetzt Neugier verrieten, zeigten Negan, dass er Eindruck erzielt hatte und er fuhr fort: „Wahr ist hingegen, dass die Elben über die Gabe der Unsterblichkeit verfügen. Ich weiß nicht, wieso sie unsterblich sind, und ich weiß nicht, ob die Geschichten stimmen, wonach sie diese Gabe den anderen Völkern um den Preis von deren Kurzlebigkeit gestohlen haben. Aber ich bin mir sicher, dass diese Gabe dazu führt, dass die Elben niemals gerne kämpfen. Wer will auf dem Schlachtfeld sterben, wenn er ewig leben kann? Also lassen sie fremde Völker für sich kämpfen. Deswegen sind wir zum Lune gezogen. Am Meer und im Osten leben noch genug Elben, um große Heere aufzustellen. Wir wollen, dass sich die Elben zeigen. Wenn die Elben den anderen Völkern zeigen, dass sie alle anderen belogen haben, kommt die Wahrheit ans Licht und die Völker Mittelerdes können nicht länger durch ihre Lügen gespalten werden.“

Als Negan verstummte, herrschte erst einmal eine lang andauernde Stille. Irgendwo meinte Negan Wasser tropfen zu hören und als die Stille unerträglich geworden war, regte sich König Frór: „Was also wollt Ihr?“

Negan verneigte sich noch einmal voller Dankbarkeit diese Gelegenheit bekommen zu haben. „Wir bieten dem Volk der Zwerge von Karad- Manû ein Abkommen an.“

„Sprecht.“, forderte Frór ihn auf und Negan durchstömte das Gefühl, jetzt seinem Ziel ganz nah gekommen zu sein.

„Wir versprechen, dass alle Zwerge die Ost- West- Straße frei benutzen können.“, sagte Negan und seine Brust hob sich vor Erwartung. „Kein Zwerg wird durchsucht oder aufgehalten. Kein Zwerg braucht zu fürchten, dass er von unseren Leuten behelligt wird. Alle anderen Reisenden auf der Straße werden von uns durchsucht und nur dann durchgelassen, wenn sie nicht mit unseren Feinden zusammenarbeiten. Wenn doch einem Zwerg etwas geschieht, werden wir seine Sippe entschädigen. Es gibt allerdings leider Zwerge, die wir nicht mögen. Zum Beispiel die von den Eisenbergen, die sich von den Elben haben beeinflussen lassen. Diese Zwerge werden wir leider durchsuchen und nötigenfalls festhalten müssen. Aber ihnen wird nichts geschehen.“

Die Zwerge dachten kurz nach. „Und was verlangen Eure Herren dafür von uns?“, fragte Frór schließlich. Jetzt kam für Negan ein eher schwieriger Teil, aber er war sich sicher, dass er auch das schaffen würde.

„Wir wollen, dass sich Eure Leute, Hoheit, nicht in unsere Geschäfte am unteren Lune einmischen. Wir werden von den Menschen Tribute fordern und sicher wird Blut fließen, weil die Elben dort viel Einfluss besitzen. Wir wollen, dass sich dann keine Zwerge einmischen. Der Krieg, der in Eriador herrschen wird, wird eine Sache zwischen uns und den Elben sein. Wir hoffen, dass sich da keine Zwerge hineinziehen lassen.“

Frór dachte nach. „Und sonst?“

„Wir wollen mit euch Handel treiben. Wir zahlen für Waffen, Rüstungen und Werkzeuge gute Preise in Gold und Silber. Es wäre nicht schlecht, wenn wir einen Handelsplatz am Ostufer des Lune vereinbaren könnten.“

Frór hakte nach, ganz nach Art eines misstrauischen Händlers: „Und sonst?“

„Das ist alles, Hoheit.“, sagte Negan.

Ein schmales Lächeln erschien auf Frórs Gesicht. „Danke, Gesandter. Wir werden uns kurz zu Beratungen zurückziehen. Ihr müsst dann leider warten, aber es wird nicht lange dauern.“

„Ich danke Euch.“, sagte Negan und verneigte sich tief.

Der König und seine Berater standen auf und verließen die Halle durch einen Seitenausgang. Die Diener verließen die Halle ebenfalls durch andere Ausgänge. Zurück blieben nur die Wächter und Negan, der nun allein zwischen den Wächtern in der Halle stand und merkte, dass er noch nicht gewonnen hatte.

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„Dieser Bastard, ich schlag ihm den Kopf ab und werf seine Eingeweide in die Schlucht!“, brüllte Murin wütend und drei der zwölf Berater hielten sich sogar die Ohren zu, als der Hauptmann in den persönlichen Gemächern des Königs wild zu schimpfen anfing. „Dieser Schleimredner. Dieses Rabenaas. Der verdient es, dass ich ihn mit der Axt häppchenweise zerstückle…“

„Beruhig dich doch, Murin!“, sagte Frór entnervt und ungewöhnlich laut aus seinem Sessel heraus, in dem er tief drinnen saß. „Sicher ist er ein Bastard und Schleimredner. Da rede ich ja lieber mit einem Elben. Aber das hilft uns jetzt nicht weiter.“

Die anderen Berater saßen ebenfalls tief in ihren Sesseln und sahen unruhig oder müde aus. Tromurs Finger spielten an der Lehne. Brasgur starrte an die Wand. Farin biss die Zähne zusammen.

„Was machen wir?“, fragte Frór in die Runde, aber zuerst kam keine Antwort.

„Wir zerstückeln ihn und werfen ihn in die Schlucht.“, sagte dann Murin mit finsterem Blick.

„So etwas können wir nicht brauchen.“, sagte Farin und nahm damit ungebührlicherweise eine Antwort des Königs vorweg, was der aber nicht weiter beachtete.

Murin war aber aufgebracht. „Der sabbelt uns voll, dass seine Herren nicht mit den Orks zu tun hätten, die mich mit Pfeilen gespickt haben und mich beinahe zum Frühstück vertilgt hätten. Ich war doch da am Resthir- Pass. Ich war an fast allen Kriegsschauplätzen im ganzen Nebelgebirge. Und wenn mir jemand erzählen will, dass unsere Gegner nur wilde Orks ohne einheitliche Führung waren, dass sie keine Hintermänner in Mordor hatten und von dort keine Befehle bekamen, dann will ich ihm die Zunge rausschneiden.“

Zitternd vor Wut zwang sich Murin wieder in den Sessel hinein. Dann herrschte eine Weile Stille. Schließlich meldete sich Brasgur zu Wort: „Sicher. Er lügt hemmungslos. Er behauptet, dass seine Herren nichts mit dem Krieg im Osten zu tun haben. Wir alle wissen es besser. Er tischt uns diese Lügen auf, während im Osten tausende Zwerge von Orks getötet wurden, die das ohne einheitliche Befehle aus Mordor nie geschafft hätten. Aber vielleicht ändert Mordor ja seine Strategie.“

„Wie meinst du das?“, fragte Frór.

„Mordor hat den Krieg der Orks gegen uns gesteuert. Aber jetzt glauben sie vielleicht, dass wir zum Frieden bereit sind. Jetzt wollen sie gegen die Elben und die mit ihnen verbündeten Menschen vorgehen. Dafür wollen sie unsere Rückendeckung. Vielleicht will Mordor tatsächlich das Gemetzel im Nebelgebirge beenden, wenn es dafür von uns freie Hand für den Krieg gegen die Elben bekommt.“, sagte Brasgur.

„Er ist ein mieser Lügner.“, brummte Murin und sah aus, als würde er irgendetwas zerhacken wollen, wenn schon nicht den Gesandten selbst.

„Sicher. Er lügt. Das tun sie aber alle. Aber wir können nicht alles, was er gesagt hat, von der Hand weisen.“, sagte dann Farin.

„Du meinst die Sache mit den Elben?“, fragte Brasgur.

Farin nickte. „Mir fällt jetzt kein Gegenbeweis zu dem ein, was er gesagt hat.“

„Du meinst also, dass die Elben uns belügen?“, fragte Tromur.

„Dass die Elben verlogen sind, steht doch wohl fest.“, sagte Farin einfach. „Und ich habe mich schon immer gewundert, was die Elben eigentlich machen. Ich glaube, dass es nicht unmöglich ist, dass sie uns belügen und noch immer in Mittelerde sind.“

Ein anderes Mitglied des Kronrates, ein weißhaariger Zwerg namens Bringun, meldete sich mit wackliger Stimme zu Wort: „Wenn die Elben wirklich noch so stark sind wie vor tausenden Jahren, dann hätten sie sicher nicht zugelassen, dass Mordor so mächtig wird.“

Farin dachte nach. „Sie ziehen sich zurück in ihre Städte in verborgenen Tälern und lassen uns bluten.“, sagte er dann, aber das traf nicht ganz auf Zustimmung. Einige Berater schüttelten die Köpfe.

„Das geht nicht.“, sagte Murin. „Wir kennen doch alle die alten Geschichten. Die Elben waren mal mächtiger und viel zahlreicher.“

Bringun meldete sich noch einmal zu Wort: „Ich erinnere mich. Mein Urgroßvater konnte mir noch von einer Zeit erzählen, als die Elben noch außerhalb ihrer geschützten Täler lebten und Felder bestellten. Sie waren früher viel zahlreicher.“

„Also muss es stimmen, dass sie nach Westen ziehen.“, merkte Murin an.

Brasgur räusperte sich. „Wenn sie über das Meer fahren, wenn Mordors Truppen vorrücken, und uns alleinlassen, dann ist das ein Verrat und spricht für die Verlogenheit und Hinterhältigkeit des Elbenvolkes.“

„Das ändert nichts an der Lage.“, sagte Frór. „Die Frage ist, wie wir Zwerge uns in diesem Krieg verhalten sollen. Sollen wir uns abseits halten und sie am unteren Lune das Land verwüsten lassen?“

Murin lachte, was einen kehligen Laut hervorbrachte. „Wir sind doch schon mit ihnen im Krieg. Bei Mahals Esse! Wenn wir uns mit den Leuten, die unsere Krieger am Resthir- Pass niedergemetzelt haben, nicht im Krieg befinden, will ich nicht mehr an den Stolz der Zwerge glauben.“ Er stand jetzt auf, beherrschte sich aber. „Ich hoffe, ihr vergesst nicht, was uns dieser Golnur aus Bree berichtet hat. Diese zwei Knilche, von denen dieser Bote behauptet hat, dass sie Mordors Truppen anführen, sind doch nur Puppen. Unser Gegner heißt Gorlas. Allein das ist ein Grund auf die übliche Höflichkeit gegenüber Gesandten zu verzichten. Wenn wir Leuten gegenüber höflich sind, die Zwergensippen überfallen und an die Orks verkaufen, sind wir unserer Vorfahren unwürdig.“

Dann herrschte Schweigen im Raum und nur das Prasseln in einem Kohlebecken war zu hören.

„Wir brauchen Bier.“, sagte Frór.

Er rief eine Dienerin herbei und befahl ihr Bier zu bringen. Dann ging die Beratung weiter. Farin schien mit dem, was Murin gesagt hatte, nicht unbedingt einverstanden zu sein. Die beiden hatten sich noch nie verstanden. Vor Brasgur, Tromur und all den anderen Mitgliedern des Kronrates hatte Murin wenigstens Respekt, vor Farin allerdings nicht. Das lag vielleicht daran, dass Farin mit gerade einmal hundertzwanzig Lebensjahren das jüngste Ratsmitglied war, nicht als guter Krieger und trotzdem als Hitzkopf galt, der älteren und erfahreneren Zwergen oft vor den Kopf stieß und nur durch seine Verwandtschaft zum König einen Vorteil hatte.

„Wir müssen überlegen, was wir von den Dingen, die man uns sagt, glauben.“, sagte Farin langsam.

„Ich glaube jedenfalls nicht, dass hinter diesen Orks diese zwei Gestalten stecken.“, brummte Murin. „Die Menschenfürsten von Bascor und Garba kenne ich doch. Das sind Knilche! Die herrschen über nicht mehr als ein paar Täler in den nördlichen Ausläufern des Nebelgebirges. Natürlich stecken die mit Mordor unter einer Decke, aber sie führen Mordors nördliche Truppen nicht an. Gorlas steckt dahinter.“

„Vielleicht sollten wir gerade da vorsichtig sein.“, meinte Farin.

„Wie meinst du das?“, fragte Tromur stirnrunzelnd.

Jetzt betraten drei Dienerinnen den Raum. Sie trugen dreizehn prall gefüllte Bierkrüge, zwei trugen vier und eine trug fünf. Das Gespräch hatte die Kehlen trocknen lassen und die Zwerge stürzten sich auf regelrecht auf die Krüge, um das schäumende, dunkle Bier hinunterzustürzen und gleich nach einem zweiten Krug zu verlangen. Der erste, der einen Nachschlag brauchte, war der alte Bringun. Als die Dienerinnen wieder davon waren, kam das Gespräch wieder in Gang.

„Also, was hast du gemeint?“, fragte Tromur Farin noch einmal.

Farin dachte nach. „Ein Zwerg ist sicher vertrauenswürdiger als dieser verlogene Gesandte, aber wir sollten uns auch fragen, ob das, was dieser Golnur uns gesagt hat, wirklich wahr ist.“

Bringun hickste leise. Die Augen aller Zwerge waren auf Farin gerichtet.

„Ich habe mich schon gewundert, wieso du ihn so hart verhört hast.“, sagte Tromur. „Du traust ihm nicht. Sag mir wieso!“

Farin hatte seinen Bierkrug noch nicht ganz geleert und nahm einen letzten Schluck, dann war er leer. „Drei Gründe: Erstens kommt mir die ganze Geschichte wie aus der Luft gegriffen vor. Gorlas am Lune und Madarn? Er ist ein Ungeheuer. Ein Sklavenjäger. Und ein Feldherr Mordors. Aber jetzt soll er am Madarn sein. Das kann ich nicht glauben.“

„Ich bin mit Zwergen gewandert, die nicht glauben wollten, dass die Gegend gefährlich war, bis wir von Orks umzingelt waren.“, sagte Brasgur in scharfem Tonfall. „Weiter.“

Farin schien zu schlucken, Brasgurs Tonfall war sehr hart gewesen. „Nun, zweiter Grund: Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Brandur seinen eigenen Vetter umgebracht hat. Egal was ein Verwandter Schlimmes anstellt, er ist und bleibt immer ein Verwandter und Verwandtschaft ist heilig. Das ist ein ehernes Gesetz, das uns Mahal selbst gegeben hat.“

„Gelobt sei seine Esse.“, murmelte Bringun. Er verrichtete auch oft Priesterdienste im Mahal- Heiligtum von Karad- Manû.

„Und selbst wenn er es wirklich getan hat, ist es verachtenswert. Zwerge töten keine Verwandten.“, sagte Farin. „Wir kennen die Sagen und Geschichten. Zwerge, die Verwandten etwas tun, werden von Mahal verflucht.“

„Mag sein. Und?“, sagte Murin.

„Ich kann es nur nicht glauben. Nichts ist so schlimm wie ein Mord an einem Verwandten. Selbst der schlimmste Verbrecher unter uns Zwergen weiß das. Ein ehrenvoller Zwerg kann so etwas nicht tun. Also kann dieser Brandur kein ehrenvoller Zwerg sein. Und wenn die Geschichte von einem Zwerg ohne Ehre stammt, ist sie auch nicht glaubwürdig. Dann ist sie erfunden.“

Dann herrschte eine Weile Stille in der Runde, die aber gebrochen wurde, als die Dienerinnen noch einmal Bier brachten. Aber diesmal blieb es ruhiger, denn Farins Worte waren nicht wirkungslos geblieben.

Tromur führte sich den Krug langsam an die Lippen und nahm einen tiefen Schluck. „Nenn mir den dritten Grund, Farin.“

Farin nickte. „Dieser Golnur ist der einzige Zeuge dieses Hergangs. Und er ist kein namhafter Zwerg, von dem wir wissen würden, dass er niemals lügt. Obendrein hat er das Gespräch und den Mord gar nicht selbst beobachtet. Er hat ja selbst behauptet, dass er es nicht gesehen hat. Also kann es doch sein, dass Brandur und sein Vetter Brannor das Ganze nur gespielt haben. Dann hätte Brandur Golnur mit dieser falschen Nachricht hierher geschickt. Ist es so unwahrscheinlich, dass die beiden Vettern das zusammen ausgemacht haben? Es ist sehr viel unwahrscheinlicher, dass Brandur seinen Vetter ermordet hat.“

Dann herrschte wieder Stille in der Runde. Einige runzelten die Stirn, andere starrten in ihre fast leeren Bierkrüge.

„Ich kenne Brandur nicht. Vielleicht ist in Bree ja gar nichts geschehen.“, sagte Farin noch. „Vielleicht hat sich dieser Golnur in Bree einfach mit irgendjemandem getroffen, der ihn dafür bezahlte, dass er mit dieser Nachricht hierher ritt.“

Murin schlürfte langsam sein Bier. Tromur dachte nach. „Du behauptest, dass das alles geplant und abgekartet ist. Aber wer sollte dahinter stecken?“

„Die Elben doch.“, sagte Farin, als wäre es selbstverständlich.

Ein anderes Mitglied des Kronrats, das sonst nie etwas sagte, nickte kurz. Aber sonst rührte sich niemand.

„Du meinst also“, sagte Tromur „dass die Elben uns bewusst falsche Nachrichten und Boten zuschicken, damit wir auf ihrer Seite gegen Mordor kämpfen.“

„Ja.“, sagte Farin.

„Möglich ist es.“, sagte Brasgur nachdenklich.

„Und die Elben wissen, dass uns Gorlas‘ Name sofort zum Kriegseintritt bewegen würde. Deswegen bringen sie ihn ins Spiel.“, sagte Tromur weiter.

„Ja.“, sagte Farin.

„Da sind viele Lügen im Spiel.“, sagte Bringun, ohne dass jemand wusste, was er damit meinte.

„Und Brandur wäre demnach nur als Spion Mordors hier gewesen.“, sagte Tromur. „Um uns auszukundschaften. Die drei, Brandur, Brannor und Golnur, würden demnach mit den Elben unter einer Decke stecken.“

Farin nickte.

Tromur räusperte sich. „Dieser Brannor soll den Orks Fleisch verkauft haben, hat Murin gesagt. Die Elben hassen die Orks und Mordor auf ewig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Leute anheuern, die mit ihren Erzfeinden Geschäfte machen. Und überhaupt klingt das alles sehr wie aus der Luft gegriffen. Mordor schickt seine Diener in die Gegend hier. Ich bin mir sicher, dass das als Überraschungsangriff gedacht war, denn sonst hätte es sich schon vor Monaten herumgesprochen. Und trotzdem sollen die Elben davon früh genug erfahren haben, um so ein Lügenspiel zu betreiben? Vergesst nicht, dass überall in Mittelerde Krieg herrscht. In den südlichen Ländern, an der Küste und in Dunland brennen die Dörfer der Menschen.“

„Das geht uns aber nichts an.“, brummte Murin.

„Wir haben damit nichts zu tun, das stimmt.“, pflichtete ihm Tromur bei. „Aber seht, überall herrscht Krieg und die Orks am Madarn sind nicht das einzige Problem der Elbenherren am Meer. Sie können doch keine solche Ränke aushecken, wenn überall das Land brennt.“

„Die Elben können sehr viel.“, erwiderte Brasgur und nahm noch einen Schluck Bier.

„Wir können niemandem trauen.“, meinte Murin nachdenklich. „Weder Mordor noch den Elben. Ach, das bringt mich noch um meinen Verstand. Bier!“

„Aber was machen wir jetzt?“, meldete sich der König aus seinem Sessel heraus. Er wirkte ratlos.

Die anderen dachten nach. Farin fiel etwas ein: „Wir müssen beide auf Abstand halten.“

„Aber wie?“, fragte Frór.

Brasgur faltete die Hände. „Wir müssen den Gesandten aus Mordor hinhalten. Wir müssen verhandeln. Ich schlage vor, dass wir ihm ein Abkommen anbieten: Die Ost- West- Straße soll frei bleiben, aber sonst werden wir mit diesen Leuten nichts zu tun haben.“

„Das läuft auf das hinauf, was er gefordert hat.“, meinte Tromur.

„Damit werden wir zu Mordors Verbündeten, während unsere Leute im Osten gegen Orks kämpfen müssen.“, brummte Murin. „Das ist ehrlos. Die Orks werden unsere Leute auf der Straße abschlachten.“

„Nein.“, sagte Farin. „Mordor will, dass der Krieg mit uns aufhört, damit der Krieg gegen die Elben beginnen kann.“

Tromur dachte nach. „Es gibt noch etwas, das mir Sorge bereitet.“, sagte er dann.

„Was?“, fragte Farin.

„Thrór.“, sagte Tromur und sorgte so dafür, dass ein betretenes Schweigen einkehrte. „Thrór ist auf dem Weg nach Osten oder schon dort angekommen. Er will dort gegen die Orks kämpfen. Das heißt, er will gegen diejenigen kämpfen, mit denen wir hier verhandeln. Das kann so nicht gehen. Thrór und alle anderen Zwerge aus Karad- Manû müssen sicher heimkehren können. Wenn wir mit Mordor verhandeln, müssen wir auch auf unsere Brüder im Osten eingehen.“

„Was schlägst du vor?“, fragte Frór.

„Der Gesandte muss uns zusichern, dass alle unsere Leute unversehrt heimkehren können. Und er muss uns zusichern, dass die Orkangriffe da drüben bald aufhören. Vielleicht können wir so Mordor sogar dazu bringen, dass es den Resthir- Pass wieder freigibt. Wir müssen immerhin an alle Zwerge denken.“

„Wunderbar.“, seufzte Frór. „Mein Vetter Dáin wird nie wieder mit mir reden wollen.“

„Dáin in allen Ehren, aber wir können jetzt nicht auf ihn eingehen. Er ist zu weit weg, als dass wir ihn in unsere Überlegungen miteinbeziehen könnten.“, entgegnete Brasgur.

Frór wiegte den Kopf. „Meinetwegen. Wir werden noch länger mit dem Gesandten verhandeln müssen. Hoffen wir, dass wir so viel wie möglich herausschlagen können.“

Dann kam das Bier.

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  • 4 Monate später...

Habe grad deine neue Story entdeckt und werde sie schnellstmöglich lesen. Du hast ja geschrieben, dass du alte oft unvollendet lässt. Hast du denn an dieser hier weitergearbeitet? Falls ja stell es doch bitte rein.

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  • 3 Wochen später...

An dieser Story habe ich nicht mehr weitergearbeitet. Sorry.

Ich habe mit dieser Fanfiction vor einer halben Ewigkeit angefangen und wollte schon einmal aufhören, aber dann wurde ich doch noch überzeugt weiterzumachen. Aber jetzt habe ich irgendwie die Lust dazu verloren.

Ich habe eigentlich sehr konkrete Vorstellungen davon, wie es weitergeht und wie das Ende aussieht. Aber dieser Stoff hat für mich seine Faszination verloren. Ich bin kein Auftragsschreiber, der etwas dafür verdient, dass er hier etwas reinstellt, ich mache das nur aus Spaß und der Spaß ist nur dann da, wenn ich von meinem eigenen erzählerischen Stoff gefesselt bin, der noch in meinem Kopf ist und noch reingestellt werden will. Diese Spannung ist mir verloren gegangen.

Es ist die letzte Geschichte von mir, die in Tolkiens Mittelerde handelt. Ich habe in der Zwischenzeit kurz versucht, eine Geschichte von Gandalf, Thranduil, einem Nordmenschenvolk und Dunkelelben zu schreiben, aber damit habe ich bald aufgehört. Tolkiens Universum übt eine gewaltige Faszination auf mich aus, aber wenn ich eine Geschichte schreibe, die darin handelt, setze ich mich dem Zwang aus, dass sie irgendwie zu Tolkien und zur ganz eigenen Atmosphäre von Mittelerde passt. Aber das gelingt mir kaum noch, denn auch wenn Mittelerde so groß und fesselnd ist, hat es doch nur Platz für eine einzige große Story, denn nur eine einzige große Story passt meiner Ansicht nach dahin und das ist Tolkiens Werk angefangen beim Silmarillon bis hin zum Herrn der Ringe. Weil ich gemerkt habe, dass meine Geschichten dem kaum gleich kommen können, will ich das auch nicht versuchen.

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Tolkiens Universum übt eine gewaltige Faszination auf mich aus, aber wenn ich eine Geschichte schreibe, die darin handelt, setze ich mich dem Zwang aus, dass sie irgendwie zu Tolkien und zur ganz eigenen Atmosphäre von Mittelerde passt. Aber das gelingt mir kaum noch, denn auch wenn Mittelerde so groß und fesselnd ist, hat es doch nur Platz für eine einzige große Story, denn nur eine einzige große Story passt meiner Ansicht nach dahin und das ist Tolkiens Werk angefangen beim Silmarillon bis hin zum Herrn der Ringe. Weil ich gemerkt habe, dass meine Geschichten dem kaum gleich kommen können, will ich das auch nicht versuchen.

Ja, so sehe ich das auch.

Deshalb habe ich auch noch gar nicht versucht eine solche Geschichte in Tolkiens Welt zu schreiben, da meine Selbstkritik viel zu groß wäre, so dass ich mit dem Ergebnis nie zufrieden sein würde.

Da schafft man dann doch lieber seine eigene Welt mit eigenen Merkmalen, mit denen man zum Teil besser zurecht kommt, bei der man aber auch nicht unter einem solchen Verbot steht Kleinigkeiten nicht ändern zu dürfen. ;-)

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Ich schreibe sowieso weiter- wenn ich nicht gerade was Spannendes zu lesen habe.

Von Tolkiens Mittelerde bin ich jetzt weg und versuche gerade eine Geschichte zu schreiben zwischen Fantasy und historischem Roman. Sie soll in der Spätantike auf dem Balkan handeln. Ich hoffe, dass es mir gelingt. Mit gut einem Drittel bin ich schon fertig.

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