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Êm Nímíle ét Ënduníel

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Gerade etwas nettes gefunden:

Ein König hatte zwei Söhne.

Als er alt wurde, da wollte er einen der beiden zu seinem Nachfolger bestellen. Er versammelte die Weisen seines Landes und rief seine beiden Söhne herbei. Er gab jedem der beiden fünf Silberstücke und sagte: "Ihr sollt für dieses Geld die Halle in unserem Schloss bis zum Abend füllen. Womit, das ist eure Sache."

Die Weisen sagten: "Das ist eine gute Aufgabe."

Der älteste Sohn ging davon und kam an einem Feld vorbei, wo die Arbeiter dabei waren, das Zuckerrohr zu ernten und in einer Mühle auszupressen. Das ausgequetschte Zuckerrohr lag nutzlos herum. Da dachte er sich: "Das ist eine gute Gelegenheit, mit diesem nutzlosen Zeug die Halle meines Vaters zu füllen." Mit dem Aufseher der Arbeiter wurde er einig, und sie schafften bis zum späten Nachmittag das ausgedroschene Zuckerrohr in die Halle. Als sie gefüllt war, ging er zu seinem Vater und sagte: "Ich habe Deine Aufgabe erfüllt. Auf meinen Bruder brauchst du nicht mehr zu warten. Mach mich zu deinem Nachfolger."

Der Vater antwortete: "Es ist noch nicht Abend. Ich werde warten."

Bald darauf kam der jüngere Sohn. Er bat darum, das ausgedroschene Zuckerrohr wieder aus der Halle zu entfernen. So geschah es. Dann stellte er mitten in die Halle eine Kerze und zündete sie an. Ihr Schein füllte die Halle bis in die letzte Ecke hinein.

Der Vater sagte: "Du sollst mein Nachfolger sein. Dein Bruder hat fünf Silberstücke ausgegeben, um die Halle mit nutzlosem Zeug zu füllen. Du hast nicht einmal ein Silberstück gebraucht und hast sie mit Licht erfüllt. Du hast sie mit dem gefüllt, was die Menschen brauchen."

:-)

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  • 6 Monate später...

Märchen und Sagen? Habe ich, seit ich ein Kind bin, verschlungen, und lese ich immer noch gern!

übrigens, was ist eigentlich zum Beispiel das so vielgeliebte Epos *Star Wars* anderes, als ein Märchen, das im Weltraum spielt?

Es gibt Böse und Gute, Prinzessinnen und Unholde, Monster und Ritter (und die kämpfen sogar per Schwert, auch wenn es mit Laser getunt worden ist).

Hier ein paar kleine Kunstmärchen *gg*

Es gibt Geschichten, die spielen in zwei Welten; mal ist es so, dass jenes, was in der einen geschieht, das in der anderen erst verursacht, mal beeinflussen sie sich gegenseitig. Und manchmal...

Die Begegung

Auf einer Wiese in Kerianbur graste friedlich ein Einhorn. Es hatte ein glänzendes, weißes Fell, das in den Tiefen beinahe bläulich wirkte, wie tiefer, frisch gefallener Schnee in der Vormittagssonne, wenn die schrägen Strahlen der Sonne Schatten malen. An Fesselhaaren, Schwanz und Mähne jedoch blinkte es silbrig-rot, wie der gerade aufgegangene Mond an tiefen Herbsttagen. Auch wenn nicht das leicht grünlich schimmernde, kristallartig durchscheinende Horn gewesen wäre, welches sich auf der Stirn erhob, wäre man niemals auf die Idee gekommen, es für eine weiße Stute zu halten. Zu stark war der Eindruck von bebender Kraft, gepaart mit tänzelnder Anmut; fast schien diese Kraft etwas Gewalttätiges zu haben, war jedoch nur Ausdruck ungebärdiger Freiheitsliebe und purer, wilder Lebensfreude. Keinen einzigen Augenblick standen die vier Beine still; unablässig in Bewegung verströmte es eine unglaubliche Energie. Und doch gewann man einen Eindruck von Ruhe, Frieden und Liebe, wenn man in die großen, schrägen Augen blickte, die je nach Stimmung und Gemüt mal amethystfarben, mal smaragdgrün leuchteten. Doch auch eine gewisse Fremdheit verrieten sie, eine große Entfernung zu allem Gewöhnlichen.

Plötzlich warf das Einhorn in einer fließenden Bewegung den Kopf zurück, lauschte, prüfte den Geruch, zitternd, doch da die Augen den Verdacht nicht bestätigten, graste es weiter, jetzt aber in angespannter Aufmerksamkeit. Es war froh, nicht mehr bei seiner Seelenschwester Niadan Isilya Windspiel weilen zu müssen; nicht, weil es diese nicht geliebt hätte, aber Nia, wie Isil, das Einhorn sie der Einfachheit halber nannte, wohnte ausgerechnet auf der ERDE, pfui Spinne.

Alle ihre Sinne verhießen ihr nun Gefahr, und als Isil, die Einhornstute, wiederum den Kopf hob, sah sie den Umriss eines großen Drachen auftauchen. Mit einer jähen Bewegung verfiel sie in einen kraftvollen Galopp, der dieser Gangart bei den Pferden allerdings nur in einer Art und Weise ähnlich war, wie der stolpernde Gang eines Betrunkenen und die federleichten Sprünge einer Primaballerina beide zur Fortbewegung führen. Auch wenn sie zuvor noch niemals einen Drachen gesehen hatte, es lag in ihren Instinkten: Drachen jagen Einhörner, und Einhörner werden von Drachen gejagt, und so jagte auch dieser Drache das Einhorn von der Wiese. Hätte Isil noch einen Augenblick gezögert, so hätte sie zwar die tödliche Schönheit des Drachen bewundern können, seine pfeilschnelle und eiskalte Präzision, doch wäre es der letzte Anblick ihres Lebens gewesen.

Es gab viele unterschiedliche Arten von Drachen: Kaltdrachen, die kein Feuer spieen und ungeflügelt waren, jedoch auf der Erde echsenartig eine riesige Geschwindigkeit erreichten; Schmetterlingsdrachen, deren Flügelmuster die von Schmetterlingen nachahmten; Frostdrachen, deren Haut blaukristallen schien und deren eisiger Hauch zu Tode erstarren ließ, um nur einige zu nennen. Alle jedoch waren von ungeheuerer Wildheit und Gefährlichkeit, doch ihre Schönheit und Faszination waren derartig groß, dass sie sogar den Tod wert waren, den sie brachten.

Dieser spezielle Drache hatte Schuppen von perlmuttfarbigem Glanz, die jedoch nicht dem Muster von Fischschuppen folgten, sondern in konzentrischen Ringen gelagert waren, wodurch sie das Licht in tausende, blitzende Funken facettierten. Seine Flügel jedoch waren einzigartig: Zwischen feinen Knöchelchen, die wie Adern durchzogen, spannte sich eine Haut, die zunächst durchsichtig erschien, aber in ihrer Struktur so beschaffen war, dass, obwohl sie sehr dünn sein musste, den Eindruck von Schichten über Schichten reinsten Bergkristalls erweckte. Im Flug jedoch, wenn die Sonne durch sie hindurch sah, erreichten sie den Anblick höchster Vollkommenheit: Wie Millionen von Prismen ließen sie unter sich Millionen und Abermillionen von kleinen Regenbogen entstehen, die das Auge des Betrachters ins Taumeln versetzten. Die Augen des Drachen erstrahlten verblüffend statt in kalten Farben in einem warmen Bernsteinton, wie Honig, manchmal heller, mal dunkler, doch immer durchsichtig golden.

Auch der Drache spürte den Ruf der Instinkte und jagte das Einhorn, doch schien ihm diese Jagd absonderlich falsch, obwohl sie angeboren schien. Auch er hatte auf der Erde einen Seelenbruder, Volney Sturmbringer, der ihn, wie es nun bei Seelengeschwistern so ist, in seiner Seele als Abbild trug, so wie auf der Drache, Dawylo genannt, etwas von Sturmbringer in sich hatte. Weder Drache noch Einhorn konnten sich, wilde Tiere, Bestien, wie man sie früher genannt hätte, zunächst dem Einfluss ihrer Instinkte entziehen, doch taten sie ihnen seltsam zögerlich Genüge, als wenn sie es eigentlich gar nicht wollten.

Der Drache jagte das Einhorn, das Einhorn wurde müde, der Drache begann langsamer zu werden, sein Farben waren weniger strahlend, doch das Einhorn war am Ende seiner Kraft. Mit dem Mut der Verzweiflung riss es sich herum, bäumte sich und reckte dem Drachen sein schönes, Pflanzen Heilung bringendes, aber auch als Waffe verwendbares und dann todbringendes Horn entgegen, um vielleicht vor seinem eigenen Tod den Drachen noch zu verwunden. Aber als es dem Drachen in die Augen blickte, lief ein Zittern durch seinen Körper, und Isil senkte das Horn, denn dieser Faszination, dieser Schönheit, mochte sie todbringend sein, wollte und konnte sie nicht schaden. Der Drache blickte in die grünen Augen des Einhorns, holte Luft zum verzehrenden Feuerstoß, - und hielt inne. Er wendete den Kopf und sein Feueratem traf den Himmel und einige kleinere Flämmchen versengten seine eigenen Flanken. Tief grollte er auf, vor Schmerz. Die Augen des Einhorns weiteten sich. Zunächst dachte es an Flucht, doch dann ging es durch seine eigene Angst hindurch und berührte die Flanken des Drachen mit ihrem Horn, ganz ohne Überlegung oder Sinn, nur aus der Eingebung des Moments. Das Horn blinkte grün auf, wie sonst bei der Heilung von grünen, pflanzlichen lebenden Wesen und - die Wunden des Drachen leuchteten auf, verloren ihre Konturen, verblassten, verschwanden schließlich ganz. Völlig erschöpft, jeglicher Kraft beraubt, lag das Einhorn hilflos vor dem Drachen, ihn ganz und gar ausgeliefert, doch hatte es plötzlichen nicht mehr die Idee, Angst haben zu müssen, oder aber.... Dawylo beugte seinen Kopf zu Isil hinunter, umhüllte sie mit seinen Flügeln und spendete Schutz, Trost, Wärme und Heilung.

In der anderen Welt: Sturmbringer zog Liadan an sich, ihre Lippen trafen sich, aber als sie ihre Gedanken voreinander entblößten, zerbrach etwas in Liadan. Sturmbringer liebte sie ja, er tat es, er würde auch nicht aufhören, sie zu lieben, er begrüßte ihr Zusammensein und er hatte sich jetzt der Wärme und Zärtlichkeit ihres Zusammenseins ergeben. Und doch: Es gab einen wesentlichen Unterschied, einen für Liadan Herz zerreißenden Unterschied. Was für sie der lebenswichtige und verzweifelt ersehnte Quell ihrer Existenz war, war für Sturmbringer etwas völlig anderes. Sturmbringer liebte sie, schätzte sie als Gesprächspartner, als gute Freundin, als wertvolles Wesen, vielleicht sogar als verwandte Seele, aber niemals würde er sie so lieben, wie sie es ersehnte.

Dawylo und Isil sahen sich in die Augen und spürten die Gefühle ihrer Seelengeschwister. Zwar waren sie sich nicht sicher, ob es ihnen gelingen würde, aber dennoch würden sie versuchen, diesen klar zu machen, welches Wunder hier geschehen war und dass auch diese sich ihn nicht auf irgendeine Weise entziehen konnten. Vielleicht würde es Zeit brauchen, Zeit, ja, ......

Vielleicht......

Die Geschichte der warmen Schmuser

Es ist schon lange, lange her, dass die warmen Schmuser zu den Menschen kamen, und sie dann wieder verließen, und nun, da es unter den vielen Milliarden von Menschen, die die Erde bevölkern, nur noch einige wenige gibt, die die warmen Schmuser kennen, oder sogar einen zu verschenken haben, muß ich diese Geschichte aufschreiben, damit sie nicht völlig in Vergessenheit gerät.

Keiner weiß so genau, wann und warum sich die warmen Schmuser den Menschen anschlossen, obwohl viele anfangs versuchten, die Anfänge und die Natur der warmen Schmuser zu ergründen, und ihre besondere Beziehung zu den Menschen.

Scheinbar aus dem Nichts tauchten sie auf, diese mal kleinen, mal großen, aber immer possierlichen Pelzwesen von völlig unbestimmter Form, Farbe und Gestalt. Mal glichen sie kleinen Pelzbällchen, Handschmeichlern, die sich in Mantel- oder Jackentasche bequem der sie umgebenden Hand ankuschelten, oder sie nahmen die Getalt von langen, weichen Pelzbändern an, die sich in die langen Haare von Frauen und Kindern einflochten; manchmal schmiegten sie sich auch als breite Pelzstreifen um den Hals ihrer Besitzer, und damit beschreibe ich nur einige ihrer Erscheinungsformen.

Ständig wechselten sie Form und Aussehen, die eine Hand verschenkte ein Pelzbällchen, die andere empfing einen molligen Pelzschal.

Ja, dieses geben und Nehmen, Schenken und Geschenkt werden waren untrennbar mit den kleinen Gesellen verbunden. Besaß man einen solchen kleinen Freund, wärmte er nicht nur äuß0erlich, sondern auch das Herz; man fühlte sich sofort wohler und wärmer.

Auch schien er, obwohl er natürlich wie alle Dinge der belebten Welt sein Gewicht hatte, seinen Träger nicht etwa zu belasten, sondern ihm im Gegenteil einiges von den Lasten, die dieser sonst zu tragen hatte, abzunehmen.

Der Mensch, der ihn trug, war glücklich, ruhte in sich selbst, und hatte noch so viel Freude im Überfluß, dass er andere daran teilhaben lassen konnte.

So gaben die einigen wenigen Menschen, denen sich zu Beginn ein Schmuser zugesellt hatte, bereitwillig und liebend gern, und dies im allerwahrsten Sinne des Wortes, ihren Gefährten anderen leuten, die weniger glücklich schienen.

Nun wirkten die Wärme und die Leichtigkeit der Schmuser noch lange nach, und auch die Wärme und Freude des Gebens blieben niucht ohne Wirkung, aber zum Erstaunen des ehemaligen Besitzers fand der ehemalige Besitzer plötzlich wieder einen neuen Schmuser in seiner Tasche, obwohl er seinen ja eigentlich hergeschenkt hatte.

In ihrer neugewonnen Art und Weise, schöne Dinge einfach als schön zu sehen, hinterfragte niemand der Schmuserfreunde dieses Phänomen, sondern erfreute sich einfach daran.

So kam es, dass in kürzester Zeit alle Menschen zwei, drei oder mehr Schmuser hatten.

Natürlich wurden weder die normalen Mühen des Alltags von den Menschen genommen, es gab weiterhin Krankheit oder auch Tod, es gab das Leid, dass Menschen durch Verlust erleiden, aber mit Hilfe der warmen Schmuser ließ sich das Alles viel leichter ertragen.

Sie ließen auch in den einfachsten Dingenj des Alltags noch Schönheit sichtbar werden, sie ließen das Leid besser erträglich werden, und obwohl kranke oder unglückliche Menschen natürlich keine Schmuser herzuschenken hatten, teilten andere gern ihren Überfluß mit ihnen, und ihre Schmuser halfen gern. Obwohl dann die Schmuser durch diese Aufgabe aufgezehrt wurden, gab es doch immer wieder neue und genug Schmuser für alle, und sie machten für eine Zeit die Welt wirklich und tatsächlich zu einem besseren Ort.

Die Menschen waren glücklich und gaben daher gern, da es ihr Glück ja nicht minderte, weil es jemand anderes teilte, sonderen es sogarnoch bereicherte, sie schienen schöner und gesünder (und waren es sogar wohl wirklich), und lebten frei von Sorge und Angst.

Irgendwann aber, nach einer Zeit des Glücks, war da jemand, der Angst bekam, er könne seine Schmuser abgeben, und keine neuen dafür erhalten. Er sah, dass jemand anderes mehr von ihnen hatte, und nahm an, dass dieser deshalb so viel glücklicher war.

So überlegte er, wie er zu mehr warmen Schmusern kommen könnte, um sein Glück zu mehren.

Da dieser Jemand Biologe war, kam ihm der Gedanke, er könne neue Wesen züchten, die den warmen Schmusern glichen, und indem er diese dann abgeben würde, bekäme er im Austausch dafür echte warme Schmuser zurück, denn es war unmöglich, warme Schmuser zu vermehren, indem man sie bei sich behielt.

Nun, waren die Wesen, die er dann schließlich züchtete, äußerlich von den warmen Schmusern wirklich nicht zu unterscheiden, aber ansonsten stellten sie das genaue Gegenteil dar.

So fühlte man sich nach einer Zeit durch ihr Gewicht schrecklich belastet; auch ließen sie, statt Wärme und Wohligkeit zu verbreiten, kalte Schauer über Rücken und Gliedmaßen gleiten. Sie ließen Sorgen nicht etwa verschwinden, sondern bewirkten ihrerseits, dass man sich in kummervolle gedankenspiralen verstrickte, aus denen man ohne Hilfe nicht mehr herausfand.

In ihrer Nähe gediehen weder Liebe noch Freundschaft, und sie ließen die Welt kalt und grau erscheinen.

Nachdem ihre Existenz bekannt geworden war, ging das Mißtrauen um, denn beim Geben konnte man noch nicht unterscheiden, ob das, was man da bekam, nun ein warmer Schmuser oder, wie sie letzlich benannt wurden , ein kalter Fröstler war.

Bei jedem Schenken schaute der Beschenkte skeptisch auf die Gabe des anderen, ob es denn ein wirklich ein warmer Schmuser oder doch ein kalter Fröstler war.

Doch oft wußten die Schenkenden selbst nicht, was sie da hergaben, und es herrschte große Verwirrung.

Aber immer noch gab es Leute, die bereitwillig ihre warmen Schmuser herschenkten, und vielleicht hätte alles noch einmal gut gehen können, wenn nicht ein der Biologe herausgefuden hätte, dass die warmen Schmuser von den kalten Fröstlern aufgezehrt wurden, denn die warmen Schmuser begannen, weniger zu werden.

Nun begann eine wirklich schlimme Zeit: Diejenigen, die noch warme schmuser besaßen, hpteten sie zumeist eifersüchtig für sich, und von denen, die trotz allem noch warme Schmuser herschenkten, nahm niemand etwas an, es hätten ja auch kalte Fröstler sein können.

Andere perfide Menschen ließen ihre warmen Schmuser zu Hause, und nahmen nur kalte Fröstler mit, um sie abzugeben, aber ihre Rechnung ging nicht auf.

Zum einen hatten sie die Wirkung unterschätzt, die die Fröstler auf sie hatten, zum zweiten stellten sie, wenn sie nach Haus kamen, fest, das ihre warmen Schmuser verschwunden waren, und nichts als ihre Abdrücke im Brutsand von ihnen übrig waren.

Natpürlich nahmen sie an, dass man sie ihnen gestohlen hatte, und wütend beäugten sie diejenigen, die sie in Verdacht hatten.

Das die warmen Schmuser ohne ihre Nähe nicht überleben könnten, darauf kamen sie nicht.

So wurden die warmen Schmuser immer seltener, und die Zahl der kalten Fröstler wuchs und wuchs, denn diese konnten sich auch ohne Hilfe der Menschen vermehren.

Natürlich hatte dies weitreichende Folgen für die Welt, denn während unter dem Einfluß der Schmuser eine Atmosphäre von Liebe, Verständnis Freundschaft und Anteilnahme entstanden war, herrschte nun Mißtrauen, kalte Berechnung, Neid und Mißgunst.

Fanden trotz allem zwei menschen in Liebe oder Freundschaft zusammen, waren sofort Neider zur Stelle, die versuchten, Zwietracht zu sehen, und ihre größte befriedigung war die Schadenfreude darüber, wenn es gelang.

Mit der Zeit machten die Fröstler eine weitere nützliche Anpassung durch: Sie wurden unsichbar!

Nun war es noch wesentlich einfacher, sie auszutauschen, und heute bekommt man sie bei fast jedem Händedruck, jedem Kontakt von Blicken, sogar beim Austauschen scheinbar harmloser Worte.

Es ist eine ungemein seltene und für manche sogar jenseits der Erfahrung liegende sache, heutzutage noch einmal einen warmen Schmuser zu erhalten.

Erst muß man sich besinnen, was einem da eigentlich widerfahren ist. Dann taut man vielleicht für einen kleinen Moment auf und hat die Vision einer anderen, einer besseren, wärmeren Welt, doch dann bekommt man schon die nächsten Fröstler, und so schnell, wie diese Idee kam, verschwindet sie auch wieder…

Blatt im Wind

Auf einem Hügel inmitten von Wiesen und Feldern stand eine Gruppe von Buchen

An einer dieser Buchen, genauer gesagt, an dem größten der fünf Bäume, fast im Wipfel, wuchs ein Blatt. Es war ein ganz gewöhnliches, unscheinbares Blatt, doch es träumte von weit entfernten Dingen, unerreichbar und rebellisch.

Von seinem Standort aus konnte es weit in das Land hinausschauen, über die Felder bis zum Dorf, dessen Dächer in einiger Entfernung rot aufleuchteten.

Unter anderem war es gerade das Dorf, welches in dem Blatt die Sehnsucht nach weit entfernten Dingen geweckt hatte, denn dort bewegten sich diese bunten Tiere, die doch so verschieden von den Kühen und Pferden waren, denn diese waren die Herren über diese oft auf der Wiese unter den Buchen grasenden Tiere, die an heißen Tagen den Schatten des Hügels mit seinen Bäumen zu einem Nickerchen nutzten, und die das Blatt dann näher betrachten konnte.

Ach, auch einfach davongehen zu können, und selbst zu bestimmen, wohin man sich bewegen wollte und wo man stehen- und liegen blieb!

Das Blatt seufzte.

Die anderen Blätter waren damit zufrieden, das Wasser, welches die Wurzel heranbrachte, und die Luft, die der Wind herantrieb, zu Zucker zu machen; sie interessierte es bloß, ob es genug regnete, ob die Sonne hell schien, und ob genügend Salze und Wasser durch die Wurzeln nach oben getragen wurden.

Manchmal, ganz aus Langeweile, schauten sie auch nach den gelbblühenden Rapsfeldern und den buntgesäten Wiesenblumen, welche die Kühe oft stehen ließen, weil sie fad schmeckten. Aber sie dachten nicht weiter nach, ihr Hauptbestreben war auf ihre klar umrissenen Aufgaben gerichtet, nämlich das Wasser durch die hauchfeinen Schlitze an ihrer Unterseite auszuscheiden, damit es verdunstete, und so neues, mineralreiches Wasser von den Wurzeln aus in den Baum gesogen werden konnte, mit Hilfe von Sonnenlicht aus dem Wasser und aus der Luft, die der Wind herantrug, Zucker und höhere Verbindungen aufzubauen, die den Baum den Winter überleben lassen würden, sowie für Wachstum zu sorgen, denn dadurch hatten sie immer genügend freien Blick zur Sonne, danach strebten sie schließlich alle.

Das Blatt jedoch sah nicht nur zum Zeitvertreib den ziehenden Wolken nach, und die wechselnden Schatten, die diese auf die Wiese warfen, und fragte sich, warum das so wäre.

Warum ahmten die Wolken mit ihren feuchten Bäuchen bekannte Dinge nach?

Warum konnte es nicht mit diesen ziehen?

Warum erzittert es jedesmal, wenn ein Vogel sich in seinem Baum niederließ, und hoffte so sehr, daß dieser, der doch so oft das Dorf gesehen und besucht hatte, ihm einige seiner Geschichten berichtete, die dieser sicherlich zu erzählen wußte?

Die größte Freude des Blattes war es, wenn der Wind in kräftiger Brise wehte und das kleine Blatt schaukelte; es konnte sich dann beinahe vorstellen, sich aus eigener Kraft zu bewegen!

Wenn es doch nur einmal selbst zum Dorf fliegen könnte! Das Dorf und die baumbestandenen Kuppen, die jenseits von ihm verblauten, waren für das Blatt das Sinnbild all dessen, was es ersehnte.

Als die Tage wärmer wurden und die Blüten der wilden Kirsche, die am Bach wuchs, welcher die Weide begrenzte, braun und schmutzig am Boden lagen, stöhnte das Blatt in der stickigen, stehenden Luft. Kein leiser Windhauch flüsterte ihm zu von ungeschauten Fernen, oder kühlte die heiße Oberfläche des Blattes.

Traurig und welk ließ es seine Blattränder hängen, verlangte flehentlich nach dem Wind, nach dem Bach, doch es blieb ungehört.

Doch dann türmten sich viele der weißen Schäfchenwolken übereinander und bildeten hohe, schwarze Wolkengebirge und so färbte sich der Himmel grau, und das goldene Sonnenlicht verschwand, und wurde durch eine gelbrote, schweflige Färbung ersetzt.

Noch immer ging nicht der leiseste Windhauch, und das Gewicht des Himmels lastetete schwer auf allem.

Dann zuckte ein Blitz vom Himmel, und seine Helligkeit bahnte sich einen Weg durch die dichte, wattige Masse der Luft. Eine heftige Boe erfaßte den Ast des Baumes, an dem das Blatt hing, und ließ ihn ächzen. Ein zweiter, noch heftigerer Windstoß versuchte das Blatt von seinem Zweig fortzureißen.

Nun ging es Blitz auf Blitz, gefolgt von raschem, rollendem Donner.Von dem zum Sturm aufgefrischten Wind wurde in der Nähe des Blattes ein ganzer Ast abgerissen und fortgetragen. Alle Blätter kuschelten sich eng an ihren Zweig, voller Angst, sich vor ihrer Zeit vom Baum zu lösen. Das kleine Blatt reckte und streckte sich dem Sturm entgegen, doch- vergebens, es hing fest an seinem Zweig.

Endlich begann sich der Himmel wieder aufzuklären, und ein allerletzter Windstoß umtobte den Baum, und… das Blatt jubilierte. Hätte es eine Stimme besessen, so hätte es seine Freude in den höchsten Tönen herausgesungen, so trieb es glückselig mit dem Wind.

Es fühlte sich eins mit dem Wind, und flog wie ein Vogel über die Wiesen und Felder, und immer neue Aussichten erschlossen sich ihm. Es genoß das Gefühl ,die Luftmassen unter sich zu spüren, ihre Bahn zu teilen, dem Strom des Windes zu folgen, mit ihm zu verschmelzen, siuch seine Stärke anzueigenen.

Dann begann das Dorf immer näher zu rücken, aber auch die Bahn des Blattes neigte sich, und es überlegte, ob es das Dorf wohl noch erreichen würde, doch schließlich sank das Blatt zum Grund, eine ganze Strecke von seinem Baum entfernt, aber leider auch immer noch ebenso weit vom Dorf fort.

Als das Blatt so sanft auf einer Wiese landete, wollte es erst traurig werden, aber dann sah es seine vielen neuen Nachbarn, und versuchte, von ihnen Geschichten zu erlangen. Doch das Gras wußte noch weit weniger über weite Welt, als das Blatt selbst, und lebte in der stetigen Angst, die Kuh oder das Pferd könnten kommen, und es fressen.

Die Blumen waren eitel; sie wollten nur bewundert werden, und erzählten nur über die Bienen und Schmetterlinge, die sie buchten, um ihrer Schönheit zu huldigen.

Dann wurde auch das Blatt besucht, doch es waren Käfer und Würmer, die es aufsuchten, und das Blatt verspürte nagenden Schmerz. Vom Wind verlassen, konnte es sich nicht fortbewegen von diesen unwillkommenen Gästen, und es war entsetzt und hilflos ausgeliefert. So hatte es sich seine Reise nicht vorgestellt in seinen Träumen!

Der Schmerz wurde stärker, und irgendwann hörte er wieder auf, aber auch jede andere Wahrnehmung. Das Blatt wußte nicht mehr von sich.

Als es wieder zu sich kam, hatte es plötzlich eine seltsame Wahrnehmung, verfeinert, erweitert, allumfassend.

Es *sah* alle Vorgänge in der Erde, wie die Würmer und Käfer die groberen Bruchstücke zu feineren machten, wie sich von denen dann wieder Pilze und Insekten nährten, die alles in seine mineralischen Bestandteile zerlegten, wieder aufbauten zu Huminsäuren… Das *Blatt* hätte es nicht zu beschreiben gewußt, wie,aber es war alles. Ein Teil von ihm war Luft, nahm die Windströmungen wahr, es war Elektron, Protron, Neutron, es unterlag den Starken Kernkräften, den Schwachen, es nahm an der elektrischen Wechselwirkung teil, es unterlag der Gravitation… es verstand das Universum!

Pling! Das Bewußtsein des Blattes zerfasertein winzige Streifen, zersplitterte in feinste Kristalle.

Es war wieder Frühling, die Buchen auf dem Hügel hatten dicke Knospen ausgebildet und begannen, sich wieder in ihr grünes Blätterkleid zu hüllen. Dier Prozesse der Assimilation liefen an, Wasser wurde von den Wurzeln aufgenommen und ließ weitere Knospen schwellen.

Der Baum sog einige bestimmte Moleküle Wasser ein, nahm eine kleine Menge Luft auf, und baute Zellulose, höhere Verbindungen, Hormone und Enzyme auf.

Das Blatt begann sein Sein, und es bemerkte, wie schön der Ausblick vom Hügel sei und wie angenehm das Gefühl der vorbeiströmenden Luft, und irgendwie, ganz schwach, regte sich der Fühlerschlag einer Erinnerung, für einen Moment fühlte es sich eins mit allem, und wie Spinnweben überzog es die ganze Welt mit seinem Gedankenfühler, und fühlte jedes Geschehen, jede Bewegung, Wachsen und Vergehen. Einen Herzschlag später nahm es seine Arbeit auf, und der flüchtige Gedanke verschwamm wie ein Tropfen im Ozean.

Zufrieden schaukelte das Blatt im Abendwind.

Die Motte und der Stern

Einst lebte eine Motte, die wurde geboren und wuchs auf, wie jede andere ihrer Art als Raupe.

Sie fraß, schlief,wurde größer, sie verpuppte sich, bekam ihre Flügel.

Zusammen mit ihren Geschwistern erlernte sie das Fliegen.

Dann jedoch kam die Zeit, da die anderen Motten sich Gefährten suchten. Unsere Motte jedoch blieb allein, denn sie hatte niemanden gefunden, der dem Gefährten ihrer träume entsprochen hätte.

Sie hatte seltsame Träume seit einiger Zeit, und je öfter sie träumte, desto seltsamer wurde sie, so fanden es jedenfalls die anderen Motten.

Oft saß sie allein auf den höchsten Zweigen einer weitausladenden Buche und dachte still vor sich hin, anstatt mit den anderen Kreise im Halbdämmer zu ziehen.

„ Es wird noch ein wenig mit ihr dauern, sie ist halt die Jüngste, und sie braucht für alles etwas länger als alle.“ sagte entschuldigend die Mutter.

Doch die Motte änderte sich nicht. Auch, als die Zeit herankam, als die Motten ihres Alters sich nach einem Licht umzusehen begannen, das sie ganz allein für sich beanspruchten, und welches sie ganz besonders anzog, blieb sie für sich und merkwürdig anders.

Schließlich hatten alle ihre Geschwister ihr Licht gefunden: Einer eine Laterne am nahen Weg, ein anderer eine Kerze im Fenster einer Stube; eine ihrer Schwestern, die sich in die Fackel, die ein Mann durch den Wald trug, verliebt hatte, kehrte nicht wieder.

„Sie ist in ihr Licht eingegangen und lebt nun für immer darinnen.“ erklärte der Älteste des Mottenrates.

Der Mottenrat bestand aus den wenigen wirklich Alten, die es gab. Es war merkwürdig, immer mehr Motten, die nach ihrem Licht gesucht hatten, verschwanden auf Nimmerwiedersehen, so auch die Mutter unserer Motte und die meisten ihrer Geschwister, und so blieben nur die jüngeren zurück, die noch nicht den Wunsch nach ihrem eigenen Licht hatten.

Auch die Motte unserer Geschichte verspürte eine merkwürdige Sehnsucht in sich, die weder Honigtau noch Blütenpollen stillen konnten.

Dann erkannte sie, dass auch sie sich auf die Suche nach einem Licht machen mußte.

Doch weder das Feldfeuer, noch die Laterne, weder die Kerze, noch der großartige Brand einer nahgelegenen Scheune, den gleich eine ganze Schar von Motten als ihr Licht erkannt hatten, zogen sie besonders an.

Dies Lichter waren so grob, so grell, so gewöhnlich! Sie hatte eine unfertige Vorstellung in ihrem Kopf, an die sie sich, wie an die meisten ihrer Träume, aber nur vage erinnern konnte, wenn sie dann wieder aufwachte.

Daher machte sie sich nun auf die Suche, denn sie war sicher, WENN sie ihr Licht sähe, würde sie sich gewiß erinnern.

Alle anderen Motten schüttelten empört die Köpfe: Erst war keiner aus ihren Reihen annehmbar genug, ihr Gefährte zu werden, und nun waren auch die Lichter, die schon ihre Großeltern und Urgroßeltern entzückt hatten, ihr nicht gut genug!

Die zwei Brüder, die von ihrer Familie noch übrig waren, und die wenigen Bekannten, die sie hatte, begannen nun vollends, sie zu meiden, aber die Träume der kleinen Motte entschädigten sie, sie waren soviel schöner als alles andere auf der Welt!

Eines Abends, als sie auf ihrem Buchenzweig saß und inden Himmel schaute, blinkte über ihr ein Stern auf, wurde heller und heller, und strahlte in einem klaren, kalten, unirdisch schönen Licht.

Die Motte fühlte sich wie in einem Strom von Licht gebadet, wie von einer sanften Frühlingsbrise sanft umfächelt.

Plötzlich wurde ihr klar, DAS war IHR Licht, das Licht aus ihrem Traum!

Freude zog in ihr Herz, und ihre ganze Sehnsucht, ihre ganze Kraft kannte nun nur noch ein einziges Ziel: Sie wollte ihren Stern, ihr Traumlicht, erreichen.

Jede Nacht flog sie los und kehrte morgens mit müden Flügeln zurück, ohne ihn erreicht zu haben.

Alle Motten glaubten, sie sei nun endgültig übergeschnappt. Sie solle ihr Herz doch an ein Licht binden, welches sie auch erreichen könne, ein wärmendes Licht, nicht diesen kalten Schein!

Die Motte jedoch setzte ihre nächtlichen Flüge fort, und eines Tages, als sie selbst schon fast die Hoffnung verloren hatte, wurde ihr während des Fliegens schwarz vor Augen, und sie fiel in einen langen, schwarzen Schacht, wie ihr schien, lang und länger, tief und tiefer.

Schließlich kam sie auf festen Grund zu liegen. Sie öffnete die Augen, und um sie herum funkelte und flirrte es vor kühlendem Licht, das sich wie Balsam auf ihr müden Augen und Flügel legte.

Silbern leuchtender Staub bedeckte in einer fedrigen Schicht den Boden, die Bäume trugen Blätter, die wie Smaragde in der Sonne stahlend aus sich selbst heraus leuchteten, es gab leuchtend weiße Blüten, mit einem Herzen, golden wie die Sonne, und feuriger Honigtau tropfte aus ihnen, und aus den Bäumen fielen süße Früchte, die köstlicher schmeckten, als alles, was die Motte je genossen hatte.

Als sie sich staunend und mit jubelndem Herzen umschaute, entdeckte sie plötzlich andere Motten.

Motten? Nein, Könige und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen schienen sie ihr allesamt, mit ihren mit silbernem und goldenen Licht bestickten Flügeln.

Nein, diese Wesen brauchten kein Licht, sie schienen aus sich selbst heraus, so wunderschön waren sie, dass die kleine Motte wie gebannt dastand, obwohl sie sich schämte, für ihr eigenes, häßliches, graubraunes Flügelpaar und ihren grobbepelzten Körper!

Nun sprach eines dieser Geschöpfe sie gar an!

„Ich habe lange, lange Zeit darauf warten müssen, meiner Gefährtin in die Augen sehen zu können, und nun bist du endlich da!“

Die Motte wühlte sich in den Staub ein, weil sie sich so sehr schämte. Sie als Gefährtin solcher Schönheit, solches Strahlens; sicherlich spielte ihr Verlangen ihr einen Streich und gaukelte ihr vor, dass dieses wunderbare Wesen so etwas zu ihr sagte.

Doch eben dieses Wesen zog sie nun aus dem Staub heraus und begann, sie zu umkreisen, wie sie es gesehen hatte bei den anderen Motten, als diese sich ihren Gefährten erwählt hatten.

Verlegen sah sie an sich herunter, doch da, silberner Staub und goldener Blütensaft hatten sich in ihren Härchen angesammelt und bildeten ein herrliches Muster.

Doch die andere Motte schaute nur in ihre Augen, und plötzlich wurde unserer Motte wieder schwindelig, die Augen des anderen schienen zu kreisen, und diesmal war der Tunnel, in den sie stürzte , nicht schwarz, sondern glänzte vor Gold und Silber, Smaragd und Rubin.

Von fern hörte sie die wunderschöne samtige Stimme, die sie erst rief, aber dann traurig zu ihr sagte, sie wäre noch nicht bereit, für immer zu ihnen zu kommen, daher müßten sie sich Ade sagen, aber es wäre kein Abschied für immer, und er würde sie hier mit Sehnsucht im Herzen erwarten.

Als die Motte schließlich wieder die Augen aufschlug, war es später Nachmittag, und an ihr war nichts von Gold und Silber.

Sollte alles nur ein schöner, aber leerer Traum gewesen sein? War auch ihre Suche nach dem Stern vergeblich und alles, was sie je getan hatte, müßige Tagträumerei?

Die Motte taumelte mit wehem Herzen und müden Flügeln davon, Feuchtigkeit in ihren Augen spürend. Die anderen hatten sie wohl zu Recht beschimpft. Aber machte nicht selbst der Gedanke , die Idee solcher Pracht das Leben schöner? Nein!

Es weckte nur Verlangen nach Dingen, die nicht sein konnten, ein unstillbares Verlangen, eines, das daran hinderte wirklich zu leben.

So in Gedanken, achtete die Motte nicht auf ihren Flug, und hätte beinahe ihre Nichte gerammt, die ihr entgegenkam.

Diese sah sie ganz erstaunt an: „Ohh, das bist ja du, Tante. Ich dachte, du seist mein Licht! Deine Augen strahlern heller als die Kerze, die ich gestern sah.“

Die Motte stutze, dann plötzlich verließ sie auf einen Schlag all ihre Verzweiflung, und wurde durch eine warme Hoffnung ersetzt. Vielleicht war ja wirklich alles war gewesen, vielleicht hatte sie gar nicht geträumt, vielleicht würde sie eines Tages wirklich noch einmal ihren Stern und ihren Gefährten sehen!

Am nächsten Abend flog sie zum Versammlungsort der Motten und erzählte dort ihre Geschichte.

Doch trotz ihrer strahlenden Augen glaubten ihr viele nicht und machten sich über sie lustig.

Einige der jüngeren Motten jedoch hörten ihr staunend zu, und bedrängten sie auch an anderen Abenden, ihre Geschichte zu erzählen.

Die eine oder andere blickte vielleicht anschließend zum Himmel, ob sie auch einen aufleuchtenden Stern erblicken würde.

Die inzwischen steinalte Motte erzählte den Kindern aber auch andere Geschichten, wie man den hungrigen Schnäbeln der Vögel entkäme, oder wie die Blüten mit dem besten Honigtau aussähen, und wo sie zu finden seien, denn sie war älter, als jede Motte vor ihr, und weise und erfahren, doch am liebsten erzählte sie ihre Geschichte, und jedesmal erschien ihr der Stern und seine Bewohner prächtiger.

An einem Abend fühlte sich die Motte noch schwächer als gewöhnlich, ihre Flügel waren inzwischen welk, sie hörte nicht mehr gut, und oft vermochten ihre Augen ihren Stern nicht mehr zu erkennen.

Bei ihr saßen ihre Nichte und deren Sohn, die immer die eifrigsten Zuhörer ihrer Geschichten waren.Es war ein klarer Frühlingsabend mit milder Luft und unbewölktem Himmel, und viele Sterne leuchteten, als plötzlich ein Stern aufflammte, und sogar das schwache Augenlicht der alten Motte erreichte.

„ Das ist das Zeichen! Das ist das vorbestimmte Zeichen!“ rief sie, richtete sich auf, machte ein paar matte Flügelbewegungen, und fiel dann zu Boden.

Doch ihre Augen leuchteten, und ihren Verwandten schien es, als erhebe sich eine majestätische Gestalt , die immer heller zu glänzen begann, bis sie geblendet die Augen schlossen.

Als sie die Augen wieder öffneten, war da nichts mehr von Glanz, und die alte Motte lag leblos und welk am Boden.

Doch die Mutter der jungen Motte schaute auf einen kleinen, blauen Stern, der hell und kalt leuchtete, und verabschiedete sich von ihrem Sohn.

„ Tante ist in ihr Licht eingegangen, fliege zu den anderen und erzähle davon, ich muß noch etwas finden.“

Die junge Motte sah ihre Mutter nicht wieder, doch glaubte sie ihr Leben lang, auch sie hätte ihren Stern gefunden und wäre dort mit ihrem Gefährten, der vor ihr gegangen war, wieder vereinigt.

Die Geschichte jedoch ist heute nur noch ein Märchen für kleine, dumme Motten, obwohl die junge Motte, die noch alles mit eigenen Augen gesehen hatte, sie ihr Lebtag erzählte, und sie für wahr beteuerte.

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