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Tolkiens Einschätzung zur Lage der Bundesrepublik im Jahr 2015 aufgetaucht


Nelkhart

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"Die Hobbits nannten alles, was zum Hoheitsgebiet ihres Thains gehörte, das Auenland; und auf diesem behaglichen Fleckchen Erde richteten sie sich ein und gingen den achtbaren Geschäften ihres wohlgeregelten Lebens nach. Immer weniger kümmerten sie sich um die Welt ringsum, wo man dunklen Gestalten begegnen konnte, und schließlich meinten sie, dass Friede und Überfluss in Mittelerde die Regel seien und allen vernünftigen Leuten von Rechts wegen zustünden. Das wenige, was sie über die Wächter und die Mühen derer gehört hatten, die den langen Frieden für das Auenland möglich machten, vergaßen sie oder schenkten ihm keine Beachtung. In Wirklichkeit lebten sie in einem geschützten Bezirk, hatten aber aufgehört, daran zu denken."

Meint der uns?

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Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht uns gemeint hat. Dennoch spiegelt dieser Auszug erschreckend gut die Haltung der breiten Masse der Deutschen wieder. Ein Fall für Galileo Mystery! :-O

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Statt Allegorie zur Analogie, das gefällt mir. Und das ist das, was Tolkien in meinen Augen vorschlägt.

Wahre oder erfundene Geschichte mit ihrer vielfältigen Anwendbarkeit auf das Denken und die Erfahrung der Leser ist mir sehr viel lieber. Ich glaube, daß viele Leute »Anwendbarkeit« mit »Allegorie« verwechseln; aber die eine ist der
Freiheit des Lesers überlassen, die andere wird ihm von der Absicht des Verfassers aufgezwungen.
 

(Vorwort HdR Bd.1)

Im direkten Vergleich werden die Hobbits unter der Bezeichnung "die Haltung der breiten Masse" also in der Bundesrepublik von 2015 ausgemacht. Das ist ein Punkt, den ich interessant finde. Eine Schablone mit ausgewählten Teilmengen bringt überraschende Schnittmengen und offensichtlich Reibungen hervor.

Warum soll die Existenz von Hobbits z.B. erschreckend sein?

Das Bild, dass uns Tolkien im Ganzen von den Hobbits vermittelt ist doch ein sehr positives. Das sind doch gemütliche, aber wackere Burschen, die wir gern haben. Da gibt es vielleicht ein paar Eigentümlichkeiten über die wir sonst wohlwollend hinwegsehen, zumal genau diese erst die Hobbits auszumachen scheinen. Die Hobbits sind keine Helden, aber doch irgendwie ein Ideal. Und letztlich kommen aus ihren Reihen die Ringträger, die der Macht des Ringes widerstehen. Was auch immer man damit anfangen will.

Nichtsdestotrotz fehlt es einem so schablonierten Bild an der Komplexität der aktuellen Realität der "Bundesrepublik 2015". Aber es lassen sich ja auch gerne mal Aspekte anschneiden. Das eigentlich interessante, so finde ich, ist dann aber die Reibung, die Beziehungen, der Grund (Boden/Tiefe), die duch die Auswahl plötzlich (?) entstehen. Denn erst hier findet sich das, von Dir Eorl, erwähnte  "Erschrecken" in dieser Schablone, welches in Deinem Beitrag gar nicht konkretisiert wird. Ich kann es auch sehen, aber ich sehe möglicherweise einen ganz anderes Erschrecken als Du. Ich nenne es lieber einen Widerspruch, der im Moment erschreckend(e,) vielschichtige Konsequenzen für die Bundesrepublik hat.

 

 

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Ich nehme ja mal ganz schwer an das Nelkhart seine Frage ja nicht so gaaanz ernst gemeint hat und das wir deshalb nicht nach der " Komplexität der aktuellen Realität" suchen müssen, was wir, da wir uns ohnehin am Politikstammtisch befinden, aber gerne tun können. Ich bin nur leider ganz schlecht im Einstieg finden.

 

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Danke fürs Abstecken des methodischen Rahmens, Ariën. Es wäre mühsam, jedem Teilnehmer, der hier zusteigt, erst umständlich die fehlende Notwendigkeit historischer Validität erklären zu müssen.

Besonders bemerkenswert finde ich natürlich den Trend zum Anti-Amerikanismus, den Tolkien den europäïschen Hobbits im obigen Zitat voraussagt. Die wohlhabenden EUenländer vergessen die Geschichte und wenden sich von ihren einstigen Beschützern ab.
Genau wie im Buch geht die zunehmende Konfrontation mit der Weltpolitik mit einer stetigen Schwächung dieser Schutzmächte einher.

Tatsächlich läßt sich eine positiv bewertete Westbindung im Legendarium bis zur Gründung Valmars in Aman belegen. Mehr noch: Das Schicksal bestraft jegliche Abweichung vom Westen konsequent mit desaströsem Unglück bis hin zu partiëllen Weltuntergängen.

Wer traut sich nun, das symmetrische Gegenstück dieser bipolaren „Anwendung“ auszumalen?


Die Frage ist: Wie kommt Tolkien zu so einem Weltbild? Zieht sich durch seine Aufsätze und Briefe doch ganz klar ein auf die USA gerichteter Kulturpessimismus.


Echt spannend, dieser Professor. Er hat die Weitsicht seines erfundenen Volkes.

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So weit ich weiß hat Tolkien einmal gesagt er hätte sich beim schreiben nicht von den weltpolitischen Ereignisen beeinflussen lassen. Er sagte sinngemäß glaube ich :  "Ansonsten wäre Barad-Dur nur besetzt und nicht zerstört worden und die Orks wären zu neuen Verbündeten herangewachsen."

Korriegiere mich wenn ich mich irre.

Zudem ist es auch möglich, dass wenn man in ein solches Zitat etwas hineininterpretieren möchte man es immer schafft. Ich möchte nur mal daran errinern, dass es Texte gab, die so unterschiedlich interpretiert wurden, dass es zu Kriegen kam. Vielleicht sagt dem ein oder anderen die "Emser Depesche" etwas. 

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  • 2 Wochen später...

Danke fürs Abstecken des methodischen Rahmens, Ariën. Es wäre mühsam, jedem Teilnehmer, der hier zusteigt, erst umständlich die fehlende Notwendigkeit historischer Validität erklären zu müssen.

Gern geschehen. Für Tolkien ist sie vielleicht nicht notwendig, für die Schablone hilft es (mir) aber.

 

  Besonders bemerkenswert finde ich natürlich den Trend zum Anti-Amerikanismus, den Tolkien den europäïschen Hobbits im obigen Zitat    voraussagt. Die wohlhabenden EUenländer vergessen die Geschichte und wenden sich von ihren einstigen Beschützern ab.

Erst jetzt fällt mir auf, dass ich mit einem Bein im Jahr 2015, mit dem anderen aber in den 20/30ern des letzten Jahrhunderts stand. Ich hatte die Amerikaner gar nicht auf dem Radar. Dafür eine etwas unscharfe Historie, in der sie zwar da sind, aber sehr vermengt mit anderen Aspekten. Na ja, ich bin halt ab und zu ein Hobbit und sehe manches nicht so scharf gebündelt. Danke, dass du meinen Spagat beendest. Dadurch wird es ein wenig einfacher.

Genau wie im Buch geht die zunehmende Konfrontation mit der Weltpolitik mit einer stetigen Schwächung dieser Schutzmächte einher.

 

 

Tatsächlich läßt sich eine positiv bewertete Westbindung im Legendarium bis zur Gründung Valmars in Aman belegen.

Ich bin nicht ganz sicher, ob ich das verstehe. Inwiefern belegen? Und von wem für wen? Ich bin versucht zu sagen, dass das so (erstmal) nur für Tolkien selbst gelten kann. Ist ja sonst keiner da, ausser Morgoth, der für die „Erschaffung“ des Westens zudem noch als Gegenpart notwendig ist. Sonst wäre ja alles gut gewesen, wie es ist. Die Valar können sich auf Eru, die höchste Instanz, berufen und sind so, bis auf Morgoth, unter sich einig. Sie entsprechen Erus Wünschen, die Tolkien (mit)teilt, Morgoth nicht.

Es wäre einfacher für mich, wenn hier bis „zurück“ zur Gründung stehen würde, weil erst danach handfeste (das heißt für Menschen/ Elben/ Zwerge gültige) Konsequenzen sichtbar werden:

 

 Mehr noch: Das Schicksal bestraft jegliche Abweichung vom Westen konsequent mit desaströsem Unglück bis hin zu partiëllen Weltuntergängen.

Andererseits kann ich mir in diesem Zusammenhang etwas vorstellen. An beiden großen Abweichungen (erst der Elben und dann der Menschen) vom Westen war erst Morgoth selbst und dann sein Diener Sauron beteiligt. Während Morgoth noch Na(t)ivität ausnutzen und seine überlegene Stärke unmittelbar demonstrieren konnte, muss Sauron zunehmend auf Hilfsmittel und die List zurück greifen. Seine Erfolge gehen einher mit der Entrückung des Westens.

Die Europäer haben irgendwann beschlossen, dass jeder Mensch gleich geboren wird und als das auch nichts half bzw. als sich herausstellte, dass die Welt größer ist, als sie erst gedacht hatten und sich darin verzettelten, beschlossen sie offiziell, dass jeder leben kann, wie er will, solange er damit keinem anderen Menschen Schaden zufügt. Das funktioniert aber auch nicht richtig, weil im Stillen so getan wurde und wird, als könne der Hobbit allerorts, von Luft und Liebe allein leben. Ihm fehle es lediglich an der rechten Organisation/Verwaltung. Dahinter verbirgt sich aber eine Schattenwirtschaft von der der Westen selbst, wenn er davon erführe, gar nicht begeistert wäre. Da er aber so entrückt ist, braucht er sich nicht mehr darum zu kümmern, denn die Konsequenzen ergeben sich von ganz alleine.

 

Wer traut sich nun, das symmetrische Gegenstück dieser bipolaren „Anwendung“ auszumalen?

Das umreißt in etwa den Widerspruch, von dem ich in meinem Post schrieb. (Auch wenn's sehr kurz ist und etwas hinkt.)

Soweit ich das zusammenbekomme, ist die Sterblichkeit für die Valar ein gewöhnungsbedürftiges Konzept, aus dem sich Notwendigkeiten ergeben, die ihnen fremd sind bzw. die sie nicht voraussehen können. Diese Unbeständigkeit ergibt für sie daher keine Klarheit über den Werdegang der Menschen.

 

Die Frage ist: Wie kommt Tolkien zu so einem Weltbild? Zieht sich durch seine Aufsätze und Briefe doch ganz klar ein auf die USA gerichteter Kulturpessimismus.

Von diesen Briefen und Aufsätzen weiß ich nichts, aber vielleicht gibt es 2 verschiedene Westen?

Der eine Westen wurde in den 60ern des letzten Jahrhunderts von dem anderen, der demonstrativ darauf bestand 1. von Luft und Liebe zu leben (bzw. 2. überhaupt mal Luft und Liebe schnuppern zu dürfen), einstmals erschüttert. Übrigens ein schönes Beispiel einer Spiegelung, die dazu führte, dass verschiedene Interessen (1.+2.) sich ergänzten.

(:kratz: klingt irgendwie nach Stammfunktion finden.)

Deutschland und die EU hingegen eiern von einem Westen zum anderen, die sich nicht so ohne Weiteres vereinbaren lassen. An allen Ecken und Enden blitzt Sauron auf und macht ihnen zu schaffen. Welche Alternative gibt es zu einfach weiter schwimmen, wenn man nicht unter gehen will?

Auch Tolkiens Hobbits müssten sich inzwischen damit auseinandersetzen, dass ihr einziges Handelsgut, das Pfeifenkraut, nach aktuellen Maßstäben giftig ist.

Tolkiens Welt nimmt auf solche Mimositäten keine Rücksicht. Ökonomie und Politik spielen im Detail keine Rolle.

Er (oder sein Werk) kennt nur einen Westen. Da bleibt kein Platz zum eiern oder sich zu verzetteln. Da gibt’s nur entweder oder.

Deswegen spiegelt sich darin eine Wahrheit und nicht die widersprüchlichen Wahrheiten der Realität.

Genau wie im Buch geht die zunehmende Konfrontation mit der Weltpolitik mit einer stetigen Schwächung dieser Schutzmächte einher.
 

Echt spannend, dieser Professor. Er hat die Weitsicht seines erfundenen Volkes.

Einer der ältesten Fragen, die ich an den HdR richte ist, warum König Elessar bestimmt, dass kein Mensch das Land der Hobbits und der Druedain mehr betreten darf. Wie kommt Tolkien auf sowas?

 

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