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Fanfiction: Schattenkind


ArwenEvenstar

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So, hier mal eine Fanfic von mir, in der es um eine Tochter von Sauron geht, die zwischen die Fronten von Gut und Böse gerät, nach und nach werde ich neue Kapitel reinstellen, je nachdem wann ich zum Schreiben Zeit habe. 

 

Nur ganz selten hatte die achtjährige Corwmoina jemanden zum Spielen, denn hier gab es nur wenige Kinder. Manche der Haradrimsoldaten hatten ihre Frauen und Kindern mitgebracht, wenn sie ihren Dienst in Mordor antraten, aber das taten die wenigsten. Sie fühlte sich oft alleine und langweilte sich sehr. Hier in dem dunklen Palast gab es nur sie, ihren fast immer schlecht gelaunten, schnell reizbaren Vater und viele Diener und Wachen, alles Orks und Haradrim. Ihr Vater verwöhnte sie sehr, sie bekam immer Süßigkeiten und jedes Spielzeug das sie wollte.  Jeden Tag unterrichtete sein Diener Gavdoras sie im Bogenschießen und im Schwertkampf, und Sauron selbst brachte ihr alles über dunkle Magie bei.
Aber wenn sie gerade keinen Unterricht hatte, war sie bis zum Abendessen sich selbst überlassen und konnte tun und lassen was sie wollte. Und das war ziemlich doof, wenn man keine Spielkameraden hatte.
Sie hatte zwar sehr viel Spielzeug, aber sich alleine damit zu beschäftigen machte auf Dauer keinen Spaß. Und gestern war ihr im Moment einziger Spielkamerad, Hordas, mit seiner Mutter zurück nach Harad gereist, so dass es nun niemanden gab, mit dem sie spielen konnte.
Und so saß sie in ihrem Zimmer und baute lustlos einen Turm aus schwarzen Bauklötzen, als ihr Vater zu ihr ins Zimmer kam. Ganz in schwarz gekleidet war er, und sein langes schwarzes Haar, das einen merkwürdigen Kontrast zu seinem sehr bleichen Gesicht bildete, fiel ihm bis über die Schultern.
"Die Orks bringen gerade einen neuen Gefangenen zu Kankra. Hast du Lust mitzugehen und zuzuschauen wie sie mit ihm spielt und wie sie frisst, Tochter?", fragte er sie, während er ihr liebevoll über den blonden Schopf streichelte.
"Ein anderes Mal gerne, Vater"; erwiderte das kleine Mädchen, "beim letzten Mal war das ja sehr unterhaltsam. Aber jetzt möchte ich lieber mit meinen Klötzen spielen."
"Du baust einen Turm mit den Händen?", sagte Sauron und lachte spöttisch, "das ist doch langweilig, dabei lernst du auch nichts. Ich habe dir doch gezeigt, wie man die Klötze durch die Luft schweben lassen kann."
Corwmoina hob die Hand und ließ die Bauklötze schweben, nur um ihrem Vater eine Freude zu machen.
"Na siehst du, was ich schon alles kann, Vater? Irgendwann werde ich eine mächtige Magierin sein, genau wie du. Gemeinsam können wir Mittelerde beherrschen, nicht wahr?"
Ein hämisches, kaltes Lächeln glitt über Saurons Lippen.
"Oh ja, mein Kleines, wenn du erst einmal erwachsen bist, wirst du Kräfte entwickelt haben, die du dir jetzt nicht einmal annähernd vorstellen kannst."
Mit diesen Worten und einem kleinen Kuss auf die Wange ließ Sauron sie alleine.

Sie schaute vom Fenster aus zu, wie Sauron auf seinem Pferd "Dunkelschatten", gefolgt von mehreren berittenen Haradrim,  in Richtung Cirith Ungol verschwand.  Corwmoina langweilte sich so sehr, dass sie heute einmal etwas für sie ganz Aufregendes machen wollte:
Einfach einmal in das verbotene Zimmer gehen....ein Zimmer in einem der Türme des dunklen Schlosses, ein Zimmer, das außer Sauron niemand betreten durfte. Der Vater verbrachte oft ganze Tage in dem Zimmer, also musste etwas sehr wichtiges darin sein. Dummerweise war das Zimmer immer abgesperrt, und der Vater trug den Schlüssel dafür stets an einer Kette bei sich.
Aber Corwmoina hatte bereits mehr gelernt als der Vater ahnte, sie konnte mit Hilfe von Magie Türen einfach so öffnen. Eine Fähigkeit, die sie vor ihm verheimlichte, weil sie unbedingt sehen wollte, was in diesem Zimmer war.
Heute würde der Tag bestimmt nicht so langweilig sein wie sonst! Mit einem zufriedenen Lächeln verließ sie ihr Zimmer und schlich sich zu dem Turm, der , wie sie wusste, zwischen zwei Wachwechseln für ungefähr eine Minute unbewacht war.

Doch was sie drinnen entdeckte, war eine Enttäuschung. Der Raum war so gut wie leer, außer einem mit Samt bezogenen Sessel, vor dem ein Tisch mit einer dunklen Kugel darauf stand, gab es rein gar nichts hier. Durch das kleine, schmale Fenster kam kaum Licht in die runde Turmkammer.
"Nur eine blöde Kugel, was soll ich denn damit? Wieso ist Vater dieses Ding so wichtig?", fragte sie sich, "was will er denn mit einer dummen, langweiligen Kugel?"
Trotz ihrer Enttäuschung ging das Mädchen zum Tisch  und betastete die Kugel mit beiden Händen. Als sie unter ihren kleinen  Händen zu pulsieren anfing, nahm sie schnell die Hände wieder weg, denn es fühlte sich unangenehm heiß an,
Und dann wurde Corwmoina von einer Flut von Bildern überwältigt, die die Kugel ihr alle in schneller Abfolge zeigte. Zuerst waren es hässliche Bilder von Orks, die sich im Streit gegenseitig töteten oder von einem Haradrim, der seine Frau erschlug und die Leiche einfach Kankra  zum Fraß vorwarf. Dann jedoch zeigte die Kugel  ihr  Bilder, die so wunderschön waren, dass die Kleine völlig überwältigt in die Kugel starrte.
Sie sah große Wiesen, auf denen bunte Blumen wuchsen. Sieh sah dicke Trauben an großen Weinstöcken. Sie sah  kleine Wesen mit großen Füßen bei einem fröhlichen Tanz in einer schönen Auenlandschaft, und sieh sah etwas, das es in Mordor noch nie gegeben hatte,  einen Nachthimmel, der von strahlenden Farben erhellt wurde, ohne zu wissen, dass das ein Feuerwerk war. Sie sah eine Menschenfrau, die ihr Kind liebevoll in den Armen wiegte. Sie sah ein Liebespaar beim Küssen, und noch so einige schöne Dinge mehr. Aber zwischendurch zeigte die Kugel ihr auch hässliche Szenen von Krieg und Tod, die sie sehr verstörten. Auch wenn manches verstörend war, sie konnte einfach nicht aufhören in die Kugel zu schauen, denn es faszinierte sie, Welten  zu erblicken, die so ganz anders waren als alles was sie kannte.

Jetzt sah sie einen Wald, in dem alle Bäume voller goldfarbener Blätter  waren, die im Sonnenlicht strahlend schimmerten. Das Kind wusste nicht, was die Sonne war, denn sie hatte diese noch nie zuvor gesehen. Die Kugel zeigte ihr diesen Wald so lebendig und eindrucksvoll, als ob sie selbst gerade dort wäre. Sie konnte die Leute sehen, die dort herumliefen, und von denen viele weiße oder graue oder herbstbraune Gewänder trugen. Diese Leute lebten in den großen Bäumen mit den goldenen Blättern, und sie konnte mit der Kugel sogar in die einzelnen Fletts hineinschauen und sehen, was die Leute dort gerade taten. Sie schaute sich den größten aller Bäume an, der das Zentrum dieser Stadt aus Bäumen bildete. War das vielleicht so etwas wie ein Palast? Es war aufregend, in diese Fletts reinzuschauen, das war fast so, als ob sie mit einem lebendigen Puppenhaus spielen würde.
Sie schaute sich in dem großen Flett um, und schaute neugierig in die vielen Zimmer. In einem davon küssten sich ein Mann und eine Frau, igitt, das wollte sie sich nicht anschauen und wandte ihre Gedanken von diesem Zimmer ab.
Nachdem sie sich eine große Küche, in der gerade viele Mahlzeiten zubereitet wurden, und eine Bibliothek angeschaut hatte, erregte ein Zimmer, in dem zwei Kinder miteinander spielten, ihre Aufmerksamkeit. Es waren eine Junge und ein Mädchen, beide hellblond und spitzohrig, so wie sie selbst. Waren das auch Elben, so wie sie? Schaute sie da gerade in eine Elbenstadt?  
Der Junge musste ungefähr in ihrem Alter sein, das Mädchen vielleicht zwei oder drei Jahre älter als sie. Das Mädchen trug ein schneeweißes Kleid.....schneeweiß, igitt, dachte Corwmoina sich, und der Junge ein silbernes Gewand mit einem goldenen Gürtel, der aus ineinander verschlungenen Blättern bestand.
Die beiden bauten einen Turm aus Bauklötzen, genau wie sie selbst das immer getan hatte, aber nur mit den Händen.
Und die Klötze waren hier bunt, nicht schwarz wie ihre.
Der schon sehr hohe Turm fiel in sich zusammen, als der Junge einen weiteren Klotz drauflegte.
"Tja, Legolas, dann habe ich schon wieder gewonnen"; meinte das Mädchen frech grinsend, "du wirst mich wohl nie schlagen."
"Wetten dass doch, Alcrothiel? Nächstes Mal stürzt er nicht ein."

Traurig fragte Corwmoina sich, wieso sie nicht solche Spielkameraden haben konnte....den beiden war bestimmt nicht oft langweilig.
Ihr Kopf begann heftig zu pochen und sie hatte das Gefühl, dass er gleich zerspringen würde.
"Legolas, hier stimmt was nicht"; sagte Alcrothiel und schaute sich misstrauisch im Raum um, "irgendjemand beobachtet uns da."
"Nein, hier ist keiner, hier in Lothlorien sind wir doch völlig sicher.  Alcro, deine Mutter beschützt doch alle hier vor Saurons Macht, hier ist es sicherer als bei mir daheim im Düsterwald. Hier kann uns keiner beobachten."
"Doch da ist jemand"; regte Alcrothiel sich auf, "ich spüre es, jemand schaut uns zu, und zwar von irgendwo anders! Ich muss Mutter holen!"
Noch immer konnte Corwmoina sich nicht von der Kugel abwenden, und sie wusste ja, dass sie hier in Mordor sicher war, und diese Kinder ihr nichts tun konnten.
Und hatte das Mädchen nicht gerade Lothlorien gesagt? Wo Vaters größte Feindin lebte, die er hasste und fürchtete?
Aber selbst wenn....hier konnte keiner ihr was tun.
Und sie hatte noch reichlich Zeit, der Vater würde erst in ein paar Stunden heimkommen.

"Corwmoina! Corwmoina! Was soll das denn! Was hast du hier zu suchen? Ich habe dir doch verboten in das  Zimmer hier zu gehen? Wie bist du überhaupt ohne Schlüssel hier reingekommen!"
Gerade als sie zuschaute, wie die beiden Kinder aus dem Zimmer und in eine große Halle rannten, deren Dach mit goldenen Blättern bedeckte gewaltige Äste einer Baumkrone bildeten, riss der Vater sie abrupt aus der tiefen Versunkenheit.
Oje, das würde Ärger geben, der Vater sah wirklich sehr wütend aus...das war gar nicht gut.
"Vater...ich...ich wollte doch nur....."
Er hatte immer gesagt, wenn sie jemals in dieses Zimmer gehen würde, würde er sie windelweich prügeln....würde er das jetzt wirklich tun? Er hatte sie noch nie geschlagen, aber jetzt sah er wirklich sehr wütend aus.
"Was fällt dir ein! Mein Palantir ist nichts für Kinder! Warum gehorchst du mir nicht? Du bist genau wie deine Mutter!"
Die Kugel wurde wieder dunkel, und der Vater packte sie bei der Hand und zerrte sie aus dem  Zimmer.
"Geh da bloß nie wieder hinein, Tochter! Wer zu oft in diese Kugel schaut, der kann verrückt werden von all dem was er dort sieht. Was hast du gesehen, Moina?"
Er nannte sie immer schon Moina, es war sein Kosename für sie.
"Warum bist du überhaupt schon zurück, Vater?"; versuchte sie ihn abzulenken, "hat Kankra heute etwa den Gefangenen gefressen, ohne vorher damit zu spielen?"
"Ich war fünf Stunden weg", erwiderte Sauron verärgert, "wer in diese Kugel schaut, der vergisst die Zeit völlig. Also, sag, was hast du gesehen?"
"Nichts weiter"; wich sie ihm aus, "nur Orks die sich gegenseitig totgeschlagen haben, ein Haradrim der sein Frau erschlagen hat und langweilige Leute die sich geküsst haben."
"Und das ist wirklich alles?"
"Ja, das ist alles. Ich verspreche dir, Vater, dass ich da nie mehr reinschauen werde."
"Gut, dieses Mal bestrafe ich dich nicht, mein Kleines. Aber wenn du noch einmal in das Zimmer mit der Kugel geht, dann setzt es eine saftige Tracht Prügel und es gibt keine Geschenke und Süßigkeiten mehr."
Aber das war gelogen. Sie wollte irgendwann wieder hineinschauen, weil sie diesen Jungen, Legolas gerne wieder sehen wollte. Ohne zu wissen, warum sie das wollte.
Sauron nahm sie in den Arm und blickte sie ernst an.
"Weißt du, mein Kleines, ich habe dich sehr lieb, und möchte nicht, dass es dir so ergeht wie deiner Mutter. "
"Was ist denn mit Mutter passiert?"
Sie wusste nur, dass ihre Mutter seit sechs Jahren tot war, konnte sich nicht mehr an ihr Gesicht erinnern.
Da fing der Vater an leise zu weinen.
"Deine Mutter...sie....sie hat wie du eines Tages ihrer Neugierde nachgegeben und in die dunkle Kugel geschaut. Sie wurde süchtig danach und tat es immer wieder, ich konnte es leider nicht verhindern. Und...sie hat so viel schlimme Dinge darin gesehen, dass sie darüber wahnsinnig wurde und nicht mehr Herrin ihrer selbst war. Sie hat sich von den Zinnen des Palastes gestürzt. Ich will nicht, dass es dir auch so geht, Kleines, ich will dich nur beschützen. Du bist das Einzige, was mir von deiner Mutter geblieben ist. "
Corwmoina war entsetzt, es machte sie traurig, dass die Kugel ihre Mutter so krank gemacht hatte, dass sie den Tod gesucht hatte.
"Ich versprechs dir, Vater, ich werd niemals wieder in dieses Zimmer gehen und in die dunkle Kugel schauen."
Sauron nahm seine Tochter bei der  Hand und lächelte.
"Du bist ein gutes Kind, Moina. Komm, heute Abend gibt es Pfannkuchen mit Honig. Wir machen uns einen schönen Abend, mein Kleines."
Doch so gut die Pfannkuchen auch schmeckten, die Kugel ging dem Kind nicht mehr aus dem Kopf, obwohl Sauron ihr Angst gemacht hatte, wollte sie mehr von diesen schönen bunten Bildern, die sie für eine Weile aus dem dunklen, grauen Mordor herausführen würden.

Nur wenige Tage später ritt ihr Vater erneut mit ein paar Orks und zwei Gefangenen im Schlepptau in Richtung  Cirith Ungol aus. Sobald sie außer Sichtweite waren, schlich sie sich wieder in das Turmzimmer, legte ihre zitternden Hände um die schwarze Kugel und schaute hinein.
Sie sah leuchtend grüne Wiesen mit bunten Blumen, einen weißen Hirsch der auf einer Waldlichtung äste, Hobbits beim Pilzepflücken, Bauern die mit Ochsenkarren die Saat auf ihren Eckern ausfuhren, und noch so einiges mehr. Nur denjenigen, den sie gerne sehen wollte, zeigte die Kugel ihr nicht.
"Zeig mir Legolas, Palantir"; sagte sie zu der Kugel, "ich will Legolas sehen."
Ihr Vater nannte die für sie so aufregende Kugel den Palantir, das hatte sie sich genau gemerkt.
Ob man die Kugel wohl so weit bringen konnte, einem zu zeigen was man sehen wollte?
Nun sah sie einen düsteren Wald, in dem große, fette Spinnen, die erschreckende Ähnlichkeit mit Kankra hatten, ihre Netze hoch oben auf den verwachsenen Bäumen spannen. Das musste der Düsterwald sein, von dem Vater so oft sprach, er erzählte ihr immer, dass ein Teil des Waldes, der mit den Spinnen, bereits unter seiner Herrschaft stünde.
Ein Jagdhorn hallte durch den dunklen Wald, dann sah sie eine elbische Jagdgesellschaft, an deren Spitze ein hellblonder Waldlandkönig mit einer aus frühlingsgrünen Waldblättern und Wildblumen bestehenden Krone auf dem Haupte ritt.  Neben ihm ritt sein ebenso blonder Sohn, der übers ganze Gesicht strahlte.
Corwmoina freute sich sehr, als sie sah, dass der kleine Prinz Legolas war. Und der Palantir machte es ihr möglich zu sehen, was er gerade dachte. Er war stolz darauf, dass er mit seinen zehn Jahren heute zum ersten Mal mit seinem Vater und dessen Gefolge zur Jagd reiten durfte.

Fasziniert schaute das Mädchen der Jagdgesellschaft zu, und Freude und Stolz des Jungen erfüllten auch sie mit einem unbändigen Glücksgefühl. Sie beobachtete, wie die Jäger mehrere Hirsche erlegten, und wie Legolas mit Stolz alleine eines der Tiere mit einem gezielten Bogenschuss erlegte. Ach, wie gerne wäre sie jetzt dort gewesen im Düsterwald, bei der Jagdgesellschaft. Wie gerne würde sie einen Spielkameraden wie Legolas haben! Hier in Mordor war es alleine immer so langweilig. Wieso reisten sie und der Vater nicht einmal durch Mittelerde damit sie all diese schönen Orte aus der Kugel einmal in echt sehen könnte?
Sicher, die Kugel war ein schöner Zeitvertreib, aber sie machte ihr auch bewusst, wie einsam sie hier oft war. Im Moment gab es in Mordor nur ein einziges Kind, ein kleiner Haradrim namens Targas, und der war erst zwei Jahre alt, viel zu klein um ihr ein Spielkamerad sein zu können. Ach, wäre dieser Legolas doch hier! Dann wäre es bestimmt nicht mehr so langweilig!
Aber wenigstens hatte sie die Kugel.....Vater hatte ihr zwar gesagt, die wäre nichts für kleine Kinder, aber sie war jetzt schon acht, und damit kein Kleinkind mehr.
Sie schaute der Jagdgesellschaft zu, bis diese zum Höhlenpalast des Königs zurückkehrte, und  sie nahm sich vor, jetzt häufiger in den Palantir zu schauen, um zu sehen was Legolas so machte.
Auch wenn sie nicht mit ihm reden oder mit ihm spielen konnte, wenn sie ihm zuschaute, fühlte sie sich weniger alleine.

Doch sie machte den gleichen Fehler wie beim letzten Mal:
Während sie in die Kugel schaute, vergaß sie alles um sich herum, und bemerkte nicht, wie die Stunden verstrichen. Sauron war längst zurück und ertappte sie auf frischer Tat in der Turmkammer.
Und natürlich war er rasend vor Wut.
"Verdammt nochmal, Moina! Ich hatte dir doch verboten, in die Kugel zu schauen! Warum hast du das getan? Ich habe dir doch gesagt, was die Kugel deiner Mutter angetan hat!"
Seine Augen funkelten so eisig, dass Corwmoina es mit der Angst zu tun bekam. Einen so kalten und wütenden Blick hatte sie bei ihrem liebevollen Vater noch niemals erlebt.
Und dann geschah etwas, das das Kind nicht verstehen konnte, und das es sehr verstörte. Während sie voller Angst dem Vater in die Augen blickte, konnte sie direkt in seine Gedanken blicken, was vorher noch nie geschehen war. Sie hatte gar nicht gewusst, dass so etwas möglich war. Hatte ihr der Palantir diese Gabe verliehen, als sie ihn berührt hatte?
Er hatte immer ein großes Geheimnis um den Tod ihrer Mutter gemacht, und nun sah sie aber etwas in seinen Gedanken....etwas, das sie nicht verstehen konnte. Sie sah ihren Vater, einige Jahre jünger als jetzt, und einen besonders großen und hässlichen Ork, der ihm ein kleines, strampelndes Bündel reichte. Ein Neugeborenes, das so laut brüllte, das sein Gesichtchen bereits krebsrot angelaufen war. Der Ork reichte dem Vater das zappelnde Bündel, und Sauron wiegte es lächelnd in den Armen.
"Ausgezeichnet, Azog, das hast du gut gemacht. Hat das ungehorsame Biest die Geburt überlebt?"
"Ja, Herr, sie lebt noch und hat sich mit Händen und Füßen gewehrt, als ich ihr Eure Tochter weggeholt habe. Unfassbar...die hat ernsthaft geglaubt, Ihr lasst sie Eure Tochter aufziehen...sagt, Herr, soll ich es zu Ende bringen?"
"Ja, sorgt dafür, dass sie verschwindet"; sagte Sauron und betrachtete stolz den Säugling, "und sagt, hat Eure Frau nicht gerade ein Neugeborenes? Schickt sie her, sie soll meine Tochter stillen. Oh... ich habe wahrhaft große Pläne mit ihr....sie soll schnell groß und kräftig werden. Und was die Leiche von dem Weibsbild betrifft.......nun....Kankra ist immer hungrig.... "

Erschrocken wich das Kind zurück. Was war das denn gerade gewesen?
Entsetzt starrte sie den Vater an.
"Was ist mit meiner Mutter wirklich geschehen, Vater? Hast du sie an Kankra verfüttert? Wurde ich wirklich mit Orkblut gesäugt?"
"Orkblut? Kankra?"; wie kommst du denn auf so einen Unsinn, Kleines?"; fragte Sauron sie, nun sichtlich verärgert, "hast du diesen Unsinn etwa in der Kugel gesehen?"
"Ich konnte deine Gedanken sehen, Vater!"; erklärte sie ihm, "ich hab in deinen Kopf reingeschaut, und da war...da war...da hab ich ganz schlimme Dinge gesehen..."
"Unsinn, Kleines, das ist absoluter Unsinn. Weißt du, Kind, dieser Palantir ist sehr gefährlich, weil er jedem der hineinschaut, böse Trugbilder einpflanzt, und somit dafür sorgt, dass Söhne ihre Väter töten, Väter ihre Söhne und Mütter ihre Töchter, und so weiter und so weiter. Was immer du da gesehen hast, es war ein Trugbild des Palantirs. "
Nun nahm Saurons Gesicht wieder den üblichen, dem Mädchen so vertrauten sanftmütigen, liebevollen Ausdruck an.
Sie wehrte sich nicht, als er sie in den Arm nahm und ihr liebevoll über die Haare strich.
"Ich habe deine Mutter über alles geliebt, Moina, mehr als du dir jemals vorstellen kannst. Du bist ihr Ebenbild, und ich liebe dich mehr als alles andere. Der Palantir hat deine Mutter mit solchen Trugbildern getötet und jetzt versucht er das auch bei dir. Du hast schlimmen Bilder doch erst gesehen, nachdem du in die Kugel geschaut hast, oder nicht?
"Ja, Vater, das ist wirklich wahr. Vorher hab ich sowas nie gesehen."
"Und du glaubst mir doch, Kleines, oder? Niemals könnte ich deiner Mutter etwas antun, ich könnte sie niemals töten. Der Palantir will nur, dass du das glaubst."
"Wenn der Palantir so böse ist, warum behälst du ihn dann, Vater? Warum wirfst du ihn nicht einfach weg?"
"Weißt du, ich kann mit dem Palantir umgehen, mir kann die Kugel nichts tun, weil ich sie schon viele Jahre benutze. Deine Mutter wusste nicht damit umzugehen, genauso wenig wie du damit umzugehen weißt, aber ich kann mit der Kugel umgehen, deswegen ist sie für mich keine Gefahr. Leider wusste ich nicht, dass deine Mutter hineinschaut, sonst hätte ich ihren Tod verhindern können."
"Ich glaube dir, Vater und ich hab dich lieb", sagte die kleine Corwmoina, die einfach nur schnell die hässlichen Bilder, die sie vorhin gesehen hatte, vergessen wollte. Der Vater würde doch niemals die Mutter umbringen? Das konnte er doch einfach nicht wirklich getan haben? Dazu war er doch nicht wirklich fähig? Es konnte doch einfach nicht sein?
Er war der Mittelpunkt ihrer kleinen Welt, die einzige Konstante die es darin gab, die einzige Vertrauensperson. Die Bilder, die sie da gesehen hatte, das konnte doch einfach nicht sein. Und sie hatte hier auch niemals einen Org namens Azog gesehen, also war es ganz sicher eine Lüge.
Wenn der Palantir böse war, und nur böse Bilder vorgaukelte, war es wohl wirklich so, wie Vater sagte, und man schaute besser nicht hinein, wenn man keine Erfahrung damit hatte.
"Bring es mir bei, Vater, bring mir bei, wie man mit dem Palantir umgeht."
"Wenn du älter bist, jetzt bist du noch zu jung dafür"; erwiderte Sauron.
Und das war sein letztes Wort in dieser Sache.
Und auch wenn sie ihm nicht widersprach...die Kugel ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.
Doch seit diesem Tag konnte sie nicht mehr aufhören zu grübeln, auch wenn sie ihren wachsenden Zweifeln nicht nachgeben wollte, weil sie den Vater über alles liebte.
Aber...wieso gab es kein Grab für die Mutter hier in Mordor, wenn er sie doch über alles geliebt hatte?
Und nicht ein einziges Bildnis von ihr?
Sie wagte es nicht ihn zu fragen, weil sie Angst vor seinen Antworten  hatte.

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