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Beowulf – erste Diskussion


raukothaur

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Willkommen im GTL zum

 

Beowulf.

 

Hier soll nach der Reclam-Ausgabe Lehnerts

Zeile 1-85, das erste Kapitel
diskutiert werden.
Da dies der erste Diskussionsthread ist, füge ich nochmal die Einleitung bei:

Der Beowulf, ein angelsächsisches Heldenepos, in 3182 Stabreimzeilen verfasst, wurde im 8. Jahrhundert n. Chr. von einem unbekannten Dichter im heutigen England geschrieben. Es war die Übergangszeit ins Mittelalter, die Zeit der Christianisierung der alten Germanenwelt, die Zeit der hegemonialen Machtverschiebung vom Imperium Romanum zum Sacrum Romanum Imperium, die Zeit der Jagd auf die Heiden, sodass wohl auch in der Literatur das Christliche seinen Platz finden musste. Das Werk verbindet somit christliche und germanische Einflüsse: christliche Ideale wie Selbstlosigkeit, Hingabe, Mitgefühl, Nächstenliebe und germanische Riten wie das Verbrennen Verstorbener; der christliche Gottesglaube an einen Gott ist durchgehend erkennbar, während die germanische Götterwelt nirgends zum Tragen kommt. Dennoch bleiben germanische Tugenden bestehen, die vor allem durch den eig. schon übermenschlich charakterisierten Helden verkörpert werden.
Das Epos gehört zu den großen Schätzen der englischen National- und wahrscheinlich auch der Weltliteratur, ist es doch als ein Werk der germanischen Mythologie eine Inspirationsquelle vieler Autoren, auch die der Fantasy, wie z.B. eine Inspirationsquelle für den weltberühmten Tolkien, oder eine Grundlage für Filme wie „Die Legende von Beowulf“.
Die Geschichte des Epos beginnt mit dem Bau einer Festhalle, die so genannte Heorot, für Hrothgar, den König der Dänen. Diese Halle wird jedoch kurz nach der Fertigstellung allnächtlich von einem Ungeheuer angegriffen. Es wird Grendel genannt, ein Troll ähnliches Wesen, schätzungsweise 3-4 Meter groß*. Der Angriff auf die Festhalle macht in den germanischen Stämmen die Runde, sodass auch Beowulf, ein schon bekannter Held und Neffe des Königs der Gauten, davon erfährt. Der kampferprobte und weit überdurchschnittlich starke Krieger macht sich mit 14 Gefährten auf den Weg nach Heorot, um mit Grendel abzurechnen.
Und hier steigen wir nun ins GTL zum Beowulf ein, ein Werk der Epik, das heutzutage wohl weniger Anerkennung bekommen würde, jedoch von hohem historischen Wert ist, da es die europäische Literatur maßgeblich beeinflusste und ein weiterer Schritt in der Entwicklung (sich von der römischen Epik entfernend) unserer Literatur gewesen sein muss – denn immerhin scheint es den Hobbit beeinflusst zu haben.

*nach meiner Schätzung

 

Der allgemeine Besprechungsthread ist hier zu finden.

Grundsätzlich haben wir uns auf die Übertragung von Lehnert aus dem Jahr 1986 (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18303) geeinigt. Solltet Ihr eine andere Übertragung verwenden, wäre es hilfreich, wenn Ihr hierauf jeweils hinweisen würdet, weil Abweichungen in der Wortwahl bestehen können. Manche Übertragungen geben der wortgetreuen Übersetzung den Vorrang, manche scheinen mehr erläuternd dem Sinn oder der flüssigen Lesbarkeit den Vorrang zu geben.

 

Auf ein schönes Diskutieren und Austauschen. :-)

 

Bearbeitet von seregthaur
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Nach dezent höflicher Zurückhaltung mache ich mal den Anfang:

In hiesigem Abschnitt wird Beowulf erwähnt, nur ist es nicht der Beowulf, sondern ein anderer Beowulf. Im Heldenepos gibt es nämlich zwei, einmal einen relativ unwichtigen Vorfahren des Königs Hrothgar in der Dänen Dynastie und eben der Held des Epos, der wichtige Beowulf.
Ich frage mich daher, warum der Autor auch für eine eher unwichtige Figur den Namen seines Helds verwendet hat. Ich vermute, die Antwort liegt in Vers 18-19:

Beowulf wurde berühmt - sein Ruhm verbreitete sich -

Als Sohn des Schild in Schonenland.

Ich denke, der Autor wollte diese beiden Figuren durch denselben Namen insofern verbinden, dass beide zu ihrer Zeit Helden waren. Denn an Zufall glaube ich da eher nicht.

Ansonsten finde ich das erste Kapitel verhältnismäßig langweilig, aber so ist das wahrscheinlich bei einer Einführung, in der erst mal das Geschlecht Hrothgars und der Bau seiner Halle Heorot dargestellt werden müsen.
Auch Hrothgar scheint so etwas wie ein Held zu sein (vgl. Vers. 64-67). Seine Halle erscheint mir aber eher, salopp ausgedrückt, mehr als Saufhalle denn als Machtsymbol zu dienen, obwohl sie als "Das höchste aller Gebäude" (vgl. Vers 78) beschrieben wird. Später wird in dieser nämlich ziemlich oft gefeiert und entsprechend getrunken. 

 

High-Hrothgar (oder Hoch-Hrothgar) ist der Name einer Wohnstatt der vier Graubärte (Meister der Drachenschreie) auf dem höchsten Berg in Skyrim. Diesen Ort muss man in der Hauptquest als Dovahkiin besuchen, um von den Graubärten Wissen in Form von Drachenschreien zu erlangen. Inwiefern eine Verbindung zu dem Hrothgar aus dem Beowulf besteht, ist aber fraglich.
Bei den Zwergen Alagaesias ist Hrothgar der Name eines Zwergenkönigs. Also auch in der Eragonsaga wurde dieser Name einem König bedacht. Ob Paolini den Beowulf gelesen hat, bleibt aber auch fraglich. Interessant ist, dass Hrothgar in Eragon durch einen Drachenreiter, während dieser seinen Drachen reitet, stirbt.

Auch im Film "Die Legende von Beowulf" bleibt es bei dem Namen Hrothgar.
(Ein Link zur Sekundärdiskussion: )

Bearbeitet von seregthaur
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Gast Joran aus den Schatten

Zunächst einmal vielen Dank an Dich, Seregthaur, dass Du bisher die ganze Vorbereitung übernommen hast!

 

 

In der Tat gibt die erste Etappe wenig Stoff für Diskussionen oder Fragen. Für die eigentliche Beowulf-Geschichte ist wohl allenfalls die Errichtung der Halle Heorot von Bedeutung. Trotzdem habe ich die einleitenden Ferse 1-85 nicht als langweilig empfunden. Das lag aber wahrscheinlich weniger an den Sachinformationen, die dieser Abschnitt enthielt, als an der Herangehensweise:

 

Ich habe neben der hier maßgeblichen Lehnert-Übertragung weitere Übersetzungen parallel gelesen, die sich überwiegend eng an dem Originaltext orientiert haben. Dabei habe ich Unterschiede festgestellt, die ich teils ganz interessant fand.

 

Dies waren (für Leute, die vielleicht auch noch einen Blick in andere Übertragungen werfen wollen):

Übersetzung von Karl Simrock (Erscheinungsjahr 1859), Anaconda Verlag 2009 (erster Abschnitt auch unter http://www.lexikus.de/Beowulf im Netz nachzulesen mit der etwas merkwürdigen Aufteilung nach Strophen zu je fünf Versen aber dafür mit der im Buch fehlenden knappen „Vorrede“ und mit teils nützlichen Fußnoten; weitere Fundstellen gibt es im Netz)

Ewald Standop (Hrsg.), Beowulf – Eine Textauswahl mit Einleitung, Übersetzung, Kommentar und Glossar, 5. Aufl. 2005, WdeG. Hierzu ist anzumerken, dass Martin Lehnert zwei Übertragungen des Beowulf gefertigt hat, eine Textauswahl (1. Aufl. 1939, deshalb nachfolgend: Lehnert 1939), die als Einführung ins Altenglische dient und sehr wortgetreu zweisprachig Original und Übersetzung gegenüberstellt und die spätere Gesamtübertragung (1. Aufl. 1986, deshalb nachfolgend: Lehnert 1986), die wir hier lesen und die wohl für ein breiteres Publikum (also uns ;-) ) gedacht war. Das von Standop herausgegebene Buch enthält die erste Übertragung von Lehnert, die im Verlauf der Auflagen erweitert wurde. Man findet hier auch ein Beowulf-Wörterbuch, das sich vielleicht noch als nützlich erweisen könnte, wenn man mal einen Blick in den Originaltxt wirft. Nach anfänglichen Zweifeln (wegen des mich im Grunde überfordernden sprachwissenschaftlichen Ansatzes) freue ich mich inzwischen sehr, dass ich auch über dieses Buch verfüge.

Ludwig Ettmüller, Beowulf – Heldengedicht des achten Jahrhunderts, Meyer und Zeller 1840

Gisbert Haefs, Beowulf, Insel Verlag, 1. Aufl. 2007 mit einer freien Übertragung unter Aufgabe des Stabreims

 

 

Zurück zum Thema:

 

I. Was an den ersten 85 Versen hat mein Interesse geweckt?

 

1.

In Vers 1 spricht Lehnert (1986), wie auch später, schlicht von den „Dänen“.

 

Im Original wird von dem Dichter in Vers 1 die Bezeichnung „gār-dena“ gewählt, also Speerdänen (Lehnert 1939) oder auch Geerdänen (Simrock). Ettmüller erteilt in einer Fußnote zum ersten Vers den Hinweis: „Geerdänen. Die Angelsachsen verbanden nicht selten auch die Namen der Völker mit Wörtern, die sich entweder auf den Krieg oder auf eine andere bezeichnende Beschäftigung oder endlich auf die Lage ihrer Wohnsitze gegen andere Völker bezogen. So werden die Dänen genannt: Gârdene (mit dem Speer kämpfende), Hringdene (Kettelhemd tragende), Sædene (See befahrende), Eástdene, Nordhdene, Súdhdene, Westdene (Ost- Nord- Süd- Westdänen); die Barden: Headhobeardan (Kampfbarden, auch bei Helmold: Bardi bellicosissimi)…“.

So überträgt Simrock im Vers 1279 wortgetreu mit „Hringdänen“ (nach den Ringen der Kenntenhemden) Lehnert jedoch mit „die beherzten Dänen“. Ich finde es interessant, dass die Angelsachsen das Volk der Dänen mit so vielen verschiedenen, sehr phantasievollen Namen versahen, die offenbar so synonym verwendet wurden, dass man in einer Dichtung beliebig zwischen diesen Namen wechselt.

 

Welche Schlüsse kann man aus der Wahl der Namen für das Verhältnis der Angelsachsen zu den Dänen ableiten? War es freundlich oder bewundernd, wofür der Titel Kampfbarden sprechen könnte, oder sahen die Angelsachsen die Dänen vornehmlich als Feinde oder war das Verhältnis ambivalent?

 

2.

Interessant finde ich auch, wie schon in diesen ersten Versen die Bemühungen des Dichters erkennbar werden, die christliche Epik mit dem germanischen Sagengut zu verbinden, wie es Lehnert auf Seite 6 in der Einleitung bereits anspricht: In den Versen 12 bis 19 und 72 wird die Herrschaftslegitimation, die Führungsstärke und der Reichtum des Beowulf (I) auf Gott zurückgeführt. Schon der Singular dürfte keinen Zweifel daran lassen, dass der christliche Gott gemeint ist und nicht die nordischen Götter. Dabei begann die Christianisierung Dänemarks erst unter Harald, Anfang des 9. Jahrhundert, also etwa 150 Jahre nach der vermutlichen Entstehung des Beowulf. Der Dichter spricht hier mit Scyld und Beowulf also offenbar über heidnische Könige und leitet deren Legitimation von einem Gott ab, den diese selbst nicht anbeten. Das Wort „Erde“ in Vers 75 weist im Original „middangeard“ noch auf das alte Weltbild der nordischen Mythologie.

 

3.

Ganz am Rande: Interessant fand ich es schließlich auch, Teile des Originaltextes zu lesen, in dem Versuch, das sich aus dem Stabreim ergebende Klangbild auf mich wirken zu lassen. Man erkennt doch mit Hilfe des zweisprachigen Drucks bei Standop viele Worte aus der deutschen und der englischen Sprache wieder.

 

 

II. Zum Namen Beowulf:

Die Einleitung zu den Versen 1-63 gibt hier einen Hinweis auf einen möglichen Erklärungsansatz.

Lehnert (1986) weist in den einführenden Worten zum ersten Kapitel darauf hin, dass Scyld („Schild“, Vers 4) der Stammvater der dänischen Dynastie der Scyldingas („Schildlinge“ oder „Schildmannen“) war bzw. gewesen sein soll, dem sein Sohn Beowulf (I) nachfolgte. Scyld bezeichnet Lehnert als „mythisch“, beide als „historisch nicht beglaubigt“. Schon die nachfolgende Generation, der Haelfdene, wird von Lehnert als „halbhistorisch“ bezeichnet und dessen vier Kinder sind heute noch historisch nachweisbar Personen. Es wäre also denkbar, dass jedenfalls der Sohn Scylds eine historische Person ist und diesen Namen trug, ohne dass wir heute noch einen anderen Nachweis hierfür hätten als eben die Beowulf-Dichtung. Die Andeutungen über Scylt lassen mich annehmen, dass dessen Lebensgeschichte („nachdem er einst völlig hilflos gefunden wart“ Verse 6 f.; „als es jene taten, die ihn einst einsam ausgesandt hatten weit über die Wogen als winziges Kind“ Verse 44-46) bei den Zuhörern als bekannt vorausgesetzt wurde und dass darin eben möglicherweise auch schon der Sohn Beowulf (I) vorkam) (sei sich auch schon damals eine Erfindung oder überlieferte Geschichte). (Anm. am Rande : das „winzige Kind“ in Vers 46 ist im Original ein „umborwesende“, was Lehnert 1939 für mich befremdlich in Apostrophe gesetzt mit „Kindseiender“ übersetzt und sich für mich eher wie Ungeborener, also Nasciturus, anhört.)

Es würde sich dann eben umgekehrt die Frage stellen, warum der Dichter seinen Held Beowulf (II) so nennt wie den (hier unterstellt) historischen oder bereits aus Erzählungen bekannten Beowulf (I).

 

Bei der Simrock-Übertragung, wie sie im Netz auf der oben genannten Seite einsehbar ist, findet sich ein ganz anderer Ansatz, den ich noch nicht weiterverfolgen konnte: Dort wird in der Fußnote 1 zu Vers 1 einerseits für möglich gehalten, dass der ganze erste Abschnitt über die Dänenkönige ein nachträglicher Zusatz ist. Dabei könnte der Name Beow aus der Stammtafel der dänischen Könige fehlerhaft übernommen und in Beowulf gewandelt worden sein. Eine weitere Annahme ist, hier sei in dem späteren Zusatz der unlogische und mit dem alten Text nicht in Übereinstimmung zu bringende Versuch unternommen worden, einen Zusammenhang zwischen den dänischen Königen und dem Helden Beowulf (II), der kein Scyldinga sondern Geate war, herzustellen, weil dem Verfasser des nachträglichen Zusatzes der Ruhm der Dänen ersichtlich am Herzen gelegen habe. Dann wäre von zwei verschiedenen Dichtern auszugehen und die Eingangsverse wären lediglich „Propaganda“. Für einen solchen nachträglichen Zusatz könnte ja vielleicht auch die christlich-göttliche Ableitung des Herrschaftsanspruchs sprechen (s.o.).

 

 

III. Zur "Saufhalle"

Die "Metbänke" (auch "Metsitze") und die "Halle zum Mettrunk" stehen "metonymisch für die Halle, die als politischer und sozialer Versammlungsort von hohem Symbolwert war. Das Ganze ist eine Periphrase für 'besiegen'." (Lehnert 1939, S. 36, Fn 5) oder wie es Ettmüller trocken ausdrückt: "Methbänke, die Bänke, worauf die Krieger bei den Gastmalen ihrer Fürsten sassen. Man reichte Bier und Meh, daher die Benennung. War ein Fürst von einem anderen besiegt, so hörten die Zechgelage auf." (Fn zu Vers 5). 

 

 

Zu Skyrim: Für mich erscheint es so, als sei lediglich ein Name ohne tieferen Sinn geklaut worden und zwar der Namen eines Menschen genutzt für ein Gebäude. Näher hätte es doch – wenn überhaupt - gelegen, den Namen der Halle Heorot zu übernehmen und sie als „Hirschhalle“ (vgl. Einleitung zu den Versen 64-85) zu gestalten. Gibt es einen Bezug zwischen dem Spielgeschehen und der Geschichte des historischen Hrothgar?

Bearbeitet von Joran aus den Schatten
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Gast Mithrennaith

Das Wort „Erde“ in Vers 75 weist im Original „middangeard“ noch auf das alte Weltbild der nordischen Mythologie.

 

Bemerkenswert, ich würde sagen auf ein Tolkienforum bemerkenswerter als jedwede Anwendung in den Elder Scrolls oder Eragon, ist das Tolkiens ‘Mittelerde’, auf Englisch ‘Middle-earth’ natürlich über das mittelenglische ‘middelerde’ fast direkt auf das altenglische ‘middangeard’ zurückgeht, was wir hier im Original (http://archive.org/details/beowulf09701gut) finden. In den fünf neuenglische Übersetzungen die ich habe, wird das in nur einer (eine Übersetzung in Versen von Michael Alexander, im schwarzen Penguin Classics Serie, erstmals herausgegeben 1973) wortwörtlich als ‘middle earth’ (ohne Bindestrich) übersetzt. Das Jahr der Ausgabe wäre hier vielleicht von Bedeutung, aber nur eine der vier anderen Übersetztungen ist (in der Erstausgabe) älter als die Erstausgabe (oder sogar die zweite Ausgabe) von The Lord of the Rings.

[Kurze Anmerkung - ich besitze weder Lehnert 1986, noch eine andere deutsche Übersetzung, und bin, weil meine erste Sprache Niederländisch ist und meine zweite Englisch, daran auch nicht wirklich interessiert. Ich werde daher, und mehr noch weil mir sicher oft die Zeit fehlen wird ernsthaft mit zu lesen, mich hier nicht regelmäßig beteiligen. Aber wenn ich die Zeit habe, werde ich hier ab und zu hineinschauen, und vielleicht eine kleine Randbemerkung wie diese hier machen.]

Übrigens, die ‘Methalle’ oder ‘Metsitze’ wird im allerletzten Teil des Beowulf auf Altenglisch angedeutet mit einem Wort das wir alle aus The Lord of the Rings kennen.

Bearbeitet von Mithrennaith
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Dort wird in der Fußnote 1 zu Vers 1 einerseits für möglich gehalten, dass der ganze erste Abschnitt über die Dänenkönige ein nachträglicher Zusatz ist... Dann wäre von zwei verschiedenen Dichtern auszugehen

 

 

Ich habe mir die Stelle bei Simrock einmal angesehen (Danke Joran für den Link)- eine sehr schöne poetische Übertragung.

Er datiert diese Hinzufügung nicht, macht auch keinen Ansatz dazu, wann das passiert sein könnte.

Hast Du von anderen Anmerkungen zu diesem zweiten Dichter gefunden? Oder wann der Text hinzugefügt worden sein kann?

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@ Joran

Habe jetzt gar nicht daran gedacht, mir noch andere Übersetzungen oder gar den Originaltext zu besorgen. :(

Zu I., 1.:

Welche Schlüsse kann man aus der Wahl der Namen für das Verhältnis der Angelsachsen zu den Dänen ableiten? War es freundlich oder bewundernd, wofür der Titel Kampfbarden sprechen könnte, oder sahen die Angelsachsen die Dänen vornehmlich als Feinde oder war das Verhältnis ambivalent?

Hmm. Ich denke, diese Frage kann man eig. nur auf den unbekannten Autor beziehen, der damit eventuell etwas aussagen wollte. Fragt sich aber, ob der Autor tatsächlich Angelsachse war. Ich vermute eher, dass der Autor nur aufzeigen wollte, dass die Vorfahren Hrothgars kriegerisch erfolgreich waren, um dem Leser zu erklären, wie es zu dem Machtsymbol der Halle Heorot kam, die ja quasi auch 'nur' durch Hrothgars Erfolg entstehen konnte. Sein Geschlecht musste also eine Art kriegerische Legitimation haben, damit es einfach plausibel rüberkommt, warum Hrothgar so ein mächtiger und einflussreicher König geworden ist. So würde ich mir das erklären.

 

zu 2.:
 

Ist "middangeard" tatsächlich ausschließlich ein Wort der nordischen Mythologie? Kann es nicht auch einfach nur für die der germanischen Stämme bekannte Welt stehen? "middangeard" ist demnach quasi einfach nur Nordeuropa und der Teil der Welt, den sich potentielle Leser im 8. Jahrhundert vorstellen konnten.

zu 3.:

Lohnt es sich, den Originaltext zu kaufen?

zu II.:
 

Was meinst Du mit "Nasciturus"? Das sieht nach einem lateinischen PFA des Deponens "nasci" aus. Falls Du das PPP meinst, müsste das "natus" heißen. (Das PPA "nasciens".) Als PFA ist es aber eine zukünftige Form. Mich verwirrt das. Es hieße demnach entweder "um geboren zu werden" oder "etwas, das (noch) geboren (werden) wird".

Zu der Frage, warum es zwei Beowulfs gibt:
An "Propaganda" könnte natürlich aus was dran sein. Inwieweit ist es denn historisch belegt oder für möglich gehalten, dass es zwei Dichter sein könnten?

Der Wohnort der Graubärte - also Hoch-Hrothgar - hat zwar eine relativ große Eingangshalle, aber ansonsten nichts mit Heorot gemein. Also Heorot wäre als Anspielung in Skyrim unsinnig gewesen. Und im weiteren Spielverlauf gibt es keine Bezüge zum Hrothgar des Beowulfs. Hoch-Hrothgar ist nur ein Ort ziemlich gewaltiger Macht. Vielleicht daher der Name, ansonsten sehe ich keine Verbindung.

@ Mithrennaith

Also ich sehe da eher keine Verbindung zu Tolkien. Meines Wissens hat er "middangeard" eher aus folgendem Satz:

Eala Earendel engla beorhtast!
ofer middangeard monnum sended

Könntest Du von daher noch mal genauer erläutern, was Du meinst? Vielleicht missverstehe ich Dich einfach.

Und welches Wort meinst Du denn in The Lord of the Rings?



Übrigens bin ich froh, dass ihr das mit der Sekundärdiskussion anscheinend nicht negativ aufnehmt. Habe nämlich lange überlegt, ob ich das wirklich einbauen soll. :-)

Bearbeitet von seregthaur
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Gast Joran aus den Schatten

@ Torshavn:

 

Genaueres über den möglichen zweiten Dichter, der nachträglich die Einleitung zugefügt haben könnte, habe ich noch nicht gefunden, aber ich wollte hierzu noch ein wenig weiter nachforschen. Vielleicht finde ich irgendwo noch eine Begründung für die Annahme der nachträglichen Veränderung bzw. Ergänzung der einleitenden Verse.

 

In dem hier als gemeinsame Besprechungsgrundlage gewählten Reclam-Text (Lehnert 1986) gibt es im hinteren Buchteil ja auch Anmerkungen von Lehnert. Dort findet sich auf Seite 179 unter der Anmerkung V. 18a (53b) ebenfalls der Hinweis auf den denkbaren zweiten Dichter und einen weiteren Ansatz für die Ableitung des Namens Beowulf (I):

 

"Für den Namen des mythologischen dänischen Königs Bēowulf - nicht zu verwechseln mit dem gautischen Helden Bēowulf des Epos (vgl. V. 343b) - stand ursprünglich wahrscheinlich Bēow oder Bēowa (zu ae. Bēow, >Korn, Gerstenkorn, Gerste<), der durch den Dichter oder den späteren Schreiber in Gedanken an den Helden des Epos irrtümlich dessen ähnlich klingender Namensform angeglichen wurde. Die ae. Chronik nennt als westsächsischen König Bēaw  (= Bēow), Sohn des Scyldwa (= Scyld), und gibt ihm einen Ahnherrn Scēaf oder Scēf (zu ae. scēaf, >Garbe<). Es ist anzunehmen, dass es sich bei Scyld Scēfing (vgl. V. 4a) und Bēow(ulf) (vgl. V. 343b), diesen mythischen Urvätern der Dänendynastie, um germanische Fruchtbarkeitsgötter (Korngottheiten) handelt.“

 

Das wirft noch einmal ein ganz neues Licht auf Scyld Scēfing (Schild-Schefing) und Beowulf (I).

Bearbeitet von Joran aus den Schatten
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Gast Joran aus den Schatten

@ Mithrennaith

 

Schön, dass Du auch ab und zu dabei sein wirst. Deine Kenntnis der englischen Übertragungen wird uns sicherlich mache neue Sichtweise eröffnen. Man merkt kein bischen, dass Deutsch nur Deine dritte Sprache ist....

 

 

Was mich erstaunt, ist Dein Hinweis, dass alle Übertragungen des Beowulf ins moderne Englisch mit Ausnahme von einer jünger als der HdR sind. Es erscheint mir allerdings sehr naheliegend, dass Tolkien sich mit dem Beowulf-Text schon auseinandergesetzt hatte, bevor er den HdR schrieb. Aber da könnten andere hier im Forum sicher eine fundierte Aussage zu treffen.

 

Überhaupt habe ich manche Begriffe im Originaltext gefunden, die mich an Namen aus dem HdR erinnerten. Aber mir fehlt leider die Kompetenz, zu bewerten ob es sich wirtlich um sprachliche Ableitungen handelt. So lautet Vers 6 bei Standop / Lehnert 1939: "egsode eorl[as], syððan ærest wearð". Bei dem Wort "Eorl[as]" musste ich natürlich sofort an die Eorlingas, die Pferdeherren denken. Ettmüller erläutert das Wort in der Fußnote zu Vers 6 wie folgt: "Eorl, Earl, altnordisch Iarl. Die Eorlas waren Stammeshäuptlinge. Oft wie auch hier ist Eorl und Cyning (König) gleichbedeutend." 

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Gast Joran aus den Schatten

@ seregthaur

 

Zu I. 1.: Verhältnis zwischen Dänen und Angelsachsen

 

Du hast natürlich recht: Der Autor muss nicht notwendig Angelsachse gewesen sein, auch wenn die gewählte Sprache ja dafür spricht. Auch kann der Autor im Auftrag eines Schirmherren geschrieben oder mit seiner Darstellung die Absicht verfolgt haben, jemanden gefällig zu sein. (Ettmüller zollt etwa eingangs eines Buchs seiner "Excellenz Herren Graf Ernst v. Benzel Sternau" Respekt und widmet ihm sein Buch.) Da die Niederschrift des Beowulf durch zwei Schreiber wesentlich jünger als die Dichtung ist (Dichtung vermutlich 7. Jahrhundert, Niederschrift um 1000 vgl. Lehnert 1986 Einführung S. 3), kann ich bislang jedoch keinen Anhaltspunkt erkennen, dass hiermit noch eine Verknüpfung zu einem konkreten angelsächsischem Adelshaus o.ä. hergestellt werden sollte. Es scheint einfach um den Versuch einer Verknüpfung mit der angelsächsischen Überlieferung zu gehen, scheint mir.

 

Wenn die ersten Verse über das dänische Königsgeschlecht der Schildlinge nachträglich von einem anderen Dichter hinzugefügt wurde, erscheint es mir nicht logisch, dass Entstehung der Halle Heorot (möglicherweise jahrhunderte nach der Entstehung der Beowulfdichtung) nachträglich einer Begründung bedurft hätte, die zuvor nicht erforderlich war.

 

Aber man tappt ja weitgehend im Dunkeln ... ich jedenfalls ...

 

 

Zu I. 2. middan-geard

Ich bin davon ausgegangen, dass middan-geard nichts anderes bedeutet als die "Midgard" der nordischen Mythologie.

 

Eine nette bildliche Darstellung von Midgard, Asgard, Utgard und Niflheim findest Du hier: http://www.germanen-plakat.de/der-kosmos-die-drei-ebenen-der-germanischen-welt/

 

Das Wörterbuch bei Standop übersetzt: "middan-geard ma. mittlerer Wohnsitz, Erde (zwischen Himmel und Hölle ..."

 

 

Zu II. nasciturus

Als Nasciturus bezeichnet man das noch ungeborene, aber bereits gezeugte Kind im Mutterleib.

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Gast Mithrennaith

.....

 

II. Zum Namen Beowulf:

..... (Anm. am Rande : das „winzige Kind“ in Vers 46 ist im Original ein „umborwesende“, was Lehnert 1939 für mich befremdlich in Apostrophe gesetzt mit „Kindseiender“ übersetzt und sich für mich eher wie Ungeborener, also Nasciturus, anhört.)

.....

 

.....

zu II.:

Was meinst Du mit "Nasciturus"? Das sieht nach einem lateinischen PFA des Deponens "nasci" aus. Falls Du das PPP meinst, müsste das "natus" heißen. (Das PPA "nasciens".) Als PFA ist es aber eine zukünftige Form. Mich verwirrt das. Es hieße demnach entweder "um geboren zu werden" oder "etwas, das (noch) geboren (werden) wird".

.....

 

.....

Zu II. nasciturus

Als Nasciturus bezeichnet man das noch ungeborene, aber bereits gezeugte Kind im Mutterleib.

 

Genau. ‘Nasciturus’ heist doch ‘einer, der noch geboren werden wird’, nicht ‘etwas ...’, und das trifft doch genau zu beim ungeborenen, aber gezeugten Kind.

 

 

.....

zu 2.:

Ist "middangeard" tatsächlich ausschließlich ein Wort der nordischen Mythologie? Kann es nicht auch einfach nur für die der germanischen Stämme bekannte Welt stehen? "middangeard" ist demnach quasi einfach nur Nordeuropa und der Teil der Welt, den sich potentielle Leser im 8. Jahrhundert vorstellen konnten.

.....

 

.....

 

Zu I. 2. middan-geard

Ich bin davon ausgegangen, dass middan-geard nichts anderes bedeutet als die "Midgard" der nordischen Mythologie.

 

Eine nette bildliche Darstellung von Midgard, Asgard, Utgard und Niflheim findest Du hier: http://www.germanen-plakat.de/der-kosmos-die-drei-ebenen-der-germanischen-welt/

 

Das Wörterbuch bei Standop übersetzt: "middan-geard ma. mittlerer Wohnsitz, Erde (zwischen Himmel und Hölle ..."

 

Also, Tolkien sagt [L 165]: ‘ ‘Middle-earth’, by the way, ..... is just a use of Middle English middel-erde (or erthe), altered from Old English Middangeard: the name for the inhabited lands of Men ‘between the seas’.’

Und auch [L 151]: ‘Middle-earth is just archaic English for ἡ οἰκουμένη, the inhabited world of men.’

 

Also ‘middangeard’, natürlich die Parallelform zu altnordisch ‘midgard’, ist nicht nur die altenglische Form von ‘midgard’ aber auch einfach das Wort für die bekannte bewohnte Welt (was natürlich kein wirklicher Gegenspruch darstellt).

[bis hier nicht in kastanienbraun, denn Tolkien spricht hier als Altfilologe der englischen Sprache, nicht als Fantasy-Autor.]

 

Aber daher ist es mMn ein wenig ‘Versteck spielen’ wenn man sagt:

 

.....

@ Mithrennaith

Also ich sehe da eher keine Verbindung zu Tolkien. Meines Wissens hat er "middangeard" eher aus folgendem Satz:

Eala Earendel engla beorhtast!

ofer middangeard monnum sended

Könntest Du von daher noch mal genauer erläutern, was Du meinst? Vielleicht missverstehe ich Dich einfach.

..... 

 

Tolkien hat hierher natürlich den Namen Earendel > Earendil, aber ‘middangeard’ war für ihm ein angelsächsisches Wort mit der richtigen Bedeutung, das er sowohl aus dem Crist (den du zitiert hast) als aus dem Beowulf kannte, und wahrscheinlich aus noch weiteren altenglischen Texten und, als ‘middel-erde’, aus mittelenglischen, dessen neuenglischen Form er dann zum Namen gemacht hat. Daher kann man mMn nicht sagen, Tolkien hat den Namen ‘Mittelerde’/‘Middle-earth’ aus diesem oder jenem spezifischen Text, sondern aus das Wort in der altenglischen Sprache im allgemeinen.

 

.....

zu 3.:

Lohnt es sich, den Originaltext zu kaufen?

.....

 

 

Dass brauchst du nicht, es ist kostenlos zu finden hinter dem Link der ich gegeben habe.

  

 

.....

Und welches Wort meinst Du denn in The Lord of the Rings?

 

Meduseld, ‘Metsitze’, Beowulf Vers 3066.

 

@ Mithrennaith

 

.....

 

Was mich erstaunt, ist Dein Hinweis, dass alle Übertragungen des Beowulf ins moderne Englisch mit Ausnahme von einer jünger als der HdR sind. Es erscheint mir allerdings sehr naheliegend, dass Tolkien sich mit dem Beowulf-Text schon auseinandergesetzt hatte, bevor er den HdR schrieb. Aber da könnten andere hier im Forum sicher eine fundierte Aussage zu treffen.

 

.....

 

Entschuldigung wenn ich nicht deutlich war - ich habe nur gesprochen von den fünf englischen Übertragungen ins Neuenglisch die ich hier zuhause habe. Es gibt natürlich noch mehr, z.B. die von John R. Clark Hall aus 1911, die 1940 neu herausgegeben wurde von Tolkiens Kollege und Mit-Inkling C. L. Wrenn, wozu Tolkien dann als Einleitung On Translating Beowulf (später in The Monsters and the Critics and other Essays, teilweise auf Deutsch Gute Drachen sind rar) geschrieben hat. Aber die habe ich gerade nicht hier.

 

@ Mithrennaith

 

.....

  

..... Bei dem Wort "Eorl[as]" musste ich natürlich sofort an die Eorlingas, die Pferdeherren denken. Ettmüller erläutert das Wort in der Fußnote zu Vers 6 wie folgt: "Eorl, Earl, altnordisch Iarl. Die Eorlas waren Stammeshäuptlinge. Oft wie auch hier ist Eorl und Cyning (König) gleichbedeutend."

 

Natürlich. Der Name ‘Eorl’ des ersten König Rohans kommt direkt von diesem altenglischen Wort. Alle Namen der Könige von Rohan sind altenglische Worte, gegebenenfalls sogar ins Altenglische schon Namen. Und viele davon bedeuten ‘Stammeshäuptling’, ‘(Stammes)Fürst’, ‘Herr des Volkes’, ‘König’. Dazu siehe bei Tom Shippey The Road to Middle-earth/Der Weg nach Mittelerde.

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Entschuldigt bitte meinen verspaeteten Einstieg - ich besitze die lehnert Ausgabe nicht und habe infolgedessen auch erst einmal mit dem 'Prelude' angefangen und bin erst heute abend zum ersten Kapitel durchgedrungen. Allzu viel Inhaltliches habe ich allerdings auch nicht mehr anzumerken.

Noch kurz zur mittelerde-Debatte:

Zu I. 2. middan-geard

Ich bin davon ausgegangen, dass middan-geard nichts anderes bedeutet als die "Midgard" der nordischen Mythologie.

 

Eine nette bildliche Darstellung von Midgard, Asgard, Utgard und Niflheim findest Du hier: http://www.germanen-plakat.de/der-kosmos-die-drei-ebenen-der-germanischen-welt/

 

Das Wörterbuch bei Standop übersetzt: "middan-geard ma. mittlerer Wohnsitz, Erde (zwischen Himmel und Hölle ..."

Ich tendiere hier dazu, Mith zuzustimmen, auch wenn mir das linguistische Hintergrundwissen fehlt. Aber obwohl das Altnordische 'Miðgarðr' und das Altenglische 'middangeard' Kognate sind, lassen sich ja noch laengst nicht automatisch alle kulturellen Konnotationen uebertragen, zumal wenn sich die Nutzer der Sprache sowohl geograohisch als auch kulturell unterscheiden. Waehrend also Miðgarðr deutlich eine Abgrenzung zu Asgarðr und Jötunheimr betont, scheint sich middangeard auf die Erde an sich zu beziehen. Wenn ueberhaupt ein mythologisch/spiritueller Link hergestellt werden muesste, wuerde sich wieder der christliche Gott anbieten. Gilliver, marshall und weiner verweisen hier auf Cædmon's Hymn, in der es heisst: "He ærest sceop eorþan bearnum/ heofon to hrofe, halig Scyppend/ þa middangeard moncynnes Weard..."

Uebersetzung: "He [God] first created for the children of earth heaven as a roof, holy Shaper; then Middle Earth mankind's Warden."

Allerdings betont Tolkien selbst, wie Mith schon aus diversen Briefen zitierte, dass middangeard gerade *nicht* in Fairy oder anderen spirituellen Bereichen zu verorten ist, sondern sich einfach auf die bewohnte Erde bezieht: "The name is the modern form (appearing in the 13th century and still in use) of.. .an ancient name for the oikoumenë, the abiding place of Men, the objectively real world, in use specifically opposed to imaginary worlds (as Fairyland) or unseen worlds (as Heaven or Hell)." [L 183]

Im Uebrigen schrieb Tolkien in seinem ersten 'Crist'-inspirierten Gedicht zu Earendel ja noch "Earendel sprang up from the Ocean's cup/ In the gloom of the mid-world's rim..." und nicht etwa "in the gloom of middle-earth's rim". ;-) Insofern ist es schwierig zu argumentieren, dass ihn genau diese Erwaehnung von middangeard in Crist zur Weiterverwendung des Namens Mittelerde inspiriert hat.

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Gast Mithrennaith

Ich muß mir bei Ala bedanken, denn sie hat in Sachen ‘Middle-earth’/‘middangeard’/‘miðgarðr’ genau die Punkte herbeigebracht die ich gewünscht habe aber nicht vorhanden hatte, bzw. wozu ich keine Zeit hatte sie zu finden.

 

1. Die richtige altnordische Schreibung von ‘miðgarðr’ (ich fand in meinem Hirn nur ‘midgård’ und das ist eine neuschwedische oder -dänische Form).

 

2. Das das angelsächsische ‘middangeard’ genau so, oder vielleicht noch mehr, in christlichen Kontexten als in nordisch-heidnischen benutzt wurde, und Beleg dazu.

 

3. Das dritte wichtige Zitat aus Tolkiens Briefe wo er die, so zu sagen, nicht-spirituelle Grundbedeutung von ‘middangeard’/‘middel-erde’/‘Middle-earth’ erleuchtert.

 

4. Ein Gegenargument das Tolkien den Namen ‘Middle-earth’ aus ‘middangeard’ nicht von Anbegin an direkt aus dem Crist geholt hat, nähmlich das Gedicht Éalá Éarendel Engla Beorhtast ‘The Last Voyage of Eärendel’.

 

:verbeug:

Bearbeitet von Mithrennaith
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@ Joran

 

Zu I. 1.:

Wenn die ersten Verse über das dänische Königsgeschlecht der Schildlinge nachträglich von einem anderen Dichter hinzugefügt wurde, erscheint es mir nicht logisch, dass Entstehung der Halle Heorot (möglicherweise jahrhunderte nach der Entstehung der Beowulfdichtung) nachträglich einer Begründung bedurft hätte, die zuvor nicht erforderlich war.

Hier gäbe es ja theoretisch viele Möglichkeiten, die man durchexerzieren könnte, da wir eig. nichts über einen oder mehrere potentielle Autoren handgreiflich wissen!?
Der erste Autor könnte z.B. gestorben sein, ohne sein Werk vollendet zu haben, sodass ein zweiter nicht Jahrhunderte später, sondern nur ein Jahr oder zwei danach die Einleitung geschrieben haben mag, die wir nun vor uns liegen haben. Insofern tappen wir alle im Dunkeln -

Aber man tappt ja weitgehend im Dunkeln ... ich jedenfalls ...

- oder wir hoffen, dass uns hier ein Historiker besucht, der uns eventuell erleuchten kann. :anonym:

 

Zu I. 2.:

Speziell im Beowulf könnte es ja einfach nur eine Bezeichnung für das damalige bekannte Europa sein. Natürlich gibt es in der Mythologie diese Welten, (auf die wir später bei der Edda gewiss zurückkommen ;-) ) aber der Beowulf bezieht sich ja nicht mehr auf die nordische Mythologie und ihre Götterwelt. Insofern muss damit imho nicht Midgard gemeint sein.

 

Zu II.:

In meinem Fremdwörterbüchlein gibt es das Wort "Nasziturus". Die Etymologie vom lateinischen PFA nasciturus würde passen: jmd., der geboren werden wird (was Mithrennaith auch schon sagte)

@ Mithrennaith

 

Allgemein hat Tolkien den Namen middangeard wohl nicht aus dem von mir zitierten Gedicht. Jedoch führe ich diese beiden Verse an, da sie quasi der Auslöser und die Inspiration für seine eigene Mythologie waren. Das Gedicht ist die Grundfeste, auf die seine gesamten Werke bauen. Einmal durch Earendel, den er zu einem seiner wichtigsten Charaktere überhaupt hat werden lassen, nämlich Earendil, ein Schiffsfahrer und späterer Stern für die Elben (was sich in "engla beorhtast" -> "strahlender Engel" wiederfindet). Zum anderen kommt das Wort "middangeard" so vor, indem Earendel den Menschen 'Mittelerdes' eine Leuchte am Himmel ist (was sich in "ofer middangeard monnum sended" -> "über Mittelerde, den Menschen gesendet" wiederfindet). Insofern ist es imho fraglich, ob nicht auch zusätzlich neben seinem Säulencharakter Earendil (sag' ich jetzt mal) dieses Gedicht auch dafür maßgeblich verantwortlich war, den Namen middangeard zu übernehmen.

 

Danke für den Link.

Zu Meduseld: okay, auch hier danke.

Zu Eorl und den angelsächsischen Namen für die Rohirrim:
Eol (der Dunkelb) und Eriol/Elfwine (auch einer der Säulencharaktere) scheinen auch solche Namen und mit Eorl verwandt zu sein - wenn ich mich nicht täusche.

 

Bearbeitet von seregthaur
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Gast Joran aus den Schatten

Danke für die Hintergründe zur Einordnung des altenglischen Wortes 'middangeard'.

 

Ich habe das Wort vermutlich vorschnell in einen falschen Kontext gesetzt. Ein Bezugnahme des Dichters auf das herkömmlichen heidnischen Weltbild kann hieraus also nicht hergeleitet werden.

 

Die von Euch angeführten Zitate stützen Eure Wertung. Hierfür könnte auch sprechen, dass der Verfasser der Einleitung so sehr darauf bedacht, eine christlich-göttliche Legitimation des Königsgeschlechts der Schildlinge herzuleiten und herauszustellen, dass ein heidnischer Bezug im vielleicht gerade gänzlich fern gelegen hätte.

 

 

(Andererseits kann ich mir persönlich nicht recht vorstellen, dass man das Wort 'middangeard' in der Zeit der Entstehung des Beowulf-Epos so ganz losgelöst von jeder metaphysischen / theologischen Wertung gesehen hat und sehen konnt. Hatten die Menschen mit ihren damaligen astronomischen und geografischen Kenntnissen überhaut so ein wissenschaftlich-nüchternes Verständnis von der Erde? 'Middan' wozwischen? War hiermit wirklich nur eine geografische Betrachtung im Sinne von bewohnten Land 'between the seas' verbunden? Ohne den Experten hier widersprechen zu wollen, überzeugt mich das noch nicht wirklich. Das bewohnte Land erstreckte sich im Osten so weit, dass die Bewohner Englands im 7. Jahrhundert wohl kaum ihre Begrenzung durch ein Meer, den Pazifik, kannten. Gleiches galt wohl für den Süden. Die nordafrikanischen Länder waren im England des 7. Jahrhunderts zweifellos bekannt, aber das Kap der Guten Hoffnung? Wenn das bewohnte Land nach der Vorstellung der Menschen dieser Zeit insgesamt durch Meere begrenzt wurde, wäre auch dies wohl das Ergebnis eines Weltbildes und nicht einer geographischen Kenntnis, oder?

 

In Vers 56 wird das Wort 'earde' verwendet. Im Vers 16 f. heißt es mit sehr christlicher Sichtweise: 'him þæs līffrēa, wuldres wealdend, woroldāre forgeaf' (Ihm verlieh deswegen der Lebensherr/Lebensschöpfer, der Walter im Himmel [Walter der Herrlichkeit], weltliche Ehre). Die unterschiedliche Wortwahl mag Zufall sein.)

 

 

 

Mir stellt sich jetzt die Frage, ob - im Falle von zwei verschiedenen Dichtern - ein deutlicher Unterschied zwischen diesen beiden Dichtern besteht, ob also etwa der zweite Dichter, der nachträglich eine andere Einleitung geschaffen hat, dies gerade aus dem Grund tat, um Verwurzelung des Werkes im christlichen Weltbild hervorzuheben. Vielleicht können wir dieses Thema ja im weiteren Verlauf bei folgenden Kapiteln noch einmal aufgreifen.

 

Denn was mich zu meinen Überlegungen hinsichtlich einer Verknüpfung des heidnischen mit den christlichen Weltbild veranlasst hatte, waren die Ausführungen von Lehnert in der Einleitung (Lehnert 1986, S. 5 f.):

 

".... Allerdings ist die Art, in der er die christliche Epik mit dem germanischen Sagengut, germanisch-heroische Vorstellungen mit stoisch-christlichen Idealen zu einer literarischen Einheit zu verbinden suchte, für unser heutiges Gefühl oft nicht geglückt.

Die Vereinigung germanischer mit christlichen Auffassungen war im damaligen frühchristlichen England noch in vollem Gange. Wie zur Entstehungszeit  des Beowulf-Epos christliche und germanische Ideale und Vorstellungen teils bereits verschmolzen, aber oft noch nebeneinander oder gegeneinander bestanden, so stellt der Held Beowulf selbst das Idealbild eines germanischen Kriegers dar, dessen Vorstellungswelt jedoch schon fest im englischen Frühchristentum verwurzelt ist, wobei seine germanischen und christlichen Auffassungen häufig nicht im Einklang stehen. Neben den germanischen Schicksalsglauben tritt im Beowulf der christliche Gottesglaube. [...] Germanischer wie christlicher Vorstellungswelt entsprach der Dualismus von Gut und Böse, von befreiendem Helden und schädlichem Ungeheuer einerseits, von Gott und Teufel andererseits. Im Beowulf-Epos wird dieser Gegensatz vor allem durch den Helden Beowulf und durch die Ungeheuer in Gestalt Grendels, Grendels Mutter und des Drachens symbolisiert. ..."

 

 

@ seregthaur:

Weil in den bereits benannten Anmerkungen von einem "zweiten" Dichter gesprochen wird, bin ich davon ausgegangen, dass die Einführung jünger als der eigentliche Beowulf-Epos ist.

 

Diese Verständnis erscheint mir auch überzeugend, weil alleine die knappe Einführung es kaum wert gewesen wäre, von einem späteren Dichter aufgegriffen zu werden, um dann den ganzen Beowulf-Epos anzufügen.

 

Aber ausführlichere Ausführungen habe ich zu der Theorie eines zweiten Dichters noch nicht ausfindig machen können.

 

 

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Hatten die Menschen mit ihren damaligen astronomischen und geografischen Kenntnissen überhaut so ein wissenschaftlich-nüchternes Verständnis von der Erde?

Zumindest die Griechen wussten spätestens im zweiten Jahrhundert v. Chr., dass die Erde eine Kugel ist und irgendeiner hat auch den Umfang berechnet und das sogar verhältnismäßig genau.

Dass die Germanen aber solch ein Verständnis hatten, bezweifle ich stark.

 

Aber ausführlichere Ausführungen habe ich zu der Theorie eines zweiten Dichters noch nicht ausfindig machen können.

Okay, schade.

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Gast Joran aus den Schatten

Das ist natürlich richtig, Seregthaur. Der von Dir angesprochene Grieche war Eratosthenes mit dem bekannten Brunnen von Syene. Selbst unter den griechischen Gelehrten war Eratosthenes ein Ausnahmetalent und mathematisches Genie. Neben ihm gingen aber viele griechische Gelehrte von der Kugelform aus und nannten teilweise auch Zahlen zum Umfang, die aber möglicherweise nur auf Schätzungen beruhten. Nur von Eratosthenes ist eine von diesem verwendete konkrete Berechnungsmethode heute noch bekannt (wobei sich diese zwar als Legende überliefert hat, aber in sich stimmig ist). Mit der kam er zu einem sehr präzisen Ergebnis.

 

Ungeachtet dessen waren das wohl eher Theorien, die sich außerhalb des griechischen Einflussbereichs bzw. der griechischen Elite nicht sehr verbreitet haben und im sechsten Jahrhundert in Nordeuropa wohl wenig bis garnicht bekannt waren. Aber das ist nur meine Vermutung.

 

Nimmt man die (allerdings wesentlich ältere) Himmelsscheibe von Nebra (3700-4100 Jahre alt mit Veränderungen mit einem Alter von ca. 3600) etwa, so wurden hier astronomische Erkenntnisse und religiöse Themenkreise miteinander verbunden und man geht von einem religiösen Gebrauch der Himmelsscheibe aus. In Nordeuropa waren die geistige und geistliche Elite oft deckungsgleich. Das nüchtern mathematische Weltbild der griechischen Gelehrten kann man dort - denke ich - nicht unterstellen. Aber ich bin wie gesagt kein Historiker.

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Ich denke, man muss nicht für alle geschichtlichen Ereignisse Historiker sein, um sie bewerten zu dürfen. Von daher können auch wir getrost über so etwas sprechen. ;-)

Ich vermute, dass zur Zeit der Entstehung des Beowulfs die damaligen Bewohner Europas davon ausgegangen sind, dass sie auf einer Scheibe wohnen, da sowohl die germanischen als auch (pseudo)christlichen Einflüsse solch ein Weltbild geprägt haben (müssten). 

Direkt zur eigentlichen Beowulf-Diskussion fällt mir nichts mehr ein, aber das erste Kapitel ist imho zu den noch kommenden relativ unwichtig. Also heißt es bis zur nächsten Diskussion warten, außer jmd. hat noch irgendwas zu besprechen.

Bearbeitet von seregthaur
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Gast Mithrennaith

.....

@ Mithrennaith

 

Allgemein hat Tolkien den Namen middangeard wohl nicht aus dem von mir zitierten Gedicht. Jedoch führe ich diese beiden Verse an, da sie quasi der Auslöser und die Inspiration für seine eigene Mythologie waren. Das Gedicht ist die Grundfeste, auf die seine gesamten Werke bauen. Einmal durch Earendel, den er zu einem seiner wichtigsten Charaktere überhaupt hat werden lassen, nämlich Earendil, ein Schiffsfahrer und späterer Stern für die Elben (was sich in "engla beorhtast" -> "strahlender Engel" wiederfindet). Zum anderen kommt das Wort "middangeard" so vor, indem Earendel den Menschen 'Mittelerdes' eine Leuchte am Himmel ist (was sich in "ofer middangeard monnum sended" -> "über Mittelerde, den Menschen gesendet" wiederfindet). Insofern ist es imho fraglich, ob nicht auch zusätzlich neben seinem Säulencharakter Earendil (sag' ich jetzt mal) dieses Gedicht auch dafür maßgeblich verantwortlich war, den Namen middangeard zu übernehmen.

 

..... 

 

Also, »maßgeblich«, davon bin ich nicht überzeugt. Alatariel hat eben ein ziemlich deutliches Gegenargument gegeben:

 

....

Im Uebrigen schrieb Tolkien in seinem ersten 'Crist'-inspirierten Gedicht zu Earendel ja noch "Earendel sprang up from the Ocean's cup/ In the gloom of the mid-world's rim..." und nicht etwa "in the gloom of middle-earth's rim". ;-) Insofern ist es schwierig zu argumentieren, dass ihn genau diese Erwaehnung von middangeard in Crist zur Weiterverwendung des Namens Mittelerde inspiriert hat.

 

obwohl hier natürlich ‘mid-world’ eine metrumsbedingte Umsetzung von ‘middle-earth’ sein könnte.

 

 

.....

Zu Eorl und den angelsächsischen Namen für die Rohirrim:

Eol (der Dunkelb) und Eriol/Elfwine (auch einer der Säulencharaktere) scheinen auch solche Namen und mit Eorl verwandt zu sein - wenn ich mich nicht täusche.

 

Eol  und Eriol sind aber sindarinische Namen (oder noldorinische/gnomische), keine angelsächsische. Sie sind bewusst als zu einem anderen Idiom gehörend gedacht. Sie sind daher nicht mit Eorl verwandt — höchstens können sie irgendwie Echos sein.

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Gast Joran aus den Schatten

@ Alatariel

 

Mich lässt die "Midgard-Frage" noch immer nicht ganz los, was man mir verzeihen mag (ich möchte das nicht hier, aber doch für mich noch ein wenig vertiefen). Du verweist auf die geographischen und kulturellen Unterschiede. Ich bin bislang eher von einer besonderen kulturellen Nähe ausgegangen, weil es sich bei den Sachsen schließlich um einen germanischen Volksstamm handelte, bei den Angelsachsen um ein germanisches Sammelvolk. Die Nordsee-Germanen bildeten den Kern der späteren Angelsachsen. Die Angelsachsen waren zweifellos auch durch die Aufnahme der keltisch-romanischen Vorbevölkerung mit geprägt, aber waren die kulturellen Unterschiede zu den germanischen Stämmen im 7. Jahrhundert wirklich schon so groß? Die Romanobriten waren bereits christianisiert, die Angelsachsen jedoch waren bei ihrer Einwanderung in England Heiden. Die ersten kriegerischen Invasionen fanden zwar schon in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts statt, der Hauptstrom der Einwanderung begann jedoch erst Mitte des 5. Jahrhunderts, also lediglich etwa 200 Jahre vor der mutmaßlichen Abfassung des Beowulf-Epos.

 

Zudem verweist Lehnert (1986) in der Einleitung (Seite 14) auf Berichte über religiöse und politische Aufstände in Ostanglien, dem vermutlichen Entstehungsgebiet des Beowulf,  in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts, also zur Zeit der Entstehung des Epos. Im Jahre 663 haben die angelsächsischen Könige ein Bündnis mit römischen Kirche eingegangen, nach Lehnert gegen die Vorstellungen und Belange der Mehrheit der angelsächsischen Bevölkerung. Die Christianisierung Englands hatte erst Ende des 6. Jahrhunderts begonnen (ab 597 von Kent aus seitens der rämischen Kirche; fast gleichzeitig in Nordengland durch die iro-schottische Kirche). War das germanisch heidnische Weltbild um 650 gerade einmal 50 Jahre nach dem Beginn der Christianisierung tatsächlich schon in solche Ferne gerückt, dass man das Wort 'middangeard' nicht zwingend in diesem Kontext sehen muss?

 

Hast Du eine lohnende Quelle zu den kulturellen Unterschieden zwischen Angelsachsen und "Festland-Germanen"? Mich würde das sehr interessieren.

 

(Diese Abhandlung: http://de.wikipedia.org/wiki/Angels%C3%A4chsische_Religion hat mir hierzu noch nicht sehr weitergeholfen und ich verlasse mich ungern auf Wiki. Aber die dortigen Quellenangaben helfen vielleicht schon weiter. Werde mal meinen Simek rauskramen.)

Bearbeitet von Joran aus den Schatten
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  • 3 Wochen später...
Gast Dunderklumpen

Ich möchte hier gerne noch zwei Dinge hinzufügen:

 

1. Dir Figur des SHEAF (Skyld) spielt in Tokiens Entwürfen zu Lost Road und Notion Club Papers eine zentrale Rolle:

Tolkiem hat in langen Entwürfen beschrieben, wie Sheaf als geheimnisvolles Kind mit ÄHREN  in der Hand in einem geheimnisvollen Schiff irgendwo ankommt, dort auf Grund seiner Ausstrahlung König wird und mit seinen Komähren eine fruchtbare und wohlhabende Kultur und Zivilisation begründet:

Lehnert weist ebenfalls auf die Assoziation dieser Figur an das Korn und die Fruchtbarkeit hin.

 

2. Der Bau der Methalle Heorot sollte dazu dienen - darauf wurde im Thread schon hingewiesen -, einen Versammlungsort der Gemeinschaft zu bilden, wo alle wichtigen sozialen und kommunalen Belange erledigt wurden.

Sie war also ebenfalls ein Baustein für die Kultivierung und Förderung des Gemeinwesens.

Nimmt man nun noch Grendel hinzu, der die Methalle allein darum angrff, weil er das fröhliche Gelächter dort nicht ertragen konnte - Grendel wird mehrfach als "freudlos" beschrieben -; dann könnte die Grundspannung des Werkes schon zu Beginn umrissen sein:

die Gefährdung des kulturellen und sozialen Gefüges durch eine Art archaischen Neids. Grendel wohnT im Morast, wenn ich das richtig erinnere.

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Gast Dunderklumpen

Nachtrag

 

Daraus schließe ich, dass das Einführungskapitel thematisch eng mit dem Rest des Werkes verklammert ist. Die oben erwähnte Vermutung Simrocks, das Einführunskapitel sei von einem anderen Dichter hinzuerfunden worden, ist ja nun auch schon über 150 Jahre alt und ist von ihm deutlich reine Spekulation. Zumindest bei Lehnert habe ich diese These nicht unterstützt gefunden.

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Zu 2:

Grendel soll also die in der Menschheit verwurzelte und zu bekämpfende Barbarei symbolisieren? Weiß leider gerade nicht, wer das schrieb (vielleicht finde ich das noch heraus), aber auf jeden Fall meinte irgendwer, dass die Barbarei vergleichbar mit dem Magma unter der Erde auch in der Menschheit immer noch da ist und quasi in unserer 'Psyche' brodelt und wir verhindern müssen, dass die Barbarei ausbricht. Das Beispiel schlechthin für diesen Ausbruch ist natürlich der Nationalsozialismus.

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Gast Dunderklumpen
Grendel soll also die in der Menschheit verwurzelte und zu bekämpfende Barbarei symbolisieren?

 

Nicht symbolisieren!

 

Wenn ich durch eine lange Unterführung gehe und dabei unartikulierbare Angstgefühle habe, dann "symbolisiert" mein Gehen nicht diese Angst, sondern letztere ist eine zusätzliche Erlebnisschicht. Ich gehe dennoch ganz real durch diese Unterführung, weil ich zum Bäcker will. Gleichzeitig aber werden Tiefenschichten in mir aktiviert, die bis ins Archaische reichen können.

 

Es gibt immer mehrere Wahrnehmungsschichten, die gleichzeitig ablaufen. Die eine ist nicht auf die andere reduzierbar, das wäre viel zu verkopft. Das künstlerische Formen hingegen versucht das gleichzeitige Ablaufen mehrerer Wahrnehmungsschichten in ihren Zusammenhängen transparent zu machen.

Wobei man natürlich ein Werk von 500 n.Chr. desbezüglich anders sehen muss als eins aus dem 20. Jahrhundert.

 

 

aber auf jeden Fall meinte irgendwer, dass die Barbarei vergleichbar mit dem Magma unter der Erde auch in der Menschheit immer noch da ist und quasi in unserer 'Psyche' brodelt und wir verhindern müssen, dass die Barbarei ausbricht.

 

Ich glaube, dass genau das das Thema Tolkiens ist. Die Ringgeister sind in uns, aber eben alles andere als Symbole. Dazu sind sie viel zu lebendig und sind völlig konkret vorhanden, bis heute.

 

Bei Grendel muss man noch mal extra gucken.

 

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