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Wer stirbt im Hobbit ?


Denniser

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Gast Dunderklumpen

Dann stelle ich dazu mal eine Frage.

 

Angenommen, du bist Schriftsteller und willst einen Roman über den Zweiten Weltkrieg schreiben. Du hast dir rund 20 Protagonisten ausgesucht, die du als Schriftsteller alle in den Krieg schickst, sie sind alle Soldat. Wen davon lässt du sterben, wen nicht? Würfeln? Nach dem Alphabet?

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Da es sich um den Zweiten Weltkrieg handelt, würde ich verhältnismäßig viele von ihnen sterben lassen. Es würden die sterben, bei denen ich es dramaturgisch und passend genug erzählen könnte. Würfeln oder so würde ich nicht. Ich würde der Geschichte eher ihren Lauf lassen.

Aber zielt Deine Frage überhaupt auf solch eine Antwort ab? ;-)

Bearbeitet von seregthaur
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Tolkien beschreibt vielerlei Charaktere. manche sind wie Aragorn sehr archetypisch, während andere eher "normal" sind, d.h. sehr menschliche Stärken - aber auch Fehler - haben. Er beschreibt häufig Situationen, in denen diese fehlerbehafteten Figuren einer Versuchung ausgesetzt sind. Viele erliegen dieser Versuchung, handeln noch objektiven Maßstäben schlecht - oder zumindest fragwürdig - und sterben schließlich an den Folgen ihres "Falls". Es fällt auf, daß manche vorher eine Läuterung erleben, d.h. ihre Fehler einsehen und sie bereuen. Zwar sterben sie immer noch, doch sie gehen "im Guten" und mit der Gewißheit trotz des physischen Todes "gerettet" zu sein. Neben Thorin fallen mir hier noch Isildur und Boromir ein. In gewisser Weise zählt auch Túrin Turambar dazu. Ein Gegenbeispiel, d.h. jemand der bis zum Ende und ohne Einsicht zugrunde geht, wäre Denethor oder der Meister von Seestadt.

 

Diejenigen, welche am Ende ihre Fehler erkennen und es schaffen sich vom "Bösen" (in Ermangelung eines besseren Wortes gewählt) zu lösen, sind m.E. höchst respektable Charaktere, da sie sowohl die Fehler und Schwächen von Menschen (inkl. Elben und Zwerge) darstellen, aber auch die Kraft und Freiheit der Kinder Erus vor Augen führen, sich über ihre Defizite zu erheben und sie trotz gewaltiger Hindernisse zu überwinden. Dies ist nie einfach, und deshalb braucht es vielleicht eine ausweglose Situation, die die Kraft freisetzt, sich über dies "Böse" zu erheben.

 

Vielleicht kann man das in diese Richtung entwickeln?

 

Grüße

Tolwen

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Gast Dunderklumpen

Aber zielt Deine Frage überhaupt auf solch eine Antwort ab? ;-)

 

Ich wollte mit meiner Zusatzfrage eigentlich nur sanft darauf hinweisen, dass meine Frage war, warum Tolkien Thorin sterben ließ - und nicht, warum Menschen in Kriegen sterben. Warum also ließ er Thorin sterben, aber nicht Balin? Warum Kili und Fili, aber nicht Bombur? Welche Art Antworten daraus entstehen können, ist selbstverständlich offen. Man muss sich da ja erst reinfummeln. Ich selber habe, wie schon gesagt, auch noch keine Antworten, obwohl mir dunkel etwas im Hinterkopf rumschwirrt.

 

Aber jetzt muss ich erst mal zum Hafengeburtstag, sonst schwimmen mir noch die Schiffe weg. Ich will die nämlich fotografieren. :-)

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Gast Dunderklumpen

Tolkien beschreibt vielerlei Charaktere. manche sind wie Aragorn sehr archetypisch, während andere eher "normal" sind, d.h. sehr menschliche Stärken - aber auch Fehler - haben. Er beschreibt häufig Situationen, in denen diese fehlerbehafteten Figuren einer Versuchung ausgesetzt sind. Viele erliegen dieser Versuchung, handeln noch objektiven Maßstäben schlecht - oder zumindest fragwürdig - und sterben schließlich an den Folgen ihres "Falls". Es fällt auf, daß manche vorher eine Läuterung erleben, d.h. ihre Fehler einsehen und sie bereuen. Zwar sterben sie immer noch, doch sie gehen "im Guten" und mit der Gewißheit trotz des physischen Todes "gerettet" zu sein. Neben Thorin fallen mir hier noch Isildur und Boromir ein. In gewisser Weise zählt auch Túrin Turambar dazu. Ein Gegenbeispiel, d.h. jemand der bis zum Ende und ohne Einsicht zugrunde geht, wäre Denethor oder der Meister von Seestadt.

 

Diejenigen, welche am Ende ihre Fehler erkennen und es schaffen sich vom "Bösen" (in Ermangelung eines besseren Wortes gewählt) zu lösen, sind m.E. höchst respektable Charaktere, da sie sowohl die Fehler und Schwächen von Menschen (inkl. Elben und Zwerge) darstellen, aber auch die Kraft und Freiheit der Kinder Erus vor Augen führen, sich über ihre Defizite zu erheben und sie trotz gewaltiger Hindernisse zu überwinden. Dies ist nie einfach, und deshalb braucht es vielleicht eine ausweglose Situation, die die Kraft freisetzt, sich über dies "Böse" zu erheben.

 

 

Ich lese zwei Dinge aus Deinem Text, die nach meiner Lesart implizit enthalten sind:

 

1. Tolkien neige dazu, Figuren zu wählen, an denen er vorführen kann, wie sie an entscheidenden Versuchungen scheitern, aber noch kurz vor dem Tod ihren Fehler einsehen und bereuen. Er neige aber auch dazu, das Gegenteil zu zeigen: also den Weg von Figuren zu schildern, die bis ans Ende keinen Fehler einsehen.

 

2. Dazu brauche Tolkien dann solche Figuren, die zum einen besonders extrem sind in ihrem Verhalten, zum anderen Situationen, die die Figuren in eine gewisse Ausweglosigkeit bringen, wo dann sozusagen eine Entscheidung für oder gegen das ganz Schlimme getroffen werden muss.

 

Habe ich das richtig verstanden?

 

 

Meine vorläufige Sicht dazu:

Thorin ist sicher eine extreme Figur, die sich ähnlich wie Boromir leicht verrennen kann und nicht mehr herauskommt. Beide aber - wenn ich genau nachdenke - erkennen nicht erst im Sterben ihren Fehler, sondern schon vorher.

Boromir erkennt den Fehler in dem Moment, wo Frodo sich unsichtbar davon macht, und Thorin erkennt ihn nach langem Nachsinnen - allein im Erebor.

Beide stellen sich, nachdem sie ihr Verranntsein erkannt haben, kriegerisch den Gefahren. Und da dann sterben sie.

Sie sterben aber nicht, weil sie sich gewandelt haben. Sie hätten genauso gut die Schlachten überleben können.

 

Darum ist da noch ein Rest an Fragen für mich. Wenn beide überlebt hätten, hätten sie wahrscheinlich ebenfalls um Verzeihung gebeten, bei Frodo respektive Bilbo.

 

Es gibt vielleicht noch einen weiteren "dramaturgischen" Grund, warum sie innerhalb der Bücher nicht überleben sollen. Welcher könnte das sein?

 

Bei Boromir könnte die Überlegung bei Tolkien stattgefunden haben, dass der politische Konflikt zwischen Borormir und Aragorn durch den Tod Boromirs sich erledigt hat. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass beide Seite an Seite für Gondor gekämpft haben. Und wer am Ende wäre Regent geworden? Denethor ist ebenfalls durch den Tod ausgeschaltet worden; ohne diesen Tod hätte Denethor wahrscheinlich nicht auf die Herrschaft verzichtet. Es bleibt nur Faramir, der sich demütig beugt.

 

Bei Thorin ist die Situation vielleicht etwas anders. Ich kann mir schwer vorstellen, dass er - trotz Reue - noch als König akzeptabel gewesen wäre. Zu viel hat er sich zu schulden kommen lassen, zu viel Vertrauen verspielt. Hätten ihn die Zwerge vom Erebor aber das Misstrauen aussprechen können? Wäre für diese kleine Erzählung zu viel Problematik, glaube ich. Darum war sein Tod einfacher.

 

 

Was meint Ihr?

Es würden die sterben, bei denen ich es dramaturgisch und passend genug erzählen könnte.

 

Das sehe ich als ganz sinnvollen Ansatz an. Da kann man dann auch beim "Hobbit" fragen:

Warum wäre nun gerade Thorins Tod "dramaturgisch und "passend genug"?

 

Ich weiß, es ist eine schwere Frage. Aber in anderen Foren hofften einige, Thorin würde in den Filmen überleben. Und Kili und Fili auch, die armen unschuldigen Würstchen. Damit eben die Herzen der Zuschauer nicht brechen.

 

Wäre das eine Option? Wäre das denkbar und gut für die Werke, wenn die drei überleben würden?

Bearbeitet von Dunderklumpen
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 Dann wären es, meiner Meinung nach, andere Erzählungen.

Sagen,Geschichten, Literatur und Filme erzählen das Leben in vielfätigen Bereichen. So wie im echten Leben die Menschen durch ihre Erlebnisse reifen und sich verändern, so tun sie dies auch in Büchern und Filmen. Und auch im wahren Leben verlassen uns die ,die wir mögen (räumlich oder durch den Tod). Geschichten spiegeln das reale Leben und lassen auch Raum für Interpretationen oder versuchen das Leben zu erklären.

Außerdem ist es nicht so, das durch jeden Kampf oder Krieg Menschen sterben die geliebt werden? So ist es auch im Hobbit. Kampf bedeutet nun mal nicht immer nur Heldentum,Tapferkeit,Mut.... sondern auch Schmerz und Trauer!

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Ich lese zwei Dinge aus Deinem Text, die nach meiner Lesart implizit enthalten sind:

 

1. Tolkien neige dazu, Figuren zu wählen, an denen er vorführen kann, wie sie an entscheidenden Versuchungen scheitern, aber noch kurz vor dem Tod ihren Fehler einsehen und bereuen. Er neige aber auch dazu, das Gegenteil zu zeigen: also den Weg von Figuren zu schildern, die bis ans Ende keinen Fehler einsehen.

 

2. Dazu brauche Tolkien dann solche Figuren, die zum einen besonders extrem sind in ihrem Verhalten, zum anderen Situationen, die die Figuren in eine gewisse Ausweglosigkeit bringen, wo dann sozusagen eine Entscheidung für oder gegen das ganz Schlimme getroffen werden muss.

 

Habe ich das richtig verstanden?

Ja, das geht in die Richtung. Ich habe aber auch den Eindruck (ohne das jetzt konkret belegen zu können), daß es einen gewissen Trend gibt, daß der Tod eben auch eine gewisse Konsequenz aus dem Fehltritt ist. Der Autor lässt die Personen sterben, welche die Prüfung nicht bestanden haben. Diejenigen, welche charakterlich integer sind und der Versuchung widerstehen, dürfen weiterleben.

Bei den Gestrauchelten unterscheidet er dann noch: Diejenigen, welche ihre Fehler erkennen können in Frieden (und der Gnade Erus) gehen, während die Verstockten auch weder Frieden noch "Erlösung" finden.

 

Grüße

Tolwen

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Gast Dunderklumpen

 Geschichten spiegeln das reale Leben und lassen auch Raum für Interpretationen oder versuchen das Leben zu erklären.

Außerdem ist es nicht so, das durch jeden Kampf oder Krieg Menschen sterben die geliebt werden? So ist es auch im Hobbit. Kampf bedeutet nun mal nicht immer nur Heldentum,Tapferkeit,Mut.... sondern auch Schmerz und Trauer!

 

 

Das bringt mich zu der Frage, ob dichterische Werke grundsätzlich das Leben widerspiegeln bzw. nachahmen. Ist die Verwandlung Streichers in Aragorn eine Nachahmung des realen Lebens? Oder seine Entscheidung, nun zu sterben und sich dann hinzulegen und zu sterben? Oder Bilbos Vermögen, so leise zu sein, dass man ihn nicht hören kann? Oder die Kunst Gandalfs, Menschen zu Abenteuern zu verführen?

 

Soll also im "Hobbit" gezeigt werden, wie ganz normale Kriege funktionieren? Ist das die Hauptaussage des Werkes? Dass also der Krieg Kummer produziert? Zumindest die letzten Fragen sind von mir nicht rhetorisch gemeint.

 

Ich weiß, Biaressa, Du hast vermutlich nur auf das reagiert, was manche Fans sich wünschen: dass ihre Lieblingsschauspieler überleben. Dein Text hat mich nur zu diesen Fragen weitergeführt.

 

Und daraus entsteht dann eben auch die Frage, ob die 'Tode' im "Hobbit so motiviert sind, wie es im realen Leben halt auch ist: der eine stirbt, der andere überlebt, und keiner weiß, warum der eine stirbt, der andere überlebt.

 

 

 

Ich habe aber auch den Eindruck (ohne das jetzt konkret belegen zu können), daß es einen gewissen Trend gibt, daß der Tod eben auch eine gewisse Konsequenz aus dem Fehltritt ist. Der Autor lässt die Personen sterben, welche die Prüfung nicht bestanden haben. Diejenigen, welche charakterlich integer sind und der Versuchung widerstehen, dürfen weiterleben.

 

 

Kili und Fili aber sterben, weil sie Thorin haben beschützen wollen. Es sterben im "Hobbit" ja nur diese drei. Insofern meine ich daran ablesen zu können, wie Tolkien die Ursachen für einen Tod "streut". Kili und Fili haben sich nichts zu schulden kommen lassen.

 

Was Du an Zusammenhang zwischen dem Verhalten Thorins und seinem Tod vielleicht spürst, Tolwen, liegt eventuell nicht im Inhaltlich-Realistischen. Denn da hat Tolkien offenbar sehr sorgfältig motiviert - wie auch bei Boromir: der Protagonist erkennt seine Verirrung durch die Tat selber, nicht im Sterbevorgang.

Allerhöchstens könnte es so sein, dass die beiden sich so schuldig fühlen, dass sie sich ziemlich unvorsichtig in die Schlacht begeben, fast verzweifelt, sodass ihr Tod eine Art Selbstmord ist. Sie wollen selber ihr Leben opfern für noch einmal eine gute Tat. Ich müsste dazu noch einmal die Stellen nachlesen.

 

Eigentlich aber sehe ich den Zusammenhang zwischen charakterlichen Schwächen und relativ frühem Tod auf einer anderen Ebene. Man mag als Leser den Tod als eine Art Bestrafung ansehen für mieses Verhalten. Das aber traue ich Tolkien nicht im Geringsten zu. Einmal, weil Kili und Fili das genaue Gegenteil dazu sind, zum anderen, weil das eine plumpe Ideologie wäre, die das Werk fast zu Schund machen würde.

 

Ich bringe mal ein anderes literarisches Beispiel, das auch zu Biaressas Überlegung, ob ein literarisches Werk genau wie im Leben funktioniert, passt ->

 

Thomas Mann, "Der Tod in Venedig" (ist eine Novelle, gibt es aber auch als Film).

Der alternde Schriftsteller Aschenbach begegnet in Venedig am Lido einem Knaben, der fast überirdisch schön ist und für Aschenbach das verkörpert, was er in seinem literarischen Werk nie zugelassen hat: die sinnliche Schönheit.

 

Das Tragische daran ist nicht, dass Aschenbach durch diese Begegnung eine ganz neue Welt des literarischen Schreibens entdeckt und realisiert - das zwar auch, er verfasst im Anblick des Knaben eine Erzählung, die alles übertrifft, was er je geschrieben hat -, sondern dass er als Mensch diesem Knaben verfällt, als Mensch verfällt und nur noch eins will: diesem Knaben gefallen und in seiner Nähe sein. Aschenbach verliert seine menschliche Würde.

 

Und am Ende stirbt er, mit Blick auf den schönen Knaben. Woran stirbt er? An Früchten, die er am Strand gekauft hat und ihm die in Venedig gerade grassierende Cholera bescheren.

 

Der Tod folgt also nicht aus dieser menschlichen Entwürdigung, sondern ist ein Zufall. Genauso hätte Aschenbach überleben können. Bei Thorin ist es auch ein Zufall. Er hätte ebenfalls überleben können.

Auch bei Aschenbach könnte man motivieren, dass er nicht achtgegeben hat beim Kauf der Früchte, die schon ein wenig überreif gewesen waren. Auch hier eventuell ein unbewusst vollzogener Selbstmord.

 

Aber auch hier könnte greifen, was ich im "Hobbit" auch - vielleicht - wahrnehme:

 

der jeweilige Tod resultiert nicht aus dem realistischen Geschehen, sondern aus einer bewussten Komposition des Autors. Das Psychische und das Physische werden auf parallelen Ebenen gestaltet. Die Schwäche des Geistes - in beiden Fällen verursacht sie den menschlichen bzw. zwergischen geistigen Verfall - wird rein literarisch noch einmal ausgedrückt durch den Tod.

 

Beide hätten im Grunde nicht mehr würdig weiterleben können. Der Tod ist in beiden Fällen die Gnade des Autors, der hier eigentlich rein literarisch ist: er drückt dieses äußere Nicht-mehr-weiterleben-Können auch physisch aus: über diese Figur sei nun alles gesagt, sie sei nun rund und abgeschlossen.

 

 

Kurzum:

Als realistische Erklärung könnte eventuell eine Art Selbstmord für mich greifen, aber eigentlich sind die beiden Figuren - sowohl Aschenbach als auch Thorin - rein literarisch abgeschlossen. Sie haben so viel verbockt oder haben so sehr die Würde verloren, dass es literarisch keinen Sinn macht, etwas über sie zu erzählen, was danach kommt. Der Autor ist mit ihnen fertig.

 

Im realen Leben leben Menschen, die ihren eigenen Anspruch an sich nicht haben erfüllen können, oft noch jahrzehntelang weiter, unzufrieden und verknatscht. Literarisch ist das eher uninteressant. Darum sterben sie eines literarischen Todes, dann haben sie zumindest ein würdiges Ende.

Bearbeitet von Dunderklumpen
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Kili und Fili aber sterben, weil sie Thorin haben beschützen wollen. Es sterben im "Hobbit" ja nur diese drei. Insofern meine ich daran ablesen zu können, wie Tolkien die Ursachen für einen Tod "streut". Kili und Fili haben sich nichts zu schulden kommen lassen.

Natürlich sterben auch - wie im richtigen Leben - haufenweise Unschuldige, oder sogar edle und selbstlose Personen.

 

 

Was Du an Zusammenhang zwischen dem Verhalten Thorins und seinem Tod vielleicht spürst, Tolwen, liegt eventuell nicht im Inhaltlich-Realistischen. Denn da hat Tolkien offenbar sehr sorgfältig motiviert - wie auch bei Boromir: der Protagonist erkennt seine Verirrung durch die Tat selber, nicht im Sterbevorgang.

Allerhöchstens könnte es so sein, dass die beiden sich so schuldig fühlen, dass sie sich ziemlich unvorsichtig in die Schlacht begeben, fast verzweifelt, sodass ihr Tod eine Art Selbstmord ist. Sie wollen selber ihr Leben opfern für noch einmal eine gute Tat. Ich müsste dazu noch einmal die Stellen nachlesen.

 

Eigentlich aber sehe ich den Zusammenhang zwischen charakterlichen Schwächen und relativ frühem Tod auf einer anderen Ebene. Man mag als Leser den Tod als eine Art Bestrafung ansehen für mieses Verhalten. Das aber traue ich Tolkien nicht im Geringsten zu. Einmal, weil Kili und Fili das genaue Gegenteil dazu sind, zum anderen, weil das eine plumpe Ideologie wäre, die das Werk fast zu Schund machen würde.

Dieses vage Gefühl von Bestrafung war es auch, was ich unterschwellig hatte, doch ebenso wie Du empfand ich es als sehr unpassend. Viel besser passt der Gedanke an den Freitod bzw. einen in Kauf genommenen Tod: Der Charakter, der einsieht, welchen Fehler er begangen hat, empfindet sein "Versagen" als große Schande und auch aus Gründen der Selbstachtung will er es durch ein besonders tollkühnes und/oder tapferes Vorgehen im Kampf gegen das Böse wieder ausbügeln. Solche Motive erkennt man bei Thorin und Boromir, aber auch bei Isildur, der sich schämt (und stark zögert) seine Männer im Stich zu lassen, nachdem seine Entscheidungen (und Versagen gegenüber dem Einen) sie ihn die ausweglose Situation an den Schwertelfeldern gebracht haben.

 

Bei Túrin ist es - wie alles bei ihm - noch extremer. Als er endgültig das Ausmaß seiner Schuld und Verfehlungen in vollem Umfang erkennt, tötet er sich selber, um zumindest einen kleinen Teil dieser Schuld wieder zu tilgen. Er war nicht in der Lage, mit dieser Schuld noch zu leben.

 

Das Gegenbeispiel ist mal wieder Denethor, der bis zum Ende verbohrt bleibt, aber interessanterweise auch den Freitod als für ihn einzigen Ausweg wählt. Hier hat das aber eher was von Feigheit und Egoismus als von dem Willen, anderen zu helfen und seine Fehler auszubügeln.

 

Grüße

Tolwen

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Gast Dunderklumpen

Natürlich sterben auch - wie im richtigen Leben - haufenweise Unschuldige, oder sogar edle und selbstlose Personen.

 

Ich wollte damit nur sagen, dass Tolkien den "Hobbit" dann also nicht so komponiert haben kann, dass die, die niederträchtig waren, sterben und die, die es nicht waren, weiter leben dürfen.

 

 

Dieses vage Gefühl von Bestrafung war es auch, was ich unterschwellig hatte, doch ebenso wie Du empfand ich es als sehr unpassend.

 

Zumal Tolkien ja - zumindest theoretisch - öfter sagt, dass der Tod ein Geschenk sei, eine Gabe. Allerdings habe ich das an den Figuren selber nie so erkennen können.

 

Der indirekte oder unbewusste Selbstmord wäre schon eine Möglichkeit, die man verfolgen könnte. Mit Deinen Zusatzbeispielen - wo wirklich klar Selbstmord begangen worden ist - gibt mir das insgesamt einen neuen Aspekt. Ich bin ja ohnehin der Meinung, dass der LotR insgesamt von Aussichtslosigkeit und Hoffnungslosigkeit durchtränkt ist, von quasi nihilistischem Gedankengut. Dass man sich dann aber auch selber vernichtet, ist nun auch nicht gerade lebensbejahend.

 

Dazu kommt noch Folgendes: Du sagtest ja irgendwo, dass der Arkenstein wie auch die Nähe des Ringes die Eigenschaften der Personen verstärken. Das hieße, dass sowohl Boromir als auch Thorin nicht einfach charakterfremd gehandelt haben, sondern innerhalb ihrer Disposition, die nur sozusagen einseitig durch konkrete Versuchungen "extremisiert" wurde.

 

Dann wurde also nicht nur einfach ein Fehler begangen, nicht nur eine vorübergehende Trübung erlitten, die man durch den Tod büßen möchte, sondern man negiert diese Grunddisposition, will sie auslöschen. Man bejaht diese Disposition nicht.

 

Noch eine Frage zu Isildur: Ich habe bisher nicht konkret gefunden, worauf Du Dich beziehst in Deinem letzten Beitrag. Woraus hast Du geschlossen, dass Isildur sich "schämt"?

 

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Zumal Tolkien ja - zumindest theoretisch - öfter sagt, dass der Tod ein Geschenk sei, eine Gabe. Allerdings habe ich das an den Figuren selber nie so erkennen können.

Mir fällt da auch nur Elfwine aus den Verschollenen ein, der sich bereitwillig ins offene Meer stürzte.

Und habe mich natürlich gefragt, was dieser scheinbar sinnlose Tod bzw. Suizid sollte. Mit Deiner Aussage könnte er Sinn ergeben. Du hast mir mal wieder geholfen, etwas zu verknüpfen, verstehen. :-)

Damit Du die Stelle nicht nachschlagen musst ( ;-)) und weil sie so schön ist:

"Ach, ich höre die Hörner der Feen in den verwunschenen Wäldern erklingen", sagte Elfwine, "eine Musik, wie ich sie einst schwach zu vernehmen glaubte, vor langen Jahren unter den Ulmen von Mindon Gwar."

Und seht! als sie so nachsinnend sprachen, verbarg sich der Mond, und die Sterne wurden umwölkt, und die Nebel der Zeit verhüllten das Gestade, und nichts konnten sie sehen und nichts mehr hören, bis auf das Rauschen der Brandung an den fernen Kieselstränden der Einsamen Insel; und rasch trug der Wind auch dieses schwache Geräusche davon. Doch Elfwine beugte sich vor mit weit geöffneten Augen und ohne ein Wort, und mit einem gewaltigen Schrei sprang er plötzlich nach vorn ins dunkle Meer, und die Wasser, die ihn umschlossen, waren warm, und ein freundlicher Tod, so schien ihm, nahm ihn in seinen Armen auf. [Das Buch der Verschollenen Geschichten Teil 2, Elfwine aus England, S. 331, übersetzt von Hans J. Schütz, 14. Auflage, 2008]

Bearbeitet von seregthaur
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Noch eine Frage zu Isildur: Ich habe bisher nicht konkret gefunden, worauf Du Dich beziehst in Deinem letzten Beitrag. Woraus hast Du geschlossen, dass Isildur sich "schämt"?

Das sehe ich in UT:

 

"My King," said Elendur, "Ciryon is dead and Aratan is dying. Your last counsellor must advise nay command you, as you commanded Ohtar. Go! Take your burden, and at all costs bring it to the Keepers: even at the cost of abandoning your men and me!"

"King's son," said Isildur, "I knew that I must do so; but I feared the pain. Nor could I go without your leave. Forgive me, and my pride that has brought you to this doom." 24 Elendur kissed him. "Go! Go now!" he said.

24 The pride that led him to keep the Ring against the counsel of Elrond and Círdan that it should be destroyed in the fires of Orodruin (The Fellowship of the RingII 2, and Of the Rings of Power, in The Silmarillion,p.295).

-Unfinished Tales.The Disaster of the gladden Fields

Isildur ist es sichtlich unangenehm, zugeben zu müssen, den ganzen Schlamassel verursacht zu haben. Und dies umsomehr, als er seine Truppe (inklusive seiner drei Söhne) ins Verderben geführt hat. Weiter vorn im Text, als sie die Orks das erste mal sehen (ungefähr), sagt Isildur auch schon, sein Stolz sei gebrochen und er müsse den Einen zu den Hütern der Drei bringen. Das alles muss man m.E. als umso erstaunlicher betrachten, weil Tolkien Isildur ansonsten als einen sehr stolzen Charakter beschreibt, der es gewohnt ist, daß alles nach seinem Willen geht. Für so jemanden wiegt eine derartige Selbsterkenntniss umso schwerer.

Grüße

Tolwen

Bearbeitet von Tolwen
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  • 1 Jahr später...
  • 2 Wochen später...

Ich weiß nur das thorin, kili, fili und im film tauriel sterben.

Darf ich fragen, woher du das weißt?

Evangeline lilly schrieb auf facebook das tauriel ein sehr dramatischen tod erleidet.

"Tauriel has a tragic ending"

-Evangeline Lilly

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Danke für die Info. Find ich persönlich sehr gut.

Woher weißt du das mit Thorin, Kili und Fili? (Oder ist das einfach ne Vermutung, weils im Buch so ist)

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Die drei müssen einfach sterben.Eine derartige Abweichung trau ich nicht mal PJ zu.

Der Meinung bin ich ja grundsätzlich auch, aber wer weiß  :-O

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Evangeline lilly schrieb auf facebook das tauriel ein sehr dramatischen tod erleidet.

Werde wahrscheinlich bitterlich weinen.

 

Tränen der Freude   :-O

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Ich finds schade ich mochte den Charakter

 

Schön, das ich da nicht ganz alleine bin :-) . Mir ist auch nicht ganz klar, warum Jackson Tauriel unbedingt sterben lassen muss.

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Ich schätze, erstens weil es sie im Lord of the Rings nicht gibt und zweitens weil eine Elb/Zwerg-Romanze so außergewöhnlich ist, dass man nicht glaubwürdig so tun kann als ob sie gemeinsam in den Sonnenuntergan reiten könnten und alles wäre gut. Aber wahrscheinlich gibt es ganz andere Gründe. :D

Bearbeitet von beadoleoma
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