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Zusammenhänge zwischen den Kriegen in Arda und denen auf der Erde


Olorion

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Seit langer Zeit denke ich schon darüber nach, ob Tolkien nicht durch den Ringkrieg u.s.w. kriege in unserer Welt meinte wie als ob der Ringkrieg sowas ähnliches wie der 2 Weltkrieg war.

Und es könnte auch Parallelen mit Sauron und Hitler geben.

Was meint ihr?

Bearbeitet von Cadrach
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Ich bin mir nich sicher aber hat Tolkien nicht selber gesagt, dass das nichts miteinander zutun hat!?pf_smilie_23.gif

sowas ähnliches gabs hier übrigens schon mal...Link

Bearbeitet von Alestorm
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Seit langer Zeit denke ich schon darüber nach, ob Tolkien nicht durch den Ringkrieg u.s.w. kriege in unserer Welt meinte wie als ob der Ringkrieg sowas ähnliches wie der 2 Weltkrieg war.

Und es könnte auch Parallelen mit Sauron und Hitler geben.

Was meint ihr?

Tolkien äußert sich in der Tat im Vorwort zum LotR dazu. Und Alestorm hat auch recht. In Kürze sagt Tolkien auch, daß das Werk keine "Botschaft" (auch im Sinne einer Parallele zur echten Welt) habe:

As for any inner meaning or 'message', it has in the intention of the author none.
LotR.Foreword

Hier geht er auch darauf ein, daß der Autor durch seine eigenen Erfahrungen natürlich beeinflusst wird, dies aber zu als simple Schablone auf seine Werke zu legen, nicht geeignet ist.

An author cannot of course remain wholly unaffected by his experience, but the ways in which a story-germ uses the soil of experience are extremely complex, and attempts to define the process are at best guesses from evidence that is inadequate and ambiguous.
LotR.Foreword

Es gibt nach Absicht des Autors also keine "Botschaft". Zur Frage nach der Parallele zum 2. WK gibt's auch was:

The real war does not resemble the legendary war in its process or its conclusion. If it had inspired or directed the development of the legend, then certainly the Ring would have been seized and used against Sauron; he would not have been annihilated but enslaved, and Barad-dûr would not have been destroyed but occupied.
LotR.Foreword

Der echte Krieg '39-'45 hatte keinen inspirierenden Einfluß auf die Handlung. Andernfalls wäre das Ende gänzlich anders gewesen: Der Ring wäre nicht zerstört, sondern benutzt worden, Sauron unterworfen und Barad-dûr besetzt. Dies sind durchaus schlüssige Folgerungen aus menschlicher Realpolitik, die sich meist am Nützlichen und Machbaren und nicht moralisch Richtigen orientiert.

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Ich frag mich aber was wäre wohl der Ring in der Wirklichkeit gewesen? Und wer Frodo?

Niemand, da es m.E. keine Entsprechungen gibt. Es sei denn, man möchte unbedingt etwas derartiges sehen ;-)

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Ich frag mich aber was wäre wohl der Ring in der Wirklichkeit gewesen? Und wer Frodo?

Frodo wäre in der Wirklichkeit auch Frodo.

HdR spielt ja nicht in einem fiktiven Paralleluniversum, sondern lediglich in einer fiktiven Vergangenheitsebene unserer Erde.

Tolkien bedient sich ja eines Tricks indem er behauptet er habe HdR nicht selbst erfunden, sondern lediglich alte Manuskripte übersetzt (Stichwort: Rotes Buch der Westmark). Dies muss man zwar nicht zwangsläufig für die unbedarfte Lektüre akzeptieren, aber bei solchen hintergründigen Fragen wird das dann schon wichtiger.

Das heißt nämlich: Sobald sich der Leser auf die fiktive Geschichte (inklusive der t Entstehungsgeschichte des HdR) einlässt, akzeptiert er sie als Vergangenheit unseres Planeten, genauso wie man akzeptieren muss das Zwerge und Drachen real sind oder waren (sonst macht das Lesen einfach keinen Spaß).

Damit sind auch die geschilderten Ereignisse genauso historisch wie die des römischen Kaiserreichs.

Das heißt innerhalb der Fiktion hat Frodo von uns aus gesehen einfach vor einigen Zeitaltern gelebt.

Er hat also genauso wenig mit einer aktuellen Person zu tun wie Caesar. Genauso hat der Ringkrieg auch nichts mit dem Weltkrieg zu tun, sondern ist (innerhalb der Fiktion) einfach ein historischer Konflikt genau wie der gallische Krieg.

Ist das verständlich?

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Frodo wäre in der Wirklichkeit auch Frodo.

HdR spielt ja nicht in einem fiktiven Paralleluniversum, sondern lediglich in einer fiktiven Vergangenheitsebene unserer Erde.

Tolkien bedient sich ja eines Tricks indem er behauptet er habe HdR nicht selbst erfunden, sondern lediglich alte Manuskripte übersetzt (Stichwort: Rotes Buch der Westmark). Dies muss man zwar nicht zwangsläufig für die unbedarfte Lektüre akzeptieren, aber bei solchen hintergründigen Fragen wird das dann schon wichtiger.

OK. Für eine werkinterne Betrachtung hast Du natürlich recht. Ich bezog mich auf die externe Sicht, wo das literarische Werk von außen mit etwas historischem verglichen werden soll.

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OK. Für eine werkinterne Betrachtung hast Du natürlich recht. Ich bezog mich auf die externe Sicht, wo das literarische Werk von außen mit etwas historischem verglichen werden soll.

Ich wollte dir da mit meinem Beitrag auch nicht widersprechen. Da stimm ich dir voll zu.

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  • 1 Monat später...
Gast Dunderklumpen

Ich frag mich aber was wäre wohl der Ring in der Wirklichkeit gewesen? Und wer Frodo?

Frodo wäre in der Wirklichkeit auch Frodo.

HdR spielt ja nicht in einem fiktiven Paralleluniversum, sondern lediglich in einer fiktiven Vergangenheitsebene unserer Erde.

Tolkien bedient sich ja eines Tricks indem er behauptet er habe HdR nicht selbst erfunden, sondern lediglich alte Manuskripte übersetzt (Stichwort: Rotes Buch der Westmark). Dies muss man zwar nicht zwangsläufig für die unbedarfte Lektüre akzeptieren, aber bei solchen hintergründigen Fragen wird das dann schon wichtiger.

Das heißt nämlich: Sobald sich der Leser auf die fiktive Geschichte (inklusive der t Entstehungsgeschichte des HdR) einlässt, akzeptiert er sie als Vergangenheit unseres Planeten, genauso wie man akzeptieren muss das Zwerge und Drachen real sind oder waren (sonst macht das Lesen einfach keinen Spaß).

Damit sind auch die geschilderten Ereignisse genauso historisch wie die des römischen Kaiserreichs.

Das könnte man auch anders sehen. Mythische Bilder schildern ja unsere Welt, nur eben in literarischen Topoi. Die Schwarzen Reiter zum Beispiel kann ich selber unmögich als eine fiktive Vergangenheit lesen. Sie sind Bilder für unsere heutige Zeit. Zumindest ist dies eine Lesart, die neben der "wörtlichen" in der Dichtung gang und gäbe ist. Selbst unsere Volksmärchen erzählen von keiner Vergangenheit, sondern von der eigenen Zeit, in der psychische Elemente in der Gestalt von Riesen, Feen, Zwergen auftreten.

Das heißt innerhalb der Fiktion hat Frodo von uns aus gesehen einfach vor einigen Zeitaltern gelebt.

Er hat also genauso wenig mit einer aktuellen Person zu tun wie Caesar. Genauso hat der Ringkrieg auch nichts mit dem Weltkrieg zu tun, sondern ist (innerhalb der Fiktion) einfach ein historischer Konflikt genau wie der gallische Krieg.

Würde ich auch hier anders sehen können. "Wörtlich gelesen" hat der Ringkrieg natürlich nichts mit den Weltkriegen zu tun. Aber der Ringkrieg ist eine literarische Umsetzung der Problematiken, die in den Weltkriegen auftauchen. Moderne Fragen werden in einer mythologischen Sprache abgehandelt.

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Das könnte man auch anders sehen. Mythische Bilder schildern ja unsere Welt, nur eben in literarischen Topoi. Die Schwarzen Reiter zum Beispiel kann ich selber unmögich als eine fiktive Vergangenheit lesen. Sie sind Bilder für unsere heutige Zeit. Zumindest ist dies eine Lesart, die neben der "wörtlichen" in der Dichtung gang und gäbe ist. Selbst unsere Volksmärchen erzählen von keiner Vergangenheit, sondern von der eigenen Zeit, in der psychische Elemente in der Gestalt von Riesen, Feen, Zwergen auftreten.

Warum kannst du die Schwarzen Reiter nicht als fiktive Vergangenheit sehen?

Nur weil sie für etwas stehen, das aus Tolkiens Erfahrung entspringt, können sie doch trotzdem Teil der fiktiven(!) Vergangenheit sein. Das fiktive Element einer Geschichte lässt diese doch außerhalb des normalen chronologischen Zeitflusses stehen, ich sehe da keinen Widerspruch zwischen unsern Ansichten.

Wenn ich einen Roman über das Wien des 19. Jhds. schreibe, verändere ich damit ja nicht die historische Vergangenheit, aber auf literarischer Ebene, muss die Geschichte die der Roman erzählt wahr sein, bzw. muss der Leser sie als Wahrheit akzeptieren, sonst macht es keinen Spaß und/oder keinen Sinn sie zu lesen.

Und viele Märchen/Mythen erzählen ja nicht nur Geschichten aus und für ihre Zeit, sondern haben ja auch zeitlose Botschaften. 'Und die Moral von der Geschicht' ...'

Würde ich auch hier anders sehen können. "Wörtlich gelesen" hat der Ringkrieg natürlich nichts mit den Weltkriegen zu tun. Aber der Ringkrieg ist eine literarische Umsetzung der Problematiken, die in den Weltkriegen auftauchen. Moderne Fragen werden in einer mythologischen Sprache abgehandelt.

Na klar. Aber erst dann, wenn du die Augen vom Buch wegnimmst und dir Tolkiens Biographie anschaust und erkennst, dass er die Weltkriege (z.T. hautnah) erlebte.

Auf der textimmanenten Ebene bleibt dieser Aspekt jedoch außen vor.

Ich denke du schaust einfach auf die andere Seite der Medaille als ich.

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Gast Dunderklumpen

Hi THX!

Ich denke du schaust einfach auf die andere Seite der Medaille als ich.

Sind Diskussionen dazu nicht da? Dass jeder sein Scherflein beisteuert, seine eigene Sicht einbringt? Ich habe Deiner Sicht ja nicht widersprochen, sondern nur eine weitere hinzugefügt.

Warum kannst du die Schwarzen Reiter nicht als fiktive Vergangenheit sehen?

Vielleicht einfach, weil ich ein anderer Mensch bin als Du? Eine andere Erfahrungswelt hinter mir habe?

Doof, damit habe ich noch keine inhaltliche Antwort auf Deine Frage gegeben, Entschuldigung. Der Grund, dass es mir nicht gelingt, eine fiktive Vergangenheit anzunehmen, liegt wohl daran, dass es mich langweilen würde. Mich interessieren fiktive Vergangehnheiten nicht die Bohne, und ich müsste dann das Werk auch als überflüssig erachten, als reines Zeittotschlaginstrument. Ich müsste ihm sogar komplett die literarische Qualität absprechen.

Ich springe erst auf ein Werk an, wenn es sich entweder mit der Zeit des Autors bzw. einer anderen realen Epoche oder mit dem realen Menschen auseinandersetzt. Dass Tolkien das tut, habe ich erst sehr spät begriffen, und seitdem ist er in meinen Augen gestiegen.

Nur zur Absicherung: ob das in Märcheform oer in realistischer Form geschieht, macht da keinen Unterschied.

Nur weil sie für etwas stehen, das aus Tolkiens Erfahrung entspringt, können sie doch trotzdem Teil der fiktiven(!) Vergangenheit sein.

Ja natürlich. Für Dich kann das sein. Das ist doch das Spannende, dass aus unterschiedlichen Prämissen unterschiedliche Sichtweisen entstehen. Darum war doch mein erster Satz auch:

Das könnte man auch anders sehen.

Wenn ich einen Roman über das Wien des 19. Jhds. schreibe, verändere ich damit ja nicht die historische Vergangenheit, aber auf literarischer Ebene, muss die Geschichte die der Roman erzählt wahr sein, bzw. muss der Leser sie als Wahrheit akzeptieren, sonst macht es keinen Spaß und/oder keinen Sinn sie zu lesen.

Solange schon Romane und Erzählungen und Dramen geschrieben werden, und das ist seit einigen tausend Jahren so, muss das, was fiktiv geschildert wird, innerhalb der Kunstwirklichkeit glaubhaft sein, sonst ist der Schrifststeller schlecht und wird nicht gelesen.

Das gilt für historische Romane, phantastische Romane und realistische Romane (die sich nicht auf Historisches beziehen) gleichermaßen. Fiktiv sind sie alle.

Auch ein Roman über das Wien des 19. Jahrhunderts ist fiktiv. Er stelllt ja nicht das 19. Jahrhundert dar, sondern spielt höchstens im 19. Jahrhundert. Und mehr oder weniger auch in einem fiktiven 19. Jahrhundert, denn alles, was in einen Roman kommt, musste erst fiktionalisiert werden.

Darum verändert ein Roman über das Wien des 19. Jahrhunderts notgedrungen das historisch Reale.

Ob historische Romane überhaupt historisch sein können, ist daher ein weites Feld, muss hier auch nicht abgehandelt werden. Aber die Schwarzen Reiter sind nun mal in unserer realen Welt nicht historisch, darum sind sie es nur innerhalb des Romans. Jedenfalls gelingt mir nicht der Selbstbetrug, dass in einer früheren - fiktiven - Epoche unserer Erde tatsächlich unsterbliche Geister durch die Prärie trabten.

Ich hoffe, ich konnte den Unterschied klar machen. Letztlich hast Du eine andere Kunsttheorie als ich. Nach meiner Kunsttheorie beschreibt ein Kunstwerk unsere eigene Welt in Form einer Fiktion. Etwas plump ausgedrückt: symbolisch. So kann die Angst vor dem Tod in einem Kunstwerk sich in einen Drachen verwandeln (Tolkien zeigt das so ähnlich in seinem Sir-Gawain-Aufsatz auf). Aber der Drache in einem Kunstwerk will - nach meiner Kunststheorie - nicht aufzeigen, dass es in unserer realen Welt in einer fiktiven Epoche mal reale Drachen gegeben hat. Das scheint Deine Kunststheorie zu sein. Und mit der kann ich persönlich nichts anfangen. Was interessieren mich reale Drachen vor Millionen fiktiven Jahren? Mich muss der Drache "berühren", er muss unsichtbar in unserer Welt sein. Der Künstler macht das Unsichtbare sichtbar.

Und viele Märchen/Mythen erzählen ja nicht nur Geschichten aus und für ihre Zeit, sondern haben ja auch zeitlose Botschaften. 'Und die Moral von der Geschicht' ...'

Ja, selbstverständlich. Wollte ich auch nicht abstreiten. Aber sie entstehen in einer Zeit, wo unbedingt die und die Aussage oder Botschaft gesagt werden will. Nicht umsonst entstanden die Kunstmärchen der Romantik in einer Zeit, als die Aufklärung die Phantasie der Menschen bedrohte. Die Märchen spiegeln das, spiegeln diese Bedrohung.

Würde ich auch hier anders sehen können. "Wörtlich gelesen" hat der Ringkrieg natürlich nichts mit den Weltkriegen zu tun. Aber der Ringkrieg ist eine literarische Umsetzung der Problematiken, die in den Weltkriegen auftauchen. Moderne Fragen werden in einer mythologischen Sprache abgehandelt.

Na klar. Aber erst dann, wenn du die Augen vom Buch wegnimmst und dir Tolkiens Biographie anschaust und erkennst, dass er die Weltkriege (z.T. hautnah) erlebte.

Auf der textimmanenten Ebene bleibt dieser Aspekt jedoch außen vor.

Das ist ein schwieriges Thema mit der Textimmanenz. Ich bin ja auch unbedingt dafür, dass man die Texte selbst studiert, und möglichst als erstes. Das habe ich auch gemacht, über Jahre, beim Herrn der Ringe. Aus dem Text jedenfalls habe ich nie gelesen, dass hier eine fiktive Vorstufe unserer realen Welt vorliegen soll.

Das steht auch nicht in dem Roman. Das ist eine außerliterarische Kunsttheorie, die vor Tolkien nie behauptet wurde, auch nicht von ihm selbst, (als Kunsttheorie), höchstens von seinen Fans.

Aber egal. Was hier wichtiger ist: reine Textimmanenz ist nicht möglich. Denn es ist immer der Leser, der sein Vorwissen mit aktualisiert, während er liest. Aauch wenn ich nicht wüsste, wann Tolkien den Herrn der Ringe geschrieben hat, würde ich das Werk in bezug auf die Kriege lesen, die jüngst waren. Von mir, meiner Entwicklung kann ich nicht absehen. Hätte Tolkien den Roman vor den beiden Weltkriegen geschrieben, dann hätte er eben prophetisch geschrieben. Schwarze Reiter gab es in dieser Art auch schon in der Romantik: aber da hatten diese Geisterfiguren eine andere Funktion, weil die Epoche da anders war. Tolkiens Stil aber ist so modern, dass er nie in der Romantik hätte geschrieben werden können. Ich hätte den Autor also auch ohne Nachgucken dem 20. Jahrhundert zugeordnet, und zwar auf der Basis textimmanenter Ansichten.

Bearbeitet von Dunderklumpen
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Sind Diskussionen dazu nicht da? Dass jeder sein Scherflein beisteuert, seine eigene Sicht einbringt? Ich habe Deiner Sicht ja nicht widersprochen, sondern nur eine weitere hinzugefügt.

Ja klar. Und ich bin nur darauf eingegangen. Sonst würde die Diskussion nich weitergehen ^^

Auch ein Roman über das Wien des 19. Jahrhunderts ist fiktiv. Er stelllt ja nicht das 19. Jahrhundert dar, sondern spielt höchstens im 19. Jahrhundert. Und mehr oder weniger auch in einem fiktiven 19. Jahrhundert, denn alles, was in einen Roman kommt, musste erst fiktionalisiert werden.

Darum verändert ein Roman über das Wien des 19. Jahrhunderts notgedrungen das historisch Reale.

Ob historische Romane überhaupt historisch sein können, ist daher ein weites Feld, muss hier auch nicht abgehandelt werden. Aber die Schwarzen Reiter sind nun mal in unserer realen Welt nicht historisch, darum sind sie es nur innerhalb des Romans. Jedenfalls gelingt mir nicht der Selbstbetrug, dass in einer früheren - fiktiven - Epoche unserer Erde tatsächlich unsterbliche Geister durch die Prärie trabten.

Ich hoffe, ich konnte den Unterschied klar machen. Letztlich hast Du eine andere Kunsttheorie als ich. Nach meiner Kunsttheorie beschreibt ein Kunstwerk unsere eigene Welt in Form einer Fiktion. Etwas plump ausgedrückt: symbolisch. So kann die Angst vor dem Tod in einem Kunstwerk sich in einen Drachen verwandeln (Tolkien zeigt das so ähnlich in seinem Sir-Gawain-Aufsatz auf). Aber der Drache in einem Kunstwerk will - nach meiner Kunststheorie - nicht aufzeigen, dass es in unserer realen Welt in einer fiktiven Epoche mal reale Drachen gegeben hat. Das scheint Deine Kunststheorie zu sein. Und mit der kann ich persönlich nichts anfangen. Was interessieren mich reale Drachen vor Millionen fiktiven Jahren? Mich muss der Drache "berühren", er muss unsichtbar in unserer Welt sein. Der Künstler macht das Unsichtbare sichtbar.

Ich seh da in meiner Lesart keinen Selbstbetrug, die Epoche bleibt doch fiktiv. Außerdem musst du doch zumindest beim Lesen die Realität von Zwergen und Drachen usw. anerkennen. Ansonsten sagst du ständig. "Langweilig", "Unrealistisch", "Unsinn", "unwissenschaftlich", etc. und hast keinen Spaß am Lesen.

Ja, selbstverständlich. Wollte ich auch nicht abstreiten. Aber sie entstehen in einer Zeit, wo unbedingt die und die Aussage oder Botschaft gesagt werden will. Nicht umsonst entstanden die Kunstmärchen der Romantik in einer Zeit, als die Aufklärung die Phantasie der Menschen bedrohte. Die Märchen spiegeln das, spiegeln diese Bedrohung.

Gibste mir ein Beispiel? Nur der Anschaulichkeit halber?

Das ist ein schwieriges Thema mit der Textimmanenz. Ich bin ja auch unbedingt dafür, dass man die Texte selbst studiert, und möglichst als erstes. Das habe ich auch gemacht, über Jahre, beim Herrn der Ringe. Aus dem Text jedenfalls habe ich nie gelesen, dass hier eine fiktive Vorstufe unserer realen Welt vorliegen soll.

Das steht auch nicht in dem Roman. Das ist eine außerliterarische Kunsttheorie, die vor Tolkien nie behauptet wurde, auch nicht von ihm selbst, (als Kunsttheorie), höchstens von seinen Fans.

Aber egal. Was hier wichtiger ist: reine Textimmanenz ist nicht möglich. Denn es ist immer der Leser, der sein Vorwissen mit aktualisiert, während er liest. Aauch wenn ich nicht wüsste, wann Tolkien den Herrn der Ringe geschrieben hat, würde ich das Werk in bezug auf die Kriege lesen, die jüngst waren. Von mir, meiner Entwicklung kann ich nicht absehen. Hätte Tolkien den Roman vor den beiden Weltkriegen geschrieben, dann hätte er eben prophetisch geschrieben. Schwarze Reiter gab es in dieser Art auch schon in der Romantik: aber da hatten diese Geisterfiguren eine andere Funktion, weil die Epoche da anders war. Tolkiens Stil aber ist so modern, dass er nie in der Romantik hätte geschrieben werden können. Ich hätte den Autor also auch ohne Nachgucken dem 20. Jahrhundert zugeordnet, und zwar auf der Basis textimmanenter Ansichten.

Ich bezieh mich mal hauptsächlich auf das grün markierte:

Tolkien erklärte aber den Ursprung des LotR mit der Fiktion, er habe das 'Rote Buch der Westmark' nur übersetzt. Das Rote Buch aber, hätte dann (zumindest in Abschriften) die Jahrtausende überdauern müssen.

So weit ich weiß ist dies enthalten im Vorwort der First Edition. Da ich die leider nicht hier habe, kann ich den Wortlaut nicht nachgucken. Vielleicht hast du ja ne passende Ausgabe, oder eine Kopie. Im Vorwort zur Second Edition, das jetzt immer abgedruckt wird, ist das glaub ich nicht mehr.

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Ich bezieh mich mal hauptsächlich auf das grün markierte:

Tolkien erklärte aber den Ursprung des LotR mit der Fiktion, er habe das 'Rote Buch der Westmark' nur übersetzt. Das Rote Buch aber, hätte dann (zumindest in Abschriften) die Jahrtausende überdauern müssen.

So weit ich weiß ist dies enthalten im Vorwort der First Edition. Da ich die leider nicht hier habe, kann ich den Wortlaut nicht nachgucken. Vielleicht hast du ja ne passende Ausgabe, oder eine Kopie. Im Vorwort zur Second Edition, das jetzt immer abgedruckt wird, ist das glaub ich nicht mehr.

Ich zitiere zur Veranschaulichung mal den Anfang des Vorworts der originalen Erstausgabe:

This tale, which has grown to be almost a history of the great War of the Ring, is drawn for the most part from the memoirs of the renowned Hobbits, Bilbo and Frodo, as they are preserved in the Red Book of Westmarch. This chief monument of Hobbit-lore is so called because it was compiled, repeatedly copied, and enlarged and handed down in the family of the Fairbairns of Westmarch, descended from that Master Samwise of whom this tale has much to say.

I have supplemented the account of the Red Book, in places, with information derived from the surviving records of Gondor notably the Book of the Kings; but in general, though I have omitted much, I have in this tale adhered more closely to the actual words and narrative of my original than in the previous selection from the Red Book, The Hobbit.

Das vollständige Vorwort ist bei Scull/Hammond: The Lord of the Rings. A Reader's Companion abgedruckt (Seite LXVIII ff.).

Aus der restlichen Diskussion halte ich mich (zumindest vorerst) raus :-)

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Gast Dunderklumpen

@ Cadrach: wenn Du Zeit hast - könntest Du das Zitat für die, die Englisch nicht leicht lesen, ins Deutsche übersetzen?

Irgendwo steht da auch, warum Tolkien seine alte Variante unakzeptabel fand und sie als einen massiven Fehler ansah. Es befindet sich irgendwo in der HoMe, aber vielleicht auch bei Reteliff? Du findest das bestimmt schneller als ich. :-) Ich meine den Gedanken, wo Tolkien selbstkritisch anmerkt, dass er in dem alten Vorwort die fiktive mit der realistischen Ebene verwechselt hat.

@ THX: ich antworte in den nächsten Tagen.

Bearbeitet von Dunderklumpen
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Hier dann mal meine Übersetzung des zitierten Abschnitts:

Diese Geschichte, die sich nahezu zu einer Chronik des großen Ringkrieges entwickelte, bezieht sich zum größten Teil auf die Erinnerungen der berühmten Hobbits Bilbo und Frodo, wie sie im Roten Buch der Westmark zu lesen sind. Dieses wichtigste Dokument der Hobbitkunde trägt diesen Namen, da es von den Schönkinds* der Westmark erstellt, mehrfach abgeschrieben und erweitert sowie in der Familie weitergegeben wurde. Die Schönkinds stammen von ebenjenem Meister Samweis ab, von dem diese Geschichte viel zu berichten weiß.

Ich habe die Berichte des Roten Buches an einigen Stellen um Informationen ergänzt, die ich den erhaltenen Aufzeichnungen Gondors entnehmen konnte, insbesondere dem Buch der Könige. Doch insgesamt habe ich mich bei dieser Geschichte, auch wenn ich einiges weggelassen habe, stärker an die Worte und die Schilderungen meines** Originals gehalten als bei meiner vorangegangenen Zusammenstellung aus dem Roten Buch, The Hobbit.

*eigene Übersetzung des Namens. Ich habe gerade weder Krege noch Carroux zur Hand. Es ist aber gut möglich, dass deren Übersetzung des Namens Fairbairns mit meiner identisch ist.

** An dieser Stelle steht im Original tatsächlich my, an dieser Stelle meines Erachtens eine sehr merkwürdige Formulierung …

Die Äußerung Tolkiens zur Änderung des Vorwortes suche ich dann nachher raus, wenn ich zu Hause bin. Wenn es im Reader’s Companion, bei S/H oder bei Rateliff steht, dürfte das auch recht schnell gehen. Wenn Tolkiens Aussage nur in der HoMe zu finden ist, wird es etwas schwieriger ;-)

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Die Sache mit der "fiktiven Vergangenheit" ist eine textimmanente Tatsache (Notiz: Ich rede von der Handlungsebene, also dem Aufbau/Konstrukt von Tolkiens gesamter Welt - und dort, auf diesem fiktiv parallel zu unserer Realität verlaufenden Handlungsstrang ist die Ansiedlung in einer fiktiven Vergangenheit unserer Welt genauso Fakt wie die Lage Rohans nördlich von Gondor), mehrere Hinweise darauf sind, ganz abgesehen von dem Vorwort, auch in den ersten Kapiteln des Herrn der Ringe selbst zu finden, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht auch in den Anhängen und ein absolut eindeutiges Statement Tolkiens zu dem Thema findet sich obendrein noch in den Briefen.;-)

Man beachte auch die Rahmenhandlung der Verschollenen Geschichten, zwar wurde diese Rahmenhandlung im späteren Silmarillion nicht übernommen, dafür findet sich eine solche Rahmenhandlung erneut im Herrn der Ringe (Überlieferung, Rotes Buch etc.). Das Konzept als Ganzes wurde nie aufgegeben und hat, wenn auch nicht so eindeutig wie in der Rahmenhandlung der Lost Tales, doch bis in die aktuellste Version bestand.

Ich werde die entsprechenden Zitate raussuchen, jetzt muss ich leider gleich weg...

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Gast Dunderklumpen

Hallo zusammen!

Sind Diskussionen dazu nicht da? Dass jeder sein Scherflein beisteuert, seine eigene Sicht einbringt? Ich habe Deiner Sicht ja nicht widersprochen, sondern nur eine weitere hinzugefügt.

Ja klar. Und ich bin nur darauf eingegangen. Sonst würde die Diskussion nich weitergehen ^^

Stimmt. :-)

Jedenfalls gelingt mir nicht der Selbstbetrug, dass in einer früheren - fiktiven - Epoche unserer Erde tatsächlich unsterbliche Geister durch die Prärie trabten.

Ich seh da in meiner Lesart keinen Selbstbetrug, die Epoche bleibt doch fiktiv.

Ja, aber die anderen Epochen alle nicht, nach Deiner Lesart.

Deine Kunsttheorie lautet so: Unsere ganze Welt ist real, wie sie ist, nur eine Epoche davon ist fiktiv.Tolkien hat die ganze Realität gelassen, wie sie ist, nur eine einzige Epoche davon ist fiktiv.

Meine Kunsttheorie lautet so: Es handelt sich hier um einen Roman, also ein an sich schon fiktives Gebilde. Darin ist alles fiktiv, nicht nur eine Epoche. Es werden überhaupt keine realen Epochen angesprochen, es liegt überhaupt kein realistischer Roman vor. Es ist nur Pseudohistorie, und zwar durchgehend.

Deine Theorie geht schon darin nicht auf, weil im Roman selber ja nie unsere reale Zeitrechnung erwähnt wird. Unsere heutige reale Zeit könnte nie in diesem Roman erwähnt werden, weil wir uns ja im 21. Jahrhundert befinden, Tolkien damals im 20. Die Zeitrechnung innerhalb des Romans ist komplett fiktiv und lässt sich mit unserer außerrealen Rechnung überhaupt nicht kombinieren. Es gibt da auch keine Schnittmengen. Gandalf ist innerhalb des Romans in der neuesten Zeit, aber er ist in unserer realen Zeit nicht möglich. Genausowenig wie die "Hobbits", die ja dann zumindest im 20 Jahrhundert noch existieren müssten.

Außerdem musst du doch zumindest beim Lesen die Realität von Zwergen und Drachen usw. anerkennen. Ansonsten sagst du ständig. "Langweilig", "Unrealistisch", "Unsinn", "unwissenschaftlich", etc. und hast keinen Spaß am Lesen.

"Unwissenschaftlich" sage ich bestimmt nicht, denn der mythische Roman ist von Haus aus unwissenschaftlich. Und er ist auch von Haus aus "unrealistisch". Das ist doch das Faszinierende an ihm: dass er Gedanken, Gefühle, seelische Zustände umsetzt in Bilder, die dann wie reale Geschehnisse ablaufen. Und "Unsinn" sage gerade ich eben nicht, weil das Wesen der Kunst ja gerade darin besteht, das rein Vernünftige zu durchbrechen.

Die - äußere - Realität von Zwergen und Drachen muss ich überhaupt nicht anerkennen. Es muss in mir etwas anklingen, wenn ich das lese, ja. Das Mythische fasnziniert uns ja nur darum so, weil es auch in unseren Nacht- und Tagträumen eine Rolle spielt. Unsere eigenen inneren Bilder können wir in einem gelungenen mythischen Roman wahrnehmen, vielleicht zum erstenmal überhaupt erkennen. Das Innen wird zum Außen. Und so funktioniert die Kunst seit tausenden von Jahren.

Nicht umsonst entstanden die Kunstmärchen der Romantik in einer Zeit, als die Aufklärung die Phantasie der Menschen bedrohte. Die Märchen spiegeln das, spiegeln diese Bedrohung.

Gibste mir ein Beispiel? Nur der Anschaulichkeit halber?

In den Kunstmärchen der deutschen Romantik kommen auffallend viele Wahnsinnige vor. Oder solche, die sich an der Grenze zum Wahnsinn befinden und dann entweder zur einen Seite kippeln oder zu der anderen. In den Volksmärchen - die ja viel älter sind - kommt das nicht vor. Aber in diesen Kunstmärchen sind viele von Wahnvorstellungen oder dämonischen Figuren bedroht, derer sie nicht Herr werden können, die sie gar faszinieren. Sie sind quasi zweigeteilt: einerseits leben sie in einer vernünftigen Welt, in der Spuk und Abgründigkeit verbannt sind, und dann bricht die unvernünftige Welt ein, in der Dämonen und heidnische mythische Gestalten genau diese Vernunft anknabbern. Zwei Beispiele genau dazu wären: "Der goldene Topf" von E.T.A. Hoffmann und "Der Runenberg" von Ludwig Tieck. E.T.A. Hoffmann schildert geradezu die beiden Welten nebeneinander, oder ineinander. Bei Ludwig Tieck werden sie nur durch unterschiedliche Perspektiven gekennzeichnet. Der Protagonist sagt, er müsse der hohen überidischen Göttin folgen und verlässt seine Ehefrau. Die Ehefrau aber sieht nur ein uraltes häliches Web, der er hinterherdackelt.

Das ist ein schwieriges Thema mit der Textimmanenz. Ich bin ja auch unbedingt dafür, dass man die Texte selbst studiert, und möglichst als erstes. Das habe ich auch gemacht, über Jahre, beim Herrn der Ringe. Aus dem Text jedenfalls habe ich nie gelesen, dass hier eine fiktive Vorstufe unserer realen Welt vorliegen soll.

Das steht auch nicht in dem Roman. Das ist eine außerliterarische Kunsttheorie, die vor Tolkien nie behauptet wurde, auch nicht von ihm selbst, (als Kunsttheorie), höchstens von seinen Fans.

Ich bezieh mich mal hauptsächlich auf das grün markierte:

Tolkien erklärte aber den Ursprung des LotR mit der Fiktion, er habe das 'Rote Buch der Westmark' nur übersetzt. Das Rote Buch aber, hätte dann (zumindest in Abschriften) die Jahrtausende überdauern müssen.

Ja, aber das ist eben das beliebte Spiel mit den Fiktionen, das auch in der Romantik gang und gebe war. Auch davor war das schon beliebt. Man pflegte gerne vor seinen haarsträubenden Erzählungen ein Vorwort zu stellen, das steif und fest behauptet, das sei alles selbsterlebt.

Tolkien kannte das natürlich alles und hat die Tradition weitergeführt. Allerdings hat er diese Tradition dann modernisiert und für seine Zwecke umfunktioniert (alles bekommt subjektiven Dokumentencharakter).

So weit ich weiß ist dies enthalten im Vorwort der First Edition.

Cadrach hat den Anfang davon ja schon gepostet und dankenswerterweise auch noch übersetzt.

:daumen::respekt::saufen: Ich geh im nächsten post darauf ein.

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Gast Dunderklumpen

Fortsetzung

Diese Geschichte, die sich nahezu zu einer Chronik des großen Ringkrieges entwickelte, bezieht sich zum größten Teil auf die Erinnerungen der berühmten Hobbits Bilbo und Frodo, wie sie im Roten Buch der Westmark zu lesen sind. Dieses wichtigste Dokument der Hobbitkunde trägt diesen Namen, da es von den Schönkinds* der Westmark erstellt, mehrfach abgeschrieben und erweitert sowie in der Familie weitergegeben wurde. Die Schönkinds stammen von ebenjenem Meister Samweis ab, von dem diese Geschichte viel zu berichten weiß.

Ich habe die Berichte des Roten Buches an einigen Stellen um Informationen ergänzt, die ich den erhaltenen Aufzeichnungen Gondors entnehmen konnte, insbesondere dem Buch der Könige. Doch insgesamt habe ich mich bei dieser Geschichte, auch wenn ich einiges weggelassen habe, stärker an die Worte und die Schilderungen meines** Originals gehalten als bei meiner vorangegangenen Zusammenstellung aus dem Roten Buch, The Hobbit.

*eigene Übersetzung des Namens. Ich habe gerade weder Krege noch Carroux zur Hand. Es ist aber gut möglich, dass deren Übersetzung des Namens Fairbairns mit meiner identisch ist.

** An dieser Stelle steht im Original tatsächlich my, an dieser Stelle meines Erachtens eine sehr merkwürdige Formulierung …

Die Äußerung Tolkiens zur Änderung des Vorwortes suche ich dann nachher raus, wenn ich zu Hause bin. Wenn es im Reader's Companion, bei S/H oder bei Rateliff steht, dürfte das auch recht schnell gehen. Wenn Tolkiens Aussage nur in der HoMe zu finden ist, wird es etwas schwieriger ;-)

Die Äußerung Tolkiens, dass hier ein gravierender Fehler vorliege, steht auch in

Reader's Companion samt Verweis auf die Stelle in der HoMe: HoMe 12, S.26.

Ich zitiere mal nach der HoMe. Dort schreibt Christopher Tolkien:

In the Second Edition of 1966 this Foreword was rejected in ihts entirety. On one of his copies of the First Edition my father wrote beside it: 'This Foreword I schould wish very much in any case to cancel.Confusing (as ist does) real personal matters with the "machinery" of the Tale is a serious mistake.'

Was Tolkien als "serious mistake" ansah, ist klar. Er hat für die Ausgabe 1966 die Person Tolkien - die den LotR schrieb - und die Erzählerfigur, die das Rote Buch bearbeitete, getrennt. Das Vorwort (Foreword) schildert nun die Entstehung des Romans im 20. Jahrhundert, die der nicht-fiktive Tolkien geleistet hat - und im Prolog (Prologue) schildert ein fiktiver Erzähler die Situaton der Hobbits in einer fiktiven Welt.

Das ursprüngliche Vorwort mit seinem Spiel mit verschiedenen Ebenen hat aber auch seinen Reiz. Freilich muss der Leser dann durchschauen, dass Tolkien selber nicht an Hobbits glaubte, sondern nur so tat als ob. Das können sogar, denke ich, Kinder durchschauen. Ich jedenfalls habe Kindern schon solche erfundenen Geschichten erzählt, wie ich in einen Tunnel kam, der nie endete, und wo ich dann seltsame Figuren fand. Ich glaube kaum, dass Kinder ab einem gewissen Alter nicht wissen, dass ich als Erzähler eine Theaterrolle übernommen habe.

Aber jetzt rutsche ich langsam ins OT. Ausgangspunkt war der Zusammenhang zwischen Kriegen in einem fitkionalen Roman und Kriegen in unserer realen Welt.

Bearbeitet von Dunderklumpen
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Ja, aber die anderen Epochen alle nicht, nach Deiner Lesart.

Deine Kunsttheorie lautet so: Unsere ganze Welt ist real, wie sie ist, nur eine Epoche davon ist fiktiv.Tolkien hat die ganze Realität gelassen, wie sie ist, nur eine einzige Epoche davon ist fiktiv.

Meine Kunsttheorie lautet so: Es handelt sich hier um einen Roman, also ein an sich schon fiktives Gebilde. Darin ist alles fiktiv, nicht nur eine Epoche. Es werden überhaupt keine realen Epochen angesprochen, es liegt überhaupt kein realistischer Roman vor. Es ist nur Pseudohistorie, und zwar durchgehend.

Deine Theorie geht schon darin nicht auf, weil im Roman selber ja nie unsere reale Zeitrechnung erwähnt wird. Unsere heutige reale Zeit könnte nie in diesem Roman erwähnt werden, weil wir uns ja im 21. Jahrhundert befinden, Tolkien damals im 20. Die Zeitrechnung innerhalb des Romans ist komplett fiktiv und lässt sich mit unserer außerrealen Rechnung überhaupt nicht kombinieren. Es gibt da auch keine Schnittmengen. Gandalf ist innerhalb des Romans in der neuesten Zeit, aber er ist in unserer realen Zeit nicht möglich. Genausowenig wie die "Hobbits", die ja dann zumindest im 20 Jahrhundert noch existieren müssten.

Seh ich nicht so. Tolkien beschreibt ja auch eine elbische Vision des Armageddon. Von daher wird unsere Zeit ja von fiktiven Epochen eingeschlossen.

Ich sehe das grob also so: Innerhalb von Tolkiens Fiktion beginnt die Welt mit Illuvatars Schöpfung. Das ganze läuft bis zu "unserer" Zeit. Die Elben sind in Valinor. Die Zwerge/Hobbits etc. ausgestorben. "Unsere" Religionen entstehen (inkl. Zeitrechnung), Antike, Mittelalter, Renaissance usw. usf.. ->Hier sind wir.<- Dann kommt die Zukunft, von der wir ja noch nix wissen, und am Ende der Zeit kommt die Dagor Dagorath und die Welt geht unter.

Die - äußere - Realität von Zwergen und Drachen muss ich überhaupt nicht anerkennen. Es muss in mir etwas anklingen, wenn ich das lese, ja. Das Mythische fasnziniert uns ja nur darum so, weil es auch in unseren Nacht- und Tagträumen eine Rolle spielt. Unsere eigenen inneren Bilder können wir in einem gelungenen mythischen Roman wahrnehmen, vielleicht zum erstenmal überhaupt erkennen. Das Innen wird zum Außen. Und so funktioniert die Kunst seit tausenden von Jahren.

Und du spielst nich das kindliche Spiel, "Wie wäre es wohl einem echten Drachen zu begegnen?", wenn du liest? Versetzt dich nich in die Welt rein? Also ich lese Romane nicht nur wegen der Gefühle die er bei mir verursacht, sondern auch wegen der Abenteuer die man als Leser miterlebt, egal ob alltäglich oder fantastisch. Wegen der Geschichte. Es klingt für mich immer so als wäre dir die Geschichte im Endeffekt völlig egal, aber vielleicht ist das auch nur ein Trugschluss von mir.

Was Tolkien als "serious mistake" ansah, ist klar. Er hat für die Ausgabe 1966 die Person Tolkien - die den LotR schrieb - und die Erzählerfigur, die das Rote Buch bearbeitete, getrennt. Das Vorwort (Foreword) schildert nun die Entstehung des Romans im 20. Jahrhundert, die der nicht-fiktive Tolkien geleistet hat - und im Prolog (Prologue) schildert ein fiktiver Erzähler die Situaton der Hobbits in einer fiktiven Welt.

So klar wie du seh ich das nicht. Da steht immerhin nur 'Confusing real personal matters with the "machinery" of the Tale' und nicht 'narrator'. Ich weiß nich ob man sich das nicht schnell zu einfach macht. Aber das wird dann auch wirklich Wortklauberei und du hast Recht wir weichen sehr ab.

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Gast Dunderklumpen

Es gibt da auch keine Schnittmengen. Gandalf ist innerhalb des Romans in der neuesten Zeit, aber er ist in unserer realen Zeit nicht möglich. Genausowenig wie die "Hobbits", die ja dann zumindest im 20 Jahrhundert noch existieren müssten.

Seh ich nicht so. Tolkien beschreibt ja auch eine elbische Vision des Armageddon. Von daher wird unsere Zeit ja von fiktiven Epochen eingeschlossen.

Reden wir hier überhaupt von dem selben? Was genau verstehst Du denn unter "unsere Zeit" (von mir fettgedruckt)?

Wo hat Tolkien in seinen Werken welche reale Zeit von fiktiven Epochen eingeschlossen?

Ich sehe das grob also so: Innerhalb von Tolkiens Fiktion beginnt die Welt mit Illuvatars Schöpfung. Das ganze läuft bis zu "unserer" Zeit.

Wo spricht Tolkien innerhalb seiner Fiktion von "unserer Zeit" im Sinne unserer nicht-fiktiven Zeit?

Die Elben sind in Valinor. Die Zwerge/Hobbits etc. ausgestorben. "Unsere" Religionen entstehen (inkl. Zeitrechnung), Antike, Mittelalter, Renaissance usw. usf.. ->Hier sind wir.<- Dann kommt die Zukunft, von der wir ja noch nix wissen, und am Ende der Zeit kommt die Dagor Dagorath und die Welt geht unter.

Ich weiß: Tolkienfans haben mitunter Mühe zu begreifen, wenn innerhalb eines mythischen Romans von den Menschen gesprochen wird, dass diese Menschen dann auch fiktive sind. Menschen wie Aragorn oder Boromir kommen in unserer Realität nicht vor. Sie haben ja auch göttliches Blut in sich, wie man den Stammbäumen entnehmen kann. Das ist alles Fiktion. Und wenn in einem Roman behauptet wird, dass das Barock eine fiktive göttliche Vorstufe habe, dann ist natürlich auch das fiktiv.

Die Absicht ist da nicht, etwas in historischer Weise über unsere Realität auszusagen, sondern dass das Barock eben auch fiktionalisiert wurde, bevor man ihm eine göttliche Vorstufe andichtet.

Wenn Du behauptest, dass Tolkien eine Kunsttheorie entwickelt hat, die Deine Kunsttheorie stützt, dann müssen wir uns Tolkiens Kunsttheorien angucken. Dazu können wir Tolkiens Aufsatz "On Fairy-stroies", seinen Beowulf-Aufsatz und seinen Sir-Gawain-Aufsatz nutzen.

Falls Tolkien tatsächlich mit Deiner Kunsttheorie übereinstimmen sollte, dann haben wir zwar seine Kunsttheorie geklärt, aber darauf folgt noch immer nicht, dass die moderne Geisteswissenschaft sich daran zu halten hat. Sie hat das Recht - und auch die Pflicht - die Dinge kritisch und unvoreingenommen zu überprüfen.

Die - äußere - Realität von Zwergen und Drachen muss ich überhaupt nicht anerkennen. Es muss in mir etwas anklingen, wenn ich das lese, ja. Das Mythische fasnziniert uns ja nur darum so, weil es auch in unseren Nacht- und Tagträumen eine Rolle spielt. Unsere eigenen inneren Bilder können wir in einem gelungenen mythischen Roman wahrnehmen, vielleicht zum erstenmal überhaupt erkennen. Das Innen wird zum Außen. Und so funktioniert die Kunst seit tausenden von Jahren.

Und du spielst nich das kindliche Spiel, "Wie wäre es wohl einem echten Drachen zu begegnen?", wenn du liest?

Nein. Noch nie in meinem Leben. Außerdem ist der HdR und überhaupt die Mythologie Tolkiens nicht für Kinder und kindliche Spiele geschaffen, sondern ist von vornherein eine Auseinandersetzung mit seiner technsierten Zeit. Das ist eigentlich auf den ersten Blick erkenntbar, wenn man den HdR beginnt.

Versetzt dich nich in die Welt rein?

Doch. Darum komme ich ja auch nicht auf die Idee, die Figuren mir auf dem Kudamm vorzustellen oder so. Stimmig sind sie für mich nur in dieser einen Erzählung, nie außerhalb. Darum hat der Hobbit-Gandalf ja auch einen ganz eigenen Reiz, der nur im "Hobbit" selber zum Tragen kommt. Im LotR könnte er unmöglich auftreten.

Also ich lese Romane nicht nur wegen der Gefühle die er bei mir verursacht, sondern auch wegen der Abenteuer die man als Leser miterlebt, egal ob alltäglich oder fantastisch. Wegen der Geschichte. Es klingt für mich immer so als wäre dir die Geschichte im Endeffekt völlig egal, aber vielleicht ist das auch nur ein Trugschluss von mir.

Es ist wohl eher ein Trugschluss. Und auch eine Frage des Alters. Oder überhaupt des Interesses an Kunst. Ab einem bestimmten Alter ist man aus reinen Abenteuergeschichten raus und verlangt auch nach künstlerischer Gestaltung.

Was Tolkien als "serious mistake" ansah, ist klar. Er hat für die Ausgabe 1966 die Person Tolkien - die den LotR schrieb - und die Erzählerfigur, die das Rote Buch bearbeitete, getrennt. Das Vorwort (Foreword) schildert nun die Entstehung des Romans im 20. Jahrhundert, die der nicht-fiktive Tolkien geleistet hat - und im Prolog (Prologue) schildert ein fiktiver Erzähler die Situaton der Hobbits in einer fiktiven Welt.

So klar wie du seh ich das nicht. Da steht immerhin nur 'Confusing real personal matters with the "machinery" of the Tale' und nicht 'narrator'. Ich weiß nich ob man sich das nicht schnell zu einfach macht.

Ich mache es mir nicht "schnell zu einfach". Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit dieser Frage.

Aber das wird dann auch wirklich Wortklauberei und du hast Recht wir weichen sehr ab.

OT sind wir in diesem Fall nicht. Wortklauberei ist das schon mal gar nicht. Du hast die Frage aufgeworfen, das Vorwort angesprochen und behauptet, hier würde Deine These bestätigt werden.

Cadrach hat daraufhin auf Deinen Wunsch hin ds Vorwort rausgesucht, es sogar übersetzt - was relativ Zeit in Anspruch nimmt -, und ich habe das ausgewertet - was auch Zeit in Anspruch nahm. Wir können auch das ganze Vorwort hierher setzen.

Sei so freundlich, lass uns nun nicht umsonst geackert haben, vergleiche das alte Vorwort mit der Umentscheidung Tolkiens und begründe, warum Deiner Meinung nach Tolkien auch in den beiden neuen Vorworten sich selber als Übersetzer des Roten Buches betrachtet. Also der Tolkien, der mit Edith verheiratet war. Irgendwie muss ja auch Edith dann mal das Rote Buch auf seinem Schreibtisch liegen gesehen haben, nicht wahr?

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Reden wir hier überhaupt von dem selben? Was genau verstehst Du denn unter "unsere Zeit" (von mir fettgedruckt)?

Wo hat Tolkien in seinen Werken welche reale Zeit von fiktiven Epochen eingeschlossen?

"Unsere Zeit" war für mich jetz unsere unmittelbare Gegenwart plus die 'nähere' Vergangenheit & Zukunft von ein paar tausend bis vielleicht hunderttausend Jahren. Solange man halt die aktuelle menschliche Zivilisation zurückverfolgen kann, bevor alles im Dunst der Vergangenheit verschwindet.

Wo spricht Tolkien innerhalb seiner Fiktion von "unserer Zeit" im Sinne unserer nicht-fiktiven Zeit?

Wenn der HdR in einer fiktiven Vergangenheit unserer Erde spielt, dann kommt man doch über ne große Lücke zu uns. Und dann wieder über eine große Lücke zur Dagor Dagorach. Unsere nicht-fiktive Zeit wird von Tolkiens Legendarium in Vergangeheit und Zukunft durch den Graben der Fiktion getrennt.

Ich meine es gab auch noch einen Brief in dem Tolkien was dazu sagte, da wäre es ja dann wieder interessant zu sehen ob der vor oder nach dem Vorwort der Second Edition geschrieben wurde.

Ich weiß: Tolkienfans haben mitunter Mühe zu begreifen, wenn innerhalb eines mythischen Romans von den Menschen gesprochen wird, dass diese Menschen dann auch fiktive sind. Menschen wie Aragorn oder Boromir kommen in unserer Realität nicht vor. Sie haben ja auch göttliches Blut in sich, wie man den Stammbäumen entnehmen kann. Das ist alles Fiktion. Und wenn in einem Roman behauptet wird, dass das Barock eine fiktive göttliche Vorstufe habe, dann ist natürlich auch das fiktiv.

Die Absicht ist da nicht, etwas in historischer Weise über unsere Realität auszusagen, sondern dass das Barock eben auch fiktionalisiert wurde, bevor man ihm eine göttliche Vorstufe andichtet.

Hö? Ich hab doch nicht geäußert dass ich Aragorn prinzipiell für real halten würde. Aber innerhalb der Fiktion ist er doch real.

Nein. Noch nie in meinem Leben. Außerdem ist der HdR und überhaupt die Mythologie Tolkiens nicht für Kinder und kindliche Spiele geschaffen, sondern ist von vornherein eine Auseinandersetzung mit seiner technsierten Zeit. Das ist eigentlich auf den ersten Blick erkenntbar, wenn man den HdR beginnt.

Nur weil ich das Verfahren als kindlich umschreibe, bedeutet das nicht, dass ich aus HdR ein Kinderbuch mache. Das war auch nicht unmittelbar auf HdR bezogen, sondern allgemein.

Doch. Darum komme ich ja auch nicht auf die Idee, die Figuren mir auf dem Kudamm vorzustellen oder so. Stimmig sind sie für mich nur in dieser einen Erzählung, nie außerhalb. Darum hat der Hobbit-Gandalf ja auch einen ganz eigenen Reiz, der nur im "Hobbit" selber zum Tragen kommt. Im LotR könnte er unmöglich auftreten.

Ich kann deiner Argumentation nich so ganz folgen. Wenn ich nach meiner Theorie das Legendarium um unsere Zeit herum anordne, komme ich doch auch nicht in die Versuchung die Gestalten für aktuell zu halten. Die sind in der Theorie doch dann längst tot.

Es ist wohl eher ein Trugschluss. Und auch eine Frage des Alters. Oder überhaupt des Interesses an Kunst. Ab einem bestimmten Alter ist man aus reinen Abenteuergeschichten raus und verlangt auch nach künstlerischer Gestaltung.

Bei mir gibts da eher solche und solche Momente. Wenn ich über die Theorie nachdenke dann les ich natürlich anders, als wenn ich zur Entstpannung aufm Sofa lese.

Sei so freundlich, lass uns nun nicht umsonst geackert haben, vergleiche das alte Vorwort mit der Umentscheidung Tolkiens und begründe, warum Deiner Meinung nach Tolkien auch in den beiden neuen Vorworten sich selber als Übersetzer des Roten Buches betrachtet. Also der Tolkien, der mit Edith verheiratet war. Irgendwie muss ja auch Edith dann mal das Rote Buch auf seinem Schreibtisch liegen gesehen haben, nicht wahr?

Natürlich hat Tolkien gewusst das es das Rote Buch nicht real ist. Das verbietet doch aber nicht dem Leser eine fiktive Enstehungsgeschichte mit an die Hand zu geben.

Das hat sich doch auch nicht völlig geändert nachdem die Second Edition erschien.

Im Appendix F steht auch in der Second Edition, dass der HdR übersetzt wurde aus der (fiktiven) Common Speech ins Englische. Der einzige Unterschied ist doch jetzt, dass nicht mehr Tolkien selbst der Übersetzer ist, sondern der Erzähler.

Da aber Englisch zur Zeit des HdR (innerhalb der Fiktion) nicht existiert, muss die Übersetzung, wenngleich nicht von Tolkien, doch immer noch in der realen Epoche von 'unserer Zeit' erfolgen, oder seh ich das falsch?

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Wo hat Tolkien in seinen Werken welche reale Zeit von fiktiven Epochen eingeschlossen?

+

Wo spricht Tolkien innerhalb seiner Fiktion von "unserer Zeit" im Sinne unserer nicht-fiktiven Zeit?

Nirgends, hier liegt glaube ich auch schon das grundlegende Missverständnis. Natürlich behauptet niemand, die fiktive Epoche die Tolkien "geschaffen" hat, wäre irgendwie unsere reale Vergangenheit und seine fiktiven Epochen gehen auch nicht in unsere Realität über, sondern in eine ebenfalls fiktive Parallelrealität.

Da Bilder oft deutlicher sind habe ich mal eine Skizze angefertigt:

zv6cyf8s.png

Anm.:

(X1) stellt Deutungs-/ Interpretationsvorgänge dar, das In-Bezug-Setzen zwischen Fiktion und Realität, mit Symbolik etc.

(X2) ist die handlungsinterne Ebene.

Innerhalb der Handlungsebene sind z.B. die Nazgul was sie sind, Geister. Punkt, sie haben keine Symbolik, keine Deutung, kein Bezug zu unserer Realität. Wird in dieser Handlungsebene von "Heute" gesprochen, dann ist natürlich nicht unser reales "Heute" gemeint, sondern eine fiktive Parallelversion davon. Der Unterschied zwischen dem realen "Heute" und dem handlungsinternen "Heute" ist, dass unser reales Heute in seiner Vergangenheit keine Hobbits etc. hat. In unserer Realität ist Tolkiens Geschichte ein Märchen, eine fiktive Erzählung.

Im fiktiven handlungsinternen "Heute" allerdings ist der fiktive Tolkien kein Märchenerzähler, sondern ein Überlieferer, der von einer (innerhalb der Fiktion) realen Vergangenheit erzählt. Hier kommt quasi diese ganze Überlieferungsgeschichte zum tragen, Rotes Buch etc. Die trifft natürlich nicht auf unseren realen Tolkien zu, der hat die Geschichte mitsamt der Überlieferungsgeschichte erfunden. Auf der fiktiven Ebene trifft das auf den fiktiven Tolkien aber nicht zu.

Und von diesem fiktiven "Heute" wird in Tolkiens Werken mehrfach gesprochen, nur mal ein paar Beispiele aus dem Prolog:

"Hobbits are an unobtrusive but very ancient people, more numerous formerly than they are today; for they love peace and quiet and good tilled earth: a well-ordered and well-farmed countryside was their favourite haunt."

(Prologue, Concerning Hobbits)

"Even in ancient days they were, as a rule, shy of 'the Big Folk', as they call us, and now they avoid us with dismay and are becoming hard to find."

(Prologue, Concerning Hobbits)

"Those days, the Third Age of Middle-earth, are now long past, and the shape of all lands has been changed; but the regions in which Hobbits then lived were doubtless the same as those in which they still linger: the North-West of the Old World, east of the Sea."

(Prologue, Concerning Hobbits)

Tolkien erfand komplett fiktive Epochen und vermischt sie durch die Überlieferungsgeschichte mit realen Komponenten - die dadurch natürlich ebenfalls fiktionalisiert und zu einem Teil der kompletten Fiktion werden. Das alles erweckt dann den Eindruck einer inneren Glaubhaftigkeit, einfach weil es nicht irgendwo ins Nichts gesetzt wird und komplett fiktiv ist, sondern weil fiktionalisierte Ebenen unserer Realität eingeflochten sind und dadurch eine fiktive Version unserer Welt bilden, nicht nur eine fiktive Version unserer Vergangenheit, sondern eine komplett fiktionalisierte Erde.

Bearbeitet von Fangli
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Gast Dunderklumpen

Ich bin begeistert, Fangli.

Ich sitze hier nämlich gerade, um noch einmal den Unterschied zwischen einem fitkionalisierten Heute und einem realen Heute verständlich zu machen, aber Du hast das viel besser hingekriegt.

Auf den ersten Blick sehe ich nichts, das ich anders sehe.

Interessant aber wird es dann - wenn man das Threadthema im Blilck hat, - wozu Tolkien diesen ganzen Aufwand betrieben hat. Wobei ich mit "wozu" die Werkintention meine (nicht die Autorenintention).

Eigentlich frage ich da nach dem Sinn von Kunst. Unterhaltung, gut. Ist sicher ein Punkt. Aber dienen literarische Werke nur der Unterhaltung? Wollen sie nichts, gar nichts beitragen zur Erhellung der eigenen Zeit?

Anders gefragt: sind diese innerliterarischen Anspielungen auf reale Begebenheiten nur dazu da, die "Glaubwürdigkeit" des Romans herzustellen? Ist also letztlich nur Spielerei wie eine fiktive Eisenbahnanlage, in die man ein paar realistische Details einbaut, damit man über die handwerkliche Baukunst staunen kann?

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Und ich bin durchaus überrascht, dass wir hier einer Meinung sind.;-)

Interessant aber wird es dann - wenn man das Threadthema im Blilck hat, - wozu Tolkien diesen ganzen Aufwand betrieben hat. Wobei ich mit "wozu" die Werkintention meine (nicht die Autorenintention).

Eigentlich frage ich da nach dem Sinn von Kunst. Unterhaltung, gut. Ist sicher ein Punkt. Aber dienen literarische Werke nur der Unterhaltung? Wollen sie nichts, gar nichts beitragen zur Erhellung der eigenen Zeit?

Nein, ich denke nicht, dass sie nur der Unterhaltung dienen. Ich denke in irgendeiner Form trägt jedes Werk einen Bezug zu seiner Entstehungszeit, wenn nicht sogar darüber hinaus. Der Autor schreibt ja nicht aus dem Nichts heraus, Erlebtes, Erfahrungen etc. fließen zwangsläufig mit ein, ob nun vom Autor gewollt oder auch unbewusst. Man kann ja durchaus auch Tendenzen in einem Werk erkennen, Bezüge, an die der Autor in dieser Form vielleicht nie gedacht hat, die unterbewusst eingeflossen sind.

Und da glaube ich, dass es durchaus möglich ist vom Werk Rückschlüsse auf Autor/Zeit/Epoche zu ziehen und auch darüber hinaus die Aktualität dieser Bezüge* zu betrachten, was sie für einen selbst bedeuten etc. Kurzum die Symbolkraft zu erforschen, deuten, interpretieren,...

*Ich sage bewusst nicht "Botschaften", die kann es zwar geben, die Verwendung würde aber die Autorenintention unterstellen, die nicht zwangsläufig gegeben sein muss.

Bei der obigen Skizze ging es mir darum, erstmal eine Grenze zu ziehen zwischen der internen Handlungsebene und der Interpretation, die die Zusammenhänge zu unserer Realität knüpft. Vergleichbar mit einem Bild, da kann man auch einfach nur beschreiben was man sieht, das grüne Gras, die Berge usw. Das reine "Betrachten" des Bildes, im übertragenen Sinne also die reine "mittelirdische Diskussion", die betrachtet aber keinen Bezug zu unserer Realität herstellt. Weitergehend kann man das Bild natürlich auch deuten, Symbolik, Anspielungen usw. erkennen und Bezüge zur Realität herstellen. Das sind einfach zwei unterschiedliche Herangehensweisen an das Bild/ das Werk. Die eine deutet, die andere betrachtet.

Und da muss man sich einfach klar werden, möglichst vor einer Diskussion, ob man betrachtet oder ob man deutet/Bezüge herstellt. Ansonsten gibts ein Durcheinander.;-)

Anders gefragt: sind diese innerliterarischen Anspielungen auf reale Begebenheiten nur dazu da, die "Glaubwürdigkeit" des Romans herzustellen? Ist also letztlich nur Spielerei wie eine fiktive Eisenbahnanlage, in die man ein paar realistische Details einbaut, damit man über die handwerkliche Baukunst staunen kann?

Wie gesagt, diese "innerliterarischen Anspielungen" sind im Prinzip beides, einerseits liefern sie dem "Betrachter" die "innere Glaubwürdigkeit" des Werkes, andererseits dem "Deuter" eine Art Bezugspunkt um bewusste und unbewusste "Verknüpfungen" herzustellen und zu erkennen.

Wir haben also auf der einen Seite die Baukunst als solche und auf der anderen Seite deren Intention, den Schöpfer sowie den Betrachter dieser Baukunst und deren Bezug zum Werk, der über das bloße Vorhandensein des Kunstgegenstandes hinausgeht.

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