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The Lost Road: The Númenórean Chapters


André

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Jedenfalls ist diese Märchenwelt nicht zeitlich von unserer getrennt, sondern auf andere Weise getrennt. Es ist eine andere Realitätsebene.

Dennoch ist die Reise von Alboin nicht ganz vergleichbar mit einer Reise zu Rotkäppchen, denn diese ganze Familie - ab Oswin - hat ja schon so einen Touch, anzunehmen, dass die Ahnen, wenn man nur weit genug zurückgeht, irgendwo einen Gott oder so was zum Vorfahren haben. Das wird in unserer realen Welt in der Regel nicht angenommen. Alle meine Vorfahren, schätze ich, waren Menschen wie ich. Zeitlich stamme ich nicht aus dem Mythischen. Auf meiner Ahnentafel taucht nicht plötzlich Schneewittchen oder die böse Fee auf.

Ja genau, aus unserer Sicht wäre es mehr als eine Reise in die Vergangenheit, denn von uns ist Numenor nicht nur zeitlich getrennt. Numenor und Tolkiens ganze Mythologie ist aus unserer Sicht eine Art "fiktive Parallelwelt", da sie nicht real in unserer Vergangenheit aufzufinden ist. Anders wiederum ist es bei den ebenfalls fiktiven Personen Alboin und Audoin. Aus ihrer Sicht liegt Numenor in ihrer Vergangenheit, denn ihre Vergangenheit ist sozusagen eine mythische Vergangenheit. Wenn man in ihrer Welt/Realitätsebene zeitlich zurückgeht kommt man irgendwann nach Numenor und nach Mittelerde usw. Das ist der Unterschied.

Ähm, ja. Genau das wollte ich sagen.

Eben. Mir ging es aber darum, dass die Reise von Alboin und Audoin nach Numenor eine andere ist, als die Reise der Elben nach Valinor, weil Numenor nicht entrückt ist und nicht zum Reich der Verborgenen Dinge gehört. Würde es dazugehören (darauf bezog sich der Abschnitt), wäre es keine Zeitreise. Da es aber nicht dazugehört, ist es eine Zeitreise. So war meine Argumentation zu verstehen.

Solche Dinge wie das von dir angesprochene "geistige Zurückgehen" sind dann natürlich auch keine Zeitreise mehr. Wobei im Text die genaue Art dieser Reise in die Vergangenheit im Dunkeln bleibt, da Tolkien eben nicht das beschreibt, was man sich gewöhnlich darunter vorstellt. Wenn wir aber angenommen davon ausgehen, dass es mehr als nur ein "geistiges Zurückgehen" (im Traum) ist, dann müsste es eine Zeitreise sein.

Für die Cornwall-Menschen gehört Numenor nicht zu ihrer Mythologie

Missverständnis. ;-) Mit Mythologie meinte ich in diesem Fall die Tolkien'sche Mythologie, als Überbegriff für sämtliche auf Arda bezogene Werke Tolkiens.

Zum einen ist zu diesem Zeitpunkt Valinor noch nicht entrückt.

Zu welchem Zeitpunkt? Mir wird gerade nicht ersichtlich, worauf du dich beziehst. Ich sprach davon, dass Valinor zu der Zeitperiode in der Alboin und Audoin leben, entrückt ist.

Allerdings verstehe ich nicht, was Du damit meinst, Elendil würde das Geschehen aus der Sicht seines Vorfahren erleben.

Die "tall figure", die ja auch Elendil heißt, liegt doch noch viel weiter zurück.

Ich bezog mich nicht auf die "tall figure", sondern auf den "Numenor-Elendil". Alboin erlebt das Vergangene (i.e. Numenor) aus der Sicht seines "Vorfahren" (Elendil). Alboin ist mittels "Zeitreise" in Elendils Rolle "geschlüpft" und erlebt den Untergang Numenors aus dessen Sicht. Selbiges bei Audoin.

@Torshavn,

Wobei ich den den Numenorian Chapters, als möglichen Beleg, nur das nahezu Wortgleiche Rufen des Vaters nach dem Sohn finde. Oder?

Tatsächlich sind es doch recht wenige Verknüpfungen, die hier im Thread eigentlich auch schon genannt wurden. Mehr wird man wohl auch nicht finden. Das wären zum einen das momentane Fremdsein in der Sprache (Man-ie, atto), das auch an späterer Stelle nocheinmal vorkommt: "Atarinya tye-melane, my father, I love thee: the words sounded strange,..."

Zweitens dann das von dir angesprochene Rufen und drittens die Textstellen, die Andre und Dunderklumpen gefunden haben:

S.58:"And he stopped and gazed: for suddenly the house stood there, as a thing at once real and visionary, as a thing in some other time and story, beautiful, beloved, but strange awaking desire as if it were part of a mystery that was still hidden."

+

S.58:"He seemed for a moment never to have smelled it before..."

Ist Elendil wirklich ein älterer Vorfahr von Alboin, und Herendil von Audoin, oder geht es hier um die fortlaufende Tradtion der Namen, wie Oswin sie ja seinem Sohn Alboin im ersten Kapitel aufzeigt, als der sich unzufrieden mit seinem Namen zeigt?

Ich denke darüber lässt sich nur spekulieren. Wir wissen einfach nicht, ob noch mehr hinter dieser Namensverwandtschaft steckt, evtl. sogar eine Folge von Inkarnationen.

Noch eine Frage zu den Träumen: Wenn Alboin zu Elendil und Audoin zu Herendil wird, welche Funktion haben dann die Träume? Bzw gehen sie von Alboin heute aus, oder sind es eher Rufe aus der mythischen "Vergangenheit"? Oder sind es Rückführungssequenzen?

Auch darüber lässt sich wohl nur spekulieren. Ich habe die Träume zum Teil immer in der Sehnsucht der Personen begründet gesehen, durch die sich ihnen sozusagen eine andere Wahrnehmung eröffnet. Auch die wie auch immer geartete "Verwandtschaft" zu Elendil und Herendil scheint eine Rolle zu spielen. Diese beiden Komponenten scheinen irgendwie dafür zu sorgen, dass Alboin "Sprachfetzen" und Audoin Bilder aus der Vergangenheit wahrnehmen kann, bis sie schließlich tatsächlich die Möglichkeit zur Rückkehr erhalten.

Bearbeitet von Fangli
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Zweitens dann das von dir angesprochene Rufen und drittens die Textstellen, die Andre und Dunderklumpen gefunden haben:

S.58:"And he stopped and gazed: for suddenly the house stood there, as a thing at once real and visionary, as a thing in some other time and story, beautiful, beloved, but strange awaking desire as if it were part of a mystery that was still hidden."

+

S.58:"He seemed for a moment never to have smelled it before..."

Die Textstelle habe ich nicht als Beleg für das Schlüpfen von Alboin in die Rolle des Elendil gesehen, denn er erklärt sich ein paar Zeilen tiefer selbst:

S.58: "I suppose it is the threat of war.... look as if they were already lost."

Oder verstehe ich die Textstelle falsch?

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Gast Dunderklumpen

Zweitens dann das von dir angesprochene Rufen und drittens die Textstellen, die Andre und Dunderklumpen gefunden haben:

S.58:"And he stopped and gazed: for suddenly the house stood there, as a thing at once real and visionary, as a thing in some other time and story, beautiful, beloved, but strange awaking desire as if it were part of a mystery that was still hidden."

+

S.58:"He seemed for a moment never to have smelled it before..."

Die Textstelle habe ich nicht als Beleg für das Schlüpfen von Alboin in die Rolle des Elendil gesehen, denn er erklärt sich ein paar Zeilen tiefer selbst:

S.58: "I suppose it is the threat of war.... look as if they were already lost."

Oder verstehe ich die Textstelle falsch?

Ich verstehe den Zusammenhang nicht, den Du hier siehst. Was hat die Tatsache, dass Krieg ausbrechen könnte, damit zu tun, dass

for suddenly the house stood there, as a thing at once real and visionary, as a thing in some other time and story, beautiful, beloved, but strange awaking desire as if it were part of a mystery that was still hidden ?

"Som other time and story" - das ist doch fast der deutlichste Hinweis, dass Elendil irgendwo spürt, dass er in eine andere Zeit und eine andere Erzählung gerutscht ist.

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Gast Dunderklumpen

post 2

Fangli,

ich vermute, ich sehe de Dinge anders als Du. Aber anders als bei den "Verschränkungen" zwischen den Kapiteln - wo ich sicher war, dass Tolkien seine Geschichte so gebaut hat -, halte ich bei Deutungen mehrere für möglich. Mir liegt also jetzt nur daran, unsere verschiedenen Sichtweisen - falls sie verschieden sind, ganz sicher bin ich noch nicht - in ihrer Verschiedenheit zu beschreiben. Da ich Deine noch nicht so ganz verstanden habe, stelle ich mal meine dar. Ich will Deine aber gerne verstehen, und vielleicht verstehst Du dann auch meine. Aber ich will das dann nicht gegeneinander ausspielen, sondern einfach als zwei vorläufige Sichtweisen sehen.

Für die Cornwall-Menschen gehört Numenor nicht zu ihrer Mythologie

Missverständnis. ;-) Mit Mythologie meinte ich in diesem Fall die Tolkien'sche Mythologie, als Überbegriff für sämtliche auf Arda bezogene Werke Tolkiens.

Gut, aber ich gehe von dieser konkreten Erzählung aus. HIer ist ja von Cornwall die Rede, Cornwall vermutlich im zwanzigsten Jahrhundert. Und zwar innerhalb der fiktiven Geschichte.

Zum einen ist zu diesem Zeitpunkt Valinor noch nicht entrückt.

Zu welchem Zeitpunkt? Mir wird gerade nicht ersichtlich, worauf du dich beziehst. Ich sprach davon, dass Valinor zu der Zeitperiode in der Alboin und Audoin leben, entrückt ist.

Ich sehe das so:

Valinor und Numenor existieren nicht für Alboin und Audoin. Sie sind nicht Teil der Cornwall-Geschichte. Sie leben im 20. Jahrhundert, und für sie gilt das, was auch wir in der Schule gelernt haben. Beide, Oswin wie Alboin, sind Professor für Geschichte, und sie haben gerantiert an der Uni nichts von Valinor als Prähistorie erzählt. Davon bin ich überzeugt. Sie sprechen Englisch und lernen die normalen Fremdsprachen des 20. Jahrhunderts.

Erst, als Alboin die Wortbotschaften bekommt, wird er langsam in das Elendil-Dasein eingefädelt, lernt eine - für ihn - fiktive Sprache kennen. Eine mythische Sprache vielleicht, die in seiner Realität nicht vorkommt.

Und erst, als die Verwandlung passiert ist - Elendil und Herendil aus Alboin und Audoin wurden - wurde Numenor überhaupt erst für sie ein Faktum. Sie spielten nun in einer anderen story mit, in einer mythischen. Und erst jetzt "wussten sie schon immer" von Valinor.

Und für Elendil und Herendil ist Valinor noch nicht entschwunden. Sie segeln da ja später hin, und Numenor ist noch nicht versunken.

Allerdings verstehe ich nicht, was Du damit meinst, Elendil würde das Geschehen aus der Sicht seines Vorfahren erleben.

Die "tall figure", die ja auch Elendil heißt, liegt doch noch viel weiter zurück.

Ich bezog mich nicht auf die "tall figure", sondern auf den "Numenor-Elendil". Alboin erlebt das Vergangene (i.e. Numenor) aus der Sicht seines "Vorfahren" (Elendil). Alboin ist mittels "Zeitreise" in Elendils Rolle "geschlüpft" und erlebt den Untergang Numenors aus dessen Sicht. Selbiges bei Audoin.

Okay, jetzt verstehe ich, wie es aus Deiner Sicht ist. Du siehst den Numenor-Elendil als Vorfahre zu Alboin.

Aber aus Deiner Sicht wäre dann ja dieser Numenor-Elendil schon mal dagewesen, und er wird jetzt nur noch "nachgespielt" sozusagen? Den Numenor-Elendil gab es schon mal früher, und es geschieht gar nichts Neues?

Aus meiner Sicht wird dieser Vorfahre erst in dem Moment geschaffen, wo Alboin zu Elendil wird.

Außerdem:

Wenn für Dich Elendil ein Vorfahre zu Alboin ist, dann ist ja noch immer Numenor existent. Denn die Geschichte spielt ja auf Numenor. Und Valinor ist noch nicht entrückt.

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Mir liegt also jetzt nur daran, unsere verschiedenen Sichtweisen - falls sie verschieden sind, ganz sicher bin ich noch nicht - in ihrer Verschiedenheit zu beschreiben. Da ich Deine noch nicht so ganz verstanden habe, stelle ich mal meine dar. Ich will Deine aber gerne verstehen, und vielleicht verstehst Du dann auch meine. Aber ich will das dann nicht gegeneinander ausspielen, sondern einfach als zwei vorläufige Sichtweisen sehen.

Das kann ich für meinen Teil genau so unterschreiben. ;-) Deshalb werde ich jetzt auch einfach mal versuchen, meine Meinung darzulegen.

Gut, aber ich gehe von dieser konkreten Erzählung aus. HIer ist ja von Cornwall die Rede, Cornwall vermutlich im zwanzigsten Jahrhundert. Und zwar innerhalb der fiktiven Geschichte.

Ich glaube genau das ist der Knackpunkt. Irgendwie konnte ich meine Vorstellung anscheinend noch nicht so richtig verdeutlichen, denn das Fett markierte ist es, was ich eigentlich mit dem zitierten Abschnitt gesagt habe. Ich gehe ebenfalls von der Erzählung aus und ebenfalls innerhalb der fiktiven Geschichte.

Ich betrachte in diesem Fall Tolkiens Universum (=alle auf Arda bezogene Werke) zuerst als Ganzes, um mir einen groben "Zeitstrahl" vorstellen zu können, der von Eru Iluvatar und der Schöpfung der Welt bis hin zu Alboin und Audoin im 20.Jahrhundert (ca. 6000 Jahre nach dem Ringkrieg, der entsprechende Brief dürfte bekannt sein) reicht. Alles innerhalb der fiktiven Geschichte.

In The Lost Road gibt es nun zwei Ebenen:

Einmal die Ebene (1), die "fiktiv parallel" zu unserer Zeit verläuft, die Ebene von Alboin und Audoin, von der die Geschichte in den ersten beiden Kapiteln handelt. In dieser Ebene ist Numenor und die ganze mythologische Vergangenheit für die Menschen auch nur Fiktion, wie in unserer Realität. Der Unterschied zwischen dieser Ebene und der Realität ist allerdings: Wenn Alboin und Audoin in Ebene 1 in die Vergangenheit reisen, kommen sie irgendwann nach Numenor und Mittelerde usw. Denn in ihrer fiktiv parallel zu unserer Zeit verlaufenden Ebene ist Numenor usw. eine reale Vergangenheit, die nur vergessen ist.

Wenn ich hingegen in meinem Keller eine Zeitmaschine finden und in die Vergangenheit reisen würde, wäre ich irgendwann bei den Dinosauriern, Mammuts usw. und nicht in Numenor, weil dies für unsere Realität keine reale Vergangenheit ist.

Und zweitens die Ebene (2), die in Kapitel 3 und 4 beschrieben wird. Die Vergangenheits-Ebene, in die Alboin und Audoin "reisen" und dort sozusagen im Körper von Elendil und Herendil "wohnen".

In Ebene 1 ist Valinor schon entrückt, wir befinden uns im 20. Jahrhundert innerhalb der fiktiven Geschichte. In Ebene 2 ist Valinor noch nicht entrückt, denn Alboin und Audoin befinden sich in der Vergangenheit. Sie erleben etwas nach, was in Ebene 1 schon lange geschehen ist.

Valinor und Numenor existieren nicht für Alboin und Audoin. Sie sind nicht Teil der Cornwall-Geschichte. Sie leben im 20. Jahrhundert, und für sie gilt das, was auch wir in der Schule gelernt haben. Beide, Oswin wie Alboin, sind Professor für Geschichte, und sie haben gerantiert an der Uni nichts von Valinor als Prähistorie erzählt. Davon bin ich überzeugt. Sie sprechen Englisch und lernen die normalen Fremdsprachen des 20. Jahrhunderts.

Ich glaube hiermit wolltest du genau das gleiche sagen, wie ich oben. Kann das sein? Denn das was du hier schreibst ist kein Widerspruch und keine widersprüchliche Meinung zu dem, was ich oben erläutert habe. Zumindest glaube ich, dass wir hier eigentlich die gleiche Meinung haben...

Erst, als Alboin die Wortbotschaften bekommt, wird er langsam in das Elendil-Dasein eingefädelt, lernt eine - für ihn - fiktive Sprache kennen. Eine mythische Sprache vielleicht, die in seiner Realität nicht vorkommt.

Genau. Erst mit den Wortbotschaften aus einer vergessenen Vergangenheit, lernt er Numenor überhaupt kennen. Erst dadurch erlangt er Einblick in eine Vergangenheit, die andere Menschen in Ebene 1 für Fiktion halten würden.

Und erst, als die Verwandlung passiert ist - Elendil und Herendil aus Alboin und Audoin wurden - wurde Numenor überhaupt erst für sie ein Faktum. Sie spielten nun in einer anderen story mit, in einer mythischen. Und erst jetzt "wussten sie schon immer" von Valinor.

Exakt. Nur mit dem Unterschied, dass ich anstatt "andere story" eher andere Ebene ( nämlich Ebene 2) sagen würde. Sie erleben sozusagen eine lang vergessene Vergangenheit, die sie nun wieder gefunden haben. Aufgrund ihrer Verwandtschaft oder weil sie Inkarnationen von Elendil und Herendil sind, wird ihnen klar, dass sie "schon immer" von Valinor wussten.

Und für Elendil und Herendil ist Valinor noch nicht entschwunden. Sie segeln da ja später hin, und Numenor ist noch nicht versunken.

Ja, genau. Es ist noch nicht entschwunden, weil wir uns hier in Ebene 2, in der Vergangenheit befinden. In der Zeit, aus der Alboin und Audoin kommen ( Ebene 1), ist Valinor aber schon entschwunden. Aus Sicht von Kapitel 3 und 4 liegt Ebene 1 in ferner Zukunft.

Du siehst den Numenor-Elendil als Vorfahre zu Alboin.

Aber aus Deiner Sicht wäre dann ja dieser Numenor-Elendil schon mal dagewesen, und er wird jetzt nur noch "nachgespielt" sozusagen? Den Numenor-Elendil gab es schon mal früher, und es geschieht gar nichts Neues?

Genau so sehe ich es. Denn wie kann es denn sein, dass Alboin und Audoin am Anfang von Kapitel 3 zu Elendil und Herendil geworden sind und dennoch so viel Wissen um Numenor haben, dass sie eigentlich gar nicht haben könnten?

Wenn sie gerade erst angekommen sind, warum landen sie dann nicht in Numenor wie zwei gestrandete Schiffbrüchige und sind erstmal vollkommen orientierungslos? Warum müssen sie nicht erst irgendeinen Numenorer fragen, wo sie hier überhaupt sind und was überhaupt vor sich geht?

Anstatt orientierungslos zu sein sind sie aber vollkommen mit Numenor vertraut, als hätten sie schon ihr ganzes Leben dort verbracht. Und vielleicht stimmt das tatsächlich: Alboin und Audoin "wohnen" in den Körpern ihrer Vorfahren und haben deren Erinnerungen übernommen. Deshalb wissen sie bereits über alles bescheid und haben ihre eigentliche Zeit aus der sie kommen, vergessen. Es geschieht also nichts Neues, sie erleben vielmehr nach, was ihre Vorfahren oder Vor-Inkarnationen schon erlebt haben.

Aus meiner Sicht wird dieser Vorfahre erst in dem Moment geschaffen, wo Alboin zu Elendil wird.

Gut, in Ordnung, dann haben wir hier unterschiedliche Auffassungen. Wie erklärst du dir dann aber, dass die beiden Erinnerungen haben, die sie eigentlich nur haben können, wenn sie schon ihr ganzes Leben auf Numenor verbracht haben? Woher kommen diese Erinnerungen?

Außerdem:

Wenn für Dich Elendil ein Vorfahre zu Alboin ist, dann ist ja noch immer Numenor existent. Denn die Geschichte spielt ja auf Numenor. Und Valinor ist noch nicht entrückt.

Zusammenfassung:

In Kapitel 1 und 2 (=Ebene1) ist Valinor schon entrückt, in Kapitel 3 und 4 (=Ebene 2) noch nicht, da diese in der Vergangenheit spielen. ;-) Ich hoffe ich konnte meine Ansicht halbwegs verdeutlichen.

Bearbeitet von Fangli
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Gast Dunderklumpen

Gut, aber ich gehe von dieser konkreten Erzählung aus. HIer ist ja von Cornwall die Rede, Cornwall vermutlich im zwanzigsten Jahrhundert. Und zwar innerhalb der fiktiven Geschichte.

Ich glaube genau das ist der Knackpunkt.

Da liegt in der Tat der Knackpunkt.

Ich betrachte in diesem Fall Tolkiens Universum (=alle auf Arda bezogene Werke) zuerst als Ganzes, um mir einen groben "Zeitstrahl" vorstellen zu können, der von Eru Iluvatar und der Schöpfung der Welt bis hin zu Alboin und Audoin im 20.Jahrhundert (ca. 6000 Jahre nach dem Ringkrieg, der entsprechende Brief dürfte bekannt sein) reicht. Alles innerhalb der fiktiven Geschichte.

Ja, jetzt verstehe ich besser, wie Du zu Deinen Lösungen gekommen bist. Du hast ein Konzept von Tolkiens Mythologie und "behauptest" das als auch für The Lost Road gültig, sozusagen als Axiom.

Das tue ich tatsächlich nicht. Ich will ja erst untersuchen, wie die Verhältnisse in Lost Road sind.

Für mich ist dieses"Unviersum" klar auf eine elbische Tradition zurückzuführen. die Menschen haben eine andere - auch laut Tolkien.

Während ich in der Erzählung lese, dass Alboin Menschen sind und eine menschliche Tradition haben - wird meiner Meinung nach auch oft erwähnt -, setzt Du voraus, dass das anders sein MUSS und Alboin auch die elbische Tradition haben, nur vergessen haben.

Das heißt: Alboin und Audoin waren für mich nie je Teil des elbischen Universums, der elbischen Vorstellung davon. Und wenn sie dann zurückkehren nach Cornwall, stammen ihre Vorfahren wieder von den Affen ab und nicht von den Menschen, die in Hildlorien erwacht sind. Für sie gilt dann also wieder die Evolution als Erklärung der Vorfahren und nicht die elbische Fassung.

Valinor und Numenor existieren nicht für Alboin und Audoin. Sie sind nicht Teil der Cornwall-Geschichte. Sie leben im 20. Jahrhundert, und für sie gilt das, was auch wir in der Schule gelernt haben. Beide, Oswin wie Alboin, sind Professor für Geschichte, und sie haben gerantiert an der Uni nichts von Valinor als Prähistorie erzählt. Davon bin ich überzeugt. Sie sprechen Englisch und lernen die normalen Fremdsprachen des 20. Jahrhunderts.

Ich glaube hiermit wolltest du genau das gleiche sagen, wie ich oben. Kann das sein? Denn das was du hier schreibst ist kein Widerspruch und keine widersprüchliche Meinung zu dem, was ich oben erläutert habe. Zumindest glaube ich, dass wir hier eigentlich die gleiche Meinung haben...

Nein, offenbar verstecken sich hinter ähnlichen Ausdrücken einander widersprechende Vorstellungen. Ich hatte darum ja auch erst geglaubt, dass wir es gleich sehen. Aber an dem Punkt "versunkenes Valinor" sehe ich den krassen Unterschied.

Ich sehe in dem Text nicht einen einzigen Hinweis dafür, dass das ganze elblische Vorstellungssystem auch für Oswin etc, gilt. Mal zugespitzt formuliert:

In Oswins Welt gibt es das Christentum und Jahwe, auf keinen Fall Eru, und die Vorgeschichte dazu ist das Judentum, Griechentum etc. und das Epos "Beowurf", aber nicht die Valar. Es sind streng voneinander unterschiedene Dimensionen - die nur ab und zu durchlöchert werden.

Der Knackpunkt ist, wie oben schon gesagt, dass du das sogenannte Tolkiensische Universum schon von vornherein auch auf Cornwall anwendest, während ich der festen Überzeugung bin, dass Tolkein hier keine Mittelerde-Geschichte geschrieben hat. Gerade eben das nicht. Er hat ein neues Genre probiert. Und Christopher wusste das auch, denn nicht umsonst hat er gezögert, diese Geschichte in die HoMe aufzunehmen. Sie passte da für ihn nicht rein.

Die Numenor-Geschichten sind also nicht von Alboin "vergessen" worden, sondern sie eixistieren nicht für Menschen. Genauso wie ein Mensch nie Rotkäppchen die Hand schütteln kann. Rotkäppchen ist und bleibt kein Vorfahr eines realen Menschen.

Und wenn Du, Fangli, noch so sehr in unserer historischen Vergangenheit wühlen würdest: Du würdest nie auf Numenoraner stoßen. Sie sind nicht einfach von uns Menschen vergessen, sondern waren nie unsere Vorfahren. Höchstens auf Atlantis würdest Du stoßen, aber von ihen haben wir keine Sprache überliefert.

Erst, als Alboin die Wortbotschaften bekommt, wird er langsam in das Elendil-Dasein eingefädelt, lernt eine - für ihn - fiktive Sprache kennen. Eine mythische Sprache vielleicht, die in seiner Realität nicht vorkommt.

Genau. Erst mit den Wortbotschaften aus einer vergessenen Vergangenheit, lernt er Numenor überhaupt kennen.

Ja, da ist der Unterschied. Du sagst: die Vergangenheit ist vergessen. Während ich sage, diese Vergangenheit ist für die Menschen eine rein fiktive, kann also gar nicht vergessen sein, da sie nie vorhanden war.

Für mich ist das eine imaginäre, eine ausgedachte Vergangenheit, eine mythische eben. Und dass Tolkien in dieser Erzählung die Begegnung eines Menschen mit einer ausgedachten Welt, die unter seinen Füßen real wird, schildert. Oder anders ausgedrückt: die Begegnung von Du und ich mit einem Mythos, der plötzlich real wird.

Darum fallen diese beiden Zeitreiseromane für mich so angenehm aus diesem Gesamtuniversum heraus. Die Menschen im LotR sind ganz anders als Alboin etc, sie sind reale Menschen des 20. Jahrhunderts, keine Nachfahren derer, die in Hildorien schlagartig erwachten und plötzlich da waren. Das ist im Mythos so, aber nicht in der realen Welt.

Du siehst den Numenor-Elendil als Vorfahre zu Alboin.

Aber aus Deiner Sicht wäre dann ja dieser Numenor-Elendil schon mal dagewesen, und er wird jetzt nur noch "nachgespielt" sozusagen? Den Numenor-Elendil gab es schon mal früher, und es geschieht gar nichts Neues?

Genau so sehe ich es. Denn wie kann es denn sein, dass Alboin und Audoin am Anfang von Kapitel 3 zu Elendil und Herendil geworden sind und dennoch so viel Wissen um Numenor haben, dass sie eigentlich gar nicht haben könnten?

Das ist für mich nun gerade der Zeitreisecharakter. In einer anderen Dimension bekommt der Reisende eine gänzlich neue Identität.

Wenn sie gerade erst angekommen sind, warum landen sie dann nicht in Numenor wie zwei gestrandete Schiffbrüchige und sind erstmal vollkommen orientierungslos? Warum müssen sie nicht erst irgendeinen Numenorer fragen, wo sie hier überhaupt sind und was überhaupt vor sich geht?

Weil das Bewusstseinsreisen sind und keine realen Reisen. Mit verändertem Zeit- und Raumbewusstsein verändert sich die Identität. Du lässt den Mythos-Charakter irgendwie außer Acht.

Ich vergleiche das mit einem Traum. Im Traum bin ich einfach jemand anders. Dieses Traum-Ich hat eine ganz andere Geschichte als das reale Ich.

Anstatt orientierungslos zu sein sind sie aber vollkommen mit Numenor vertraut, als hätten sie schon ihr ganzes Leben dort verbracht.

Natürlich sind sie nicht orientierungslos. :-) Nimm einen Schauspieler N.N., der die Faust-Figur spielt. In dem Moment, wo er die Bühne betritt und die Figur spielt, hat er ein Gretchen verführt, und dieses Gretchen ist wahnsinnig geworden. Diese ganze Vergangenheit ist ihm präsent, und er will Gretchen vor der Guillotine retten. Der Schauspieler N.N. muss nicht erst in diese imaginäre Welt reisen, mit Flugzeug oder Schiff, sondern mit einem Sprung, einem Bewusstseinssprung.

Tolkien hat das doch auch in der Erzählung so dargestellt, diese sprungartige Verwandlung der Rollen.

Und vielleicht stimmt das tatsächlich: Alboin und Audoin "wohnen" in den Körpern ihrer Vorfahren und haben deren Erinnerungen übernommen. Deshalb wissen sie bereits über alles bescheid und haben ihre eigentliche Zeit aus der sie kommen, vergessen. Es geschieht also nichts Neues, sie erleben vielmehr nach, was ihre Vorfahren oder Vor-Inkarnationen schon erlebt haben.

Auf jeden Fall schon mal eine Annäherung. :-)

Aus meiner Sicht wird dieser Vorfahre erst in dem Moment geschaffen, wo Alboin zu Elendil wird.

Gut, in Ordnung, dann haben wir hier unterschiedliche Auffassungen. Wie erklärst du dir dann aber, dass die beiden Erinnerungen haben, die sie eigentlich nur haben können, wenn sie schon ihr ganzes Leben auf Numenor verbracht haben? Woher kommen diese Erinnerungen?

Das Reisen in mythische Vergangenheiten ist doch in der Realität gar nicht möglich, jedenfalls nicht so ohne Weiteres. Es ist doch nur eine künstlerische Phantasie: Was wäre, wenn Menschen in Märchen und Sagen reisen könnten.

Meiner Meinung nach sind Begriffe wie "Vorfahren" im Mythos nur ein Hilfsbegriff. Alboin und Audoim steigen aus der Zeit aus, aus der ihnen bekannten Raumzeit. Und die mythische Zeit ist weder vor noch nach der realen, nach meinem Verständnis. Rotkäppchen ist keine Vorfahrin von uns Menschen. Sie ist einfach eine zeitlose Imagination.

Aber ich habe jetzt Deine Sichtweise verstanden und Deine Prämissen. Ich glaube sogar, dass auch Tolkien oft hin- und hergeschwankt ist. Er hatte Mühe, auch beim HdR, sich als Person nicht in der Erzählung wiederzufinden, die er schreibt. Er lebte offenbar in mehreren Dimensionen gleichzeitig, musste sich dann wieder besinnen, dass nicht er im Auenland lebte, sondern der Chronist. Dann hat er im Vorwort Verschiedenes ausgebessert, das den fiktiven Charakter klarmachte.

Ich vermute aber, dass das jedem Schriftsteller so geht.

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Gut, in Ordnung. Wir sind tatsächlich unterschiedlicher Meinung. ;-) Inzwischen habe ich auch verstanden, wie Du an die Geschichte herangehst und im Gegensatz zu mir scheinst Du eher von einer Dimensionsreise auszugehen, ich hingegen speziell von einer Zeitreise; und zwar ausschließlich einer Zeitreise. Ich denke so könnte man die unterschiedlichen Standpunkte definieren. Von mir aus können wir das so einfach stehen lassen, beide Deutungen sind ja schließlich möglich, aber auf ein paar Dinge möchte ich noch kurz eingehen, weil ich hier, denke ich, missverstanden worden bin:

Du hast ein Konzept von Tolkiens Mythologie und "behauptest" das als auch für The Lost Road gültig, sozusagen als Axiom.

Nicht direkt. Ich muss zugeben, dass es mir schwer fiel, die ersten beiden Kapitel von "The Lost Road" ins Tolkiensche Universum zu setzen. Aber letzten Endes erschien es mir logisch, dass zwei fiktive Personen (Alboin und Audoin), die eine Zeitreise machen und in dem fiktiven Land Numenor landen, folglich zum selben fiktiven Universum gehören wie das fiktive Land.

Anhaltspunkte dafür, dass es weniger eine Zeit- als vielmehr eine Dimensionsreise ist, sehe ich nun mal nicht im Text. Vielmehr sehe ich eher Hinweise auf eine Zeitreise, obwohl man das auch wieder anders interpretieren kann.

Zum Beispiel da:

"You may have your desire."

"What desire?"

"(...)to go back."

(Chapter 2)

Es sind streng voneinander unterschiedene Dimensionen - die nur ab und zu durchlöchert werden.

Für mich sind es ebenfalls streng getrennte Dimensionen. Allerdings bin ich der Meinung, dass sie in TLR eben nicht "ab und zu durchlöchert sind", sondern vollkommen getrennt. Wobei die Ebene von Alboin und Audoin aus unserer Sicht ja ebenfalls nicht real ist, da die Personen fiktiv sind. Ich trenne unsere Realität von der fiktiven (Tolkiensche Mythologie), zu der ich auch Alboin und Audoin zähle. Du scheinst hier noch eine Dimension einzuschieben: die Ebene von Alboin und Audoin (fiktiv parallel zu unserer Realität, weder ihr noch dem Tolkienschen Universum zugehörig).

Und wenn Du, Fangli, noch so sehr in unserer historischen Vergangenheit wühlen würdest: Du würdest nie auf Numenoraner stoßen. Sie sind nicht einfach von uns Menschen vergessen, sondern waren nie unsere Vorfahren.

Das habe ich auch nie behauptet. Und eben deshalb habe ich Alboin und Audoin ebenfalls in die Tolkiensche Mythologie versetzt, denn sie reisen (für mich) in die Vergangenheit, in ihre Vergangenheit und finden Numenor. Sie finden es, ich würde es nicht finden, selbst wenn die Möglichkeit zur Zeitreise bestehen würde. Deshalb gehören sie für mich ebenfalls in die Tolkiensche Mythologie.

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Gast Dunderklumpen

Hallo Fangil,

ich will auch nur kurz antworten.

Ich denke, der Unterschied zwischen uns beiden ist nicht die Frage Zeitreise oder Dimensionsreise. Ich kann mich ohne Mühe auf die Zeitreise einlassen und bin immer noch anderer Meinung als Du.

Ich denke, der entscheidende Unterschied zwischen Deiner und meiner Sicht ist der:

du ordnest Cornwall dem Legendarium zu. Und das ist meines Erachtens nicht zulässig. Nach genauerem Nachdenken meinerseits halte ich das für nicht erlaubt. Denn da musst Du alles leugnen, was Tolkien dargestellt hat: dass Alboin etc. in unserer konkreten Welt leben und nicht im Legendarium. Sie machen eine Reise in das Legendarium, das ja. Das auf jeden Fall. Aber vor dieser Reise leben sie in Cornwall und die Jungs gehen auf die Schule. Im Legendarium gibt es keine Schulen, gibt es kein Latein.

Dein Konzept geht darum für mich nicht auf, wie gesagt, weil Du dann vieles von Tolkiens Erklärungen rausstreichen müsstest. Oswin, der Professor für Geschichte studiert, lehr nicht die Historie der Ainur, sondern die Historie der Antike, des Romischen Reiches etc.

Vielleicht noch dies:

Für mich ist wichtig, erst mal die Texte selber zu studieren und nicht von Vorentscheidungen auszugehen wie "Zeitreise" oder "Dimensionsreise". Die Dimensionen haben sich mir durch das Textstudium selber quasi aufgedrängt. Aber ich bestehe da nicht drauf, das ist nur eine persönliche Assoziation.

Aber wenn Du dem Zeitreisecharakter so viel opfern musst und mit Gewalt Cornwall in das Legendarium verschiebst, dann halte ich das doch nicht mehr für eine mögliche Variante.

Da Du mit dem Wort "Dimension" nichts anfangen kannst, sage ich so:

In Cornwall sind sie in einer realen Zeit, auf Numenor sind sie in einer mythischen Zeit.

Ich habe einfach "reaile Zeit" und "mythische Zeit" zusammengefasst zu "Dimensionen". Lässt man das Wort weg, bleibt es immer noch so, dass die Reise aus der realen Zeit hinausführt.

Dieses Zitat hier:

"You may have your desire."

"What desire?"

"(...)to go back."

(Chapter 2)

ist kein Widerspruch. Die mythische Zeit wird in der Regel als "vor unserer Zeit" empfunden. Dennoch ist es kein reales Zurückgehen.

Vielleicht kann sich hier ja noch mal jemand anders äußern? Vielleicht verstehe ich Fangil ja noch immer falsch.

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@Dunderklumpen,

spätestens jetzt reden wir entweder völlig aneinander vorbei oder haben vollkommen unterschiedliche Auffassungen, was den Umfang des Legendariums angeht. :-)

Denn da musst Du alles leugnen, was Tolkien dargestellt hat: dass Alboin etc. in unserer konkreten Welt leben und nicht im Legendarium. Sie machen eine Reise in das Legendarium, das ja. Das auf jeden Fall. Aber vor dieser Reise leben sie in Cornwall und die Jungs gehen auf die Schule. Im Legendarium gibt es keine Schulen, gibt es kein Latein.

Dein Konzept geht darum für mich nicht auf, wie gesagt, weil Du dann vieles von Tolkiens Erklärungen rausstreichen müsstest. Oswin, der Professor für Geschichte studiert, lehr nicht die Historie der Ainur, sondern die Historie der Antike, des Romischen Reiches etc.

Wovon redest Du? :kratz: Ich muss garnichts rausstreichen, wenn ich Alboin und Oswin dem Legendarium zuordne. Mittelerde ist unsere Welt, kein fremder Planet. Die ganzen Geschichten (Tolkiensche Universum) spielen in einer fiktiven Vergangenheit unserer Welt.

Ca. 6000 Jahre nach dem Ringkrieg sieht es im Legendarium, in Tolkiens Universum genau so aus, wie bei uns heute, die gleichen Kontinente, die gleichen Gegebenheiten, und jeder glaubt an den christlichen Gott. Es gibt Schulen, es gibt Latein und auch das Römische Reich hat es gegeben. Gerade deshalb hat Tolkien doch meines Wissens im Herrn der Ringe und in anderen Werken deren Handlung innerhalb der ersten 3 Zeitalter stattfindet, jegliche Art von Religion oder Kirchen (z.B.) in Gondor außen vor gelassen, weil diese vor-christlich und damit heidnisch wären.

Entsprechende Textstellen finden sich in den Briefen und auch im Vorwort zum Herrn der Ringe wird dies deutlich.

"Aber sie leben noch an den Grenzen des Mythos- oder besser, diese Geschichte zeigt den Übergang des "Mythos" in die Geschichte oder das Reich der Menschen;..."

(Brief Nr.156)

"Die neue Situation, zu Beginn des Dritten Zeitalters entstanden, führt schließlich und unvermeidlich weiter bis zur gewöhnlichen Geschichte,..."

(Brief Nr.151)

Im Tolkienschen Universum gibt es einen Übergang vom Mythologischen zum Historischen.

"Ich stelle mir eine Lücke von etwa 6000 Jahren vor; das heißt, wir sind jetzt am Ende des Fünften Zeitalters,..."

(Brief Nr.211)

"Ich habe, so scheint mir, eine imaginäre Zeit konstruiert, bin aber, was den Raum angeht, mit den Füßen auf der Mutter Erde geblieben."

(vgl. ebd)

Die mythische Zeit wird in der Regel als "vor unserer Zeit" empfunden. Dennoch ist es kein reales Zurückgehen.

Im Tolkienschen Universum schon, hier gibt es den Übergang vom Mythologischen ins Historische. ;-)

Lässt man das Wort weg, bleibt es immer noch so, dass die Reise aus der realen Zeit hinausführt.

Natürlich führt sie aus der "realen" Zeit hinaus. Sie führt von einer realen Zeit in eine mythologische, die zeitlich davor liegt = Zeitreise. Allerdings ist das, was für Alboin und Audoin "reale" Zeit ist, nur fiktiv parallel zu unserer Realität. Und in der Vergangenheit von Alboin und Audoin liegt die mythische Zeit, in unserer nicht.

Vielleicht kann sich hier ja noch mal jemand anders äußern? Vielleicht verstehe ich Fangil ja noch immer falsch.

Dem schließe ich mich an. Vielleicht sollte noch jemand hier mal schreiben, wie er es sieht. Dunderklumpen und ich reden hier vermutlich aneinander vorbei. Eine weitere Position würde helfen. ;-)

Das hier ist schließlich keine Privatdiskussion, jeder darf mitmachen.

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Gast Dunderklumpen

Lieber Fangli,

ich hab im Moment keine Zeit, obwohl es mir in den Fingern juckt - ich möchte nur auf eins eingehen:

Mittelerde ist unsere Welt, kein fremder Planet. Die ganzen Geschichten (Tolkiensche Universum) spielen in einer fiktiven Vergangenheit unserer Welt.

Hier liegt für mich der Knackpunkt. Wie kommst Du denn auf die Idee, dass sämtliche Geschichten Tolkiens in der fiktiven Vergangenheit unserer Welt spielen? Wieso hat Tolkien nicht das Recht, es anders zu machen als Du voraussetzt? Hat er das irgendwo je geschrieben, was Du sagst?

Beide Zeitreiseromane fallen aus dem Konzept raus. Auch The Book of Lost Tales fällt aus dem Konzept raus. Denn da reist Eriol, ein realer Mensch, historisch verwurzelt in Helogland, nach Tol Eressea - einer Insel, die später ins Legendarium gehörte. Aber nie gehörte Helgoland da rein.

Ich sage es noch einmal, oder deutlicher: wenn Alboin in die Vergangenheit gereist wäre, wäre er in der griechischen oder römischen Antike gelandet, nicht auf Numenor.

Du verwechselst "fiktiv" mit "fiktiv". Es gibt da immer mehrere Ebenen. Nicht alle Erzählungen - Erzählungen sind immer fiktiv - spielen in Tolkiens Mythologie. The Notion Club Papers spielt in Oxford, innerhalb einer Erzählung natürlich fiktiv. Trotzdem nicht fiktiv im Sinne einer mythischen Fiktion.

Vielleicht sollten wir wirklich noch die Skizzen für die anderen Kapitel ansehen, die Tolkien gemacht hat. Da wird sein Konzept deutlicher.

Aber es ist nicht schlecht, dass Du das anders siehst, Fangli. Dadurch werden die eigenen Positionen klarer.

Bearbeitet von Dunderklumpen
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Also auf ein Neues. Interessante Diskussion übrigens. ;-)

Wie kommst Du denn auf die Idee, dass sämtliche Geschichten Tolkiens in der fiktiven Vergangenheit unserer Welt spielen?

Auf diese Idee komme ich nicht. Natürlich gibt es Werke Tolkiens, die mit seinem Legendarium gar nichts zu tun haben, z.B. Roverandom, Farmer Giles,...

Ich komme aber auf die Idee, dass das komplette Legendarium in der fiktiven Vergangenheit unserer Welt spielt, das sagt Tolkien ja selbst (siehe oben, da habe ich einige der zahlreichen Textstellen zitiert, die diese Thematik behandeln).

Wieso hat Tolkien nicht das Recht, es anders zu machen als Du voraussetzt?

Das Recht hat er.

Hat er das irgendwo je geschrieben, was Du sagst?

Wir diskutieren hier doch über zwei unterschiedliche Deutungen. Er hat daher meine Deutung nirgends aufgeschrieben, genauso wenig wie Deine. Oder hat er irgendwo geschrieben, dass TLR und TNCP definitiv nicht im Legendarium verwurzelt sind und wir es vielmehr mit einem "Dimensionssprung" zu tun haben?

Wie gesagt, mir geht es nicht darum, Deine Interpretation zu widerlegen. Im Gegenteil, ich halte Deine Deutung für sehr gut möglich, der Text lässt sie natürlich zu, allerdings sehe ich es eben anders.

Du hast oben geschrieben:

du ordnest Cornwall dem Legendarium zu. Und das ist meines Erachtens nicht zulässig.

...und wolltest dann meine Interpretation mit folgender Begründung widerlegen:

Denn da musst Du alles leugnen, was Tolkien dargestellt hat: dass Alboin etc. in unserer konkreten Welt leben und nicht im Legendarium

+

Im Legendarium gibt es keine Schulen, gibt es kein Latein.

Das ist aber falsch. In meinem letzten Post wollte ich darauf aufmerksam machen, dass Tolkiens Legendarium diese Konstruktion eben doch zulässt, weil es nach und nach zu unserer Welt wird, das Mythologische verblasst und wir kommen in unsere Geschichte, natürlich auch im Rahmen der Erzählung. Geht man vom Ringkrieg innerhalb des Legendariums in die Zukunft, ist man irgendwann im Römischen Reich, in unserer konkreten Welt wie wir sie kennen, aber dennoch innerhalb der Fiktion.

Ebenso ist es doch auch bei Eriol/Aelfwine, er kommt aus England (oder Helgoland?) und findet Tol Eressea, wo man ihm Geschichten aus der Vergangenheit erzählt. Tolkien konzipierte dies meines Erachtens als eine Art Rahmenhandlung und innerhalb des Tolkienschen Universums gehört Helgoland oder England genauso ins Legendarium, wie Tol Eressea. Sie sind ebenfalls ein Teil von Arda, allerdings in späteren Zeiten, nachdem die Elben größtenteils geschwunden und das Mythologische verblasst ist und wir uns in der konkreten Geschichte der Menschen befinden. TLR und TNCP sehe ich nun ebenfalls als einen Versuch Tolkiens, eine Art Rahmenhandlung zu etablieren, die zu den Geschichten aus den ersten 3 Zeitaltern oder auch nur zu der Geschichte von Numenor hinführen sollte. Als Rahmenhandlung gehören diese Geschichten darum genauso zum Legendarium, wie der fiktive Chronist (oder die fiktiven Chronisten).

Ich sage es noch einmal, oder deutlicher: wenn Alboin in die Vergangenheit gereist wäre, wäre er in der griechischen oder römischen Antike gelandet, nicht auf Numenor.

Das sehe ich anders. ;-)

The Notion Club Papers spielt in Oxford, innerhalb einer Erzählung natürlich fiktiv. Trotzdem nicht fiktiv im Sinne einer mythischen Fiktion.

Es ist selbstverständlich nicht mehr Teil des Mythischen, aber es kann dennoch Teil des Tolkienschen Universums sein.

Du sagst, TLR und TNCP fallen aus dem Konzept. Das stimmt auch in dem Sinne, dass sie "Zeitreise" thematisieren, was in den anderen Werken Tolkiens nicht der Fall ist. Allerdings sehe ich diese Zeitreise innerhalb des Legendariums und nicht davon getrennt oder nur dorthin führend. Das sind zwei unterschiedliche Interpretationen und ich halte weiterhin beide für möglich.

Bearbeitet von Fangli
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Gast Dunderklumpen

Guten Morgen und frohen Ostermontag! :D

Wie kommst Du denn auf die Idee, dass sämtliche Geschichten Tolkiens in der fiktiven Vergangenheit unserer Welt spielen?

Auf diese Idee komme ich nicht. Natürlich gibt es Werke Tolkiens, die mit seinem Legendarium gar nichts zu tun haben, z.B. Roverandom, Farmer Giles,...

Ich komme aber auf die Idee, dass das komplette Legendarium in der fiktiven Vergangenheit unserer Welt spielt, das sagt Tolkien ja selbst (siehe oben, da habe ich einige der zahlreichen Textstellen zitiert, die diese Thematik behandeln).

Dann muss ich jetzt ales erstes mal untersuchen, wo Tollkien sagt, dass

a. The Lost Road komplett Teil des Legendariums ist

b. Das das komplette Legendarium in der fiktiven Vergangenheit unserer Welt spielt

c. Auch reale Orte ins Legendarium transportiert werden können

Denn: Wie der Name "Legandarium" schon sagt:

Es muss sich immer um Legenden - also Sagen - handeln.

Deine Aussage, das Roverandom nicht ins Legendarium gehört, ist darum richtig.

Wieso aber gehört Albion ins Reich der Legende? Und die Cornwallküste?

Und dann kann man sich fragen, wieso Briefstellen seine Werke prinzipiell deuten können. Dass man also Recht hat, wenn eine Briefstelle eine Deutung zu belegen scheint.

Also, los geht's. Der erste Beleg von Dir war:

Aber sie leben noch an den Grenzen des Mythos- oder besser, diese Geschichte zeigt den Übergang des "Mythos" in die Geschichte oder das Reich der Menschen;..."

(Brief Nr.156)

Du hast in dem Zitat weggelassen, wer diese "sie" sind. Gemeinst sind die Priesterkönige, deren Linie durch Aragorn wiederbelebt wurde. Und mit "diese Geschichte" ist eben diese Aragorn-Geschichte gemeint. Mit ihm hörte das Priesterkönigtum auf - also der Mythos hörte mit ihm auf -, und es begann das Reich des Menschen: ohne Mythos. Die Priesterkönige inklusive Aragorn, als er den Schößling des Weißen Baumes fand, waren gerade so noch am Rande des Mythos. Aber mit Aragorn ging der Mythos in Geschichte über.

Nehme ich also dieses Zitat ernst, dann gilt für Menschen nicht mehr der Mythos, sondern die Geschichte.

Also selbst wenn Du Recht hättest, dass diese Briefstelle nicht nur für den Herrn der Ringe gilt, sondern auch für alle möglichen anderen Geschichten, die er geschrieben hat: es gilt nicht für Alboin, denn er lebt im 20. Jahrhundert.

"Die neue Situation, zu Beginn des Dritten Zeitalters entstanden, führt schließlich und unvermeidlich weiter bis zur gewöhnlichen Geschichte,..."

(Brief Nr.151)

Diese Briefstelle spricht eigentlich klar gegen Deine Position. Ab dem Dritten Zeitalter gibt es keinen Mythos mehr. Und das reale 20. Jahrhundert ist nicht mehr mythisch, sondern historisch.

Auch der Anfang des Briefes widerlegt Dich. Ende des ersten Absatzes charakterisiert er den HdR mit "Mischung der elbischen und numenorischen Sagen mit den Hobbits".

Das heißt, die Hobbits - obwohl im HdR auftretend - sind nicht Teil des sogenannten Legendariums. Sie gehören nicht in die elbischen und numenorischen Sagen.

Ich stelle mir eine Lücke von etwa 6000 Jahren vor; das heißt, wir sind jetzt am Ende des Fünften Zeitalters,..."

(Brief Nr.211)

Ja, aber auch dieser Brief widerlegt Dich. Tolkien sagt selbst von HdR, dass dort "die Welt der Erzählungen mehr oder weniger historisch angelegt ist". Nur den Ring sieht als ein mythisches Artefakt an.

"Ich habe, so scheint mir, eine imaginäre Zeit konstruiert, bin aber, was den Raum angeht, mit den Füßen auf der Mutter Erde geblieben."

(vgl. ebd)

Ja, aber man muss doch hier den Kontext beachten. Er redet doch vorher von den Valar. Und die natürlich gehören in diese imaginäre Zeit. Aber doch nicht Alboin. Nicht, bevor er diese Botschaften bekommt, wo er als historischer Mensch so verändert wird, dass er mythische Zeiten betreten kann.

Wieso hat Tolkien nicht das Recht, es anders zu machen als Du voraussetzt?

Das Recht hat er.

Hat er das irgendwo je geschrieben, was Du sagst?

Wir diskutieren hier doch über zwei unterschiedliche Deutungen. Er hat daher meine Deutung nirgends aufgeschrieben, genauso wenig wie Deine.

Nein, im Moment reden wir doch nicht über Deutungen, sondern über Deine Aussage:

"Die ganzen Geschichten (Tolkiensche Universum) spielen in einer fiktiven Vergangenheit unserer Welt."

Diese Deine Behauptung wollte ich belegt haben. Und sie ist nicht belegt. Tolkien hat nirgends so eine Behauptung gemacht, und die von Dir angegebenen Zitate belegen es auch nicht, sondern widerlegen es eher.

Oder hat er irgendwo geschrieben, dass TLR und TNCP definitiv nicht im Legendarium verwurzelt sind und wir es vielmehr mit einem "Dimensionssprung" zu tun haben?

Der Maßstab ist der Legendencharakter. Man kann nicht etwas behaupten mit dem Hinweis, Tolkien hätte da nichts Gegenteiliges geschrieben (hoffentlich ;-) ). Du kannst Dich also nicht auf Tolkien berufen, wenn Du die Küste von Cornwall zu dem Teil einer Legende machst. Sie gehört eindeutig NICHT ins Legendarium.

Geschildert wird die Begegnung realer Menschen mit den Legenden.

Ebenso ist es doch auch bei Eriol/Aelfwine, er kommt aus England (oder Helgoland?) und findet Tol Eressea, wo man ihm Geschichten aus der Vergangenheit erzählt. Tolkien konzipierte dies meines Erachtens als eine Art Rahmenhandlung und innerhalb des Tolkienschen Universums gehört Helgoland oder England genauso ins Legendarium, wie Tol Eressea.

Nein, eben nicht. Gerade Deine Briefstellen zeigen, dass England und Helogland längst in die Geschichte eingegangen sind, nicht Teil des Mythos sind. Es gibt eben nur ein paar Menschen, die so geartet sind, dass sie die Historie zumindest für kurz verlassen können. In The Lost Road geschieht dies mittels Bewusstseinsreise. Alboin und Audoin bleiben ja in ihren Zimmern. Als reale Menschen leben sie weiter in der Historie, sind ihre Vorfahren weiter die Germanen oder was weiß ich. Nur in der Astralreise begegnen sie dem mythischen Erleben.

Ich sage es noch einmal, oder deutlicher: wenn Alboin in die Vergangenheit gereist wäre, wäre er in der griechischen oder römischen Antike gelandet, nicht auf Numenor.

Das sehe ich anders. ;-)

Dann widersprichst Du aber auch total dem Tolkienschen Konzept. Das ist natürlich kein Grund, es anders zu sehen, Tolkien kann sich ja geirrt haben. Aber bislang hast Du gesagt, Tolkien selber unterstütze Deine Sicht. Und das ist nicht der Fall.

Es ist selbstverständlich nicht mehr Teil des Mythischen, aber es kann dennoch Teil des Tolkienschen Universums sein.

"Das Tolkiensche Universum" gibt es nicht. Fans haben so etwas konstruiert, aber selbst sie geben zu, dass schon der "Hobbit" da nicht reinpasst. Dieses "Universum" basiert allein auf dem HdR und Teilen des Silmarillion. Und die Zeitlinie für dieses Konstrukt ist von diesen Fans immer das Jahr der HdR-Veröffentlichung: 1954/55. Alles, was davor ist, fällt aus diesem Konstrukt heraus, also selbst für Ealogen, ist auch für sie nicht kanonisch. The Lost Road ist 1937 geschrieben worden, abgebrochen noch vor der Veröffentlichung des Hobbit.

Fazit:

Du hast natürlich trotzdem das Recht auf eigene Deutung. Nur kannst Du Dich da nicht auf Tolkien beziehen, er gibt Dir nicht Recht. Jedenfalls nicht so, wie Du es bisher formuliert hast. Und das Argument - alles, was Tolkien nicht ausdrücklich widerlegt hat, ist eine mögliche Deutung - wirst Du ja wohl nicht unterschrieben.

Das Einzige, was tatsächlich schillernd ist, ist die Tatsache, dass schon Oswin den historischen Namen Aelfwine als "elf-friend" übersetzt. Das ist allerdings historisch richtig. Nur hat bereits Oswin den Touch, diesen alten - heidnischen - Glauben für stimmig zu halten, also an die Elben zu glauben. Allerdings wirklich nur den Touch, durch die Namensgebung "Alboin".

Ich vermute, Fangli, dass Du diese Verschwimmende spürst und darum darauf bestehst, dass die Cornwallgeschichten ins Legendarium gehören.

Aber ich denke so: wenn man diese Cornwallgeschichten einfach als Sagen einverleibt, nimmt man Tolkien die Brisanz des Geschehens, macht ihn zahnlos, ganz abgesehen davon, dass das nicht zulässig ist, weil sie in das Bereich der Historie gehören.

Aber was Du vielleicht eben spürst, ist, dass Geschichte und Mythos in The Lost Road durchlässig sind. Ich selber bestehe nur darauf, dass uns diese Erzählung zeigen will, wie diese "Wand" zwischen unserer modernen Zeit und dem Mythos in Einzelfällen durchbrochen wird. Und auch nur in Trance, nicht in der Realität.

Aber "Aelfwine" ist in der Tat so eine Art Doppelexistenz schon an sich. Stammt aus der historischen Zeit, trägt aber den heidnisch-mythischen Touch an sich.

Der Clou ist doch, dass dieses alte Heidnische in die drei Männer reinschwappt, ihnen ein mythisches Bewusstsein verschafft. Aber eben immer nur im Traum, in der Astralreise, nie in der Wirklichkeit. Es sidn keine echten Vorfahren, sondern nur geträumte, wenn auch durch Wachtraum.

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Danke!

Gleichfalls frohen Ostermontag! ;-)

Denn: Wie der Name "Legandarium" schon sagt:

Es muss sich immer um Legenden - also Sagen - handeln.

Deine Aussage, das Roverandom nicht ins Legendarium gehört, ist darum richtig.

Wieso aber gehört Albion ins Reich der Legende? Und die Cornwallküste?

Die Bezeichnung "Legendarium" verwende ich hier als Platzhalter für etwas, dass ich eigentlich schon genannt habe: "Alle auf Arda bezogenen Werke Tolkiens" oder genauer: "Das fiktive Universum, in dem die Geschichten, von denen alle auf Arda bezogene Werke Tolkiens erzählen, stattfinden".

Um nicht jedes Mal so einen Wurmsatz zu schreiben, kürze ich mit "Legendarium" oder "Tolkiensches Universum" ab, was selbstverständlich nur eine Vereinfachung ist, um besser diskutieren zu können. Möglicherweise hat das für Missverständnisse gesorgt.

also der Mythos hörte mit ihm auf -, und es begann das Reich des Menschen: ohne Mythos. Die Priesterkönige inklusive Aragorn, als er den Schößling des Weißen Baumes fand, waren gerade so noch am Rande des Mythos. Aber mit Aragorn ging der Mythos in Geschichte über.

Nehme ich also dieses Zitat ernst, dann gilt für Menschen nicht mehr der Mythos, sondern die Geschichte.

Exakt. Nichts anderes habe ich je behauptet. Aber nur weil für Aragorn oder seine Nachfahren der Mythos aufhört und die Geschichte anfängt, wechselt Aragorn ja nicht das fiktive Universum, er gehört immernoch dazu. Lediglich das Universum ist nicht länger mythisch sondern historisch.

Also selbst wenn Du Recht hättest, dass diese Briefstelle nicht nur für den Herrn der Ringe gilt, sondern auch für alle möglichen anderen Geschichten, die er geschrieben hat: es gilt nicht für Alboin, denn er lebt im 20. Jahrhundert.

Warum denn nicht? Er kann ohne Probleme im 20. Jahrhundert innerhalb des fiktiven Universums (Ea, Tolkiensches Universum, wie auch immer) angesiedelt werden.

Diese Briefstelle spricht eigentlich klar gegen Deine Position. Ab dem Dritten Zeitalter gibt es keinen Mythos mehr. Und das reale 20. Jahrhundert ist nicht mehr mythisch, sondern historisch.

+

Ich stelle mir eine Lücke von etwa 6000 Jahren vor; das heißt, wir sind jetzt am Ende des Fünften Zeitalters,..."

(Brief Nr.211)

Ja, aber auch dieser Brief widerlegt Dich. Tolkien sagt selbst von HdR, dass dort "die Welt der Erzählungen mehr oder weniger historisch angelegt ist". Nur den Ring sieht als ein mythisches Artefakt an.

Das entbehrt jetzt nicht einer gewissen Komik, weil ich genau das andauernd zu sagen versuche. Diese Textstellen sprechen also nicht gegen meine Position, es sei denn, man hat entweder meine Position falsch verstanden oder ich mich undeutlich ausgedrückt. ;-)

Das heißt, die Hobbits - obwohl im HdR auftretend - sind nicht Teil des sogenannten Legendariums. Sie gehören nicht in die elbischen und numenorischen Sagen.

Inzwischen vermute ich, dass Oberbegriffe wie "Legendarium" oder "Tolkiensches Universum" hier für Missverständnisse sorgen und gesorgt haben, da wahrscheinlich unsere Definition in dieser Hinsicht verschieden ist.

Wenn ich Legendarium als Oberbegriff verwendet habe, meinte ich nicht nur die elbischen oder numenorischen Sagen, sondern vielmehr das fiktive Universum, von dem diese Sagen berichten. Und dieses Universum hört nicht auf, nur weil der Mythos aufhört. In diesem Universum gibt es auch ein 20.Jahrhundert und in eben dieser nachmythischen Zeit siedle ich Alboin und Audoin an, die in den Mythos reisen, was innerhalb des Universums bedeutet: In die Vergangenheit zu reisen.

Ebenso sind innerhalb dieses fiktiven Universums "Der Hobbit" und "Der Herr der Ringe" keine fiktiven Geschichten, sondern Zeitzeugenberichte, verfasst von einem oder mehreren fiktiven Chronisten.

Der entscheidende Unterschied ist also: Für Dich endet die Tolkiensche Mythologie nach dem Ringkrieg, der Mythos verblasst, die Geschichten sind vorüber und wir befinden uns in realer Historie. Sieht man den Begriff ganz eng, stimmt das natürlich, denn die Zeit der Mythologie ist tatsächlich vorbei und die historische Zeit beginnt. Ich habe hier aber eine viel breiter ausgelegte Definition vom Tolkienschen Universum, denn das endet ja nicht wirklich sondern wird historisch im Rahmen der Fiktion. Also gehören auch die historischen Dinge, der Zeitabschnitt, der mit unserer realen Historie identisch ist, zum fiktiven Universum dazu oder anders gesagt: All diese Dinge gibt es auch in dem fiktiven Universum.

Nein, im Moment reden wir doch nicht über Deutungen, sondern über Deine Aussage:

"Die ganzen Geschichten (Tolkiensche Universum) spielen in einer fiktiven Vergangenheit unserer Welt."

Diese Deine Behauptung wollte ich belegt haben. Und sie ist nicht belegt. Tolkien hat nirgends so eine Behauptung gemacht, und die von Dir angegebenen Zitate belegen es auch nicht, sondern widerlegen es eher.

Also die gegebenen Textstellen sind für mich ein eindeutiger Hinweis und belegen, dass die Mythologie in einer fiktiven Vergangenheit unserer Welt anzusiedeln ist. Solche Stellen finden sich ja nicht nur in den Briefen, sondern auch im Vorwort zum Herrn der Ringe, im Book of Lost Tales und auch in Morgoths Ring ist eine Rahmenhandlung vorhanden. Weiterführend sind für mich auch TLR und TNCP weitere Versuche solcher Rahmenhandlungen.

Und noch ein paar weitere, für mich eindeutige Textstellen, die belegen, wie und wo Mittelerde anzusiedeln ist:

Brief Nr. 165:"Mittelerde" ist übrigens nicht der Name für ein Nie-und-Nimmerland ohne Beziehung zu der Welt, in der wir leben (...), soll diese "Geschichte" doch der Einbildung nach in einer Periode der tatsächlichen Alten Welt dieses Planeten stattfinden."

Das ist doch eindeutig, die Mythologie ist in einer zeitlich imaginären Periode des Altertums anzusiedeln. Hiefür muss man die Briefe noch nicht einmal kennen, das geht für mich auch ebenso deutlich aus dem Prolog des Herrn der Ringe hervor.

"Die Hobbits sind ein unscheinbares, aber sehr altes Volk, das früher zahlreicher war als heute;..."

(Der Herr der Ringe, Prolog, Über Hobbits)

"...und heute gehen sie uns ängstlich aus dem Wege und sind immer schwerer zu finden."

(vgl.ebd.)

Was ist wohl mit "heute" gemeint? Heute ist nichts anderes als das 20. Jahrhundert im fiktiven Universum, identisch mit unserem realen 20. Jahrhundert, nur mit dem Unterschied, dass es dort auch heute noch ein paar vereinzelte Hobbits gibt und man, wenn man in die Vergangenheit reisen würde/könnte, nach Mittelerde käme. Ebenso würde man nach Aman kommen, wenn man den Geraden Weg finden könnte.

Noch eins:

"Jene Tage, das Dritte Zeitalter von Mittelerde, sind nun längst vergangen, und die Gestalt aller Länder ist seither eine andere; doch die Gegenden, in denen damals Hobbits lebten, waren sicherlich dieselben, aus denen sie auch heute noch nicht ganz verschwunden sind: Der Nordwesten der Alten Welt östlich des Meeres.

(vgl.ebd.)

"Der Nordwesten der alten Welt östlich des Meeres" = Europa.

...

Gerade Deine Briefstellen zeigen, dass England und Helogland längst in die Geschichte eingegangen sind, nicht Teil des Mythos sind.

Das sollen sie ja auch zeigen. Aber ob sie Teil des Mythos sind oder nicht, ändert nichts daran, dass sie Teil des selben fiktiven Universums sind, in dem auch der Mythos handelt.

Man kann nicht etwas behaupten mit dem Hinweis, Tolkien hätte da nichts Gegenteiliges geschrieben (hoffentlich ;-) ).

+

Und das Argument - alles, was Tolkien nicht ausdrücklich widerlegt hat, ist eine mögliche Deutung - wirst Du ja wohl nicht unterschrieben.

Gott bewahre! Nein, natürlich nicht. :-)

Bearbeitet von Fangli
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Diese Legendarium-Sache habe ich ehrlich gesagt noch nie so recht verstanden.

Also auf ein Neues. Interessante Diskussion übrigens. ;-)

Wie kommst Du denn auf die Idee, dass sämtliche Geschichten Tolkiens in der fiktiven Vergangenheit unserer Welt spielen?

Auf diese Idee komme ich nicht. Natürlich gibt es Werke Tolkiens, die mit seinem Legendarium gar nichts zu tun haben, z.B. Roverandom, Farmer Giles,...

Wonach wählst Du denn da aus? Bzw. warum soll der Hobbit angeblich zu einem Legendarium gehören, Roverandom aber nicht?

Warum ist der Hobbit bei Dir nicht einfach nur eine Geschichte, die Tolkien niedergeschrieben hat und sich bei der Niederschrift inhaltliche Anleihen aus seinem 'Silmarillion'-Projekt (Book of Lost Tales) genommen hat? :-)

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Wonach wählst Du denn da aus? Bzw. warum soll der Hobbit angeblich zu einem Legendarium gehören, Roverandom aber nicht?

Warum ist der Hobbit bei Dir nicht einfach nur eine Geschichte, die Tolkien niedergeschrieben hat und sich bei der Niederschrift inhaltliche Anleihen aus seinem 'Silmarillion'-Projekt (Book of Lost Tales) genommen hat? :-)

Ich bedaure jetzt, den Begriff "Legendarium" gewählt zu haben, da er scheinbar doch unterschiedlich definiert wird. Oben habe ich ja geschrieben, dass ich damit eigentlich alle auf Arda bezogenen Werke Tolkiens meine, bzw. alle Werke, deren Geschichte Teil von Tolkiens fiktivem Universum sind, welches ich kurzerhand mit "Tolkiensches Universum" betitelt habe, um die Sache einfacher zu gestalten.

Wonach wähle ich also aus?

Sicherlich, als der Hobbit geschrieben wurde hatte Tolkien noch keine Vorstellung von einer Fortsetzung und das Buch hatte wenig mit seiner bereits niedergeschriebenen Mythologie zu tun, wenn überhaupt nur in einigen kurzen Anmerkungen und Anspielungen.

Ich finde jedoch, dass es hier nicht nur auf die anfängliche Intention ankommt, da sich Geschichten weiterentwickeln und die späteren Angleichungen, die in den revidierten Fassungen vorgenommen wurden, sind für mich ein eindeutiges Zeichen, dass Tolkien den Hobbit mit dem Herrn der Ringe verknüpft haben wollte (Vorgeschichte). Der Herr der Ringe wiederum ist durch zahlreiche Anspielungen und Personen mit der Mythologie verknüpft. Diese Werke handeln teilweise oder ganz in Mittelerde und lassen sich folglich demselben fiktiven Universum zuordnen. Man könnte auch sagen: Die Werke ergänzen sich gegenseitig um zusätzliche Handlungsstränge/noch genauere Einblicke, usw.

Roverandom hingegen handelt nicht in Mittelerde oder auf Arda, es hat keine räumliche oder zeitliche Referenz und ist somit eine fiktive Geschichte, die für sich alleine stehen kann. Das kann der Hobbit und der Herr der Ringe zwar auch, wenn man alle anderen Werke ausklammert, aber betrachtet man das gesamte Repertoire Tolkiens sind Hobbit, HdR und die älteren Geschichten durch zahlreiche Anspielungen, Personen, Schauplätze, etc. miteinander verwoben (Sie bilden sozusagen eine konstruiertes und stellenweise lückenhaftes Gesamtbild eines fiktiven Universum innerhalb seiner ersten 3 Zeitalter und in einzelnen Manuskripten auch darüber hinaus). Man kann sie einzeln betrachten, aber man kann auch das gesamte Universum betrachten, in dem sie spielen.

Bearbeitet von Fangli
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Gast Dunderklumpen

Ich glaube, mich interessieren solche Universaluniversen einfach nicht, Fangli. Für mich ist Literatur einfach Literatur, jedes Werk eines Autors ein neues Erlebnis, ein neues Kunstwerk. Ich will bei jedem Werk schauen, was an ihm Besonderes ist, wie der Autor diesmal vorgegangen ist, was er Neues entwickelt hat etc. Vorentscheidungen, Einpassen in vorgeprägte Systeme - nicht mein Ding.

Und sicher auch nicht das Ding von Tolkien.

Nachtrag:

Mir machen solche Systeme auch Angst. Mit ihnen verbinde ich nur Negatives: das Individuelle muss sich dem System unterordnen, alles Individuelle zugunsten des Systems aufgeben.

Bearbeitet von Dunderklumpen
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Ich glaube, mich interessieren solche Universaluniversen einfach nicht, Fangli. Für mich ist Literatur einfach Literatur, jedes Werk eines Autors ein neues Erlebnis, ein neues Kunstwerk. Ich will bei jedem Werk schauen, was an ihm Besonderes ist, wie der Autor diesmal vorgegangen ist, was er Neues entwickelt hat etc.

Gut, in Ordnung, jedem das seine. Ich mache das auch manchmal, ich habe ja auch geschrieben, dass man auch jedes Werk für sich betrachten kann, allerdings bevorzuge ich eben nach Möglichkeit die Betrachtung des Gesamtwerkes, da dies einen ganz anderen Überblick ermöglicht und durchaus neue Sichtweisen eröffnen kann.

Wenn ich beispielsweise als alleiniger Leser des Herrn der Ringe mehr über die Valar erfahren will, warum sollte ich dann nicht das Silmarillion oder die HoMe zur Klärung der Fragen heranziehen? Was nützt es mir, wenn ich mich längerfristig mit Tolkien beschäftigen will, wenn ich nur anhand des Herrn der Ringe in Spekulationen verfalle, wo doch die Lektüre des Silmarillions meine Fragen beantworten könnte? Gut, zugegeben, Deine Methode hat auch ihren Reiz, weil man eben der Fantasie freien Lauf lassen kann, ganz gelöst von dem was der Autor sonst noch geschrieben hat. ;-)

Mir machen solche Systeme auch Angst. Mit ihnen verbinde ich nur Negatives: das Individuelle muss sich dem System unterordnen, alles Individuelle zugunsten des Systems aufgeben.

Ich verstehe Deinen Vergleich, finde ihn aber in Zusammenhang mit Literatur etwas krass. Ich kann nicht erkennen, dass sich hier ein Buch dem anderen oder dem System unterzuordnen hat, ich verstehe es auch nicht als Aufgabe des Individuellen, im Gegenteil: Diese Bücher sind sich gegenseitig eine Bereicherung. Abgesehen davon kann man sie ja immernoch einzeln betrachten, obwohl sie in einem großen Zusammenhang stehen.

Und sicher auch nicht das Ding von Tolkien

Ob diese Sichtweise nicht das Ding von Tolkien ist, ob er nur ein einzelnes Werk für sich betrachtet sehen wollte? Warum lassen wir ihn nicht einfach selbst zu Wort kommen:

"...da hatte ich im Sinn, eine Sammlung von mehr oder weniger zusammenhängenden Legenden zu schaffen, die von der großen, kosmogonischen bis hin zum romantischen Märchen reichen sollten- die größeren auf den kleineren gründend, in Berührung mit der Erde, die kleineren um den Glanz des weiten Hintergrundes bereichert- ein Werk, das ich einfach England widmen könnte, meinem Lande."

(Humphrey Carpenter- Eine Biographie)

Er spricht von zusammenhängenden Legenden, von großen und kleinen Geschichten, die sich gegenseitig bereichern. Und er spricht von einem Werk, das er England widmen wollte, eine Mythologie für England. Das zeigt für mich, dass er eben nicht nur ein Buch für sich sehen wollte, sondern dass es ihm um das Gesamtwerk ging, dass ihm der Zusammenhang der Geschichten wichtig war. (Ähnlich wie Tüftler, der viele einzelne Blätter zeichnet und am Ende einen ganzen Baum bekommt.)

Wie gesagt, ich kann Deine Methode voll und ganz nachvollziehen und habe keinerlei Probleme damit, mit dieser Sichtweise an ein Buch heran zu gehen. Ich finde das sehr interessant. Ich hoffe, Du kannst meine Methode auch akzeptieren, denn vermutlich werden wir auch in TNCP eben durch unsere unterschiedliche Herangehensweise auf andere Sichtweisen/ Interpretationen kommen. Aber es wäre ja langweilig, wenn jeder auf das gleiche Ergebnis kommt. :-)

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Er spricht von zusammenhängenden Legenden, von großen und kleinen Geschichten, die sich gegenseitig bereichern. Und er spricht von einem Werk, das er England widmen wollte, eine Mythologie für England.

Und damit könnte nicht zufällig der (nie fertiggestellte) 'Silmarillion'-Komplex gemeint sein, an dem er so lange gearbeitet und auch versucht hat, den Verlag von einer Veröffentlichung zu überzeugen (die Briefnummern such ich jetzt nicht raus, die weißt Du eh besser als ich)? :-)

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Gast Dunderklumpen

Ich habe die Ealogen begreifen gelernt, in der Diskussion mit ihnen durch mehrere Jahre. Sie haben ein klares Konzept, beschränken das Legendarium auf den Bereich, den Tolkien selber abgesteckt hat. Und sie sehen sich selber als Pseudohistoriker. für sie ist es ein Spiel, und sie haben nicht den Anspruch, damit Tolkeins literarischem Werk gerecht zu werden.

Das ist der Unterschied zu dem, was Du machst, Fangli. Du annektierst auf ungerechtfertigte Weise The Lost Road als Teil des Legendariums und begründest das auf halsberecherische Weise, wo ich Wochen zu brauchen würde, um auf all das einzugehen. Deine Methode ist weder eine ealogische noch eine literarische - aber was sie stattdessen ist, sagst Du nicht. Du willst den Eindruck erwecken, Tolkien selber gebe Dir das Recht, dieses unveröffentlichte - und offenbar unter Schmerzen geborene - Werk einer oberflächlichen Stoffthematik zu unterwerfen. Und damit wird Tolkien missbraucht. Und das kann ich nicht akzeptieren.

Was ich akzeptieren könnte, wäre: ein Spiel zu spielen mit dem Unterton "Was wäre, wenn". Was wäre, wenn Tolkien alles nur als Rollenspiel gemeint hätte. Was wäre, wenn Tolkien mit Mittelerde unsere reale Erde gemeint hätte - wo könnten wir auf dem Globus ähnliche Berge und Flüsse finden.

Manche solcher Spiele würde ich sogar mitspielen, hatte das sogar mal vor, gerade letzteres. Es hat sich allerdings herausgestellt, dass manche das so ernst meinen, dass sie Tolkien Anti-Islamsimus vorwerfen. Solche Spiele sind also gefährlich, wenn man sie nicht in ihre Grenzen verweist.

Was ich meine, ist: Spiel ist Spiel und muss als solches gekennzeichnet werden. Es ist immer eine Weiterentwicklung durch die Spielenden. Das Original wird ddurch nicht berührt.

Wollen wir aber das Original studieren, müssen wir es als literarisches Werk betrachten. Wenn jemand die ealogische Deutung als Teil der literarischen Interpretation versteht, müsste ich dazu "nein" sagen. Die ealogische Deutung ist Pseudohistorie und ist es von Anfang an gewesen. Damit wird die literarische Aussage eines Werkes nicht erfasst, sondern im Gegenteil: verfälscht. Und, wie ich schon sagte: die Ealogen haben in der Regel dieses Problembewusstsein und tragen die Eaolgie nicht in die liiterarische Deutung.

Und in diesem Lesekreis geht es - dachte ich zumindest immer - um die Analyse der Werke und nicht um die Rechtfertigung der ealogischen Sichtweise. Letztere muss nicht gerechtfertigt werden, so wenig wie Schach. Aber mit Schach kann man kein literarisches Werk analysieren.

allerdings bevorzuge ich eben nach Möglichkeit die Betrachtung des Gesamtwerkes, da dies einen ganz anderen Überblick ermöglicht und durchaus neue Sichtweisen eröffnen kann.

Wenn ich beispielsweise als alleiniger Leser des Herrn der Ringe mehr über die Valar erfahren will, warum sollte ich dann nicht das Silmarillion oder die HoMe zur Klärung der Fragen heranziehen?

Einfach, weil eine Textanalyse nichts mit rein stofflichen Fragen zu tun hat. Wenn es Dir nur um den Stoff geht, dann entkleidest Du komplett das literarische Werk seiner Literarizität, gehst wieder wie ein Pseudohistoriker vor, der nichts weiter als die stofflichen Zusammenhänge aus den verschiedenen Werken herauspicken will.

Das Silmarillion ist von Tolkien nicht veröffentlicht worden, also wissen wir nicht, welche formale Gestalt - und damit Aussage - er ihm gegeben hätte.

Die Valar sind von Tolkien nur in der Form beschrieben worden, wie er es im HdR getan hat. Da sind sie eingebunden in eine literarische Form, und nur aus dieser Form heraus deutbar.

Dein Stoffinteresse hat nichts mit der Analyse des HdR zu tun, und es ist keine Möglichkeit, den Sinn oder die Botschaft des HdR mit anderen Werken zu begründen.

Was nützt es mir, wenn ich mich längerfristig mit Tolkien beschäftigen will, wenn ich nur anhand des Herrn der Ringe in Spekulationen verfalle, wo doch die Lektüre des Silmarillions meine Fragen beantworten könnte?

Dann hast Du eben nur stoffliche Fragen. Wenn ich - aus literarischem Bedürfnis heraus - verhindern möchte, in Spekulationen zu verfallen, dann analyse ich den HdR gerade nicht auf Grund des Silmarillion. Das ist literarisch einfach ein Unding. In Kunstwerken ist nun mal der Inhalt streng an die Form gebunden. Ein Herauslösen des Stofflichen ist - literarisch gesehen - dilettantisch.

Du hast das Recht - als Privatperson - dich ealogisch auf das Stoffliche zu beschränken. Aber es als Interpretation heranzuziehen ist unzulässig, wenn wir hier uns darum bemühen, dem Werk von Tolkien - als künstlerischen Werken - gerecht zu werden.

Gut, zugegeben, Deine Methode hat auch ihren Reiz, weil man eben der Fantasie freien Lauf lassen kann, ganz gelöst von dem was der Autor sonst noch geschrieben hat. ;-)

Die literaturkritische Methode ist eine strenge Methode. Sie lässt keineswegs der Phantasie freien Lauf, sondern muss stets methodisch begründen, warum was wie gefolgert wird. Auch ich vergleiche die Werke miteinander. Aber das tue ich erst, wenn ich die Formanalyse der eigenen Werke hinter mir habe. Und dann erst kann ich erkennen. welchen neuen Weg Tolkien in The Lost Road beschritten hat, indem er die Cornwall-Menschen einführt.

Und sicher auch nicht das Ding von Tolkien

Ob diese Sichtweise nicht das Ding von Tolkien ist, ob er nur ein einzelnes Werk für sich betrachtet sehen wollte? Warum lassen wir ihn nicht einfach selbst zu Wort kommen:

"...da hatte ich im Sinn, eine Sammlung von mehr oder weniger zusammenhängenden Legenden zu schaffen, die von der großen, kosmogonischen bis hin zum romantischen Märchen reichen sollten- die größeren auf den kleineren gründend, in Berührung mit der Erde, die kleineren um den Glanz des weiten Hintergrundes bereichert- ein Werk, das ich einfach England widmen könnte, meinem Lande."

(Humphrey Carpenter- Eine Biographie)

Diese Art von Zitaten bringen es nicht, Fangli. Du redest immer nur vom Stofflichen, und Du wendest Zitate auf die Lost Road an, für die sie nie gedacht waren.Mit Zitaten kann man alles und jedes beweisen. Das ist eine oberflächliche Methode, die meinetwegen in der Ealogie benutzt werden kann, aber doch nicht in einer wirklich ernsten Analyse.

Außerdem hat Tolkien selber doch im gleichen Zitat erläutert, warum er von dieser Idee abgelasen hat.

Statt zweifelhafter Zitate wäre es sinnvoller, die Beowulf-Analyse Tolkiens zu studieren, denn da geht draus hervor, wie sehr er diese Methode, die Du bevorzugst, verachtet. Und es ist sinnvoll, den Märchenaufsatz zu studieren, um einmal eine Ahnung davon zu bekommen, was die Anderwelt für Tolkien ist und wie wichtig es für ihn ist, darzustellen, wie Menschen dieser Anderwelt begegnen. Was Tolkien irgendwem in irgendeinem Zusammenhang und aus irgendeinem unbekannten Grund in einem Brief geschrieben hat - unauthorisiert, nicht für eine Veröffentlichung gedacht, nicht sorgfältig ausgearbeitet, nur flüchtig hingeschrieben, für andere Zwecke notiert, kannst Du für Analysen in den Müll werfen.

Seine Aufsätze hingegen hat er veröffentlicht, hat jahrelang, manchmal gar jahrzehntelang daran gearbeitet, und diese sind aussagekräftig, wenn auch nicht blind auf alles anwendbar.

Und er spricht von einem Werk, das er England widmen wollte, eine Mythologie für England.

Ja, ursprünglich. Das steht doch in diesem Zitat.

Wie gesagt, ich kann Deine Methode voll und ganz nachvollziehen und habe keinerlei Probleme damit, mit dieser Sichtweise an ein Buch heran zu gehen. Ich finde das sehr interessant. Ich hoffe, Du kannst meine Methode auch akzeptieren,

Ich bin ehrlich: als literarische Deutungsmethode ist sie indiskutabel. Du kannst sie in eaologischen Kreisen - als Teil des Rollenspiels - benutzen. Und als solche akzeptiere ich sie.

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Und damit könnte nicht zufällig der (nie fertiggestellte) 'Silmarillion'-Komplex gemeint sein, an dem er so lange gearbeitet und auch versucht hat, den Verlag von einer Veröffentlichung zu überzeugen (die Briefnummern such ich jetzt nicht raus, die weißt Du eh besser als ich)? :-)

Natürlich ist damit vornehmlich das Silmarillion und somit die Sagen von den Ältesten Tagen gemeint. ;-) Aber HdR und Hobbit spielen im selben fiktiven Universum, also sind sie ebenso angesprochen. Wenn er diese Zielsetzung nicht gehabt hätte, warum hätte er dann so viele unterschiedliche Werke und Geschichten schreiben sollen, die alle mit Arda/Mittelerde zusammenhängen? Wenn es ihm nur daran gelegen wäre, fiktive Geschichten zu schreiben, dann hätte er mit jedem Buch eine andere Welt einführen können, dann hätte er seine ersten Konzepte nicht mit seinen späteren Werken verknüpft. Da er das getan hat, muss ihm wohl an der Erschaffung eines komplexen Werkes gelegen haben, so wie es auch dem Autor, der einen Fünfteiler schreibt, um alle fünf Teile und nicht um jeden Teil separat geht. Erst die Lektüre aller Bücher und der damit zusammenhängende Überblick ermöglicht auch einen möglichst umfassenden Überblick über die gesamte Geschichte, über das Komplettwerk.

Der Unterschied zwischen einem was-weiß-ich-wieviel-Teiler wie z.B Harry Potter und dem Werk Tolkiens ist allerdings: Bei Tolkien kann jedes Werk auch für sich alleine stehen, es muss nicht in den großen Zusammenhang eingeordnet werden, wenn einem diese Methode nicht gefällt.

Im Übrigen erwähnt Tolkien im selben Brief eben diese Verzweigungen, die es zwischen dem Großteil seiner Werke gibt:

"Manche Dinge blieben unberührt von den Verzweigungen und Umtrieben dieses wuchernden Themas, weil sie letztlich und von Grund auf nichts damit zu tun hatten: Leaf by Niggle und Farmer Giles zum Beispiel, die beiden einzigen, die gedruckt wurden. Der Hobbit, der sehr viel mehr eigenes Leben in sich hat, war zuerst eine Sache für sich: Als ich damit anfing, wußte ich noch nicht, daß er dazugehörte. Aber er erwies sich dann als eine Entdeckung, die zeigte, wie das Ganze zu vervollständigen wäre, wie es Bodenberührung finden und mit dem "Historischen" verschmelzen könnte."

(Brief Nr.131 :-) )

Und in diesem Lesekreis geht es - dachte ich zumindest immer - um die Analyse der Werke und nicht um die Rechtfertigung der ealogischen Sichtweise.

Ich rechtfertige keine ealogische Sichtweise, genauso wenig wie ich, nach meinem Verständnis, eine solche habe.

Was wäre, wenn Tolkien mit Mittelerde unsere reale Erde gemeint hätte

Er hat unsere Erde gemeint. Wie oft muss ein Autor etwas schreiben, damit der Leser das akzeptieren kann? Mittelerde ist kein fiktiver Planet irgendwo im All, es ist unsere Erde in einer fiktiven Vorzeit. Die entsprechenden Briefe und anderen Hinweise (auch im Herr der Ringe) belegen das für mich eindeutig, für Dich anscheinend nicht. Warum das so ist, wird mir mit jedem Post von Dir rätselhafter.

Einfach, weil eine Textanalyse nichts mit rein stofflichen Fragen zu tun hat. Wenn es Dir nur um den Stoff geht, dann entkleidest Du komplett das literarische Werk seiner Literarizität, gehst wieder wie ein Pseudohistoriker vor, der nichts weiter als die stofflichen Zusammenhänge aus den verschiedenen Werken herauspicken will.

Mir geht es hier momentan auch um stoffliche Fragen. Ich habe inhaltlich diskutiert, also ist es vollkommen irrelevant in welcher Form der Text wiedergegeben wird.

Die Valar sind von Tolkien nur in der Form beschrieben worden, wie er es im HdR getan hat. Da sind sie eingebunden in eine literarische Form, und nur aus dieser Form heraus deutbar.

Es gibt genügend andere Textstellen, die sich mit den Valar befassen. Diese Texte hat Tolkien geschrieben und überarbeitet (er ist nur durch seinen Tod nicht mehr zur Veröffentlichung in einer "abgerundeten" Form gekommen), sie einfach zu ignorieren, dadurch zerstückelt man meiner Meinung nach ein komplexes Werk in viele Einzelteile.

Dein Stoffinteresse hat nichts mit der Analyse des HdR zu tun, und es ist keine Möglichkeit, den Sinn oder die Botschaft des HdR mit anderen Werken zu begründen.

Sinn und Botschaft ist wieder eine ganz andere Schiene, darum geht es doch im Moment gar nicht.

Dann hast Du eben nur stoffliche Fragen.

Exakt. ;-)

nicht für eine Veröffentlichung gedacht, nicht sorgfältig ausgearbeitet, nur flüchtig hingeschrieben, für andere Zwecke notiert, kannst Du für Analysen in den Müll werfen.

Alles, was nicht für die Veröffentlichung gedacht war ist also bedeutungslos? Damit erklärst Du mal so nebenbei die komplette HoMe, das Sil. und alle anderen Werke für nichtig, abgesehen vom Hobbit und dem Herrn der Ringe und den Werken, die mit seiner Mythologie nichts zu tun haben. Sehr interessant.

Nur mit dieser Methode kann ich nichts anfangen.

Ja, ursprünglich. Das steht doch in diesem Zitat.

Und nur weil er damit nicht fertig geworden ist, ist seine Zielsetzung irrelevant?

Du kannst sie in eaologischen Kreisen - als Teil des Rollenspiels - benutzen.

Ich bin weder in ealogischen Kreisen, noch spiele ich Rollenspiele. :ka:

Bearbeitet von Fangli
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Äh, Fangli? Bist Du sicher, dass Du die Begrifflichkeiten richtig verstehst?

Wenn ich beispielsweise als alleiniger Leser des Herrn der Ringe mehr über die Valar erfahren will, warum sollte ich dann nicht das Silmarillion oder die HoMe zur Klärung der Fragen heranziehen? Was nützt es mir, wenn ich mich längerfristig mit Tolkien beschäftigen will, wenn ich nur anhand des Herrn der Ringe in Spekulationen verfalle, wo doch die Lektüre des Silmarillions meine Fragen beantworten könnte?

(ähnliche Zitate von Dir gibt's noch weitere in dem Thread)

Ich bin weder in ealogischen Kreisen, noch spiele ich Rollenspiele. :ka:

Hier widersprichst Du Dir doch dann also selbst? :-)

Oder verstehe ich gerade nichts? ;-)

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Hier widersprichst Du Dir doch dann also selbst? :-)

Oder verstehe ich gerade nichts? ;-)

Womöglich definieren wir Ealogie anders. ;-) Für mich ist Ealogie das zwanghafte "Hineinquetschen" von älteren Geschichten wie der veröffentlichten Form des Book of Lost Tales in das kanonische fiktive Universum. Wobei nicht darauf geachtet wird, dass die dort vorliegenden Geschichten noch in Entwicklungsphase waren.

Ich hingegen akzeptiere, dass es unterschiedliche Fassungen von ein und der selben Geschichte gibt und auch stellenweise keine endgültige Fassung ausgemacht werden kann, wie z.B im Falle des Zauberers Tuvo+die damit zusammenhängende Geschichte im BolT, die zwar ansatzweise eingeführt wird aber bei der letztendlich einfach unklar ist, wie sie überhaupt einzuordnen ist oder ob Tolkien diese Idee komplett verworfen hat. Selbiges auch bei TLR oder NCP, angefangene Rahmenhandlungen meines Erachtens, die nie weitergeführt wurden. Ebenso wissen wir nicht, wie seine veröffentlichte Form des Silmarillions ausgesehen hätte, möglicherweise mit einer Rahmenhandlung versehen. Die Manuskripte in der HoMe sind eben reine Manuskripte, die noch in eine ordentliche Form hätten gebracht werden müssen, um sie als eine zusammehängende Geschichte zu veröffentlichen. Damit ist Tolkien leider nie fertig geworden, also kann der Leser sich nur an die aktuellsten vorhandenen Fassungen halten.

Bearbeitet von Fangli
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Gast Dunderklumpen

Er spricht von zusammenhängenden Legenden, von großen und kleinen Geschichten, die sich gegenseitig bereichern. Und er spricht von einem Werk, das er England widmen wollte, eine Mythologie für England.
Und damit könnte nicht zufällig der (nie fertiggestellte) 'Silmarillion'-Komplex gemeint sein, an dem er so lange gearbeitet und auch versucht hat, den Verlag von einer Veröffentlichung zu überzeugen (die Briefnummern such ich jetzt nicht raus, die weißt Du eh besser als ich)?

Ja, Andre. Und hier muss hinzugefügt werden - gerade Carpenter berichtet darüber -, dass dieser "Trick" Tolkiens, die Einheit von Sil und HdR zu betonen - nur damit der Verlag ihn von seinem Vertrag entbindet und Tolkien zu einem anderen Verlag wechseln kann -, nicht gerade als Ruhmesblatt von Tolkiens Anständigkeit gelten kann. Dieser Verlag, der Tolkien so von Anfang an unterstützt hat und ihm über Jahre die Treue gehalten hat, auch wenn Tolkein keinen Strich mehr an seinem Werk tat - hatte es nicht verdient, dass Tolkien ihn so in die Enge zwang und plötzlich die Einheit von Sil und HdR betonte, wo Tolkien doch genau wusste, dass der Verlag das Sil nicht veröffentlichen kann. Er hat diese Einheit ja nur aus diesem Grund so betont, weil er wusste, dass der Verlag ihn da aus dem Vertrag nehmen muss.

So hat Tolkien zwar erreicht, was er wollte: der Verlag musste ihn ziehen lassen, und mit ihm die Veröffentlichung des HdR - aber solche schmutzigen Tricks haben sich in dem Fall jedenfalls nicht ausgezahlt. Denn der Verlag, zu dem Tolkien überwechseln wollte und ihm versprochen hatte, auch das Sil zu veröffentlichen, hat beides nicht veröffentlicht.

Sodass Tolkien dann auf allen Vieren wieder zu dem alten Verlag angekrochen kam und ihn bat, ihm zu verzeihen. Was der auch prompt und großmütig tat.

Solche Zusammenhänge und Taktiken relativieren die Aussagekräftigkeit von Zitaten massiv. Tolkien taktierte, und wie.

Für Fangli:

Tolkien ist nicht über das Silmarillion "hinweggestorben" - er hat sechzig Jahre lang das Ding nicht fertiggekriegt. Das muss nicht ehrenrührig sein, aber Fakt ist, dass er daran gescheitert ist.

Vorschlag ansonsten: Lassen wir das Thema ruhen, Fangli? Wir können es ein andermal wieder aufgreifen, wenn wir uns besser kennen. Im Moment reden wir zu viel aneinander vorbei. Einverstanden? :prost:

Bearbeitet von Dunderklumpen
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Ja, Andre. Und hier muss hinzugefügt werden - gerade Carpenter berichtet darüber -, dass dieser "Trick" Tolkiens, die Einheit von Sil und HdR zu betonen - nur damit der Verlag ihn von seinem Vertrag entbindet und Tolkien zu einem anderen Verlag wechseln kann -, nicht gerade als Ruhmesblatt von Tolkiens Anständigkeit gelten kann.

+

Solche Zusammenhänge und Taktiken relativieren die Aussagekräftigkeit von Zitaten massiv.

Nur ganz kurz ;-) :

Sicher, Tolkien hat hier explizit die Zusammenhänge betont, weil er eine gemeinsame Veröffentlichung wünschte, was meiner Ansicht nach aber nichts daran ändert, dass es diese Zusammenhänge gibt. Und ich meine hier eher keine stilistischen Zusammenhänge, sondern vielmehr Inhaltliche ( Personen, Handlungsorte, etc.).

Das möchte ich nun aber nicht weiter austreten.

Tolkien ist nicht über das Silmarillion "hinweggestorben" - er hat sechzig Jahre lang das Ding nicht fertiggekriegt. Das muss nicht ehrenrührig sein, aber Fakt ist, dass er daran gescheitert ist.

Das kann ich so unterschreiben. :-) Er ist daran gescheitert, sein Silmarillion in eine zur Veröffentlichung geeignete Form zu bringen.

Vorschlag ansonsten: Lassen wir das Thema ruhen, Fangli? Wir können es ein andermal wieder aufgreifen, wenn wir uns besser kennen. Im Moment reden wir zu viel aneinander vorbei. Einverstanden? :prost:

Einverstanden. :keks:

Bearbeitet von Fangli
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Damit wird die literarische Aussage eines Werkes nicht erfasst, sondern im Gegenteil: verfälscht.

Wann hat je ein Mensch "die literarische Aussage eines Werks [was auch immer das sein mag] erfasst"? Noch nie, nicht ein einziges Mal.

Die Valar sind von Tolkien nur in der Form beschrieben worden, wie er es im HdR getan hat. Da sind sie eingebunden in eine literarische Form, und nur aus dieser Form heraus deutbar.

Diese Aussage habe ich hiermit gesichert und werde mit ihr bei Gelegenheit gegen dich argumentieren. :anonym:

Im "Herrn der Ringe" kommt das Wort "Morgoth" übrigens einmal vor. Es ist dort nur ein Wort. Es wird noch nicht mal deutlich, ob es ein Land oder ein Material bezeichnet.

Gutes Stichwort: Was ist "Morgoth"? Tor 1: Das Land, aus dem das Balrog-Ding stammt, oder Tor 2: die Substanz, aus der das Balrog-Ding besteht, oder Tor 3: ein Zonk?

es ist keine Möglichkeit, den Sinn oder die Botschaft des HdR mit anderen Werken zu begründen.

Findest du vielleicht. Andere nicht.

Statt zweifelhafter Zitate wäre es sinnvoller, die Beowulf-Analyse Tolkiens zu studieren, denn da geht draus hervor, wie sehr er diese Methode, die Du bevorzugst, verachtet.

Wie? Was? Wo? In welcher Weise?

Zum Thema (und in der Hoffnung, das Folgende kann zur Lösungsfindung beitragen):

Boah, Leute! /X-)

Die zentrale Frage ist hier: Wo soll man die ontologische Grenze zwischen Realität und Mythos ansetzen?

Fanglis Position leitet sich z.B. aus dem "Herrn der Ringe" ab. Dort erfahren wir:

”This book is largely concerned with Hobbits, and from its pages a reader may discover much of their character and a little of their history. Further information will also be found in the selection from the Red Book of Westmarch that has already been published, under the title of The Hobbit. That story was derived from the earlier chapters of the Red Book, composed by Bilbo himself, the first Hobbit to become famous in the world at large, and called by him There and Back Again, since they told of his journey into the East and his return: an adventure which later involved all the Hobbits in the great events of that Age that are here related.”

(The Lord of the Rings, Prologue, 1. Concerning Hobbits)

Hinter dem Verweis auf das Buch "The Hobbit" verbirgt sich eine doppelte Referenz:

Referenz I: "The Hobbit" ist eine Art Romanze oder fairy-story, die von J. R. R. Tolkien geschrieben und in den 30er Jahren veröffentlicht wurde. Der Leser dieses Buchs ist der reale Leser aus Fleisch und Blut.

Referenz II: "The Hobbit" ist ein Auszug aus dem "Red Book of Westmarch", ein Zeitzeugenbericht aus dem Dritten Zeitalter, auf den sich der Herausgebererzähler Tolkien² bezieht. Leser des Buchs ist (nicht etwa der implied reader [nach der Terminologie von Wolfgang Iser et al.], sondern) der narratee (auf der Grundlage der Terminologie von Seymour Chatman ist das hier der fiktionale Zuhörer des fiktionalen Erzählers, der in einem fiktionalen Universum lebt, in dem der Mythos historisch, aber vergessen ist).

D.h. in bezug auf den "Herrn der Ringe", an den das "Silmarillion" angeschlossen ist: Der reale Leser, der in einer Welt lebt, in der es viele mythische Vergangenheiten und eine durchgehende Realhistorie gibt, wird zum Elbenfreund und springt in den Mythos, sobald er Referenz II erkennt und sich mit dem narratee identifiziert. D.h. auch: Die ontologische Grenze zwischen Realität und Mythos befindet sich zwischen den beiden Polen der Doppelreferenz.

Dunderklumpens Position (die fiktionalen Leute aus dem fiktionalen Cornwall springen aus der fiktionalen Realität, in der es viele mythische Vergangenheiten und eine durchgehende Realhistorie geben soll, in einen fiktionalen Mythos, so wie der reale Leser des "Herrn der Ringe" beim Lesen in den fiktionalen Mythos springt), soll sich aus "The Lost Road" ableiten. Um zu klären, ob sie das tut, reicht ein klärendes Zitat aus "The Lost Road".

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