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Gehört Tolkiens Werk zur Fantasy?


viator

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Tolkien wird gerne als Fantasy rezipiert, ist allerdings keine Fantasy (zumindest sehe ich das so und sehen Wando und andere das so). Wie kann Tolkiens Werk bezeichnet werden? Sind Tolkiens Werke Kunstmythen? Das Silmarillion besteht ja innerhalb der Fiktion aus Mythen der Elben, die ja ebenfalls fiktiv sind. Habe ich das soweit richtig verstanden? Wenn ja, dann erfindet Tolkien also Mythen für seine erdachte Welt. Inwiefern ist das aber ein Widerspruch zur Fantasy, die fiktive Welten erschafft?

Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob ich Tolkiens Werk letztendlich nicht doch nur deshalb nicht für Fantasy halte, weil ich im Allgemeinen Fantasy nicht sehr mag. Wenn Tolkien nicht zur Fantasy-Literatur gehört, was sind die Gründe dafür? Ich habe leider feststellen müssen, dass ich meine Position nicht hinreichend gut begründen konnte, als es nötig war.

Liebe Grüße,

viator

Bearbeitet von Cadrach
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Finde ich eine interessante Überlegung, aber mir fällt es gerade extrem schwer die einzelnen Begriffe wirklich abgegrenzt voneinander betrachten zu können :kratz:

Was versteht man unter Fantasy? Ich weiß jetzt nicht ob es eine generell gültige Definition dazu gibt, aber imho ist Fantasy eine Fiktion, die schon bei ihrer Entstehung als solche klar zu erkennen ist. Somit grenzt sie sich dann von "klassischen/historischen" Mythen ab, mit denen sie ja ansonsten auch durchaus viele Paralellen haben kann.

In gewisser Weise könnte man Tolkiens Werke dann vielleicht schon als Kunstmythen (gibts das Wort? nie gehört :anonym: ), da sie - wie du ja schon sagst - innerhalb der Fiktion eine klassische Mythologie schildern. Das ändert aber meiner Meinung nach dann nichts daran, dass die Bücher in der ersten "Ebene" immer noch klar als Fiktion einzustufen sind. Das Tolkien (als einer der wenigen) noch eine Ebene tiefer in diese Geschichten eindringt und ihnen innerhalb dieser Fiktion noch eine eigene Mythologie schenkt ändert dann wohl nichts mehr an der ersten Einordnung ins Genre der Fantasy. Vielmehr ist ein besondere Art der Gestaltung, die diese Bücher wohl auch so besonders macht.

Wie gesagt hab ich ein wenig Probleme damit nachzuvollziehen, was du mit Kunstmythen meinst. Ich hoffe mal ich habs jetzt nicht vollkommen falsch interpretiert, aber ich werd morgen mit frischem Kopf auch noch einmal drüber nachdenken ;-)

Bearbeitet von golwin
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Tolkien wird gerne als Fantasy rezipiert, ist allerdings keine Fantasy (zumindest sehe ich das so und sehen Wando und andere das so). Wie kann Tolkiens Werk bezeichnet werden? Sind Tolkiens Werke Kunstmythen?

Die Erzählungen werden gemeinhin zur High Fantasy gezählt.

Das Silmarillion besteht ja innerhalb der Fiktion aus Mythen der Elben, die ja ebenfalls fiktiv sind. Habe ich das soweit richtig verstanden? Wenn ja, dann erfindet Tolkien also Mythen für seine erdachte Welt.

Kann man so nicht sagen, es sei denn, man bezeichnet über Jahrtausende "gereifte" Sagen bereits als "myths". Das Silmarillion besteht aus dem überlieferten Wissen der Eldar (bzw. der Eldar und Númenórer, kommt auf die Version und Betrachtungsweise an), Wissen über die eigene Volks-Geschichte, ausgeschmückt mit Helden-Pathos, Schwermut und Vermutungen an den Stellen, an denen sogar "die Weisen" nichts Definitives wissen. Man kann diese Erzählungen natürlich auch als intrafiktionale Mythologie bezeichnen, nämlich dann, wenn man "Mythologie" lediglich als Gesamtheit tradierter Volks-Geschichten definiert. Ohne Definition sind Missverständnisse aber vorprogrammiert.

Für die Figuren in den Erzählungen, vornehmlich für die Menschen, sind die alten Volks- und Weltgeschichten eher Sagen und Legenden. Die Ausdrücke scheinen besser zu passen. Darüber, wie erinnerns- und ausschmückenswerte (Is that a word?) Ereignisse "legendär" werden, doziert Aragorn sehr schön:

"'Halflings!' laughed the Rider that stood beside Éomer. 'Halflings! But they are only a little people in old songs and children's tales out of the North. Do we walk in legends or on the green earth in the daylight?'

'A man may do both,' said Aragorn. 'For not we but those who come after will make the legends of our time. The green earth, say you? That is a mighty matter of legend, though you tread it under the light of day!'"

(The Lord of the Rings, The Riders of Rohan)

Mit anderen Worten: Erst ziehen Hobbits über das Nebelgebirge, um sich in Eriador niederzulassen, und dann bilden sich Lieder und Geschichten, die im Volk erzählt werden und auch mal zur Übertreibung neigen können. Oder: Erst zieht Thorongil siegreich aus der Schlacht, dann erzählt man sich im Volk, was für ein toller Hecht er ist, und formt daraus geschlossene Lieder und Erzählungen, damit das Ereignis tradiert werden kann und nicht vergessen wird.

Mit dem Kunstgriff, die "tradierte Geschichte der Elben", also "elbisch vermittelte Erzählungen" oder den "Wissensschatz der Elben", zu präsentieren, anstatt den Lesern die "unvermittelten Erfindungen von John Ronald Reuel Tolkien" vorzusetzen, hatte er einen Weg gefunden, eine Alternativ-Mythologie und / oder –Weltgeschichte annähernd glaubwürdig zu verkaufen. Von diesem Kunstgriff scheint er überzeugt gewesen zu sein: Man denke nur an andere Werke wie "The Father Christmas Letters", in denen Begebenheiten nicht pur von einer unpersönlichen Erzählinstanz, sondern vom Weihnachtsmann persönlich präsentiert werden. Fast alles, was er schrieb, ist daher verwandt mit dem Briefroman oder allgemeiner: mit Ich-Erzählungen aller Art, in denen alle Ereignisse per definitionem subjektiv durch die fiktionale Vermittlungsinstanz gefärbt sind.

Aber Tolkien erfand nicht Mythen für seine "erdachte Welt", sondern für Mittelerde, die Welt der Menschen, unsere Welt. Für uns und fürs Jahrhundert der "'infernal combustion' engine" (Letter No. 64 - - - To Christopher Tolkien 20 Northmoor Road, Oxford, 30 April 1944).

Bearbeitet von Rübezahl
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Wie kann Tolkiens Werk bezeichnet werden? Sind Tolkiens Werke Kunstmythen?

Zunächst einmal empfehle ich, genau zu sagen, von welchem Werk wir reden. Da Tolkien das Silmarillion nicht vollendet hat, kann man eigentlich nur von HdR und Hobbit wirklich klar reden, falls man lediglich die sogenannten Mittelerde-Werke meint.

Dann sollte man vielleicht klären, ob man diese beiden Werke vom Genre her in die vorausgehende Tradition oder in die darauf folgende einordnen möchte. Ich selber versuche sie zunächst in die vorausgehende einzuordnen; tue dies auf Grund meiner persönlichen Ausbildung und Neigung. Ich habe, als ich diese Werke zum ersten Mal gelesen habe - den HdR Anfang der achtziger Jahre oder noch früher -, nichts bemerkt, was - vom Genre her - irgendwie anders ist als Werke ähnlichen Schlages, zum Beispiel die der literarischen Romantik und ihrer Vorläufer.

Ich würde auch heute noch den HdR vom Genre her schlicht als Roman einstufen, denn ich sehe zunächst nicht, was ihn so außergewöhnlich macht, dass ein neues Genre damit begründet wurde.

Mir ist allerdings bewusst, dass es Werke gibt, die Vorläufer von bislang nicht Dagewesenem sind, und die man darum erst richtig würdigen kann, wenn ungewöhnliche Erzähltechniken später aufgegriffen und weiterentwickelt werden. So in der deutschen Literatur bei Georg Büchners Woyzeck, das im Expressionismus eine späte Weiterentwicklung erfuhr. Den Vorläufer von Woyzeck wiederum sieht man dann - von der Erzähltechnik her - in William Shakespeare, der die "offene Form des Dramas" bereits praktiziert hat. Diese offene Form wird dann nachträglich als Erzählweise, die über Jahrhunderte vorhanden war, in ihrer Eigenart gewürdigt.

Die Frage ist, ob dies analog auch für den HdR gilt. Das oft Angeführte - in diesem Werk komme nichts vor, was in unserer realen Welt auch vorkommt - ist zunächst ein rein stoffliches Argument, kein gattungsmäßiges. Und es ist kein neues. Tiergeschichten - über Osterhasenschulen etc. - hat das gleiche Merkmal. Osterhasen sind auch in unserer Welt rein fiiktiv, und das Leben der Osterhasen zu schildern und wie sie auf ihren Beruf vorbereitet werden, hat kein Äquivalent in unserer Welt.

Auch surreale Romane, wenn man rein stofflich denkt - Beispiel Kafka - haben kein Äquivalent in unserer realen Welt. Es sei denn, man lässt den Gedanken zu, dass hier verfremdende literarische Stilmittel benutzt werden, die durch diese Verfremdung bestimmte Eigenschaften und Vorgänge unserer realen Welt pointiert aufs Korn nehmen. Die "Satire" ginge da in eine ähnliche Richtung.

Und wenn man diesen Gedanken auch beim HdR zulässt, dann kann die "verfremdende" Hobbitwelt als Ergebnis eines literarischen Stilmittels gesehen werden, mit der in einer bestimmten literarischen Form unsere Welt in den Blick genommen wird. Ob man dazu Osterhasen oder Hobbits oder auch Menschen, die den Menschen unserer realen Welt wählt, ist dann nichts weiter als ein Stilmittel. Michael Ende (Verfasser von Momo und Die Unendliche Geschichte) geht sogar so weit, dass er den kategorialen Unterschied zwischen realistischer und phantastischer Kunst gänzlich ableugnet. Er macht das an einem Beispiel der Malerei klar (sein Vater Edgar Ende war surrealer Kunstmaler Wikipedia): eine Landschaft wird zunächst abgemalt: ganz realistisch. Das heißt, sagt Michael Ende, wirklich realistisch kann es nie sein, da ein gewisser Abstraktionsgrad von Natur aus da ist, wenn etwas mit Pinsel und Farbe 'übersetzt" wird. Es ist immer schon mittels des Kunstcharakters eine Deutung. Dann könne man, sagt Ende, noch einen Schritt weitergehen und erst noch ein wenig mehr abstrahieren und dann noch mehr. Man könne zum Beispiel das Mythische aus dieser Landschaft herausarbeiten oder sie zum Transportmittel mythischer Aussagen machen. Dann hat man - füge ich jetzt hinzu - die Phantastik der Romantik oder des Surrealismus. Ausgangspunkt ist immer die reale Welt, aber mittels künstlerischer Stilmittel "übersetzt" man sie in eine verfremdende, um damit eine Aussage zu transportieren.

Damit wird aber nichts weiter als das Wesen der Kunst beschrieben. Laut Michael Ende ist der reine Abbildungscharakter der Kunst gar nicht möglich, es gibt nur unterschiedliche Abstraktionsstufen.

Ich gebe da Michael Ende ziemlich Recht und sehe im HdR im Rückgriff auf Phantasiegestalten nichts kategorial Neues. Laut Tolkiens Selbstaussage sollen diese Phantasieschwerter und Phantasiebäume - wie in einem anderen Thread schon mal erwähnt - lediglich den Blick freiputzen für unsere reale Welt.

Dies ist aber schon immer das Wesen der Kunst gewesen, und darum ist gerade dies für mich kein Kriterum, ein neues Genre damit zu definieren.

Ich unterscheide allerdings - noch, muss ich sagen, weil ich vieles für mich noch nicht geklärt habe und immer "on the road" bin - realistische Literatur von phantastischer Literatur. Erstere will unsere äußere Welt abbilden, letztere will unsere innere (psychische, seelische) Welt in Bilder umsetzen. Sowohl die Romantik als auch der Surrealismus - auch bestimmte gotische Bilder im Mittelalter - gestalten diese Innenwelten. Genau wie die Teufel des Mittelalters entstammen die Ringgeister unserer Innenwelt, unseren Träumen und Albträumen. Aber auch sie sind Abstraktionen unserer Erlebnisse, und nur darum könnten sie ein Millionenpublkum finden.

Solange ein literarisches Werk dazu dient, mit was für literarischen Verfremdungsmitteln auch immer, über die Beschaffenheit des realen Menschen und der realen Welt Erkenntnisse zu vermitteln: ist es Kunst.

Kunstgewerbe ist es dann, wenn mit literarischen Mitteln nur gespielt wird um des Spielens willen. Wenn da keine künstlerische Absicht dahinter steht, mittels dieser literarischen Formen etwas Wesentliches über unsere Zeit und ihren Trieben und Wurzeln auszusagen.

Als "Fantasy" wird darum oft nur dieses kunstgewerbliche Spielen verstanden. Man erkennt in Tolkien lediglich das literarische Mittel - "Fantasywelt" - und glaubt, Tolkien habe nichts weiter als Spielen gewollt und nichts weiter als irgendwelche Fantasywelten aufbauen wollen.

Dass es aber um Kritik und Beschreibung einer dem Ende entgegentaumelnden Industriewelt und verdinglichten Kultur - und dem Versuch, dem etwas entgegenzusetzen - ging, wofür Hobbits und Ringgeister und Zauberer nur Bilder sind: das wird oft in der Rezeption seiner Werke als "Fantasy" nicht gesehen.

Die beiden genannten Romane thematisieren also unsere eigene gefährdete Welt. Dies wird in der Sprache der Poesie getan, in Form von poetischen Bildern, aber nichtsdestotrotz geht es knallhart um unsere Realität (die innere wie die äußere).

Und darum sehe ich da - bislang - überhaupt kein Kriterium, das

Hobbit und HdR von den phantastischen Werken der Vergangenheit unterscheidet und ein eigenes Genre einleitet. Es wird ein bekanntes jahrtausendealtes literarisches Mittel benutzt.

Entschuldigung, dass ich erst mal HdR und Hobbit unter die Lupe genommen habe, obwohl die Threadfrage vielleicht mehr auf das Sil zielte. Aber das Sil ist ja erst 1977 publiziert worden, und vorher kannte man nur die beiden erstgenannten Werke, und das Fandom - und damit vermutlich der Begriff "Fantasy" - hatte sich ja an dem HdR entzündet. Zu dem Sil-Komplex und den in diesem Thread dazu formulierten Gedanken schreibe ich dann später.

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Es ist aber imho doch ein Unterschied, ob phantastische Elemente als zur Unterstreichung bestimmter Sachverhalte (zb Fabeln), zur Abtraktion der Realität genuzt wird, oder ob die phantastischen Elemente selber den Grundstein einer Erzählung bilden.

Die beiden genannten Romane thematisieren also unsere eigene gefährdete Welt. Dies wird in der Sprache der Poesie getan, in Form von poetischen Bildern, aber nichtsdestotrotz geht es knallhart um unsere Realität (die innere wie die äußere).

Den Gedanken kann ich nicht nachvollziehen. Du hast doch weiter oben gesagt

Ich unterscheide allerdings - noch, muss ich sagen, weil ich vieles für mich noch nicht geklärt habe und immer "on the road" bin - realistische Literatur von phantastischer Literatur. Erstere will unsere äußere Welt abbilden, letztere will unsere innere (psychische, seelische) Welt in Bilder umsetzen.

Die inneren Bilder werden ja schließlich durch die äußere Welt beeinflusst und geformt. Wenn du nun sagst, dass die beiden Romane innere wie äußere Bilder enthalten, dann kann man das mMn auf jedes phantastische Buch beziehen, da wohl niemand in der Lage ist vollkommen Neues zu schaffen. Eine Inspirationsquelle gibt es immer.

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Hallo golwin!

Es ist aber imho doch ein Unterschied, ob phantastische Elemente als zur Unterstreichung bestimmter Sachverhalte (zb Fabeln), zur Abtraktion der Realität genuzt wird, oder ob die phantastischen Elemente selber den Grundstein einer Erzählung bilden.

Wenn ich das richtig verstanden habe, was Du meinst, dann habe ich den von Dir genannten Unterschied schon versucht zu benennen: literarische Mittel werden - im zweiten Fall - um des Spieles willen benutzt, also kunstgewerblich. Es geht nicht um kunstlerische Aussagen, sondern nur um den Effekt. Also wenn jemand ein Phantasieschloss zeichnet oder im Miniformat erbaut, einfach nur, weil es toll aussieht. Dann steht da kein künstlerischer Anspruch dahinter.

Andererseits kann eine Erzählung ebenfalls literartechnisch nur phantastische Elemente benutzen, will damit aber etwas über das Wesen einer Gesellschaft sagen - zum Beispiel bizarre Verhältnisse beschreiben: die durch diese Verfremdung in ihrer "Bizarrität" wahrnehmbar werden. Tolkien sehe ich in diesem Bereich angesiedelt, nicht in dem vorigen.

Die beiden genannten Romane thematisieren also unsere eigene gefährdete Welt. Dies wird in der Sprache der Poesie getan, in Form von poetischen Bildern, aber nichtsdestotrotz geht es knallhart um unsere Realität (die innere wie die äußere).

Den Gedanken kann ich nicht nachvollziehen. Du hast doch weiter oben gesagt

Ich unterscheide allerdings - noch, muss ich sagen, weil ich vieles für mich noch nicht geklärt habe und immer "on the road" bin - realistische Literatur von phantastischer Literatur. Erstere will unsere äußere Welt abbilden, letztere will unsere innere (psychische, seelische) Welt in Bilder umsetzen.

Die inneren Bilder werden ja schließlich durch die äußere Welt beeinflusst und geformt. Wenn du nun sagst, dass die beiden Romane innere wie äußere Bilder enthalten, dann kann man das mMn auf jedes phantastische Buch beziehen, da wohl niemand in der Lage ist vollkommen Neues zu schaffen. Eine Inspirationsquelle gibt es immer.

Ich weiß jetzt wieder nicht, ob ich Dich genau verstanden habe. Aber es stimmt, ich habe mehrere Modelle der Gattungsbeschreibung in meinem post vorgestellt: einmal das von Michael Ende - der den Unterschied zwischen realistischer und phantastischer Literatur kategorial nicht mitmacht - und meiner momentanen Sicht, die an dieser Unterscheidung noch festhält. Und begründet habe ich dieses Festhalten damit, dass die realistische Literatur sich mehr mit dem Äußeren der Geselllschft befasst: mit Familienstruktur, politischem Leben etc. - während die phantastische Literatur sich eher mit dem Innenleben der Menschen auseinandersetzt, das in äußere Bilder übersetzt wird. Denn das Übersetzen in das Bizarre, Phantastische oder Surreale komponiert eine sehr subjektive Note hinen: die des albtraumhaften oder traumhaften Erlebens. Die Romantiker, die Surrealisten und eben auch Tolkien geben dem Traum und dem Traumhaften einen sehr hohen Stellenwert.

Da dies aber, wie Du selber wohl sagst, für jedes phantastische Buch gilt, sehe ich zur Zeit den Grund nicht, dem HdR in diesem Sinne eine andere Gattung zuzuweisen als allen anderen phantastischen Romanen auch.

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Evtl. mal ein kleiner Lesetipp, wenn es gestattet ist:

Mir fällt gerade ein, dass sich Frank Weinreich höchstwahrscheinlich - vermute ich jedenfalls, da das Buch noch nicht auf dem Markt ist, aber Frank ist ja nunmal einer unserer Tolkienexperten - u. a. mit genau dieser Frage in seinem neuen Buch auseinandersetzen wird. Wenn ich es richtig weiß, eine Einführung in das Genre 'Fantasy'.

Die Gattung Fantasy in Buch Film, Spiel, Musik oder Kunst stellt einen unabtrennbaren und wichtigen Bestandteil der Populärkultur dar, der als solcher Teil des Lebens und Fühlens einer nicht geringen Menge von Menschen ist. Dafür ist das Phänomen Fantasy einer vergleichsweise geringen Anzahl theoretischer Betrachtungen und interpretierender Erklärung unterzogen worden. Einen Schritt in diese Richtung stellt das Ihnen hiermit vorliegende Buch dar.

Weltbekannte Titel wie Der Herr der Ringe, Harry Potter, Fluch der Karibik, World of Warcraft, Forgotten Realms und Conan sind die vielleicht bekanntesten Beispiele für den Erfolg von Fantasy – doch welchem Umstand ist das zu verdanken? Wie und warum wirkt Fantasy so attraktiv auf ein durchaus disparates Publikum aus Menschen verschiedenster Kulturen, beider Geschlechter, heterogener Bildung und aller Altersstufen? Das ist eine Frage, die die bis dato vorliegenden Überblicke über das Genre nicht erschöpfend beantworten. Es ist an der Zeit, dass die Analyse des Phänomens Fantasy in eine neue Phase eintritt und sich mit Funktion und Bedeutung der Fantasy beschäftigt.

Mussten die ersten Autorinnen und Autoren von Werken über das Genre Fantasy sich noch vornehmlich mit deskriptiven Erläuterungen sowie mit der Abtragung von Vorurteilen über das vermeintliche Subkulturerzeugnis Fantasy befassen, so ist das theoretische und praktische Verständnis der vielfältigen Universen von Schwert und Magie durch seriöse Untersuchung inzwischen weit vorangetrieben worden. Der Grund für weitergehende Analysen ist damit bereitet. Das Verständnis des Genres in die bisher wenig ausgeleuchteten Bereiche von Bedeutung und Funktion der Gattung für das Publikum zu erweitern, macht neben der Einführung in den Begriff und die Geschichte Fantasy, den inhaltlichen Kern dieses Buches aus, das in vier Teilen die Themen Definition von Fantasy, Fantasy und Mythos, Geschichte und Persönlichkeiten des Genres sowie die interpretierende Beschreibung weniger paradigmatischer Beispiele der Fantasy beinhaltet.

Hier mal ein Link zu einer Seite, die nähere Infos zum Buch gibt: http://molochronik.antville.org/stories/1641473/

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Es geht nicht um kunstlerische Aussagen, sondern nur um den Effekt. Also wenn jemand ein Phantasieschloss zeichnet oder im Miniformat erbaut, einfach nur, weil es toll aussieht. Dann steht da kein künstlerischer Anspruch dahinter.

Andererseits kann eine Erzählung ebenfalls literartechnisch nur phantastische Elemente benutzen, will damit aber etwas über das Wesen einer Gesellschaft sagen - zum Beispiel bizarre Verhältnisse beschreiben: die durch diese Verfremdung in ihrer "Bizarrität" wahrnehmbar werden. Tolkien sehe ich in diesem Bereich angesiedelt, nicht in dem vorigen.

Das sehe ich beides als Varianten des zweiten Falls ("die phantastischen Elemente selber den Grundstein einer Erzählung bilden").

Ich bin mir aber nicht so recht sicher, ob man Tolkien durchweg in deinem zweiten Bereich ansiedeln kann. Wenn man daran denkt, dass er durch seine konstruierten Sprachen zu seinen Erzählungen gekommen ist, dann war es wohl zwangsläufig gegeben, dass es direkt etwas über das "Wesen einer Gesellschaft" sagt. Da kenne ich mich aber leider zu schlecht aus, um wirklich etwas begründetes sagen zu können :kratz:

Ich weiß jetzt wieder nicht, ob ich Dich genau verstanden habe.

Jap, ich denke schon.

Hier versteh ich dich aber nicht:

Ich würde auch heute noch den HdR vom Genre her schlicht als Roman einstufen, denn ich sehe zunächst nicht, was ihn so außergewöhnlich macht, dass ein neues Genre damit begründet wurde.

Da dies aber, wie Du selber wohl sagst, für jedes phantastische Buch gilt, sehe ich zur Zeit den Grund nicht, dem HdR in diesem Sinne eine andere Gattung zuzuweisen als allen anderen phantastischen Romanen auch.

Für meinen Geschmack widerspricht sich das irgendwie. Du ordnest den HdR "schlicht als Roman" ein, dann genauer als phantastischen Roman. Aber ist ein phantastischer Roman denn nicht Fantasy? Oder siehst du da noch einen Unterschied?

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Ich denke Tolkiens Werke gehören zur Kategorie Märchen! Allerdings mit religiösen Eigenschaften! z.B. Illuvatar hat die Welt erschaffen-Gott hat die Welt erschaffen, Illuvatar erschuf das Leben auf Mittelerde-Gott erschuf die Menschen auf der Erde!

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Folgt man der einfachsten Definition von Fantasy ( nach Fredrik Hetmann ), kennzeichnet dieses Genre, die ausgearbeitete Anderswelt ( die Geschichte spielt nur dort ), die Queste ( Suchwanderung oder auch "heroische" Aufgabe ) und der Rückgriff auf Sagen und Mythen unserer Realität ( mehr oder weniger offensichtlich ).

Alle Punkte sind bei Tolkiens Mittelerde- Geschichten erfüllt. Also gehören sie zur Fantasy- Literatur. Überings ein Genre, das in seiner Form wie wir sie heute kennen, erst seit dem 20. Jahrhundert existiert ( egal ob als anspruchsvollere High- Fantasy oder triviale Heoric- Fantasy ).

Da Tolkien der erste und vor allem einflussreichste in der Gattung der ( High- ) Fantasy war, könnte man ihn auch als Begründer des Genres bezeichnen.

Robert E. Howard ( Conan ) nimmt diese Position für die trivialisierte Form der Heroic- Fantasy ein.

Allerdings denke ich, man wird Tolkien mit der "Einschränkung" Fantasy nicht gerecht. Seine Texte können bei weitem mehr als das Genre hergibt.

Beste Grüße

Torshavn

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Hier versteh ich dich aber nicht:

Ich würde auch heute noch den HdR vom Genre her schlicht als Roman einstufen, denn ich sehe zunächst nicht, was ihn so außergewöhnlich macht, dass ein neues Genre damit begründet wurde.

Da dies aber, wie Du selber wohl sagst, für jedes phantastische Buch gilt, sehe ich zur Zeit den Grund nicht, dem HdR in diesem Sinne eine andere Gattung zuzuweisen als allen anderen phantastischen Romanen auch.

Für meinen Geschmack widerspricht sich das irgendwie. Du ordnest den HdR "schlicht als Roman" ein, dann genauer als phantastischen Roman. Aber ist ein phantastischer Roman denn nicht Fantasy? Oder siehst du da noch einen Unterschied?

Der phantastische Roman ist eine Unterrubrik zu "Roman". Identisch ist er eben nicht mit Fantasy, jedenfalls nicht nach meiner Definition. Fantasy ist erst im 20. Jahrhundert entstanden, der phantastische Roman aber hat eine lange Tradition. Ob ich Tolkien wirklich und endgültig als "phantastisch" bezeichnen möchte, darüber bin ich mir noch uneins. Aber ich habe nichts prinzipiell dagegen.

Eventuell ist es dann doch so, dass "Fantasy" ein reines Unterhaltungsgenre ist und darum für mich nicht zu Tolkien passt. "Fantasy" will andere Welten darstellen, aber Tolkien eben nicht. Das sehen aber andere anders, und darum kommt man hier nicht überein.

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Folgt man der einfachsten Definition von Fantasy ( nach Fredrik Hetmann ), kennzeichnet dieses Genre, die ausgearbeitete Anderswelt ( die Geschichte spielt nur dort ), die Queste ( Suchwanderung oder auch "heroische" Aufgabe ) und der Rückgriff auf Sagen und Mythen unserer Realität ( mehr oder weniger offensichtlich ).

Alle Punkte sind bei Tolkiens Mittelerde- Geschichten erfüllt. Also gehören sie zur Fantasy- Literatur.

In meinen Augen sind diese Punkte nicht erfüllt. Außerdem möchte ich diese Definition hinterfragen. "Anderwelt" wird hier total lax benutzt. Das Auenland ist keine Anderwelt. Genauso wie jedes Märchen keine Anderwelt ist. Und Märchen sind auch nicht Fantasy. Die Hobbits betreten zwar die Anderwelt - genau wie der Schmied in "Der Schmied von Großholzingen" -, aber die Romane selber spielen nicht total in der Anderwelt.

Quest und heroische Aufgabe sind jahrtausendealte Romantopoi, und nur, weil das Unterhaltungsgenre diese Topoi verflacht hat, haben sie einen anderen Namen bekommen. So gesehen kann man auch sagen, dass Homer das Genre "Fantasy" begründet hat - trotzdem ist Homers Werk keine Fantasy.

Und Analoges gilt für Tolkien. Er mag es unfreiwillig begründet haben, aber dafür kann er nichts. Er selber gehört nicht dazu, weil er andere Zielsetzung als Fantasy hat.

Überings ein Genre, das in seiner Form wie wir sie heute kennen, erst seit dem 20. Jahrhundert existiert ( egal ob als anspruchsvollere High- Fantasy oder triviale Heoric- Fantasy ).

Nach Helmut Pesch seit 1960. Tolkiens Hobbit ist aber 1937 abgeschlossen, der HdR 1949. Nachträglich jemandem ein Genrestempel aufdrücken ist für mich sehr fragwürdig.

Allerdings denke ich, man wird Tolkien mit der "Einschränkung" Fantasy nicht gerecht. Seine Texte können bei weitem mehr als das Genre hergibt.

Die Genre-Bezeichnung soll ermöglichen, das Werk innherhalb der Tradition einzuordnen. In der traditionellen "Literaturgeschichte" gibt es dieses Genre gar nicht, sondern nur in der Unterhaltungsindustrie. Ein so unwichtiges Kriterium wie der Schauplatz wird in der Literaturgeschichte nicht als genrebildend aufgenommen. In der Unterhaltungsindustrie gilt das aber als entscheidend, weil es werbewirksam ist. Man bezeichnet Tolkien darum als "Fantasy" - meine Unterstellung - weil man damit die Folgeprodukte aufwerten will. Der Begriff "High Fantasy" soll das irgendwie kaschieren. Dennoch hat diese Genrebezeichnung das Ziel, ein Massenbedürfnis zu stillen, und weil man "Mittelerde" als Verkaufsschlager ansieht, bezeichnet man Tolkiens Werk eben auch als "High Fantasy".

Wikipedia nennt as erstes Merkmal für "High Fantasy"

>>>

"In der Regel wird eine eigenständige Welt konstruiert, deren kulturelle und gesellschaftliche Ausformung dem idealisierten europäischen Mittelalter gleicht."

Hier kann man schon die Verflachung erkennen. Zwar gibt es Tolkienfans, die den HdR so lesen, als spiele er in einem idealisierten - und darum verlogenen - Mittelalter: aber das ist eben eine Leseweise, die schon von dem Gedanken der Fantasy geprägt ist. Aber Tolkien hat kein idealisiertes Mittelerde dargestellt, das ließe sich Stück für Stück widerlegen: /man vergleiche Sauron, Gollum, Galadriel, Elrond - alles wichtige Handlungsträger. Auch Bilbo und Frodo haben nicht im Ansatz etwas mit dem Mittelalter zu tun.

Hier die gesamten Merkmale, die bei wiki zu lesen sind (ob sie stimmen, sei dahin gestellt).

Merkmale der High Fantasy

  • In der Regel wird eine eigenständige Welt konstruiert, deren kulturelle und gesellschaftliche Ausformung dem idealisierten europäischen Mittelalter gleicht.
  • Diese Welt wird detailliert mit einer eigenen Flora, Fauna, Geschichte, Religionsgeschichte und im Falle des "Herrn der Ringe" sogar mit eigenen Sprachen inkl. Sprachgeschichte ausgestattet.
  • Mythologischen Aspekten kommt dabei eine besondere Bedeutung zu; sie sind oft eng mit der eigentlichen Handlung verwoben. Meist stehen sie in einem engen Zusammenhang mit irdischen Sagen und Legenden.
  • Magie ist ein ebenso zentraler Bestandteil der Welt wie fremdartige Wesen, Völker und Monster.
  • Die High Fantasy erhebt den moralischen Anspruch, dass die Taten der Figuren mit einem höheren Zweck übereinstimmen, wobei Tugenden wie Ehrlichkeit, Treue, Heldentum und Tapferkeit zählen.
  • Die Handlung folgt meist einem schematischen Aufbau; um eine zumeist globale Bedrohung durch eine finstere Macht abzuwehren, begeben sich die Protagonisten auf eine Quest, d. h. einer längeren Reise, und reifen während dieser zu wahren Helden. Diese Erzählform gleicht der Artus-Epik oder den Heldensagen, in denen ebenfalls die Aventiure im Mittelpunkt steht.

Gewalt und Krieg sind gängige Lösungsstrategien für Konflikte, werden aber anders als in der Low Fantasy meist in Frage gestellt bzw. reflektiert.

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Aus diesen Mermalen wird eigentlich deutlich, dass uralte Kriterien wieder aufgewärmt wurden, um das Bedürfnis nach Krieg und unheimlichen Figuren zu stillen. So etwas befriedigt seit eh und je die Unterhaltungsliteratur. Da geht es um "Stoff" - der Stoff muss stimmen.

Dass Tolkiens HdR so gelesen werden kann - dass sein Aufbau schematisch und damit primitiv ist - will ich nicht leugnen. Aber nur weil die Folgewerke schematisch sind, kann man dies nicht auch dem HdR unterstellen.Die Struktur ist komplex und überragt das Genre Fantasy. Allein durch den Chronisten-Gedanken, der raffiniert durchgespielt ist.

Für mich steckt zur Zeit hinter dieser Genre-Frage: Genören HdR, Hobbit und Sil in die Unterhaltungsbranche oder gehören sie in die Geschichte der "künstlerischen Literatur", unter die auch Homer und Shakespeare eingereiht werden.

Wenn sie in beides gehören können, wäre ich schon zufrieden. ich wehre mich nur gegen die Abstempelung "nichts weiter als Fantasy". Für die Fans ist das zwar ein Positivum, für die Literaturkritiker aber ein Negativum.

Ich bringe den Unterschid zwischen Phantastik und Fantasy - mal etwas provokant - auf einen Punkt:

Fantasy ist die Verflachung der Phantastik für den Massengeschmack.

Manche meinen vielleicht Phantastik, wenn sie von Fantasy sprechen: weil sie die literarische Tradition nicht kennen und glauben, bei Tolkien sei das alles neu. Aber der Literaturkritiker versteht unter Fantasy vermutlich nur das Produkt von schematischem Massengeschmack, wo alles standardisiert und voraussehbar abläuft und alles auf billige Spannung getrimmt ist.

Die Tolkienleser selber aber lesen Tolkien meist ja gar nicht so. Das ist eben der Punkt. Sie verstehen oft an Tolkien sehr viel mehr, als das Genre "Fantasy" abdecken kann.

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Und Analoges gilt für Tolkien. Er mag es unfreiwillig begründet haben, aber dafür kann er nichts. Er selber gehört nicht dazu, weil er andere Zielsetzung als Fantasy hat.

Nach Helmut Pesch seit 1960. Tolkiens Hobbit ist aber 1937 abgeschlossen, der HdR 1949. Nachträglich jemandem ein Genrestempel aufdrücken ist für mich sehr fragwürdig. .

Für mich steckt zur Zeit hinter dieser Genre-Frage: Genören HdR, Hobbit und Sil in die Unterhaltungsbranche oder gehören sie in die Geschichte der "künstlerischen Literatur", unter die auch Homer und Shakespeare eingereiht werden.

Wenn sie in beides gehören können, wäre ich schon zufrieden. ich wehre mich nur gegen die Abstempelung "nichts weiter als Fantasy". Für die Fans ist das zwar ein Positivum, für die Literaturkritiker aber ein Negativum.

Ich bringe den Unterschid zwischen Phantastik und Fantasy - mal etwas provokant - auf einen Punkt:

Fantasy ist die Verflachung der Phantastik für den Massengeschmack.

Wando, für mich persönlich gehört Tolkien sowohl zur Fantasy als auch zur künstlerischen Literatur. Ich würde ihn eher neben Homer und Shakespeare stellen; habe aber auch keine Probleme ihn als Fantasy zu sehen. Mit dem Genre allgemein komme ich seit Jahren recht gut klar. Die Fantasy hat für mich auch nicht diesen negativen Beigeschmack, der dem Genre immer noch anhängt. Das Subgenre der Phantastik findet auch theoretisch immer mehr Beachtung ( Ich stimme Peschs zeitlicher Datierung nicht zu. Dann würden nämlich Autoren wie Howard und Lovecraft herausfallen. ). Ich warte hier gerne die nähere und weitere Zukunft ab, wenn auch die Literaturwissenschaft die Fantasy entdeckt ( die Phantastik hat sie ja schon seit ein paar Jahren im Blick ); denn auch hier sind einige Perlen zu entdecken, die mehr zu bieten haben als platte Unterhaltung. Autoren wie Richard Ford, Ursula K. LeGuin gehören meiner Meinung nach dazu.

Deiner kleinen Provokation stimme ich nicht zu, denn Fantasy ist nur ein Teil der Phantastik. Vielleicht in der öffentlichen Wahrnehmung der wichtigste, vielleicht sogar synonym verwendet. Fantasy ist bei weitem nicht nur Unterhaltungs- bzw. Trivialliteratur. Nur muß man in dem Genre länger suchen, um die "kulturellen" Highlights zu finden. Das kann mitunter sehr mühsam sein. Gerade da die Fantasy im Augenblick so populär ist.

Tolkien ist für mich etwas Besonderes, da seine Mittelerde- Werke sowohl der Literaturwissenschaft als auch der Unterhaltung dienen. Das kommt selten genug vor.

Ich glaube allerdings auch nicht, das Tolkien Fantasy schaffen wollte. Da war er sich mit seinem Kollegen und Freund C.S. Lewis auch wohl einig, Geschichten eher im Sinne der Romanze zu schreiben, die sie beide gerne gelesen haben ( ich habe das Originalzitat gerade nicht zur Hand ).

Tolkien steht, meines Erachtens, in anderer Tradition als der der Fantasy. Aber nichts desto trotz schadet ihm die Zuordnung nicht.

Beste Grüße

Torshavn

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( Ich stimme Peschs zeitlicher Datierung nicht zu. Dann würden nämlich Autoren wie Howard und Lovecraft herausfallen. ).

Die Argumentation begreife ich jetztnicht. Pesch weist nach, wan der Fantasy-Begriff zum ersten Mal gebraucht wurde. Bloß weil man nachträglich andere Autoren da rein haben will, kann man doch nicht Geschichtsverfälschung begehen. Verstehst Du? Das ist doch genau die Argumentation, die auch Homer als Fantasy erklären will. Nachträglich aber jemandem ein Genre aufzwingen, ist in meinen Augen nicht legitim. Historisch gab es den Fantasy-Gedanken vorher nicht. Also gab es dieses Genre vorher nicht. Ein Genre - jedenfalls, wenn es thematisch definiert ist - ist ein Zeitprodukt. Es entsteht in einer bestimmten historischen Situation, ist ein Ergebnis gesellschaftlicher Prozesse. Ich bin sehr gespannt auf Weinreichs - oben von Andre verlinktes - Buch. Ich vermute, dass Fantasy auch ohne Internet und den Möglichkeiten des Internets nie hätte entstehen können.

Ich warte hier gerne die nähere und weitere Zukunft ab, wenn auch die Literaturwissenschaft die Fantasy entdeckt ( die Phantastik hat sie ja schon seit ein paar Jahren im Blick );

Torshavn, die Literaturwissenschaft kennt die Phantastik seit ihrem Entstehen. Und sie wird die "Fantasy" nicht entdecken, es sei denn als Produkte der Unterhaltungsindustrie oder Trivialliteratur. Und als solche ist sie schon entdeckt. Allerdings noch nicht gründlich untersucht. Aber das scheint vor der Tür zu stehen.

denn auch hier sind einige Perlen zu entdecken, die mehr zu bieten haben als platte Unterhaltung. Autoren wie Richard Ford, Ursula K. LeGuin gehören meiner Meinung nach dazu.

Es gab immer schon gute oder schlechte Unterhaltungsliteratur. [:] Einige davon wurden später als "Kunst" eingestuft, das stimmt. Manches wurde erst später als solches erkannt. Das gibt es immer in der Literaturhistorie. Aber die von Dir genannten Autoren kenne ich nicht. Wenn sie wirklich den Kunstcharakter haben, dann sind sie halt keine Fantasy. Fantasy schließt für mich per se den Kunstcharakter aus. Jedenfalls noch.

Deiner kleinen Provokation stimme ich nicht zu, denn Fantasy ist nur ein Teil der Phantastik.

Habe ich ja nicht abgestritten. Genauso wie plumpe Verfolgungsgeschichten vom Genre her in die Heldensagen gehören könnten - theoretisch. Tun sie aber nicht, weil sie nur eine Verflachung sind.

Fantasy ist bei weitem nicht nur Unterhaltungs- bzw. Trivialliteratur. Nur muß man in dem Genre länger suchen, um die "kulturellen" Highlights zu finden. Das kann mitunter sehr mühsam sein. Gerade da die Fantasy im Augenblick so populär ist.

Ich begreife Deine Argumentation nicht. :help:

Es geht doch hier um Definition, oder nicht? Wenn Fantasy nicht per definitionem Unterhaltungsliteratur ist, was ist sie dann per definitionem? Der von mir zitierte wikipedia-Artikel definiiert doch nichts weiter als Merkmale der Unterhaltungsindustrie.

Was sollen denn nun "kulturelle Highlights" sein? Werke wie die Musicals, die als solche verkauft werden? :ka:

Fantasy definiert sich über einen Schauplatz, über eine konstruierte "Fantasywelt". Das ist nur im Bereich der Unterhaltungsindustrie möglich. Wenn ein Künstler davon Abstand nimmt, dann fällt er eben nicht mehr in den Bereich der Fantasy.

Tolkien steht, meines Erachtens, in anderer Tradition als der der Fantasy.

Na, siehste. Das klingt jetzt aber wieder ganz anders. :yoho:

Aber nichts desto trotz schadet ihm die Zuordnung nicht.

Wie wollen wir denn jetzt "Schaden" definieren? Das ist alles sehr komplex. Die Rezeption Tolkiens als reine Fantasy schadet insofern, als er nicht ernst genommen wird und man seine Werke nicht versteht bzw. sich nicht bemüht, sie zu verstehen.

Aber weil - andererseits - Tolkien ja inzwischen als ernstzunehmender Schriftsteller erforscht wird, wird dem ja auch etwas entgegengesetzt.

Bearbeitet von Wando
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Dass Tolkiens HdR so gelesen werden kann - dass sein Aufbau schematisch und damit primitiv ist - will ich nicht leugnen. Aber nur weil die Folgewerke schematisch sind, kann man dies nicht auch dem HdR unterstellen.Die Struktur ist komplex und überragt das Genre Fantasy. Allein durch den Chronisten-Gedanken, der raffiniert durchgespielt ist.

Das sehe ich ähnlich. Meine (sehr unprofessionelle :( ) Vermutung:

Durch die Berühmtheit, die der HDR und der Hobbit ja schon früh erlangt haben, sind einige Schriftsteller auf den Gedanken gekommen zu versuchen Bücher in der Nachfolgerschaft des HDR zu schreiben. So wurden von ihnen dann die "offensichtlichen" Merkmale übernommen, die Wando ja schon aus Wikipedia zitiert hat.

Aus dem Facettenreichtum des HDR wurde also eine Seite herausgenommen und versucht zu kopieren (und selbst das ist oft nicht gelungen, wenn man Handlung, Ausarbeitung etc. vergleicht). (Gerade dieses Fehlschlagen ist ja ein weiterer Beweis für die Komplexität des Werkes oder nicht?)

Die Bücher kamen auf dem Markt gut an und verlangten so bald nach einer neuen Einsortierung. So entstand der Begriff Fantasy und wird nun rückläufig ebenfalls auf die ersten Bücher angewandt, bei denen diese neue "Leseidee" aufgekommen ist. Natürlich lassen sich Tolkiens Werke als Fantasy lesen (und werden ja leider auch von den meisten Fans nur so aufgenommen), aber ich denke nicht, dass diese "Leseart" die ursprüngliche Intention war.

Während ich gerade noch ein bisschen über die Thematik nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, dass ich Fantasy je mehr ich darüber nachdenke eigentlich nur als eine "Leseart" eine bestimmte "Rezeptionsweise" sehe. Die in der durch den HDR ausgelösten "Fantasywelle" geschriebenen Werke sind eigentlich nur Versuche sich dieser Leseart so weit wie möglich anzupassen, Unterhaltungsliteratur eben, die vielleicht nur durch ihre Masse zu einem eigenen Genrenamen gekommen ist... :kratz:

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Während ich gerade noch ein bisschen über die Thematik nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, dass ich Fantasy je mehr ich darüber nachdenke eigentlich nur als eine "Leseart" eine bestimmte "Rezeptionsweise" sehe.

Aber wieso sollte denn das Genre durch die Rezeptionsweise definiert werden? Ist es nicht vielmehr so, dass man einfach das rezipiert, was im Text steckt, wobei es in jedem Genre sowohl gehaltvolle Werke als auch Wühltischprodukte gibt? Gehaltvolle Sci-Fi und Groschenheft-Sci-Fi? Gehaltvolle Krimis und Jerry Cotton? :kratz:

Wieso sollte man einen Genre-Begriff ("Fantasy") a priori mit einem Werturteil ("primitiv, klischeehaft, unkomplex" etc.) verbinden, um dann einem Werk aufgrund seiner Komplexität die Genre-Zuordnung zu verweigern?

Wie auch immer, dem "Lord of the Rings" dürfte es egal sein, ob man ihn als "Fantasy-Lit." oder "phantastische Lit." bezeichnet. Was drinsteckt, steckt drin. Was nicht drinsteckt, kann man lange suchen. :kratz:

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Die Argumentation begreife ich jetztnicht. Pesch weist nach, wan der Fantasy-Begriff zum ersten Mal gebraucht wurde. Bloß weil man nachträglich andere Autoren da rein haben will, kann man doch nicht Geschichtsverfälschung begehen. Verstehst Du? Das ist doch genau die Argumentation, die auch Homer als Fantasy erklären will. Nachträglich aber jemandem ein Genre aufzwingen, ist in meinen Augen nicht legitim. Historisch gab es den Fantasy-Gedanken vorher nicht. Also gab es dieses Genre vorher nicht.

Wenn ich mich richtig erinnere ( es ist Jahre her, das ich ihn las ), macht Pesch den Begriff der Fantasy am Erscheinen der amerikanischen Taschenbuchreihen in den 1960er Jahren fest, die im Anschluß an die illegale TB- Ausgabe des Herrn der Ringe erschienen. In diesen Reihen gab es auch einen historischen Rückgriff auf die "goldene Zeit" der Pulp- Hefte der 1920er bis 1930er Jahre ( Robert E. Howard- Revial ). Damit stammt zwar der Begriff aus den 1960er Jahren, aber die inhaltliche Definition erfaßt auch frühere Texte. Damit ist für mich die Gattung Fantasy ein Kind des 20. Jahrhunderts. Pesch selbst greift meines Wissens sogar auf Autoren wie MacDonald und Rider Haggard zurück. Schließt damit meines Erachtens sogar das 19.Jahrhundert mit ein. Ich sehe es also nicht als Geschichtsverfälschung den Begriff weiter zu fassen. Auch wenn ich nicht bis zu Homer zurückgehen würde, sondern lediglich das 20. Jahrhundert einschliesse.

Wenn jemand Geschichten schreibt, die mehr oder wenig eindeutig, der Fantasy zugeordneten werden können, ist es meines Erachtens egal ob der Begriff später entstanden ist oder nicht. Das Phänomen ist in der Literaturgeschichte meines Wissens auch nicht neu. Auch wenn ein Genre erst später definiert wurde, können meiner Meinung nach, frühere Texte durchaus dazu gerechnet werden.

Torshavn, die Literaturwissenschaft kennt die Phantastik seit ihrem Entstehen. Und sie wird die "Fantasy" nicht entdecken, es sei denn als Produkte der Unterhaltungsindustrie oder Trivialliteratur. Und als solche ist sie schon entdeckt. Allerdings noch nicht gründlich untersucht. Aber das scheint vor der Tür zu stehen.

Es gab immer schon gute oder schlechte Unterhaltungsliteratur. [:] Einige davon wurden später als "Kunst" eingestuft, das stimmt. Manches wurde erst später als solches erkannt. Das gibt es immer in der Literaturhistorie. Aber die von Dir genannten Autoren kenne ich nicht. Wenn sie wirklich den Kunstcharakter haben, dann sind sie halt keine Fantasy. Fantasy schließt für mich per se den Kunstcharakter aus. Jedenfalls noch.

Ja natürlich hat die Fantasy ihr größtes und populärstes Standbein in der Unterhaltungsliteratur. Aber es gibt durchaus Autoren ( Leguin, Ford ), die den Kunstcharakter ( hier bräuchten wir vielleicht einmal den Versuch einer Definition ) erfüllen. Aber in meinen Augen dennoch dem Genre zugehörig bleiben. Für mich und einige andere ( z.B. Susanne Tschirner: Der Fantasy- Bildungsroman ) ist die Fantasy nicht nur reine Unterhaltungsliteratur. Fantasy schließt in meinen Augen den Kunstcharakter nicht per se aus.

Meines Wissens ist die literarische Phantastik erst seit 20, 30, 40 Jahren recht ausführlicher Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Untersuchungen. Auch die Fantasy wird zu mindestens in Deutschland erst seit Pesch etwas häher untersucht. Frank Weinrich wird der Zweite sein, der einen neueren Blick auf das Genre wirft. Auf das Buch bin ich sehr gespannt.

Ich begreife Deine Argumentation nicht. :help:

Es geht doch hier um Definition, oder nicht? Wenn Fantasy nicht per definitionem Unterhaltungsliteratur ist, was ist sie dann per definitionem? Der von mir zitierte wikipedia-Artikel definiiert doch nichts weiter als Merkmale der Unterhaltungsindustrie.

Was sollen denn nun "kulturelle Highlights" sein? Werke wie die Musicals, die als solche verkauft werden? :ka:

Fantasy definiert sich über einen Schauplatz, über eine konstruierte "Fantasywelt". Das ist nur im Bereich der Unterhaltungsindustrie möglich. Wenn ein Künstler davon Abstand nimmt, dann fällt er eben nicht mehr in den Bereich der Fantasy.

Wie wollen wir denn jetzt "Schaden" definieren? Das ist alles sehr komplex. Die Rezeption Tolkiens als reine Fantasy schadet insofern, als er nicht ernst genommen wird und man seine Werke nicht versteht bzw. sich nicht bemüht, sie zu verstehen.

Die Phantastik ist für mich eine literarische Gattung. Die Fantasy ist wie die Science Fiction und der Horror ein Subgenre der Phantastik. Damit wäre sie mehr als nur Unterhaltungsliteratur. Jede literarische Gattung, jedes Genre bringt in meinen Augen Texte hervor, die rein der Unterhaltung dienen und solche, die uns auch in späteren Zeiten noch etwas zu sagen haben, die in gewisser Weise zeitlos oder immer wieder neu zu entdecken sind.

"Kulturelle Highlights" ist kein gut gewählter Begriff von mir. Ich meinte eher, es ist schwer bei der Masse der Fantasytexte, die mit "Kunstcharakter" herauszufinden. Aber ich denke auch da wird die Zeit helfen.

Ich glaube ich sehe das Genre Fantasy nicht so negativ wie Du Wando. Für mich ist ersteinmal kein Makel damit verbunden.

Beste Grüße

Torshavn

Bearbeitet von Úmarth
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Aber wieso sollte denn das Genre durch die Rezeptionsweise definiert werden?

Das genau war ja meine "Theorie". Mit den Kriterien, die Wando im Bezug auf Fantasy genannt hat (ih vermag es nicht zu beurteilen, wie genau diese jetzt stimmen und lasse sie deshalb einfach einmal so dahingestellt), wäre Fantasy ein Genre, das auf einer bestimmten Rezeptionsweise basiert, der dann spätere Werke "angepasst" wurden.

Aber wie gesagt, das war nur meine Theorie. ;-)

Ist es nicht vielmehr so, dass man einfach das rezipiert, was im Text steckt, wobei es in jedem Genre sowohl gehaltvolle Werke als auch Wühltischprodukte gibt?

Tja, das wäre wohl der Wunschtraum, dass alle Leser ALLES was in einem Text "drinsteckt" rezipieren würden. Aber das ist leider (oder vielleicht auch zum Glück, denn sonst würde es so manche spannende Diskussion nicht geben) IMHO unmöglich.

Wieso sollte man einen Genre-Begriff ("Fantasy") a priori mit einem Werturteil ("primitiv, klischeehaft, unkomplex" etc.) verbinden, um dann einem Werk aufgrund seiner Komplexität die Genre-Zuordnung zu verweigern?

Das genau habe ich ja versucht mit meiner Theorie zu erklären.

Der HDR wird ja von vielen Lesern denke ich als diese Art von Fantasy (primitiv, klischeehaft, etc...) gelesen, schätze cih mal... :kratz:

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Wenn ich mich richtig erinnere ( es ist Jahre her, das ich ihn las ), macht Pesch den Begriff der Fantasy am Erscheinen der amerikanischen Taschenbuchreihen in den 1960er Jahren fest, die im Anschluß an die illegale TB- Ausgabe des Herrn der Ringe erschienen. In diesen Reihen gab es auch einen historischen Rückgriff auf die "goldene Zeit" der Pulp- Hefte der 1920er bis 1930er Jahre ( Robert E. Howard- Revial ). Damit stammt zwar der Begriff aus den 1960er Jahren, aber die inhaltliche Definition erfaßt auch frühere Texte. Damit ist für mich die Gattung Fantasy ein Kind des 20. Jahrhunderts. Pesch selbst greift meines Wissens sogar auf Autoren wie MacDonald und Rider Haggard zurück. Schließt damit meines Erachtens sogar das 19.Jahrhundert mit ein. Ich sehe es also nicht als Geschichtsverfälschung den Begriff weiter zu fassen.

Ich verstehe hier noch immer nicht Deine Argumentation. Wir haben hier von Pesch geredet. Er definiert "Fantasy" ab den 60-er Jahren. Willst Du nun sagen, dass ich mich hier geirrt habe oder willst Du sagen, dass Du es anders als Pesch siehst?

Dass Fantasy in seinen Wurzeln weit zurückgeht, bis auf Homer, steht doch außer Frage. Aber der Punkt ist doch, mit welchem Recht nun auch Homer als Fantasy eingestuft wird. Die Gründe wären da wichtig. Und eben die Definition der Fantasy.

Auch wenn ich nicht bis zu Homer zurückgehen würde, sondern lediglich das 20. Jahrhundert einschliesse.

Mit welcher Begründung?

Wenn jemand Geschichten schreibt, die mehr oder wenig eindeutig, der Fantasy zugeordneten werden können, ist es meines Erachtens egal ob der Begriff später entstanden ist oder nicht.

Ich begreife das noch immer nicht. Wie willst Du denn etwas "eindeutig" zuordnen können, bevor Du "Fantasy" nicht definiert hast. Und mein Argument war, dass es keineswegs "egal" ist, ob man eine in einer bestimmten gesellschaftlich-historischen Situation entstandene Sorte Literatur so weit definiert, dass auch vorige Jahrhunderte einbegriffen sind. Der Begriff "Phantastik" erfüllt ja diese weite Definition. Was aber ist nun anders in den Werken ab 1960?

Das Phänomen ist in der Literaturgeschichte meines Wissens auch nicht neu. Auch wenn ein Genre erst später definiert wurde, können meiner Meinung nach, frühere Texte durchaus dazu gerechnet werden.

Dafür hätte ich gerne ein Beispiel.

Die Phantastik ist für mich eine literarische Gattung. Die Fantasy ist wie die Science Fiction und der Horror ein Subgenre der Phantastik. Damit wäre sie mehr als nur Unterhaltungsliteratur.

Da fehlt mir jetzt der erläuternde Gedanke. Wieso sind diese Untergruppen automatisch mehr als Unterhaltungsliterautr? Das Genre "Horror" gibt es außerhalb der Unterhaltungsliteratur nicht. Es ist per se reine Unterhaltung. Analog zu Pornos (Entschuldigung). Die sind auch eine literarische Gattung, können aber nie etwas anderes sein als direkt gezielt auf außerliterarische Bedürfnisse. Für den Horror gilt das analog.

Jede literarische Gattung, jedes Genre bringt in meinen Augen Texte hervor, die rein der Unterhaltung dienen und solche, die uns auch in späteren Zeiten noch etwas zu sagen haben, die in gewisser Weise zeitlos oder immer wieder neu zu entdecken sind.

Nein, siehe oben.

"Kulturelle Highlights" ist kein gut gewählter Begriff von mir. Ich meinte eher, es ist schwer bei der Masse der Fantasytexte, die mit "Kunstcharakter" herauszufinden. Aber ich denke auch da wird die Zeit helfen.

Ich glaube ich sehe das Genre Fantasy nicht so negativ wie Du Wando. Für mich ist ersteinmal kein Makel damit verbunden.

Ich wünschte mir da nur Begründungen. Bisher bringst Du ja immer nur Deinen Wunsch zum Ausdruck.

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Aber wieso sollte denn das Genre durch die Rezeptionsweise definiert werden?

Das genau war ja meine "Theorie". Mit den Kriterien, die Wando im Bezug auf Fantasy genannt hat (ih vermag es nicht zu beurteilen, wie genau diese jetzt stimmen und lasse sie deshalb einfach einmal so dahingestellt), wäre Fantasy ein Genre, das auf einer bestimmten Rezeptionsweise basiert, der dann spätere Werke "angepasst" wurden.

Aber wie gesagt, das war nur meine Theorie. ;-)

Also, geht man nach den genannten Kriterien für Fantasy, wird das Genre (so wie ich das gerade sehen kann) nicht durch eine bestimmte Rezeptionsweise definiert, sondern durch die von den Autoren verwendeten Elemente und Inhalte. So sieht eigentlich jede Genre-Definition aus: Es wird empirisch ermittelt, welche Romane in ihrer Bauform starke Ähnlichkeiten aufweisen. Diese Romane werden in Gruppen einsortiert. So gibt es dann beispielsweise die Gruppe der Krimis, die allesamt bestimmte Elemente gemeinsam haben, und eben auch die Gruppe der Fantasy-Romane etc. :kratz:

Ich sehe im Moment nicht, dass die genannte Definition der Fantasy sich von den gängigen Definitionen anderer Genres unterscheidet. (Okay, sie unterscheidet sich vielleicht dadurch, dass sie oberflächlicher bleibt als manch andere Definition, da die Fantasy womöglich noch nicht ganz so intensiv erschlossen ist wie z.B. die Sci-Fi.) :kratz:

Vielleicht ist mir auch noch unklar, was du genau mit "einer bestimmten Rezeptionsweise" meinst. Meinst du damit, "Fantasy ist in der allgemeinen Wahrnehmung nur ein trivialer Zeitvertreib und daher werden 'Drachen-Romane' ;-) und '-Romanzen', in denen viele nicht mehr als einen trivialen Zeitvertreib sehen können, als Fantasy eingetütet und somit aus einer ernsthafteren Betrachtung ausgeschlossen, weil genau die gleichen Leute in Fantasy per definitionem nicht mehr sehen als Trivialität"? Oder meinst du etwas anderes? :kratz:

Ist es nicht vielmehr so, dass man einfach das rezipiert, was im Text steckt, wobei es in jedem Genre sowohl gehaltvolle Werke als auch Wühltischprodukte gibt?

Tja, das wäre wohl der Wunschtraum, dass alle Leser ALLES was in einem Text "drinsteckt" rezipieren würden. Aber das ist leider (oder vielleicht auch zum Glück, denn sonst würde es so manche spannende Diskussion nicht geben) IMHO unmöglich.

Klar, das ist unmöglich, Zustimmung. Ich wollte damit nur ausdrücken, dass die vorhandenen Inhalte nicht durch eine Genre-Zuordnung bestimmt werden, sondern schlicht vorhanden sind und entdeckt werden können.

Wieso sollte man einen Genre-Begriff ("Fantasy") a priori mit einem Werturteil ("primitiv, klischeehaft, unkomplex" etc.) verbinden, um dann einem Werk aufgrund seiner Komplexität die Genre-Zuordnung zu verweigern?

Das genau habe ich ja versucht mit meiner Theorie zu erklären.

Der HDR wird ja von vielen Lesern denke ich als diese Art von Fantasy (primitiv, klischeehaft, etc...) gelesen, schätze cih mal... :kratz:

Ja, auch Zustimmung. Viele finden den "Herrn" traurigerweise durch und durch klischeehaft. Kann man nichts machen.

Aber das liegt ja nicht am Genre oder an der gängigen Definition des Genres. Schau dir noch mal die genannten Kriterien an. Zu den Kriterien gehören weder "Primitivität" noch "Klischeehaftigkeit", sondern sachlich-formale Kriterien, wie z.B. die Verarbeitung von Sagengut, Magie, Monster, oft das Motiv der Queste, Elemente aus Artus-Epik und Aventuire usw. Eine mögliche Gedankentiefe (usw.) einzelner Werke wird nicht von Anfang an durch die Definition ausgeschlossen.

Allerdings würde ich zustimmen, wenn du u.a. meinst, dass schon allein das Etikett "Fantasy" bei vielen Literaturwissenschaftlern (etc.) ein Naserümpfen verursacht und dass genau diese Leute für das Etikett der "phantastischen Literatur" empfänglicher sind. Ich vermute aber, dass das eher nur in Deutschland so ist. Im englischsprachigen Raum gibt es, wenn ich mich recht erinnere, nicht so eine krasse Unterscheidung zwischen "Fantasy" und "phantastischer Literatur". Dort ist die Schubladisierung nicht so wichtig (denk' ich).

Um noch mal kurz auf den springenden Punkt von oben zurückzukommen:

Durch die Berühmtheit, die der HDR und der Hobbit ja schon früh erlangt haben, sind einige Schriftsteller auf den Gedanken gekommen zu versuchen Bücher in der Nachfolgerschaft des HDR zu schreiben. So wurden von ihnen dann die "offensichtlichen" Merkmale übernommen, die Wando ja schon aus Wikipedia zitiert hat.

Aus dem Facettenreichtum des HDR wurde also eine Seite herausgenommen und versucht zu kopieren (und selbst das ist oft nicht gelungen, wenn man Handlung, Ausarbeitung etc. vergleicht). (Gerade dieses Fehlschlagen ist ja ein weiterer Beweis für die Komplexität des Werkes oder nicht?)

Die Bücher kamen auf dem Markt gut an und verlangten so bald nach einer neuen Einsortierung. So entstand der Begriff Fantasy und wird nun rückläufig ebenfalls auf die ersten Bücher angewandt

Aber läuft die Entstehungsgeschichte eines Genres nicht immer so ab? Dass also ein Autor ein Werk "XY" schreibt, mit dem Werk nicht unbedingt Nachahmer und ein neues Genre herbeizaubern will, die Nachahmer und das neue Genre aber dennoch auf der Bildfläche erscheinen, die Inhalte des Ursprungswerks häufig verflacht (manchmal aber auch verfeinert) werden und das Ursprungswerk dann als Genre-Begründer eingestuft wird, wobei es Ermessenssache ist, ob man das Ursprungswerk als Teil des neuen Genres oder ausserhalb davon sieht? Edgar A. Poe ist ja beispielsweise der Mitbegründer der modernen Detektiv- und Kriminalgeschichten, wird (je nachdem, wen man fragt) mal als fester Teil des Genres, mal nur als Vorläufer gesehen. Doch der Mitbegründerstatus führt in keinem Fall dazu, dass Poe mit Groschenheftkrimis in einen Topf geworfen wird, weil wohl alle sehen können, dass seine Literatur nicht aus kommerziellen Gründen, sondern aufgrund von ernsthaften literarischen Interessen entstanden ist.

Hmpf, eigentlich wollte ich nur zwei Sätze schreiben und im Grunde zustimmen. Jetzt ist es doch ausgeufert (und hoffentlich ist's halbwegs verständlich). Die Kernfrage ist für mich jedenfalls: Was meintest du mit dieser "bestimmten Rezeptionsweise"? Könntest du die noch mal etwas genauer erläutern?

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Der Knackpunkt scheint mir in der Definition des Genres Fantasy zu liegen, und eventuell scheint das Verständnis, was ganz allgemein unter einem Genre verstanden wird, ebenfalls verschiedentlich verstanden zu werden. Vielleicht hilft es für die Klärung, von welcher Definition des Genres Fantasy hier die Beteiligten ausgehen.

Schöne Grüße,

viator

Bearbeitet von viator
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Also, ich persönlich habe mit der Kurz-Definition der High Fantasy aus der Wikipedia keine Probleme, auch wenn ein Fantasy-Fachmann sicher eine treffendere hinkriegen kann. Ob man den "Herrn der Ringe" dann als "Fantasy" oder als Vorläufer der "Fantasy" oder allgemein als "phantastische Literatur" oder als "Fairy Story" oder als "heroic romance" einsortiert, ist meines Erachtens Ermessenssache. Alle Positionen sind nachvollziehbar, finde ich. :kratz: Zumal die eine Schublade die andere nicht ausschliesst: die "romance" kann in der "Fairy Story" enthalten sein, die "Fairy Story" in der "Fantasy", die "Fantasy" in der "phantastischen Literatur".

Zu bedenken ist bei alledem, wie Torshavn auch längst gesagt hat, dass das Genre "Fantasy" nicht von Anfang an als "minderwertig" definiert ist, sondern, wie jedes Genre, komplexe und eher primitive Werke enthält.

Zu bedenken wäre andererseits, dass dennoch viele Leute im Alltag mit "Fantasy" "Groschenhefte" und ähnliches verbinden. Diesen negativen Beigeschmack scheint das Wort "Fantasy" zu haben. Den gleichen negativen Beigeschmack haben auch "Krimi(nalroman)" und "Sci-Fi". Und nun ist die Frage, ob das der Grund ist, warum der eine oder andere Tolkien nicht als "Fantasy" sieht, sondern eine andere Einordnung bevorzugt. :kratz:

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