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Tolkiens Katholizismus


Gast Pfeifenkraut

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Gast Pfeifenkraut

Hallo alle miteinander,

was wenige wissen, aber sehr großen Einfluß auf die Bücher hatte, war, dass Tolkien katholisch war.

einmal wurde er im Interview gefragt

"Gueroult: Are you, in fact, a theist? Tolkien: Oh, I'm a Roman Catholic. Devout Roman Catholic. Yes."

zu deutsch

Gueroult: Sind sie Atheist? Tolkien: Oh, ich bin römisch-katholisch. Ein frommer Katholike, ja.

für einen Engländer ziemlich untypisch, besonders zu dieser Zeit.

Was mir aufgefallen ist, auch hier im Forum, ist dass über verschiedene Einflüße auf Tolkien und dessen Arbeit geredet wurde.. über die offensichtlichste, seinem katholischen Glauben jedoch nicht.

Dabei gibt es unglaubliche Parallelen die Tolkien einbaute in Mittelerde und den Büchern, zu seinem Glauben.

So sagt er:

Gueroult: Es gibt eine herbstliche Grundstimmung im ganzen Herrn der Ringe, in einem Fall sagt eine Figur, die Geschichte ginge weiter, aber ich scheine darin nicht mehr vorzukommem.... Wie auch immer, alles neigt sich dem Ende zu, schwindet dahin. Zumindest am Ende des Dritten Zeitalters führt jede Entscheidung zum Bruch mit einer Tradition. Das scheint mir nun so etwas zu sein wie Tennysons "Die Alte Ordnung zerbricht, eine neue hervorbringend und Gott erfüllt sich selbst in vielerlei Weise". Wo ist Gott im Herrn der Ringe?

Tolkien: Er wird ein oder zweimal erwähnt.

Gueroult: Ist er der Eine...? (s. Anmerkung 4) Tolkien: Der Eine, ja.

es gibt noch viele andere Stellem im HDR, mit Bezug dazu:

So legt Tolkien Gandalf des öfteren sogar sinngemäße Zitate Jesu in den Mund.

Etwa wenn Gandalf sagt, dass man noch durch viel Böses gehen muss, dies aber noch nicht das Ende ist und man nicht verzagen soll deswegen. Ähnlich der Reich Gottes Botschaft Jesu.

Ich denke dieser wichtige Bezug zu seiner Person hat in dem Forum gefehlt, war doch der Katholizismus ein ganz wichtiges prägendes Element für den Herrn der Ringe.

Bearbeitet von Cadrach
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war doch der Katholizismus ein ganz wichtiges prägendes Element für den Herrn der Ringe.

Das wird von so manchem Katholiken behauptet, ist aber nichtsdestotrotz falsch. Wer die Entstehungsgeschichte des Lord of the Rings studiert - und es gibt genügend Material dazu - erkennt, dass sich diese Behauptung nicht aufrecht erhalten lässt.

Das genannte Interview zeigt lediglich, wie Tolkien einer Fangfrage ausgewichen ist. Es ist kaum anzunehmen, dass Tolkien in der Öffentlichkeit seine Weltsicht offenbart (sofern er sie überhaupt selber kennt). Aber wer den LotR katholisch sehen will, dem werden keine Argumente das ausreden können. Er wird einfach nicht hinschauen, sondern nur seine katholischen Sichtweisen hineininterpretieren.

Die Vereinnahmung eines literarischen Werkes durch Ideologien - und eine konfessionelle Religion ist eine Ideologie - wird immer wieder versucht, und immer wieder muss dem entgegenargumentiert werden. Dies tun einige katholische Tolkienforscher übrigens inzwischen auch selber.

Entschuldigung, wenn das ein bisschen scharf klingt, aber ich lese grad in einem anderen Forum, wie durch den "christlichen Glauben" nachgewiesen wird, dass Homosexuelle verachtet werden müssen, dass die Wissenschaftler vom Teufel besessen sind, weil Gott eindeutig im Alten Testament gezeigt habe, dass die Welt in wenigen Tagen und nicht in Millionen Jahren entstanden ist, dass die Frauen sich dem Mann gegenüber demütigen sollen usw.

Das alles geschieht ständig im Namen des Glaubens, und ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass katholische oder evangelikale Meinungen sich auch über Tolkien hermachen und auch noch die Kunst verfälschen wollen. Ich weiß, jeder hat das Recht auf seine Meinung - aber wenn hier gesagt wird, dass der Glaube die wichtigste Quelle in der Deutung des LotR ist, dann ist dies ein illegitimer Übergriff und für mich allmählich nur eine Facette, den religiösen Irrwahn auf alles und jedes auszubreiten.

Kunst ist keine Auslegeung der Bibel, keine Predigt über den christlichen Glauben. Wer den LotR unvoreingenommen liest - und nicht mit einer ideologischen Brille auf der Nase -, kann sehr wohl erkennen, dass hier ein menschliches, ein existentielles, ein fragendes und grübelndes Werk, vielleicht sogar nihilistisches Werk vorliegt, aber kein gläubiges.

Überhaupt finde ich die Unterstellung, Tolkien sei ein gläubiger Mensch gewesen, allmählich unterträglich. Das ist von niemandem zu beurteilen, nicht einmal von ihm selbst. Und sein Werk spricht in so totaler Hinsicht dagegen, dass diese Behauptung für mich noch sinnfreier wird.

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einmal wurde er im Interview gefragt

"Gueroult: Are you, in fact, a theist? Tolkien: Oh, I'm a Roman Catholic. Devout Roman Catholic. Yes."

zu deutsch

Gueroult: Sind sie Atheist? Tolkien: Oh, ich bin römisch-katholisch. Ein frommer Katholike, ja.

...

Was mir aufgefallen ist, auch hier im Forum, ist dass über verschiedene Einflüße auf Tolkien und dessen Arbeit geredet wurde.. über die offensichtlichste, seinem katholischen Glauben jedoch nicht.

...

So legt Tolkien Gandalf des öfteren sogar sinngemäße Zitate Jesu in den Mund.

Etwa wenn Gandalf sagt, dass man noch durch viel Böses gehen muss, dies aber noch nicht das Ende ist und man nicht verzagen soll deswegen. Ähnlich der Reich Gottes Botschaft Jesu.

Leider kriege ich noch nicht raus, wie man einen Beitrag mehrfach zitiert, deshalb muss ich es so machen *technische Niete sei*

Zum ersten Zitat:

Alleine auf dieser Aussage heraus lässt sich gar nichts belegen... Auch wenn Tolkien Katholike war - ob nur der Konfession nach oder auch von innen - heißt das doch noch lange nicht, dass es irgendeinen Einfluss auf sein Werk hatte.

2. Es wurde hier sehr wohl schon darüber geredet, erst vor kurzer Zeit hab ich selbst das Thema nochmal angeschnitten.

3. Ich denke nicht, dass man diese Aussage für das Christentum vereinnahmen kann. Sie würde zu wahrscheinlich jeder Religion passen oder auch zu einem "allgemeinen Weltethos". Auch Nicht-Christen können schließlich an das Gute glauben oder an ein Jenseits, wer weiß, vielleicht sogar mehr als manche Christen.

Dies ist meine bescheidene Meinung zu dem Thema. Ich habe mich noch nicht wirklich damit befasst und kenne Tolkien noch nicht gut genug, um wirklich fundiert dazu antworten zu können, aber trotzdem wollte ich diese Punkte anführen. Ich bin selbst Christ, aber warum sollte ich deshalb unbedingt etwas Christliches bei Tolkien sehen wollen? Mag sein, dass es da Anhaltspunkte gibt, aber ich selbst bin nie auf solche Gedanken gekommen und kann gut mit einem unchristlichen HdR leben. Und wie Wando schon schrieb, würde auch ich es nicht gutheißen, HdR mit irgendeiner "Brille auf der Nase" zu lesen, das würde ihm meiner Meinung nach sogar etwas von seiner Faszination nehmen. Von daher schließe ich mich Wando vollkommen an.

lg Lavanwen

Bearbeitet von Lavanwen
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Überhaupt finde ich die Unterstellung, Tolkien sei ein gläubiger Mensch gewesen, allmählich unterträglich. Das ist von niemandem zu beurteilen, nicht einmal von ihm selbst. Und sein Werk spricht in so totaler Hinsicht dagegen, dass diese Behauptung für mich noch sinnfreier wird.

Du hast durchaus recht Wando, man sollte den Herrn der Ringe nicht mit einer ideologischen Brille lesen, egal ob christlich, katholisch, atheistisch oder wie auch immer gefärbt. Aber hier finde ich gehst Du ein bißchen zu weit. Es gibt genug Äußerungen von ihm selbst und seinen Freunden, die Tolkien als gläubigen, christlichen, katholischen Menschen sehen. Das heißt ja noch lange nicht das sein Werk ein Abbild seines Glaubens ist. Dafür wurzelt der HdR auch zu tief in nordischen und anderen Mythen. Dennoch kann ich einige christliche Positionen durchaus nachvollziehen. Und wenn Du sagst, das sein Werk total gegen diese Sichtweise spricht, finde ich auch, das das eine sehr einseitige Position ist.

Ich finde nichts dabei z.B. in Aragorn eine Erlöserfigur im christlichen Sinne zu sehen. Erst wenn diese Sichtweise zu Intoleranz oder gar Unterdrückung Andersdenkender führt, ist sie gefährlich. Und aktiv zu bekämpfen.

Ansonsten ist eine christliche Interpretation eine von vielen Möglichen. Den Unterschied sehe ich, wie Du auch, in der oft radikalen als einzig mögliche Auslegung vertretenden Position.

Beste Grüße

Torshavn

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Aber hier finde ich gehst Du ein bißchen zu weit. Es gibt genug Äußerungen von ihm selbst und seinen Freunden, die Tolkien als gläubigen, christlichen, katholischen Menschen sehen.

Wieso gehe ich da zu weit? Ich habe nicht abgestritten, dass viele ihn so sehen. Ich habe aber - gut biblisch - die Möglichkeit bestritten, dass Menschen beurteilen können, ob er ein gläubiger Christ war. Das wird in allen Foren so selbstverständlich behauptet, geht immer so glatt über die Lippen - viele sagen ja sogar, ohne mit der Wimper zu zucken "tief gläubig", als könnten sie alle in die Seele von Tolkien gucken, ja, müssten sich noch nicht einmal bemühen, das zu tun. Aber laut Bibel kann nur Gott in die Herzen der Menschen schauen.

Und wenn Du sagst, das sein Werk total gegen diese Sichtweise spricht, finde ich auch, das das eine sehr einseitige Position ist.

Nein, das ist keine einseitige Position. Wenn Du den Kontext betrachtest, habe ich mit "diese Sichtweise" die Tatsache gemeint, dass er ein "gläubiger Christ" war. Und dass sein Werk da total dagegen spricht, kann ich nachweisen. Allein die beiden Zeitreiseromane zeigen, welches Denken er hat und welche Bücher er statt der Bibel gelesen hat, um seine Intention auszudrücken.

Dass ein Schriftsteller sich in seinem Privatleben als der und der empfinden kann, in seiner künstlerischen Produktion aber so ziemlich das Gegenteil davon erscheint, ist für Künstler nicht unüblich. Denn was tief in der Seele liegt, wird oft erst durch den künstlerischen Prozess freigelegt. Dass Tolkien selber manchmal davor erschrak, hat er oft und oft gesagt (die Faerie ist ein gefährliches Land).

Ich finde nichts dabei z.B. in Aragorn eine Erlöserfigur im christlichen Sinne zu sehen. Erst wenn diese Sichtweise zu Intoleranz oder gar Unterdrückung Andersdenkender führt, ist sie gefährlich. Und aktiv zu bekämpfen.

Ich will mal so sagen: Wenn eine Privatperson sich den Erlöser mit einem Schwert in der Hand denken mag, der Köpfe rollen lässt, dann kann das angehen. Ich stelle mir den Erlöser zwar gewaltfrei vor, aber wenn man sich ihn als blutspritzenden Soldaten denken mag, dann ist das vielleicht solange ungefährlich, wie er das alleine im stillen Kämmerlein macht.

Aber so ist es ja leider nicht, Torshavn. Vielleicht wirst Du mich besser verstehen, wenn ich Dir folgendes sage: Es gibt christliche Gruppierungen, die Gescheiterte von der Straße auflesen, sie von ihrem Dilemma befreien - Drogensucht, Alkoholsucht etc. - und sie dann christlich gehirnwaschen - in fundamentalistischer Weise. Dies geschieht auch mittels des HdR. Der HdR wird dann als christliches Werk erklärt, und mit Hilfe der Aragorn-Fgur - als Erlöserfigur - kann dann aufgezeigt werden, wie man gegen die "Feinde der Christen" anzugehen und sie zu bekämpfen hat. Man nimmt dann Aragorn als Muster für den christlichen Soldaten - und er, der heilende Hände hat, ist ja dann wohl auch legitimiert, seine Feinde mit Feuer und Blut auszurotten. Und das sind nicht nur andere Länder, sondern auch die Atheisten.

Das heißt, mit dem HdR wird ein bestimmtes Christentum gepflanzt: ein kriegerisches. Der harmlose Christ, der sich am HdR erfreut und seine eigenen christlichen Ideen dort realisiert sieht: der ist tatsächlich harmlos. Und jeder hat das Recht, ein Buch auch gegen den Strich zu lesen. Das tue ich auch oft. Bücher dürfen auch subjektiv völlig falsch gelesen werden.

Es ging mir allein um die öffentliche Verkündigung. Wer öffentlich sagt: Aragorn sei Christus, der impliziert, dass Aragorns Verhalten christlich ist und zum Vorbild taugt. Und eben dies wird von militanten Christengruppen ausgenutzt. In einem Maß, das ich mir gar nicht auszudenken wage. Die Evangelikalen, habe ich mir heute sagen lassen müssen, machen 50 % aller evangelischen Christen aus. Und es fällt vielleicht jedem allmählich auf, dass ein militantes Christentum nachwächst. Gewalt wird zwar nur mit Worten als legitim erklärt, aber mit Worten fängt vieles an. Und HdR und Narnia sind Steigbügel dafür.

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Hallo alle miteinander,

was wenige wissen, aber sehr großen Einfluß auf die Bücher hatte, war, dass Tolkien katholisch war.

einmal wurde er im Interview gefragt

"Gueroult: Are you, in fact, a theist? Tolkien: Oh, I'm a Roman Catholic. Devout Roman Catholic. Yes."

zu deutsch

Gueroult: Sind sie Atheist? Tolkien: Oh, ich bin römisch-katholisch. Ein frommer Katholike, ja.

Ich muss jetzt kurz klugsch...:

Die Frage: "Are you, in fact, a theist?" bedeutet zu deutsch "Sind Sie tatsächlich ein Theist?" oder besser "Glauben Sie wirklich an Gott?".

Ein Atheist glaubt ja gerade nicht an Gott.

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@wando: Aragorn als Christus? Und Arwen dann vielleicht als Maria?

Was soll denn das bitteschön?

Tut mir ja leid, aber ich finde deine Auffassung des HdR schon sehr widersinnig.

Es kann ja wohl nicht sein, dass man das so dermaßen auf das Christentum (wenn man's so nennen will) überträgt.

Wenn man schon unbedingt einen biblischen Vergleich ziehen muss, was ich allerdings für Schwachsinn halte, dann kann man Aragorn eher mit dem Erzengel Michael vergleichen.

Ich denke beim besten Willen nicht, dass es Tolkiens (oder auch Lewis) Absicht war, den christlichen Leser dazu aufzufordern, mit Schwert und Feuer gegen das Böse in der Welt vorzugehen oder die "Ungläubigen" zu bestrafen.

Tolkien war kein armer religiöser Fanatiker, ergo ist auch sein Buch nicht als eine Art Aufruf zu Inquisition zu betrachten.

Sicher ist, dass Tolkien ein gläubiger Mensch war, da stimme ich Mortica zu.

Rein kulturwissenschaftlich betrachtet weist deine These einen entscheidenden Fehler auf: Tolkien hat für seine Geschichte sehr tief in den "heidnischen" Sagen gewühlt und z.B. mit den Elben ganz und gar unchristliche Wesen als den Guten zugehörig in seine Geschichten eingebracht.

Vielleicht willst du jetzt auch behaupten, dass die Elben in Wahrheit keine Fabelwesen darstellen, sondern eine Art Engel sind? Eine gewisse Wortverwandschaft wäre ja da!

Man muss den HdR nicht zu etwas Biblischerem als die Bibel machen. Sicher gibt es bestimmt ein paar arme Irre, die den HdR genau so verstehen, wie du es in deinem Post beschreibst. Aber das ist doch wohl eher eine nicht für voll zu nehmende Ausnahme.

Ich lese ja auch den HdR und veranstalte deshalb noch lange keine Massaker. So geht es doch wohl den meisten Forumsusern. Man kann den HdR durchaus auch ohne religiösen Bezüge lesen.

Womöglich ist das Lesevergnügen dann sogar um ein Vielfaches höher!!

:amen:

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@wando: Aragorn als Christus? Und Arwen dann vielleicht als Maria?

Was soll denn das bitteschön?

Du meinst in Deinem post aber bestimmt nicht mich, oder? Ich warne doch gerade vor so einer Interpretation.

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Du meinst in Deinem post aber bestimmt nicht mich, oder? Ich warne doch gerade vor so einer Interpretation.

Nein, ich meine nicht dich, sondern alle die dazu neigen, alles und jeden gleich auf einer höchst religiösen Ebene zu interpretieren, um ihm entweder nen Heiligenschein anzuhängen oder in die Hölle zu verdammen! Alles ausgemachter Blödsinn!! :mecker: :grummel:

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Wieso gehe ich da zu weit? Ich habe nicht abgestritten, dass viele ihn so sehen. Ich habe aber - gut biblisch - die Möglichkeit bestritten, dass Menschen beurteilen können, ob er ein gläubiger Christ war. Das wird in allen Foren so selbstverständlich behauptet, geht immer so glatt über die Lippen - viele sagen ja sogar, ohne mit der Wimper zu zucken "tief gläubig", als könnten sie alle in die Seele von Tolkien gucken, ja, müssten sich noch nicht einmal bemühen, das zu tun. Aber laut Bibel kann nur Gott in die Herzen der Menschen schauen.

Mit diesem Argument kannst Du aber buchstäblich jedem den Glauben absprechen. Daher kann man dieses Argument auch nicht gelten lassen. Tolkien hat sich selber stets als Christ bezeichnet und die Briefe, die ich bis jetzt von Tolkien gelesen habe, bestätigen das auch. Ich denke schon, dass man durchaus davon ausgehen kann, dass er Christ war.

Nein, das ist keine einseitige Position. Wenn Du den Kontext betrachtest, habe ich mit "diese Sichtweise" die Tatsache gemeint, dass er ein "gläubiger Christ" war. Und dass sein Werk da total dagegen spricht, kann ich nachweisen. Allein die beiden Zeitreiseromane zeigen, welches Denken er hat und welche Bücher er statt der Bibel gelesen hat, um seine Intention auszudrücken.

Nachweisen kannst Du sicherlich, dass er kein Fundamentalist im uns geläufigen Sinn war. Nachweisen kannst Du sicherlich, dass er Lehren vertreten hat, die nicht der offiziellen Lehre der römisch-katholischen Kirche entsprechen oder ihr gar widersprechen. Ich bezweifle aber, dass Du zeigen kannst, dass er kein Christ war. Ich halte relativ wenig davon, als Atheist jemanden das Christsein abzusprechen, nur weil er nicht der eigenen Vorstellung davon, was ein Christ ist, entspricht. Da musst Du schon sehr aufpassen, dass Du nicht dem Denkfehler des wahren Schotten aufsitzt (ich glaube nämlich, dass Du das schon tust).

Schöne Grüße,

viator

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Gut, viator, ich verdeutliche.

Mit diesem Argument kannst Du aber buchstäblich jedem den Glauben absprechen.

Nein, das kann ich nicht. Denn das Argument, wenn es von Tolkienfans gebracht wird, verbindet mit "dem strengen Christen" stets eine kirchenkonforme Haltung. Vielleicht hätte ich das deutlicher sagen sollen, aber genauso jedenfalls meinte ich das.

Man will damit ausschließen, dass Tolkien in seinem Werk Sachen gesagt haben könnte, die nicht kirchenkonform sind. Das heißt, man will die Häresie ausschließen.

Daher kann man dieses Argument auch nicht gelten lassen. Tolkien hat sich selber stets als Christ bezeichnet und die Briefe, die ich bis jetzt von Tolkien gelesen habe, bestätigen das auch. Ich denke schon, dass man durchaus davon ausgehen kann, dass er Christ war.

Ich halte nichts, aber auch gar nichts, von reinen Worten, die inhaltlich nicht gefüllt sind. Wenn man Tolkien als "strenggläubigen Katholiken" bezeichnet, dann ist das immer tendenziös. Weil man nämlich diesen Begriff inhaltlich füllt und Tolkien unterstellt, er unterstütze diese Inhalte.

Nachweisen kannst Du sicherlich, dass er kein Fundamentalist im uns geläufigen Sinn war. Nachweisen kannst Du sicherlich, dass er Lehren vertreten hat, die nicht der offiziellen Lehre der römisch-katholischen Kirche entsprechen oder ihr gar widersprechen. Ich bezweifle aber, dass Du zeigen kannst, dass er kein Christ war.

Wenn Du mir definieren kannst, was ein Christ ist - also welche Merkmale er aufzuweisen hat, um als Christ durchgehen zu können, dann kämen wir einen Schritt weiter.

Nach den gängigen Deutungen ist ja immer impliziert, dass ein Christ keine Literatur schreibt, die "gegen das Christentum" ist.

Und genau das kann ich nachweisen, dass er das getan hat. Immer unter der Voraussetzung der Definition des Christentums,

die hier gemeint ist.

Ich kann locker das Christentum so definieren, dass Tolkiens Häresien darin einen Platz finden. Aber die Argumentation ist ja meist so, dass man die Werke extra so interpretiert, dass das gängige Christentum am Ende triumphieren soll.

Ich halte relativ wenig davon, als Atheist jemanden das Christsein abzusprechen, nur weil er nicht der eigenen Vorstellung davon, was ein Christ ist, entspricht.

Das habe ich auch nicht getan. Ich habe eine sehr freiheitliche Vorstellung vom Christentum - aber Tolkien hat keine christlichen Werke geschrieben. Und wenn man ihn als Ganzheit nimmt, dann ist er als Schriftsteller kein Christ.

Da musst Du schon sehr aufpassen, dass Du nicht dem Denkfehler des wahren Schotten aufsitzt (ich glaube nämlich, dass Du das schon tust).

Dieser Warnung bedarf es überhaupt nicht, denn mir ist klar, was ich meine. Es kann nur sein, dass das nicht klar ankam. Denn ich verfechte sehr einen liberalen Christ-Begriff. Und welche Art Christ er war, und ob er es als Schriftsteller war: das - und das war der Haupttenor meiner Argumentation - ist dem Tolkienfan nicht zugänglich. Und ich habe nirgendwo gesagt, dass ich beurteile, welche Art Christ er war.

Bitte mir nichts unterstellen, was nicht meine Meinung ist.

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Bitte mir nichts unterstellen, was nicht meine Meinung ist.

Ich will Dir nichts unterstellen, Wando, wenn ich in meinen Beiträgen von einer von Dir so nicht vertretenen Position ausgehe, dann habe ich Dich falsch verstanden oder irre mich einfach, aber Dir bewusst etwas zu unterstellen, das liegt mir ferne. Dein letzter Beitrag hat zudem sehr viel geklärt, was Du meinst.

Denn das Argument, wenn es von Tolkienfans gebracht wird, verbindet mit "dem strengen Christen" stets eine kirchenkonforme Haltung. Vielleicht hätte ich das deutlicher sagen sollen, aber genauso jedenfalls meinte ich das.

Das ist bei mir nicht so angekommen, gut, dass Du es verdeutlicht hast. Für einen kirchenkonformen Christen halte ich Tolkien ja auch nicht und ich glaube, das ist schon recht deutlich, dass er nicht kirchenkonform ist.

Ich halte nichts, aber auch gar nichts, von reinen Worten, die inhaltlich nicht gefüllt sind. Wenn man Tolkien als "strenggläubigen Katholiken" bezeichnet, dann ist das immer tendenziös. Weil man nämlich diesen Begriff inhaltlich füllt und Tolkien unterstellt, er unterstütze diese Inhalte.

Tolkien selber hat sich so bezeichnet, welche Gründe er auch immer gehabt haben mag. Er hat auch regelmäßig die Messe besucht, in einigen Briefen, die ich gelesen habe, schreibt er christliche Inhalte. Wenn er behauptet, dass er Christ ist, dann glaube ich ihm das auch.

Wie auch immer, was die Instrumentalisierung betrifft, da sind wir völlig einer Meinung, das funktioniert nicht. Was Tolkien unter dem Christentum verstanden hat, hat, soweit ich es verstanden habe, nicht der offiziellen Lehre der Kirche entsprochen. Es ist meiner Erfahrung nach allerdings üblich, dass Katholiken alles mögliche vertreten und sich als Christen bezeichnen. Ich kann wegen des Synkretismus dieser Leute und deren Selbstbezeichnung nur den Kopf schütteln. Aber wer bin ich denn, ihnen den Glauben abzusprechen?

Wenn Du mir definieren kannst, was ein Christ ist - also welche Merkmale er aufzuweisen hat, um als Christ durchgehen zu können, dann kämen wir einen Schritt weiter.

Selbst die Christen sind sich nicht einig, was das Christentum ist. Ich kenne Fundamentalisten und Liberale. Die Vertreter der beiden Gruppen sind so extrem unterschiedlich, wie sie unterschiedlich nur sein können. Aber alle sind überzeugt davon, das Christentum ordentlich zu vertreten, und können das auch begründen. Ich, der ich kein Christ bin, enthalte mich einer strengen Definition, obwohl ich natürlich der Meinung bin, dass manche Haltungen konsequenter und meiner Meinung nach stimmiger (im christlichen Sinn) sind als andere.

Und welche Art Christ er war, und ob er es als Schriftsteller war: das - und das war der Haupttenor meiner Argumentation - ist dem Tolkienfan nicht zugänglich. Und ich habe nirgendwo gesagt, dass ich beurteile, welche Art Christ er war.

Wie ist das folgende Zitat zu verstehen?

Ich habe eine sehr freiheitliche Vorstellung vom Christentum - aber Tolkien hat keine christlichen Werke geschrieben. Und wenn man ihn als Ganzheit nimmt, dann ist er als Schriftsteller kein Christ.

Damit sprichst Du ihm das Christsein letztendlich ab - oder verstehe ich Dich da falsch?

Ich habe gerade, weil ich schauen wollte, was Du schon über die Häresien Tolkiens geschrieben hast, diesen interessanten Beitrag gefunden: "Finding God in the Hobbit". Das dürfte auch in diesem Thread interessant sein.

Schöne Grüße,

viator

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Gast Pfeifenkraut

Das wird von so manchem Katholiken behauptet, ist aber nichtsdestotrotz falsch. Wer die Entstehungsgeschichte des Lord of the Rings studiert - und es gibt genügend Material dazu - erkennt, dass sich diese Behauptung nicht aufrecht erhalten lässt.

Das genannte Interview zeigt lediglich, wie Tolkien einer Fangfrage ausgewichen ist. Es ist kaum anzunehmen, dass Tolkien in der Öffentlichkeit seine Weltsicht offenbart (sofern er sie überhaupt selber kennt). Aber wer den LotR katholisch sehen will, dem werden keine Argumente das ausreden können. Er wird einfach nicht hinschauen, sondern nur seine katholischen Sichtweisen hineininterpretieren.

Die Vereinnahmung eines literarischen Werkes durch Ideologien - und eine konfessionelle Religion ist eine Ideologie - wird immer wieder versucht, und immer wieder muss dem entgegenargumentiert werden. Dies tun einige katholische Tolkienforscher übrigens inzwischen auch selber.

Entschuldigung, wenn das ein bisschen scharf klingt, aber ich lese grad in einem anderen Forum, wie durch den "christlichen Glauben" nachgewiesen wird, dass Homosexuelle verachtet werden müssen, dass die Wissenschaftler vom Teufel besessen sind, weil Gott eindeutig im Alten Testament gezeigt habe, dass die Welt in wenigen Tagen und nicht in Millionen Jahren entstanden ist, dass die Frauen sich dem Mann gegenüber demütigen sollen usw.

Das alles geschieht ständig im Namen des Glaubens, und ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass katholische oder evangelikale Meinungen sich auch über Tolkien hermachen und auch noch die Kunst verfälschen wollen. Ich weiß, jeder hat das Recht auf seine Meinung - aber wenn hier gesagt wird, dass der Glaube die wichtigste Quelle in der Deutung des LotR ist, dann ist dies ein illegitimer Übergriff und für mich allmählich nur eine Facette, den religiösen Irrwahn auf alles und jedes auszubreiten.

Kunst ist keine Auslegeung der Bibel, keine Predigt über den christlichen Glauben. Wer den LotR unvoreingenommen liest - und nicht mit einer ideologischen Brille auf der Nase -, kann sehr wohl erkennen, dass hier ein menschliches, ein existentielles, ein fragendes und grübelndes Werk, vielleicht sogar nihilistisches Werk vorliegt, aber kein gläubiges.

Überhaupt finde ich die Unterstellung, Tolkien sei ein gläubiger Mensch gewesen, allmählich unterträglich. Das ist von niemandem zu beurteilen, nicht einmal von ihm selbst. Und sein Werk spricht in so totaler Hinsicht dagegen, dass diese Behauptung für mich noch sinnfreier wird.

Dein letzter Abschnitt hätte sich eigentlich erübrigt, hättest du die zwei oben geschriebenen wörtlichen Zitate von Tolkien gelesen, oder zumindest nicht verdrängt.

Nun ich denke Tolkien wird wohl selbst in der Lage gewesen sein, zu beurteilen ob er gläubig gewesen ist oder nicht. Das er frommer Katholik ist, hat er ja wohl eindeutig in dem Interview bekannt und auch in vielen Briefen ist dies ersichtlich(nicht zuletzt sein christliches Begräbnis).

Insofern ist es ziemlich lächerlich dass du Tolkiens Fähigkeit über sich selbst und sein EIGENES Werk zu urteilen in Frage stellst.

Das hieße ja Tolkien wäre nicht zurechnungsfähig gewesen...

Es scheint mir mehr als ob du ein persönliches Problem damit hättest, dass Tolkien katholisch gewesen ist und dies mit allen Mitteln versucht zu verdrängen, denn zu bestreiten vfehlen dir die Argumente und erst recht Beweise.

vor allem stellt sich mir die Frage wie du zu so einem verzerrten, irrwitzigen Bild des Christentums, besonders dem Katholischem, gekommen bist.

dass homosexuelle verachtet, Frauen gedemütigt werden müssen... das ist doch ziemlich das genaue Gegenteil was das heutige Christentum lehrt, besonders was Christus lehrte.

Mir stellt sich ferner die Frage wie du zu der Ansicht kommst, dass Christen der Meinung wärenhätten "Wissenschaftler seien vom Teufel besessen " "und das Gott die welt in einigen Tagen erschaffen hätten"

sicher einige radikale Evangelikale haben diese Ansicht, die sind aber eine absolute Minderheit unter 2.3 Milliarden Christen...

Fakt ist, dass die katholische Kirche:

1) nicht an die Existenz vom Teufel, bzw Hölle

2) noch an die Welterschaffung innerhalb von 7 d glaubt.

Das darf man sich nicht als Ort oder Realität vorstellen sondern als Metapher.

Unter jüngstem Gericht versteht die Kirche die endgültige Begegung mit Gott.

Gericht darf man sich keineswegs im weltlichen Sinne vorstellen.

Im Tod werden wir die Barmherzigkeit, Gnade und Liebe Gottes erfahren mit der er úns all unser Leben geliebt hat und bei uns war.

Gleichzeitig werden unsere Augen über uns selbst aufgehen. Unsere eigene Herzenshärte, Herzlosigkeit und unseren Egoismus werden wir sehen. Alle Selbsttäuschungen unseres Leben werden verblassen und wir werden sehen wer wir in Wirklichkeit sind und was wir hätten sein können. Das alles wird unendlich schmerzhaft sein und uns durchfahren wie Feuer. Daher kommt auch der Name Fegefeuer.

Mit der Gensis will die Bibel vor allem ausdrücken dass wir kein Produkt des sinnlosen, freien Zufalls sind, sondern nach einem Ziel, aus Liebe geschaffen worden sind und wir geborgen sind. Das kann durchaus der BigBang gewesen sein, ein Zeitpunkt über den wir nichts hinaus wissen können noch forschen, da in ihm alle mathem. und physikalischen Gesetze, sowie damit verbunden auch die Zeit geschaffen wurden.

Bearbeitet von Pfeifenkraut
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Das genannte Interview zeigt lediglich, wie Tolkien einer Fangfrage ausgewichen ist. Es ist kaum anzunehmen, dass Tolkien in der Öffentlichkeit seine Weltsicht offenbart (sofern er sie überhaupt selber kennt).

...

Überhaupt finde ich die Unterstellung, Tolkien sei ein gläubiger Mensch gewesen, allmählich unterträglich. Das ist von niemandem zu beurteilen, nicht einmal von ihm selbst. Und sein Werk spricht in so totaler Hinsicht dagegen, dass diese Behauptung für mich noch sinnfreier wird.

Warum sollte Tolkien seine eigene Weltsicht nicht kennen?

Und warum stört es Dich so, dass Tolkien ein gläubiger Mensch war.

Ich denke es ist unstrittig, dass Tolkien praktizierender Katholik war. Es gibt keine Anzeichen, dass Tolkien sich in irgendeiner Form vom christlichen Glauben im allgemeinen oder vom katholischen Glauben im besonderen distanzieren wollte.

Ob sein christlicher Glaube Einfluss auf sein literarisches Werk hatte und wie dieser Einfluss sich vielleicht ausgewirkt hat bzw. wie groß der mögliche Einfluss war, ja, darüber kann man streiten.

Bearbeitet von Mortica
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Gast Pfeifenkraut

ja das stimmt

wobei immer sagen muss dass die persönlichkeit und die ansichten eines autors immer in sein werk einfließen, meistens sogar unbewusst.

und tolkien hat bewusst einige sachen ´(siehe oben) eingebaut

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Gut - jetzt noch einmal in aller Ruhe und Konzentration; ich war heute mittag etwas in Eile.

Ich wollte vor allem dies mitteilen:

Mich persönlich interessiert nicht das Privatleben von Tolkien. Es berührt mich unangenehmen, wenn jemand meint, er wüsste in Tolkiens Psyche Bescheid. Mich interessiert der Grad seiner Katholizität nicht, sondern mich interessieren lediglich die Werke.

Wenn ein Christ aus den Briefen Tolkiens für seinen Glauben Kraft holt, dann ist das für mich vollkommen okay, und ich akzeptiere das. In dem Moment aber, wo er die Deutung der Werke aufgrund des Katholizismus vornimmt und behauptet, weil Tolkien strenggläubig war, können die Werke nur so und so aufgefasst werden - dann widerspreche ich. Und erst dann sage ich, dass User X oder Y überhaupt nichts über das Christentum von Tolkien weiß.

Mich interessiert diese Diskussion über den Katholizismus nur, soweit es die Interpretation seiner Werke betrifft. Sein Privatleben interessiert mich nicht, und hat mich nicht zu interessieren.

@ viator

Ich weiß, dass Du mir nichts unterstellen willst.

Tolkien selber hat sich so bezeichnet, welche Gründe er auch immer gehabt haben mag. Er hat auch regelmäßig die Messe besucht, in einigen Briefen, die ich gelesen habe, schreibt er christliche Inhalte. Wenn er behauptet, dass er Christ ist, dann glaube ich ihm das auch.

Aber darum geht es doch gar nicht. Es geht darum, ob dies Folgen für seine Bücher hat. O b er sie als Christ geschrieben hat.

Aber wer bin ich denn, ihnen den Glauben abzusprechen?

Eben. Weder absprechen noch zusprechen kann man es. Darum sollte man auch nicht die Werke nach dem Grad seines Glaubens beurteilen.

Selbst die Christen sind sich nicht einig, was das Christentum ist. Ich kenne Fundamentalisten und Liberale. Die Vertreter der beiden Gruppen sind so extrem unterschiedlich, wie sie unterschiedlich nur sein können. Aber alle sind überzeugt davon, das Christentum ordentlich zu vertreten, und können das auch begründen.

Eben. Genauso ist es. Wer also kann sich das Urteil anmaßen, zu sagen, welche Art Christ Tolkien genau war? Denn das wird ja schließlich getan, wenn man sagt, Tolkien als Christ hätte nie und nimmer dies und jenes schreiben können. Vielleicht ahnst Du jetzt, warum mich dies so aufbringt. Es ist diese unglaubliche Anmaßung, die dahinter steht.

Ich, der ich kein Christ bin, enthalte mich einer strengen Definition

Das ist letztlich auch das Beste. Denn ich kenne viele Atheisten, die diese Definition vornehmen und eine Menge von liberalen Christen ausschließen wollen.

Wie ist das folgende Zitat zu verstehen?

ZITAT(Wando @ 25.Jun 2007, 15:31) post_snapback.gifIch habe eine sehr freiheitliche Vorstellung vom Christentum - aber Tolkien hat keine christlichen Werke geschrieben. Und wenn man ihn als Ganzheit nimmt, dann ist er als Schriftsteller kein Christ.

Damit sprichst Du ihm das Christsein letztendlich ab - oder verstehe ich Dich da falsch?

Ich kann es offenbar sehr schwer vermitteln. Für mich gehört eine Konfession in das bewusste Leben, in das private, vielleicht auch in das gemeinschaftliche Leben - aber ein Kusntwerk entsteht nicht aus Konfession. Als Künstler kann man nicht Christ oder Atheist oder Buddhist oder Marxist sein. Es sei denn, der Künstler konstruiert total rational ein weltanschaulich durchdachtes Artefakt. Aber selbst da wird es ihm nicht gelingen, weil beim Schreiben immer die Rechnung ohne den Wirt gemacht wird. Der kreative Prozess hat seine eigenen Gesetze - da kann jemand noch so sehr Christ oder Marxist oder Atheist sein - was tief in ihm ist, wird sich unabhängig von seinen bewussten Entscheidungen in die Feder drängen. Das Unbewusste oder Unterbewusste kennt keine Konfession. Da sind archaische Inhalte, die man gar nicht steuern kann. Und Tolkien wusste davon - er hat oft genug geschrieben, dass die Geschichten ihren eigenen Gang gehen. Und er hat Methoden erarbeitet, um da ranzukommen an dieses archaische Schicht.

Insofern ist es ziemlich lächerlich dass du Tolkiens Fähigkeit über sich selbst und sein EIGENES Werk zu urteilen in Frage stellst.

Das geht nicht nur Tolkien so. Die Künstler können immer am wenigsten ihr eigenes Werk beurteilen. Wenn Du das lächerlich findest, dann ist der Mensch halt lächerlich. Aber Du wirst daran nichts ändern können.

Das hieße ja Tolkien wäre nicht zurechnungsfähig gewesen...

Aha.

vor allem stellt sich mir die Frage wie du zu so einem verzerrten, irrwitzigen Bild des Christentums, besonders dem Katholischem, gekommen bist.

Ich habe nicht vom katholischen, sondern vom christlichen Weltbild gesprochen. Und von diesem verzerrten Bild lese ich jeden Tag.

dass homosexuelle verachtet, Frauen gedemütigt werden müssen... das ist doch ziemlich das genaue Gegenteil was das heutige Christentum lehrt, besonders was Christus lehrte.

Sehe ich auch so. Dennoch werden die immer mehr, die genau das tun, was ich geschrieben habe.

Mir stellt sich ferner die Frage wie du zu der Ansicht kommst, dass Christen der Meinung wärenhätten "Wissenschaftler seien vom Teufel besessen " "und das Gott die welt in einigen Tagen erschaffen hätten"

Ich habe nicht von einer Ansicht gesprochen, sondern habe lediglich paraphrasiert, was auch Du täglich in diesen christlichen Foren lesen kannst. Du musst nicht mal angemeldet sein, Du kannst so mitlesen (bis auf wenige geschlossene Unterforen). Da wirst Du erfahren, dass der Humanismus die Welt in den Abgrund gestürzt hat und Gott alle dafür mit dem ewigen Feuer bestrafen wird.

sicher einige radikale Evangelikale haben diese Ansicht, die sind aber eine absolute Minderheit unter 2.3 Milliarden Christen...

Ich wünschte, es wären so wenige. Die Evangelikalen selber behaupten, dass sie 50 % aller Evangelischen ausmachen. Ich habe das nicht so bestätigt gefunden, aber offizielle Zahlen sprechen von 30 %. Tendenz: steigend. Von den Katholiken habe ich keine Zahlen.

Und wie kommt es, dass 50 % der Briten und 50 % der USA-Bürger wollen, dass der Biologieunterricht auch nach den Prinzipien der Bibel gehalten wird: dass also die Urmenschen Adam und Eva sind?

Ich glaube, sogar in Deutschland haben sie so eine Umfrage gemacht, und der Zuspruch zu Kreationismus in den staatlichn Schulen war, so wie ich das in Erinerung habe, hoch.

Fakt ist, dass die katholische Kirche:

1) nicht an die Existenz vom Teufel, bzw Hölle

2) noch an die Welterschaffung innerhalb von 7 d glaubt.

Ja, Pfeifenkraut, das ist mir auch klar. Aber den Kirchen laufen die Mitglieder weg - und diesen Gemeinschaften laufen sie zu. Die Kirchen sind in den Augen der Evangelikalen mit dem Teufel im Bunde, genauso wie die Wissenschaftler.

Das darf man sich nicht als Ort oder Realität vorstellen sondern als Metapher.

Auch das sehe ich so. Aber es geht ofenbar eine hohe Faszination davon aus, das wörtlich zu nehmen. Es wetzt das Feindbild, sozusagen.

Unter jüngstem Gericht versteht die Kirche die endgültige Begegung mit Gott.

Gericht darf man sich keineswegs im weltlichen Sinne vorstellen.

Im Tod werden wir die Barmherzigkeit, Gnade und Liebe Gottes erfahren mit der er úns all unser Leben geliebt hat und bei uns war.

Das wird von diesen Typen als Kuschelchristentum bezeichnet, und diese Kuschelchristen würden schon sehen, was sie davon haben. Christus ist nämlich nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Und sie zitieren ohne Ende, was an grauenvollem Geschehen nach dem Tod denen blühen wird, die die Bibel nicht als wörtliches Wort Gottes sehen.

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Vielen Dank, Wando, jetzt verstehe ich Dich bzw. Deine Sicht zu Tolkien und das Christentum viel besser.

Du beschreibst des öfteren den Schaffensprozess von Künstlern (ganz allgemein). Das interessiert mich sehr, hast Du dazu ein paar gute Literaturtipps oder dergleichen? Das wäre echt super!

Schöne Grüße,

viator

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Ach, du meine Güte. Was ist denn hier los?

In dem verlinkten Beitrag findet sich folgendes:

Ich wollte sagen: ein Verräter an dem gängigen Christentum. Ob ihm das bewusst war, vermag ich überhaupt nicht zu sagen, aber er hat keine Hemmungen, in seinem Aufsatz "On Fairy-Stories" die Bibel als "Fairy-Story darzustellen - auch wenn er einen graduellen Unterschied zu normalen Fairy-Stories" sieht. Das Gemeinsame aber ist der Mensch als Schopfer.

Tolkien sagte das Gegenteil. Urheber der Lebensgeschichte Christi, der biblischen "Fairy-Story", war für Tolkien nicht der Mensch, sondern der christliche Schöpfergott:

"I would venture to say that approaching the Christian Story from this direction, it has long been my feeling (a joyous feeling) that God redeemed the corrupt making-creatures, men, in a way fitting to this aspect, as to others, of their strange nature. The Gospels contain a fairy-story, or a story of a larger kind which embraces all the essence of fairy-stories. They contain many marvels—peculiarly artistic, [Note: The Art is here in the story itself rather than in the telling; for the Author of the story was not the evangelists.] beautiful, and moving: "mythical" in their perfect, self-contained significance; and among the marvels is the greatest and most complete conceivable eucatastrophe. But this story has entered History and the primary world; the desire and aspiration of sub-creation has been raised to the fulfillment of Creation. The Birth of Christ is the eucatastrophe of Man's history. The Resurrection is the eucatastrophe of the story of the Incarnation." (On Fairy-Stories, Epilogue)

Diesen Gedanken wiederholte er in einem Brief an Christopher. Die Lebensgeschichte Christi war die "Fairy-Story", die der Urheber der Wirklichkeit, "the supreme Artist and the Author of Reality", den Menschen erzählte:

"And I concluded by saying that the Resurrection was the greatest 'eucatastrophe' possible in the greatest Fairy Story – and produces that essential emotion: Christian joy which produces tears because it is qualitatively so like sorrow, because it comes from those places where Joy and Sorrow are at one, reconciled, as selfishness and altruism are lost in Love. Of course I do not mean that the Gospels tell what is only a fairy-story; but I do mean very strongly that they do tell a fairy-story: the greatest. Man the story-teller would have to be redeemed in a manner consonant with his nature: by a moving story. But since the author of it is the supreme Artist and the Author of Reality, this one was also made to Be, to be true on the Primary Plane. So that in the Primary Miracle (the Resurrection) and the lesser Christian miracles too though less, you have not only that sudden glimpse of the truth behind the apparent Anankê[...] of our world, but a glimpse that is actually a ray of light through the very chinks of the universe about us." (Letter No. 89 - - - To Christopher Tolkien, 7-8 November 1944)

Die Geburt Christi war für Tolkien die Eukatastrophe der Menschheitsgeschichte, die Auferstehung war die Eukatastrophe der Leidensgeschichte Christi, die Auferstehung ein Lichtstrahl, der das Diesseits mit dem Himmel verband.

Die Eukatastrophe, also die unerwartete Handlungswende zum Guten, war für ihn das höchste Gut einer fiktionalen Fairy Story, da sie eine ganz wirkliche Freude im Leser auslösen könne. Diese Wirkung der Wende sei in etwa "a far-off gleam or echo of evangelium" (On Fairy-Stories, Epilogue), ein Echo der Frohen Botschaft.

In der Praxis sieht die Eukatastrophe so aus:

"I knew I had written a story of worth in 'The Hobbit' when reading it (after it was old enough to be detached from me) I had suddenly in a fairly strong measure the 'eucatastrophic' emotion at Bilbo's exclamation: "The Eagles! The Eagles are coming !'" (Letter No. 89 - - - To Christopher Tolkien, 7-8 November 1944)

Der geneigte Leser möge nun weitere eukatastrophische Momente bei Tolkien ausfindig machen.

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Sorry, Rübezahl - wir hätten natürlich erst Dich fragen müssen, ob wir hier schreiben dürfen.

Na, aber klar. :kratz:

Verwunderlich ist es schon, dass bei so einem [Edit: Tippfehler:] harmlosen, doch nicht unwichtigen Thema gleich das Gefetze losgeht.

Bearbeitet von Rübezahl
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Nein. ich werd mich hier jetzt nicht wieder über die Heiligsprechung des Katholizismus (*zuPfeifenkrauthinnicks*)aufregen, weil ich die Meinung anderer durchaus zu akzeptieren bereit bin. Kann ja jeder Glauben was er mag, so lange er niemanden missionieren will, ich find nur, dass diese Diskussion hier ja eigentlich nix verloren hat, weils etwas am Thema vorbeigeht.

Wie schon gesagt, dass Tolkien gläubig war (an was auch immer er geglaubt hat) kann man schon so stehen lassen, aber dass das irgendeine starke Auswirkung auf sein literarisches Werk hatte, halte ich für nicht sehr wahrscheinlich. Dafür sind ist heidnisches Sagengut zu stark vertreten.

Alle tiefgründigeren Diskussion sollte man vllt in einen Extrathread verschieben oder privat ausdiskutieren!!

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Ich sehe das so:

Tolkien mag ein Christ gewesen sein, auf seine Werke hat sich das aber wenig oder gar nicht ausgewirkt.

Kann aber natürlich sein, dass viele anderer Meinung sind.

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Verwunderlich ist es schon, dass bei so einem [Edit: Tippfehler:] harmlosen, doch nicht unwichtigen Thema gleich das Gefetze losgeht.

Wo siehst Du hier ein Gefetze?

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Gast Liriel Peredhil

Unter jüngstem Gericht versteht die Kirche die endgültige Begegung mit Gott.

Gericht darf man sich keineswegs im weltlichen Sinne vorstellen.

Im Tod werden wir die Barmherzigkeit, Gnade und Liebe Gottes erfahren mit der er úns all unser Leben geliebt hat und bei uns war.

Gleichzeitig werden unsere Augen über uns selbst aufgehen. Unsere eigene Herzenshärte, Herzlosigkeit und unseren Egoismus werden wir sehen. Alle Selbsttäuschungen unseres Leben werden verblassen und wir werden sehen wer wir in Wirklichkeit sind und was wir hätten sein können. Das alles wird unendlich schmerzhaft sein und uns durchfahren wie Feuer. Daher kommt auch der Name Fegefeuer.

Mit der Gensis will die Bibel vor allem ausdrücken dass wir kein Produkt des sinnlosen, freien Zufalls sind, sondern nach einem Ziel, aus Liebe geschaffen worden sind und wir geborgen sind. Das kann durchaus der BigBang gewesen sein, ein Zeitpunkt über den wir nichts hinaus wissen können noch forschen, da in ihm alle mathem. und physikalischen Gesetze, sowie damit verbunden auch die Zeit geschaffen wurden.

Siehst du, genau hier liegt das Problem: vorgegebene Definitionen von etwas, das niemand, aber auch wirklich niemand wissen und damit beurteilen kann, egal ob es um "Gericht", "Begegnungen mit Gott" und dergleichen mehr geht. "Wir werden..." - das ist Glaube, keine Tatsache.

Worauf Wando hinaus will, ist nicht, daß wir aufgrund einfacher Aussagen wie "ich bin katholisch" darauf schließen können, dass ergo Tolkiens Werk ebenso katholisch ist. Ebenso könnte ich sagen "ich bin evangelisch" - aber de facto bin ich Atheist, empfinde mich als Christ und das wird bereits von den der Kirche angebundenen Christen schon nicht einmal mehr als Christ per se akzeptiert.

Ein Schriftsteller arbeitet nicht nur bewusst Dinge in sein Werk hinein, sondern sehr viel unbewusst. Wer selbst einmal etwas geschrieben hat und es von anderer Seite hat interpretieren lassen, wird wissen, was ich meine. Dieses Unbewusste weist für diejenigen, die es erkennen wollen und die wie auch immer geartete ideologische Brille ablegen können, etwas deutlicher, was in dem Autor vorgeht.

Für mein Verständnis hat Wando sich sehr klar hier ausgedrückt - ich wehre mich ebenso massiv gegen das ständige Argument von Tolkiens Katholizsmus, der in seinem Werk durchschimmere, weil er einfach einen Tunnelblick voraussetzt und verhindert, das Werk wirklich zu druchdringen.

Gruß

Liriel

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Worauf Wando hinaus will [...]

Ja, darauf wollte ich in der Tat hinaus. Es ist doch schön, Liriel, dass, obwohl wir beide auch mitunter unsere Divergenzen haben, in manchen Dingen doch ganz selbstverständlich wissen, was der andere meint. :-)

Ein Schriftsteller arbeitet nicht nur bewusst Dinge in sein Werk hinein, sondern sehr viel unbewusst. Wer selbst einmal etwas geschrieben hat und es von anderer Seite hat interpretieren lassen, wird wissen, was ich meine.

Ja, das ist eben der Punkt. Schrifststeller selber wissen das. Und wenn man die Interpretationsgeschichte von einem Werk anguckt, dann werden in jeder Generation neue Facetten, neue Schichten entdeckt. Diese konnte der Schriftsteller niemals alle selber im Bewusstsein haben.

Dazu ein Zitat von Tolkien:

"These pictures or visions [gemeint ist The Golden Key von George MacDonald] that come in such tales are large and alive and no one who sees them, not even the writer himself, understands the whole of them."

Übersetzung (von mir):

"Diese Bilder oder Visionen, die in solchen Erzählungen vorkommen, sind weit und lebendig, und niemand, der sie sieht, nicht einmal der Autor selbst, versteht das Ganze an ihnen."

Quelle:

Tolkiens draft introduction to The Golden Key in: Smith of Wootton Major. Extended Version, herausgegeben von Verlyn Flieger, (2005), Seite 72.

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