Zum Inhalt springen

Tolkien ein Dieb ?


Gast Glaukon

Empfohlene Beiträge

Und auch Tolkien hat nichts anderes getan als unsere Welt gedeutet. Er hat - wie auch sonst kein Mensch dieser Erde - keine andere Welt erfunden.

Du sagst expliziet, dass kein Autor die Welt in seinem Roman erfunden hat. Ich hingegen behaupte, dass alle Welten, die einem Roman zugrunde liegen erfunden sind.

So als Dogma formuliert würde ich das nicht unterschreiben. Oder sagen wir mal so:

durch Missverständnisse kann natürlich die Deutung der Wirklichkeit durch den Autor nicht erkannt werden; aber erst einmal ist sie im Text enthalten.

Doch, jede Erzählung weist eine Struktur (die einfachste: Anfang - Mitte - Ende) auf, ohne die wir sie sonst nicht als Erzählung akzeptieren würden. "Ein Mann geht über eine Straße." ist keine Erzählung, "Ein Mann geht über eine Straße. findet 5 € und kauft eine Flasche Wein, die er abends mit seiner Frau trinkt." ist schon eher eine, auf Grund der Struktur.

In gewissem Sinne schon natürlich. Aber das ist nicht beliebig. Bei dir klingt es so, als ob der literarische Roman hauptäshlich ein Produkt des Lesers ist. Diese Ansicht gibt es ja. Aber ich teile sie nicht. Genausowenig wie der Leser die Grammatik erfindet, erfindet er die Semantik und den Code, in dem literarische Texte verschlüsselt werden. Natürlich gibt es Mehrdeutigkeiten. Und es bedarf auch des Lesers, um sie wahrzunehmen. Aber sie sind im Text von vornherein enthalten und von dort her belegbar.

Natürlich muss der Text im Mittelpunkt der Interpretation stehen. Aber deswegen ist auch der Autor für die Interpretation unerheblich.

Eigentlich wollte ich nur sagen, dass kein literarischer Text nur die Welt deutet, sondern eine vom Autren erschaffene Welt ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

.

(Übrigens die Sprengung der Festung in Helms Deep erinnert mich an das geheimnisvolle Ende des Belagerungstechnikers Martinus in 'Ein Kampf um Rom' von Felix Dahn (kennt das noch wer?)  ;-) )

<{POST_SNAPBACK}>

Ja! Ich kenne es noch! Um auf Gyges zurückzukommen, das war kein ring der Macht, sondern nur ein unsichtbar machender Ring. Und er wird zu voyeuristischen Zwecken benutzt. Und zur ursprünglichen Frage fällt mir nur ein wort ein: Lächerlich! Zwerglein sitzen zu Gericht über einen Giganten und versuchen ihm am Zeug zu flicken, weil sie soviel Größe nicht ertragen. :auslach:

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Du sagst expliziet, dass kein Autor die Welt in seinem Roman erfunden hat. Ich hingegen behaupte, dass alle Welten, die einem Roman zugrunde liegen erfunden sind.

Gut – aber Behauptungen nützen ja nichts. Ich habe allerdings auch bloß behauptet. Da können wir beide natürlich jahrelang immer weiter behaupten und sind keinen Schritt weiter ;-)

Kommt immer auf den Sinn an, den man dem Begriff „Welt“ unterstellt. Wenn man damit meint: „jeder Mensch lebt in seiner eigenen Welt, schafft sich seine eigene Welt“ – dann würde ich dir recht geben. Die Ingrendientien sind zwar in jeder Welt gleiche, aber die Mischung nimmt jeder anders vor. Wären alle Welten – in diesem Sinne – gleich, gäbe es nicht so gravierede und andauernde Missverständnisse zwischen Menschen. Die resultieren daraus, dass der eine die Welt des anderen nicht verstehen oder erkennen kann.

Ich meinte aber „Welt“ in einem anderen Sinn; eher umfassender. Ich meinte damit alles, was Menschen ausmacht. Und darin ist die Phantasie eines Schriftstellers inbegriffen.

Als zweites strukturiert Narration zwar die Wirklichkeit, die Deutung wird jedoch vom Rezipienten übernommen

So als Dogma formuliert würde ich das nicht unterschreiben. Oder sagen wir mal so:

durch Missverständnisse kann natürlich die Deutung der Wirklichkeit durch den Autor nicht erkannt werden; aber erst einmal ist sie im Text enthalten.

Doch, jede Erzählung weist eine Struktur (die einfachste: Anfang - Mitte - Ende) auf, ohne die wir sie sonst nicht als Erzählung akzeptieren würden. "Ein Mann geht über eine Straße." ist keine Erzählung, "Ein Mann geht über eine Straße. findet 5 € und kauft eine Flasche Wein, die er abends mit seiner Frau trinkt." ist schon eher eine, auf Grund der Struktur.

Wie jetzt - „doch“? Wo ist denn da jetzt der Widerspruch?

Natürlich muss der Text im Mittelpunkt der Interpretation stehen. Aber deswegen ist auch der Autor für die Interpretation unerheblich.

Der Autor ist für die Interpretation unerheblich? Kannst du das mal erklären, was du damit meinst?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Der Autor ist für die Interpretation unerheblich? Kannst du das mal erklären, was du damit meinst?

<{POST_SNAPBACK}>

Der Autor ist deswegen für die Interpretation unerheblich, da wir den Text haben. Wir können z.B. Shakespeare nicht mehr fragen, was er mit seinen Texten erreichen wollte, bzw. welche Intention er in sie gelegt hat, da er tot ist, und wenn er noch leben würde, könnte we lügen.

Außerdem, wenn der Autor erfolgreich seine Intention in den Text gelegt hat, so können wir diese anhand des Textes erkennen, wenn nicht, dann spielt es auch keine Rolle, was der Autor sagt, da seine Intention nicht im Text zu finden ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Der Autor ist deswegen für die Interpretation unerheblich, da wir den Text haben. Wir können z.B. Shakespeare nicht mehr fragen, was er mit seinen Texten erreichen wollte, bzw. welche Intention er in sie gelegt hat, da er tot ist, und wenn er noch leben würde, könnte we lügen.

Außerdem, wenn der Autor erfolgreich seine Intention in den Text gelegt hat, so können wir diese anhand des Textes erkennen, wenn nicht, dann spielt es auch keine Rolle, was der Autor sagt, da seine Intention nicht im Text zu finden ist.

<{POST_SNAPBACK}>

Oh - ich verstehe. Das unterschreibe ich freudig.

Ich vergleiche das immer mit einem Regisseur, der im Programmheft versucht darzulegen, was er mit seiner Inszenierung "gemeint" hat. Und da gilt genau das gleiche: wenn man aus dem, was auf der Bühne zu sehen ist, nicht erschließen kann, was die Intention der Inszenierung ist, dann hilft ein nachträgliches Verbessernwollen (indem man "erklärt", was eigentlich hätte gestaltet sein müssen) auch nicht. Wirkt eher peinlich.

Darum unterscheidet man ja auch "Textintentiion" und "Autorintention." Beides kann sehr auseinanderklaffen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Darum unterscheidet man ja auch "Textintentiion" und "Autorintention."  Beides kann sehr auseinanderklaffen.

<{POST_SNAPBACK}>

Und dann ist der Text wichtig, da der Autor nicht greifbar ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hi,

Und dann ist der Text wichtig, da der Autor nicht greifbar ist.

<{POST_SNAPBACK}>

....und wenn der Autor (erläuternde) Texte zu seinem Werk hinterlassen hat....?

*duck-und-weg*

Grüße,

Brandanus.

Bearbeitet von Brandanus
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hi,

....und wenn der Autor (erläuternde) Texte zu seinem Werk hinterlassen hat....?

*duck-und-weg*

Grüße,

Brandanus.

<{POST_SNAPBACK}>

Auch in erläternden Texten kann der Autor lügen. Außerdem, wenn seine Intetntion im Text zu finden ist, dann ist ja alles gut, wenn nicht, dann kann der Autor erläutern so viel er will, seine Intention steht nicht im Text festgeschrieben.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Auch in erläternden Texten kann der Autor lügen. Außerdem, wenn seine Intetntion im Text zu finden ist, dann ist ja alles gut, wenn nicht, dann kann der Autor erläutern so viel er will, seine Intention steht nicht im Text festgeschrieben.

<{POST_SNAPBACK}>

Oder der Autor kann sich irren, beschönigen wollen, befangen sein, den Leser beeinflussen wollen, wie jeder Mensch auf Gottes Erden sein Werk und auch sich selbst in allen Tiefen nicht wirklich begreifen.

Never trust the artist, trust the tale.

D. H. Lawrence

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich glaube jeder Author (eigentlich kann ich das glaube weglassen)., holt sich von irgendwo her Inspirationen und vorallem in der Fantasyliteratur sind das nun mal im groben, die ganzen sagenumwobenen geheimnisvollen wesen: Trolle, Elfen/Elben, Zwerge, Orks, Goblins, Drachen. und die meisten davon nehmen irgendwo allte Sprachen und Mathen und Sagen mit auf, wnen auch nicht komplett, dann in Ansätzen. Aber macht es genau das nicht besonders spannend?

Und selbst wenn Tolkien solche Elemten übernommen hat (schon allein die Sprachen die er schuf, lehnen sich ja irgendwie am Klang anderer nordischer Sprachen an) hat er ein vollkommen neues Meisterweg geschaffen.

Auch wenn es Ringe der Macht schon wo anders gab: Ringe sind häufig ein Symbol von Macht. Na Und?

Ich sehe Tolkien nicht als einen Dieb, sondern jemanden, der aus vorhandenen Mythologien und Symbolen die ihn persönlich beeinflussten ein vollkommen neues Werk schuf!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Oder der Autor kann sich irren, beschönigen wollen, befangen sein, den Leser beeinflussen wollen, wie jeder Mensch auf Gottes Erden sein Werk und auch sich selbst in allen Tiefen nicht wirklich begreifen.

Never trust the artist, trust the tale.

D. H. Lawrence

<{POST_SNAPBACK}>

der Autor irrt sich bezüglich der Intention seines Textes? Ging es nicht irgendwann um "Interpretation"? Ich glaube Aglaek ist verrutscht...oder so.

Hm...die Autorenleugnung geht natürlich dann, wenn ich innerhalb der Lit.wiss. mit einem bestimmten Autorenbegriff arbeite und vor allem Anhänger der (anscheinend wieder aufblühenden) Theorie einer universalen Intertextualität bin.

"Zu meiner Zeit" (*räusper*: "früher") waren Gender Studies und Cultural Studies ziemlich hoch im Kurs und das setzt für die Textanalyse (umfassendes) Wissen über den Autor voraus.

Das Pendel schlägt wohl ein bisschen zurück, aber solange wir uns nicht über den Begriff des "Autors" einigen (was den Rahmen des Forums und meine Zeit sprengt...), würde ich feststellen wollen: es gibt verschiedene Autorenkonzepte. Die "Irrelevanz" des Autors kann begründet werden, aber die Ansicht, der Autor sei durchaus relevant, kann ebenfalls begründet werden.

In jedem Fall richtig scheint mir die Feststellung, dass man dem Autor nicht unbedingt trauen muss. (Beschussvorlage für die Vollversammlung?)

Grüße,

Brandanus.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Autorenleugnung? Wi kann man denn leugnen, dass ein Autor das Werk geschrieben hat?

Das war meines Erachtens nicht der Punkt. Ich zumindest habe das so gemeint, wie ich oben mit dem Beispiel des Regisseurs veranschaulichen wollte.

Pendel hin oder her. Psychologisch ist es einfach nicht möglich, dass ein Mensch ein Kunstwerk völlig bewusst gestaltet. Und von Tolkien wissen wir, dass er auch gar nicht daran interessiert war. Er vertraute viel mehr der Intuition als dem bewussten "Machen".

Beispiel Bertold Brecht. Er wollte seine Dramen kommunistisch schreiben - er wollte Werbung für seine Ideologie machen. Deshalb wurde er zunächst im Westen auch nicht gespielt. Bis man dann entdeckte, dass der Dichter Brecht nicht identisch war mit dem Ideologen Brecht. Seine Werke erkannte man als künstlerische Gestaltung mehr allgemeinmenschlicher Art (jetzt nicht wörtlich nehmen, ich hebe es ab gegen ideologsche Programmdichtung).

Zur Zeit des Postitivsmus (innerhalb der Literaturauffassung) fasste man den Menschen fast als eine Art Maschine auf. Da glaubte man: wenn man alles von der Biographie eines Menschen weiß, dann kann man jeden Satz des dichtersichen Werkes auf ein konkretes Erlebnis beziehen.

Das muss jeder für sich selber entscheiden, wie er sich den künstlerisch Gestaltenden vorstellt. Vieles ist auch eine Frage der Selbstbeobachtung.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Autorenleugnung? Wie kann man denn leugnen, dass ein Autor das Werk geschrieben hat?

gar nicht, niemand sagte "Autorenschaft leugnen".

Das war meines Erachtens nicht der Punkt.

...hatte ich das so gemeint oder gar geschrieben? Nein. "Leugnen" steht hier im Kontext verküzend für "die Rolle des Autors bei der Interpretation leugnen", darum ging es ja meiner Meinung nach: die Dekonstruktion des Autors, oder: "der Tod des Autors."

Ich beziehe mich auf einen gewissen Diskurs in der Lit.wiss., wie er z.B. hier:

http://iasl.uni-muenchen.de/discuss/lisfor...tor-inhalt.html

beschrieben wird.

Den Vergleich mit dem Programmheft (des Regisseurs) kann ich so nicht nachvollziehen.

Grüße,

Brandanus.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

der Autor irrt sich bezüglich der Intention seines Textes? Ging es nicht irgendwann um "Interpretation"? Ich glaube Aglaek ist verrutscht...oder so.

<{POST_SNAPBACK}>

Mit Intention meinte ich das, was der Autor mit seinem Text bewusst bezwecken will. Interpretation geht aber, so wie ich den Begriff verstehe, vom Rezipienten aus. Ein Autor kann während des Schreibens seinen Text nicht interpretieren, das kann erst geschehen, wenn der Text fertig ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

gar nicht, niemand sagte "Autorenschaft leugnen".

Doch - du. In deinem obigen post.

...hatte ich das so gemeint oder gar geschrieben? Nein. "Leugnen" steht hier im Kontext verküzend für "die Rolle des Autors bei der Interpretation leugnen", darum ging es ja meiner Meinung nach: die Dekonstruktion des Autors, oder: "der Tod des Autors."

Nein - darum ging es in der Disussion nicht. Diese Thematik hast du erst hineingetragen. :-) Ich bin da jetzt etwas verwirrt und weiß nicht mehr recht, worüber wir reden. Da musst du etwas missverstanden haben.

Ich beziehe mich auf einen gewissen Diskurs in der Lit.wiss., wie er z.B. hier:

http://iasl.uni-muenchen.de/discuss/lisfor...tor-inhalt.html

beschrieben wird.

Dachte ich mir schon. Aber das ist wirklich ein ganz anderes Thema. Der Unterschied zwischen Autorintention und Werkintention - worüber wir hier reden - ist zwar vorhanden, aber beide Intentionen können nebeneinander sein. Sind auch nebeneinander.

Den Vergleich mit dem Programmheft (des Regisseurs) kann ich so nicht nachvollziehen.

Ist doch aber ganz einfach. Ein Künstler hat alles mögliche im Kopf, was er alles mit seinem Werk "beabsichtigt" - und dann kommt nachher etwas ganz anderes heraus.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 1 Jahr später...

Geklaut hat Tolkien die Idee sicher nicht - dafür sind die Quellen, von denen er seine Geschichten haben könnte, einfach noch zu weit von HdR entfernt. Wie schon gesagt, er hat sich an Sagen und Mythen orientiert (was ich übrigens auch gerne mache, daraus lassen sich ganz neue Geschichten schreiben, wenn man die Mythen lange genug betrachtet und auf sich wirken lässt ;-) ), also könnte es gut sein, dass er sich z.B. die Tatsache, dass der Ringträger unsichtbar wird, aus der Erzählung vom Ring des Gyges "geklaut" hat.

Ich halte die Geschichten vielmehr für welche, die aus Bausteinen älterer Erzählungen entstanden sind ;)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dein Kommentar

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.

Gast
Leider enthält Dein Inhalt Begriffe, die wir nicht zulassen. Bitte bearbeite Deinen Inhalt, um die unten hervorgehobenen Wörter zu entfernen.
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung wiederherstellen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...