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Tolkien & Rassismus


Caivallon

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vor 4 Stunden schrieb Eldanor:

die interessante Frage wäre da für mich eher, wie würde er mit dem Vorwurf umgehen, wenn er heute noch leben würde. Würde er versuchen, sich zu rechtfertigen, oder daraus lernen? Denn das ist IMHO das Wichtigere – die Erfahrung Betroffener hören und ernstnehmen und das eigene Verhalten daraus anpassen. Tolkien kann das natürlich nicht mehr, aber wir können natürlich für uns Lehren daraus ziehen, wenn wir darauf hingewiesen werden :-)

LG

Elda

 

Das ist eine zutiefst humane Haltung, Elda, die Du hier äußerst, und damit wäre uns heute sehr gedient, um dem derzeit weltweit wachsenden Rassismus zu begegnen. Wir stehen vor einer Vermischung aller Völker, und davor haben allzuviele Panik.

Allerdings sprechen wir hier nun von einem schon verstorbenen Künstler. Und dazu muss die Forschung der künstlerischen Literatur Stellung beziehen. 

Wir haben das Problem auch bei Thomas Mann und Richard Wagner. Beide leben nicht mehr, beide haben rassistische Werke oder Äußerungen hinterlassen. 

Thomas Mann lebte lange genug, um noch selber bereuen zu können. Er war wohl auch kein aktiver Faschist, während es bei Richard Wagner wohl - ich habe selber noch nicht die Kraft gehabt, seine antisemitischen Texte zu lesen - anders aussah. Er hat Hitler in Bayreuth herzlich begrüßt. 

Bei Wagner unterscheidet man zwischen Werk und Leben: seine Opern weisen, auch meinem Verstehen nach, nirgendwo Rassismus auf. 

Darum kann man weiterhin in Bayreuth und überall auf der Welt Wagners Opern aufführen. 

Die Literaturhistoriker untersuchen nach wie vor sämtliche schon verstorbene Autoren, und bei denen kann man nicht sagen: was ihr da vom Stapel gelassen habt, würdet ihr heute nicht mehr sagen, darum tadeln wir es nicht.

Wie ich schon irgendwo anders mal im Forum schrieb:

man hat einen Text eines (deutschen) Autors der literarischen Romantik aufgespürt, aus dem deutlich Judenhass sprach.  Da das einer meiner Lieblingsautoren war, bin ich nicht nur vom Stuhl gefallen, sondern habe seinen Namen schlagartig verdrängt, so dass ich nicht mehr weiß, wer es war...

 

Wie aber soll man sich beim Verfassen der Literaturgeschichte verhalten? Ihn entschuldigen?

Ich denke, auch in seiner Zeit - irgendwann nach 1800 - war Rassenhass eine inakzeptable Eigenschaft in den Augen human gesonnener Menschen. Den humanen Gedanken gibt es im Prinzip schon seit der Antike. Und wer Schriftsteller ist - also gründlich über die Zeitverhältnisse nachdenkt und dadurch auch über seine eigene Haltung dazu -  lebt und denkt bewusst; dem unterlaufen nicht einfach so 'Alltagsrassismen', die er, bei Licht gesehen, sofort wieder zurücknehmen würde. 

Wer sich öffentlich äußert, möglicherweise im aktuellen Kulturleben eine wichtige Funktion hat, hat auch Vorbildcharakter und großen Einfluss. 

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vor 1 Stunde schrieb Alsa:

dem unterlaufen nicht einfach so 'Alltagsrassismen', die er, bei Licht gesehen, sofort wieder zurücknehmen würde. 

Da muss ich dir widersprechen. Das ist gerade der Kern des Alltagsrassismus, dass er eben bei jedem Menschen jederzeit auftreten kann. Das erfordert dauerndes Selbsthinterfragen, und selbst darin sind wir Menschen nicht unfehlbar. Aber das führt jetzt etwas vom Thema weg ;-)

Im Bezug auf Tolkien hast du natürlich recht – der Autor lebt nicht mehr, wir können über seine Haltung nur Annahmen machen.

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vor 18 Minuten schrieb Eldanor:

Da muss ich dir widersprechen. Das ist gerade der Kern des Alltagsrassismus, dass er eben bei jedem Menschen jederzeit auftreten kann. Das erfordert dauerndes Selbsthinterfragen, und selbst darin sind wir Menschen nicht unfehlbar.

 

Du schreibst ja selber: dass er auftreten kann. Aber nicht muss.

Insofern ist das kein Widerspruch zu dem, was ich geschrieben habe.

Falls man mit einer Definition, was Alltagsrassismus sei, gleichzeitig behaupten will, dass das bei jedem Menschen auftreten muss, wäre das bereits eine ideologische Aussage.

Ich mag das Wort "Alltagsrassismus" aus diesem Grund auch nicht, wie ich gerade feststelle. Es wirkt letztlich auf mich tendenziös. 

Eben, weil man eventuell nur, weil das Wort existiert, ein Pauschalurteil über alle Menschen fällt. Und es gibt mit Sicherheit jede Menge von Menschen, die in ihrem Alltag niemals auch nur irgendeine Form von Rassismus verspürt haben. Dergleichen ist nicht an das Menschsein gebunden. 

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Nur ganz kurz, bevor nachher (hoffentlich) mehr Zeit zum Antworten ist: von Richard Wagner gibt es eine Reihe deutlich antisemitischer Texte, aber man kann ihm immerhin nicht vorwerfen dass er Hitler in Bayreuth herzlich begrüßt habe. Das wäre auch ein bisschen schwierig gewesen, denn Richard Wagner ist 1883 gestorben. Diejenige die Hitler in Bayreuth herzlich begrüßt hat war Wagners Schwiegertochter Winifred Wagner. - Weitere Antwort folgt später.

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Gern geschehen. Und Wagners Todesjahr musste ich auch erst nachsehen.

Ich habe den Eindruck dass wir hier im Moment ein bisschen Durcheinander bei den Begriffen haben. Und das ist ja auch kein Wunder, denn gerade innerhalb des letzten Jahres hat sich ja im Hinblick auf die Beurteilung von Rassismus doch sehr viel Neues entwickelt, vor allem im Zusammenhang mit Black Lives Matter. Und was sich da begonnen hat zu ändern, das ist weniger der aggressive, mit Hass und Ablehnung verbundene Rassismus. Dieser Rassenhass, der dann im Antisemitismus der Nazis mit all seinen Folgen gipfelt, ist und war ja doch schon sehr lange für die allermeisten Leute vollkommen inakzeptabel, glücklicherweise.

Was sich derzeit ändert hat mehr mit dem zu tun was hier als Alltagsrassismus bezeichnet wurde, also mit einer vergleichsweise "harmlosen" Sache, die oft nicht einmal böse gemeint ist, sondern bei der man einfach Vorurteile als gegeben hinnimmt : dieses oder jenes Volk ist eben nun mal so und so. "Das ist mal wieder typisch deutsch" gehört durchaus auch in diese Kategorie. In den letzten Monaten sind plötzlich Dinge schwierig geworden  die man, zur Mehrheit gehörend, vorher gar nicht als Problem wahrgenommen hat. Plötzlich stört man sich an weißen Schauspielern in der Rolle von Schwarzen, plötzlich begreift man dass "Indianer"-Kostüme zu Fastnacht beleidigend sein können.

Das Problem ist wirklich dass jemand der noch nie selbst Diskriminierung (aus welchem Grund auch immer) erlebt hat wirklich erst lernen muss wie sein Verhalten überhaupt auf Betroffene wirkt. In diesem Zusammenhang fand ich das Video das Eldanor verlinkt hat (Experiment: Wie rassistisch bist du?) ganz hervorragend, ich hatte es auch kürzlich bei Youtube entdeckt.

Das war jetzt OT, genaugenommen. Wir leben heute in einer Zeit, in der sich in dieser Hinsicht sehr viel bewegt und in der es sehr viele neue Entwicklungen gibt. Für uns sieht das ganze Thema also sehr viel anders aus als für Tolkien der seit bald fünfzig Jahren tot ist. Dass er mit diesen Fragen anders umgegangen ist, das ist eine ganz natürliche Sache. Als aggressiven Rassisten kann ich mir Tolkien als Person beim besten Willen nicht vorstellen. Dass er allerdings den eher "harmlosen" Alltagsrassismus als solchen oft nicht gesehen hat, das wäre zu seiner Zeit vorstellbar.

 

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vor 11 Stunden schrieb gathame:

Was sich derzeit ändert hat mehr mit dem zu tun was hier als Alltagsrassismus bezeichnet wurde, also mit einer vergleichsweise "harmlosen" Sache, die oft nicht einmal böse gemeint ist, sondern bei der man einfach Vorurteile als gegeben hinnimmt : dieses oder jenes Volk ist eben nun mal so und so. "Das ist mal wieder typisch deutsch" gehört durchaus auch in diese Kategorie. In den letzten Monaten sind plötzlich Dinge schwierig geworden  die man, zur Mehrheit gehörend, vorher gar nicht als Problem wahrgenommen hat.

 

Tatsächlich nehme ich die Jetztzeit gänzlich anders wahr als Du. 

Was Du schreibst, kenne ich aus der Zeit vor vielleicht 30 Jahren.

In den letzten Monaten, vielleicht schon in den letzten 2 Jahren, ist eine neue Bissigkeit, eine ganz neue Qualität an Hass für mich erkennbar, die mich wirklich erschaudern lässt.

Ich schreibe in einem politischen Forum mit, wo dieser Hass jeden Tag formuliert wird, obwohl das Forum moderiert ist und sehr vieles an Beiträgen nicht durchkommt. 

Diese Form des Rassismus ist für mich völlig neu, ist in den letzten paar Jahren steil angestiegen.

Das ist überhaupt kein "Alltagsrassismus", nach meiner Wahrnehmung, sondern ein neu aufgepeitschter. Und dieser ist sehr böse gemeint; man kann den Formulierungen die Gewaltbereitschaft regelrecht ansehen. Dass man Asylanten lieber absaufen lassen will als sie ins Land lassen, wird unverhohlen immer wieder indirekt formuliert. 

In einer ähnlichen Zeit lebte Tolkien; freilich weiß ich nicht, wie der Beginn des 1. Weltkrieges und auch die Nazizeit in England aussah - aber nach den Romanentwürfen Tolkiens zu urteilen, ebenso nach den Gesprächen mit seinen damaligen Freunden stand da auch eine Menge an Gefühlslagen auf Messers Schneide. 

Ich bin gerade heute auf ein Briefzitat von Tolkien gestoßen, wo ihm von einem deutschen Verlag abverlangt worden war, einen Arier-Nachweis abzuliefern , damit eine Übersetzung durchkommt - wenn ich das richtig erinnere.

Und Tolkien hat daraufhin getobt, Hitler niedergemacht und sich bekannt dazu, dass er stolz auf das jüdische Volk und dessen Begabung sei. Allerdings hat er trotzdem erwähnt, dass er den Ariernachweis liefern könne.

Das von mir oben erwähnte "das ist typisch deutsch" ist meist so gemeint, dass "die" Deutschen einmal behauptet haben: "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen". Und jetzt seien sie schon wieder so, weil sie die Einhaltung des Menschenrechtes von  anderen Nationen einfordern. Dabei sei es in anderen Nationen halt ganz normal, dass man Menschenrechte missachtet. 

"Der Deutsche" also solle akzeptieren, dass Menschen jenseits der deutschen Grenzen gefoltert werden z.B., das ginge ihn nichts an, denn die wollen das ja so.

Wie in Orwells "1984" werden Begriffe in ihr Gegenteil verkehrt: wer das Menschenrecht in der ganzen Welt einfordere, sei ein hässlicher Deutscher, der wie in der Nazizeit sein eigenes Wesen in die ganze Welt verbreiten wolle.

Diese Begriffsverfälschung lese ich Tag für Tag in besagtem Forum, und sie wird systematisch betrieben. Tolkien, der in der Nazizeit gelebt hat, wird damit auch  konfrontiert worden sein.

Und ob er davon teilweise angesteckt worden ist, das u.a. ist ja die Frage dieses Threads. In Tolkiens Werk ist Melkor der Verfälscher von Begriffen schlechthin. Darum denke ich, dass Tolkien dieses Verbrechen an Sprache - Sinnverfälschung - als Hauptübel in seinen Werken gegeißelt hat.  

Und nie hätte ich gedacht, dass ich es noch einmal erleben werde, dass bei uns genau diese Melkor-Verfälschung wiedergeboren wird. 

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Nein, du nimmst die Jetztzeit durchaus nicht vollkommen anders wahr als ich, meinem Eindruck nach. Ich habe da bloß, aus dem gegebene Zusammenhang heraus, über eine einzelne Entwicklung geschrieben die es eben durchaus auch gibt, nämlich die schon bei etlichen Leuten merkliche Sensibilisierung dafür wie die "alltägliche" Diskriminierung (aus rassistischen Gründen zum Beispiel) funktioniert. Wenn sich das so angehört hat als ob ich im Moment dein Eindruck einer generell besser werdenden Welt hätte, dann war das ganz sicher nicht so gemeint.

Denn das, was du da beschreibst, ist ja nun mal sehr real und nimmt wirklich immer extremere Formen an: zunehmend deutlich geäußerter Hass in politischen Diskussionen, mittlerweile nicht mehr nur im Internet sondern auch in der Realität. Die Hemmungslosigkeit mit der da Andersdenkende beleidigt werden und mit der man ihnen oft auch sehr unerfreuliche Tode wünscht kann schon erschreckend wirken. Angefangen hat es mit Äußerungen dieser Art soweit ich sehe tatsächlich im Internet mit seiner relativen Anonymität, da haben dann schon Leute Sachen geäußert die sie zuerst sicher niemandem ins Gesicht gesagt hätten. Und dadurch ist da wirklich eine Hemmschwelle verschwunden. Die Aggressivität war natürlich immer da, in gewisser Weise, die fällt ja jetzt nicht plötzlich vom Himmel, aber es gab eben doch gewisse Vorstellungen darüber was man äußern darf und in welcher Form. Und das verschwindet einfach mehr und mehr. Das Phänomen Donald Trump und die geradezu religiöse Verehrung die er bei seinen zahlreichen Anhängern genießt sind ein bedenkliches Beispiel dafür.

Das alles führt natürlich zu einer Verrohung der Sprache, gerade in vielen Internetdiskussionen kann man das gut verfolgen. Und diese Verrohung ist ansteckend, bis zu einem gewissen Grad. Insbesondere dann wenn man das alles nicht irgendwie "von außen" betrachtet sondern mittendrin in einer problematischen Situation ist. Und das sind wir alle im Moment, die Coronakrise setzt alle unter Stress, mehr oder weniger. - Um zurück zum Thema dieses Threads zu kommen: in extremen Situationen  ändert sich die Sprache der Menschen, das hat man gerade im Laufe des letzten Jahres sehr gut verfolgen können. Und dass Äußerungen Tolkiens, die in Extremsituationen (Weltkriege und deren Umfeld)  gemacht wurden, eben auch durch solche Situationen beeinflusst sein können, ist mehr als naheliegend.

 

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Ich bin sehr froh, dass wir nun doch nicht so weit auseinanderliegen und die Diskussion weiter vorantreiben können.

An diesem Wochenende habe ich wenig Zeit, darum werde ich zumindest heute, wohl aber auch am Sonntag nichts Erhellendes weiter schreiben können. 

Nur kurz zu diesem Punkt:

vor 17 Stunden schrieb gathame:

Und dass Äußerungen Tolkiens, die in Extremsituationen (Weltkriege und deren Umfeld)  gemacht wurden, eben auch durch solche Situationen beeinflusst sein können, ist mehr als naheliegend.

Im ersten Moment dachte ich, dass ich dem vielleicht zustimmen könnte und man auch die Surrealismus-Bemerkung nicht so auf die Goldwaage legen sollte. 

Dann aber sah ich wieder in der Flieger-Ausgabe (der "On Fairy-Stories"), wie pingelig und langwierig Tolkien an jeder Formulierung gearbeitet und immer und immer wieder verbessert hat. In den Briefen mag ihm vielleicht das eine oder andere einfach entfleucht sein, in den veröffentlichten Werken aber wohl eher kaum. 

Ich empfehle auch sehr, die Flieger-Ausgabe zu kaufen:

https://www.amazon.de/Tolkien-Fairy-Stories-Verlyn-Flieger/dp/0007582919/ref=sr_1_3?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&dchild=1&keywords=verlyn+flieger+on+fairy+stories&qid=1614426786&sr=8-3

Das gehört jetzt aber eher in den Surrealismus-Thread, zu dem ich auch schon einen Beitrag als Antwort auf Deinen geschrieben hatte. 

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Am 26.2.2021 um 19:24 schrieb gathame:

 

 

Ich möchte jetzt noch einmal versuchen zusammenzufassen, worum es in der Rassismus-Debatte in der Regel geht:

1. Um Tolkiens Werke

1a. Um Tolkiens fiktivem Werk

1b. Um Tolkiens theoretischen Werken (Essays etc.)

2. Um Tolkiens Äußerungen außerhalb der Werke

2a. In seinen Briefen

2b. In Interviews (Videos)

..........

Zu 1a. Ich bin entschieden der Meinung, dass, wenn es in seinem fiktiven und außerdem phantastischen Werk "Rassen" gibt (also gezüchtete Wesen). daraus nicht automatisch unterstellt werden kann, dass Tolkien Rassist sei.

Überhaupt ist es fast unmöglich, aus literarischen Werken die Ansicht des Autors eindeutig herauszufiltern. 

Dort werden ja keine realen Figuren geschildert, sondern - so lange es Kunst gibt, also seit tausenden von Jahren - Kunstfiguren, die Anteile des Menschen sein können:

bei Tolkien also z.B. 'der Hobbit in mir', 'der Ork in mir', 'der Gandalf in mir', wahrscheinlich sogar 'der Eru in mir'. 

Zu 1b. In Tolkiens theoretischen Werken spricht Tolkien nicht fiktiv, sondern real: da kann man also überprüfen, ob Tolkien rassistische Äußerungen getätigt hat. 

Es gibt ein paar Essays von Tolkienforschern, die sich darüber äußern. Dazu mache ich bei Gelegenheit im Unterforum "Sekundärliteratur" einen Thread auf, weil man die Ansichten dieser Forscher zum einen wirklich ernst nehmen muss, zum anderen aber auch kritisch untersuchen muss.

Zu 2a.

In den Briefen habe ich, glaube ich, bislang keine rassistischen Äußerungen gefunden.

Allerdings muss man dazu sagen, dass die Briefsammlung, die wir kaufen können, nur eine sehr schmale Auswahl aus seinen Gesamtbriefen ist. Das Auswahlkritierium ist mir persönlich unbekannt, und ich vertraue dieser Auswahl auch nicht. Was hat man weggelassen? Was hat man bewusst reingenommen, um - eventuell - ein bestimmtes Tolkienbild zu vermitteln? 

Zu 2b.

Es gibt ein paar Fernsehinterviews, die wohl teilweise auch bei youtube zu finden sind.

Die stammen aber wohl alle aus der Nachkriegszeit und sind nur bedingt für die Rassismusfrage tauglich. - Spannend sind sie aber allemal. 

 

FAZIT:

Dieser nun schon sehr lange Thread - Start 31. März 2002, also 19 Jahre alt -  kreist vermutlich ständig über die erwähnten Punkte. Man muss ja auch nicht meiner Meinung sein. Aber es wäre sinnvoll, wenn man die Unterscheidung von dichterischer Literatur und theoretischem Werk mittragen würde. 

Ich werde demnächst versuchen, diesen Thread durchzulesen, ob da irgendwo noch spannende Argumente sind.

Vielleicht ergeben sich ja auch noch in der aktuellen Diskussion wichtige Argumente, die man unbedingt mit bedenken müsste.

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vor 51 Minuten schrieb Alsa:

Es gibt ein paar Essays von Tolkienforschern, die sich darüber äußern. Dazu mache ich bei Gelegenheit im Unterforum "Sekundärliteratur" einen Thread auf, weil man die Ansichten dieser Forscher zum einen wirklich ernst nehmen muss, zum anderen aber auch kritisch untersuchen muss.

Ich würde es persönlich bevorzugen, wenn die Diskussion sich hier sammelt. Sonst kann es schnell ein Hin- und Herspringen werden, was dann anstrengend ist. Auch wenn es vom Medium her vielleicht besser zu Sekundärliteratur passt, finde ich, braucht es keine zwei Rassismus-Threads :-)

LG

Elda

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Am 1.3.2021 um 12:54 schrieb Eldanor:

Ich würde es persönlich bevorzugen, wenn die Diskussion sich hier sammelt. Sonst kann es schnell ein Hin- und Herspringen werden, was dann anstrengend ist. Auch wenn es vom Medium her vielleicht besser zu Sekundärliteratur passt, finde ich, braucht es keine zwei Rassismus-Threads :-)

LG

Elda

 

Kein Problem. 

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Ich fände es auch übersichtlicher das Thema in einem einzigen Thread zu diskutieren. Und eigentlich passt das doch auch zu "Tolkiens Leben" ganz gut.

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Am 16.5.2004 um 14:27 schrieb Gast Arodon:

Guckt doch mal bitte in Eurer Herr der Ringe Ausgabe im vierten Buch, Kapitel 5: Fenster zum Westen. In meiner Einbändigen Ausgabe S. 716 f.

"Und wir lieben sie: sie hochgewachsene Männer und schöne Frauen, beide gleichermaßen tapfer, goldblond, helläugig und stark;

[...]

Denn so teilen wir nach unserer Überlieferung die Menschen ein: die hohen Völker oder Menschen des Westens, und dies waren die Númenórer; die mittleren oder Menschen des Zwielichts, wie die Rohirrim und ihre Stammverwandten, die noch im fernen Norden wohnen; und die wilden oder Dunkelmenschen."

 

Hier denke ich dass diese Stelle sehr problematisch ist.

Zum Einen erkennt man "arische Motive" andererseits wird hier das eigentlich Problem des Rassismus deutlich, nicht irgendwelche physiognomische Merkmale sondern die Integration einer Hierarchie...

Ich für meinen Teil denke aber das Tolkien kein Rassist war. Denn zum Einen hat Tolkien 17 Jahre an HdR und schon sehr früh an Silmarillion etc. gearbeitet, d.h. vor dem 2.WK. Des weiteren darf man nicht bestimmte Eigenheiten der textinternen Realität in die extrafiktionale Welt einführen und andersherum.

 

Ich greife mal kurz diesen Beitrag aus dem Jahr 2004 heraus, an dem ich einen meiner Punkte ganz gut vielleicht noch mal deutlicher machen kann.

Ich habe in dem HdR-Zitat, das Gast Arodon oben bringt, das Wort "nach unserer Überlieferung" gefettet. Im Englischen steht da "in our lore".

Das heißt zum einen: 

der Berichterstatter ist in dem Fall Faramir, der Bruder von Boromir; also nicht etwa Tolkien. 

Zum anderen ist der HdR gespickt damit, dass irgendetwas "überliefert" wurde. Im "Silmarillion" ist das noch mehr der Fall. 

Ich schließe daraus, dass diese Stelle, die Gast Aradon für "sehr problematisch" hält, in meinen Augen überhaupt nicht problematisch ist. 

Zumal viele der Numenorer, die sich eine solche Abstammungsgeschichte erfunden haben, ja ethisch komplett scheitern und größenwahnsinnig werden.

Wobei man allerdings auch berücksichtigen muss, dass dieser Untergang von Numenor ebenfalls - laut Tolkiens Erzählmodus - auch innerhalb des Romans  nur eine überlieferte Sage ist. 

 

 

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Ich habe  die Stelle im vierten Buch, Kapitel "The Window on the West", eben nachgelesen, und zwar lieber gleich im Original. Da sagt Faramir:

For so we reckon Men in our lore, calling them the High, or Men of the West, which were Númenoreans; and the Middle Peoples,  Men of the Twilight, such as are the Rohirrim und their kin that dwell still far in the North; and the Wild, the Men of Darkness.

Hier ordnet Faramir die Menschen schon recht deutlich in drei "Güteklassen" ein: die "Hohen" Númenorer-Nachkommen, die "Mittleren" wie zum Beispiel die Rohirrim, und die "Wilden". Allerdings relativiert er diese Aussage gleich danach wenigstens ein bisschen, indem er darauf hinweist dass Menschen sich auch entwickeln und verändern können; so ganz festgeschrieben scheint diese Einteilung für ihn also nicht zu sein. Er fährt fort, indem er erklärt:

Yet now, if the Rohirrim are grown in some ways more like to us, enhanced in arts und gentleness, we too have become more like to them, and can scarce claim any longer the title High.

Das bedeutet sinngemäß übersetzt, dass die Rohirrim sich durch den Kontakt mit Gondor weiter entwickelt haben und irgendwie zivilisierter geworden sind, während andererseits die Leute von Gondor sich in mancher Hinsicht an die Lebensform der Rohirrim angeglichen haben. Demnach können sich Kulturen also durchaus wandeln, und die Sache mit den"Güteklassen" ist nicht ganz so festgeschrieben wie es sich im ersten Moment anhört.

Und natürlich ist es nicht Tolkien der hier spricht sondern eine Figur in der Geschichte die er erzählt. Es liegt in der Natur der Sache, dass Figuren in Geschichten bestimmte Meinungen und Ansichten vertreten, und die müssen ja nun keineswegs in jedem Fall zugleich auch die Ansicht und die Meinung des Autors sein. Auch wenn Leser manchmal dazu neigen zu glauben dass eine Meinung die einer der "Guten" äußert wohl richtig sein wird.

 

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@gathame 

herzlichen Dank für Deine Replik, ich werde morgen oder so darauf eingehen.

Erst mal aber muss ich noch ein weiteres Zitat von Gast Arodon bringen, sonst finde ich das Zitat bei diesem langen Thread nicht mehr wieder.

Ist wirklich ein tolles Argument, siehe Ende des Beitrags.

Trotzdem:

ein Mensch kann Romane schreiben, die den Rassismus geradezu zu überwinden suchen - und dennoch den Rassismus in sich tragen. 

 

Am 31.5.2004 um 09:06 schrieb Gast Arodon:

Ich kann mir auch einfach nicht vorstellen das Tolkien ein Rassis war. Allein die Gruppe der Gefährten ist doch das Symbol für Multi-Kulti schlechthin...

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Was die Gruppe der Gefährten betrifft: stimmt schon, das ist wirklich "das Symbol für Multi-Kulti schlechthin", wie Gast Arodon schon vor etlichen Jahren schrieb.

Und genau deshalb ist es wichtig in diesem Zusammenhang auf einen sehr grundlegenden Unterschied zwischen Buchvorlage und Verfilmung hinzuweisen. In der Verfilmung übernimmt Frodo bei Elronds Rat den Auftrag den Ring zu zerstören, und daraufhin erklären sich acht andere Anwesende spontan bereit ihn zu begleiten und zu unterstützen, da entsteht diese Gruppe also aus der Situation heraus ohne dass in diesem Augenblick jemand über ihre Zusammensetzung nachdenkt. 

Im Buch sieht das anders aus. Da übernimmt Frodo zwar gleichfalls bei Elronds Rat die Aufgabe den Ring zu vernichten, aber  nur Sam erklärt direkt ihn begleiten zu wollen. Die anderen Mitglieder der Gruppe werden erst  im Laufe der nächsten Wochen von Elrond sehr bewusst ausgewählt, und zwar ist nicht nur die Anzahl symbolbeladen, sondern es sollen auch alle freien Völker vertreten sein.  Im Kapitel "The Ring Goes South" sagt Elrond zu Frodo:

And I will choose you companions to go with you, as far as they will or fortune allows. The Number must be few, since your hope is in speed and secrecy. (...) The Company of the Ring shall be Nine; and Nine Walkers shall be set against the Nine Riders that are evil. (...) they shall represent the other Free Peoples of the World: Elves, Dwarves, and Men.

Während  also im Film diese Multi-Kulti-Truppe spontan entsteht  (was für eine filmische Darstellung vermutlich auch die wirkungsvollere Möglichkeit war), ist eben dieser Multi-Kulti-Effekt im Buch genau geplant, und das sagt natürlich schon einiges über den Autor Tolkien aus.

 

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vor 16 Stunden schrieb gathame:

Ich habe  die Stelle im vierten Buch, Kapitel "The Window on the West", eben nachgelesen, und zwar lieber gleich im Original. Da sagt Faramir:

For so we reckon Men in our lore, calling them the High, or Men of the West, which were Númenoreans; and the Middle Peoples,  Men of the Twilight, such as are the Rohirrim und their kin that dwell still far in the North; and the Wild, the Men of Darkness.

Hier ordnet Faramir die Menschen schon recht deutlich in drei "Güteklassen" ein: die "Hohen" Númenorer-Nachkommen, die "Mittleren" wie zum Beispiel die Rohirrim, und die "Wilden".

Ja. 

Wenn man Faramir beurteilen will - und nicht automatisch Tolkien - kann man diese seine Sicht vielleicht als "problematisch" bezeichnen. 

Allerdings nicht unbedingt als "arisch", wie Gast Arodon meint:  "Zum Einen erkennt man "arische Motive" "

In der Welt, in der Faramir lebt, gibt es keine Arier.

Andererseits schreibt Tolkien ja immer über seine eigene Zeit, allerdings in mythischer Form. 

Insofern kann Tolkiens aktuelle Zeit immer durch seine Figuren, die in einer mythischen Zeit leben, durchblitzen. Und soll wohl auch durchblitzen. 

Dann aber kommt das, was Du herausgefunden hast:

dass Faramir seine Aussage relativiert und von einer Annäherung ehemals feindlicher Kulturen spricht:

Zitat

Demnach können sich Kulturen also durchaus wandeln, und die Sache mit den"Güteklassen" ist nicht ganz so festgeschrieben wie es sich im ersten Moment anhört.

Allerdings ist das natürlich auch nicht Tolkiens Stimme, sondern die Ansicht einer seiner Figuren. Es entlastet Tolkien nicht. 

Meinem Verstehen nach gibt es zwei Möglichkeiten, Tolkien zu entlasten:

a. Den Aufbau des Romans und die Auswahl der Figuren zu untersuchen: denn beides kann nur auf den Autor Tolkien zurückgeführt werden.

b. Tolkiens theoretische Abhandlungen über Sinn und Verstand von fairy-stories mit einzubeziehen. 

 

vor 17 Stunden schrieb gathame:

Und natürlich ist es nicht Tolkien der hier spricht sondern eine Figur in der Geschichte die er erzählt. Es liegt in der Natur der Sache, dass Figuren in Geschichten bestimmte Meinungen und Ansichten vertreten, und die müssen ja nun keineswegs in jedem Fall zugleich auch die Ansicht und die Meinung des Autors sein. Auch wenn Leser manchmal dazu neigen zu glauben dass eine Meinung die einer der "Guten" äußert wohl richtig sein wird.

Um auf Deinen letzten Satz noch einzugehen:

Gerade bei Tolkien darf man das nicht machen. Mir ist aufgefallen, dass bei Tolkien oft, wenn nicht meist, das Destruktive einer Person aus ihrer besten Veranlagung erwachsen ist. Feanors Stärke ist die Liebe zu dem Licht Erus. Das arbeitet er in die Silmailli ein, und am Ende verfällt er dieser Liebe zu dem Licht und wird zum Verbrecher.

Fast kann man das auch von Melkor sagen. Auch er liebt wie verrückt das Licht Erus; er klammert sich an die Silmarilli, die ihm seine Hände verbrennen, und er kann sie nicht loslassen.

Diese tiefe Tragik hat meines Wissens nur Tolkien in dieser Form herausgefunden und gestaltet. 

Selbst dem Eru können wir nicht in jeder Hinsicht vertrauen, da auch er die Contenance verliert und Numenor in rasendem Zorn zerdeppert. 

Darum gibt es - nach meinem Verstehen - in Tolkiens Werk keine "guten" oder "bösen" Rassen. 

Die Problematik liegt im Individuum, egal, welcher Kultur: die Liebe selber kann zum Besitzwunsch und damit in die Boshaftigkeit führen.

Der HdR spielt das in allen Varianten durch. 

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vor 12 Stunden schrieb gathame:

Was die Gruppe der Gefährten betrifft: stimmt schon, das ist wirklich "das Symbol für Multi-Kulti schlechthin", wie Gast Arodon schon vor etlichen Jahren schrieb.

Und genau deshalb ist es wichtig in diesem Zusammenhang auf einen sehr grundlegenden Unterschied zwischen Buchvorlage und Verfilmung hinzuweisen. In der Verfilmung übernimmt Frodo bei Elronds Rat den Auftrag den Ring zu zerstören, und daraufhin erklären sich acht andere Anwesende spontan bereit ihn zu begleiten und zu unterstützen, da entsteht diese Gruppe also aus der Situation heraus ohne dass in diesem Augenblick jemand über ihre Zusammensetzung nachdenkt. 

Im Buch sieht das anders aus. Da übernimmt Frodo zwar gleichfalls bei Elronds Rat die Aufgabe den Ring zu vernichten, aber  nur Sam erklärt direkt ihn begleiten zu wollen. Die anderen Mitglieder der Gruppe werden erst  im Laufe der nächsten Wochen von Elrond sehr bewusst ausgewählt, und zwar ist nicht nur die Anzahl symbolbeladen, sondern es sollen auch alle freien Völker vertreten sein. 

Sehr guter Hinweis. An die Filme hätte ich mich nicht mehr genau erinnert.

In den Büchern also übernimmt Elrond die Rolle, quasi weltpolitisch zu denken und zu handeln. 

Es ist ja auch eine weltpolitische Angelegenheit, das zu zerstören, was die Welt versklaven würde: den Einen Ring.

Elrond ist ein Halbelb, nicht zu vergessen, und er trägt - falls ich mich da jetzt nicht vertue - elbisches, menschliches und göttliches Blut in sich.

Er ist also quasi in persona prädestiniert dafür, Götter - also Ainur oder Maiar -, Elben und Menschen miteinander auszusöhnen. Er hatte dieses "Erbgut" ja auch in sich selber gut sortieren und miteinander versöhnen müssen. :-)

Orks und Trolle sind da allerdings nicht dabei. Die hat Elrond nicht im Blick. 

Und doch hat Tolkien dafür gesorgt - das habe ich woanders, glaube ich, schon mal geschrieben:

auch zwei Orks wollen sich von Sauron emanzipieren, Mordor verlassen und jeweils eine Familie gründen; und einer der Trolle im "Hobbit" findet das offenbar auch nicht mehr so prickend, Menschen und Hobbits zu ermorden zwecks Ernährung.

Also auch die "unfreien" Völker müssen nicht für immer unfrei bleiben, auch sie können sich emanzipieren. 

Eventuelles Fazit:

Elrond könnte man also noch einen gewissen völkischen Dünkel unterstellen, da er die unfreien Völker in die Emanzipation aller Völker nicht einplant. 

Der Erzähler des HdR aber - für den HdR ist das tatsächlich ein Mensch, der Bescheid darüber weiß, dass "Der Hobbit" kürzlich veröffentlicht wurde, ;-) gleichzeitig aber Zugang zu den Bibliotheken im Auenland hat und so den Ringkrieg rekonstruiert und ein Buch darüber schreibt:

dieser Erzähler also pult sich aus all den verstaubten Büchern oder Buchrollen im Auenland die Fakten heraus, die untermauern, dass die Phantasievölker über Jahrtausende Frieden miteinander zu schließen suchen. 

Eine witzige Figur also, die den Herrn Tolkien und seine frühen Werke kennt, aber in Tolkiens Phantasiewelt ebenfalls lebt und dort die Buchrollen lesen kann, die Tolkien selber nicht lesen kann. :daumen:

Was den Rassismus betrifft:

Elrond selber war davon vielleicht befallen, die Erzählerfigur aber nicht. 

Und Tolkien hat sich hinter all diesen Erzählschichten so versteckt, dass man über ihn erst mal nichts rauskriegt.

 

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Das stimmt leider: Tolkien hat sich tatsächlich hinter so vielen verschiedenen Erzählschichten versteckt dass seine eigene Einstellung zu dem Erzählten  ziemlich unsichtbar wird (was natürlich Absicht sein dürfte). 

Aber die Frage warum Elrond gerade diese Auswahl trifft als es um die Gefährten geht, das ist schon eine spannende Sache. Und es zeigt vielleicht auch dass man vorsichtig damit sein muss da eventuell "völkischen Dünkel" zu unterstellen. Vielleicht gibt es ja ganz andere Gründe dafür wer da an diesem Unternehmen beteiligt wird und wer nicht. Spielen wir die ganze Angelegenheit also einfach mal durch.

Zweierlei steht von Anfang an fest. Erstens: Frodo als der Ringträger wird dabei sein (um diese Aufgabe hat sich ja sonst wirklich niemand gerissen, verständlicherweise), und also wird auch Sam dabei sein, der sich mit Sicherheit nicht abweisen lässt.  Und zweitens: die Gruppe soll klein bleiben, weil sie dann unauffälliger ist und schneller vorwärts kommt; Elrond hat sich für die Zahl neun entschieden, wegen des symbolischen Bezugs zu den neun Schwarzen Reitern. Und noch etwas ist vorgegeben: da Frodo ganz sicher nicht in der Lage ist diese Reise anzuführen und zu organisieren (dafür fehlen ihm einfach zu viele Kenntnisse über den Weg) muss das jemand anders übernehmen; und dass dieser "jemand anders" Gandalf ist liegt nahe, niemand sonst ist so kompetent für diese Aufgabe wie er.

Bleiben also noch sechs Plätze zu besetzen. Und da Elrond deutlich machen will dass dies hier ein Unternehmen ist dass ganz Mittelerde betrifft kommandiert er nicht einfach ein halbes Dutzend Bruchtal-Elben für die Aufgabe ab, sondern er will Teilnehmer aus verschiedenen Völkern. Das ist ja eigentlich auch ein sehr sympathischer Gedanke, aber er muss halt in Einklang gebracht werden mit dem was tatsächlich machbar ist. Und das führt dann dazu dass von den existierenden fünf freien Völkern nur vier beteiligt werden. Die Ents sind nicht vertreten, nicht weil irgendjemand was gegen die Ents hat, sondern aus ganz praktischen Gründen. Ents sind zu langsam und zu auffällig, und es wäre wohl auch kaum möglich einen von ihnen binnen weniger Wochen zur Stelle zu schaffen. Also: es gibt die Theorie ("alle freien Völker sind beteiligt") und die Praxis ("die Ents werden das Marschtempo nicht mithalten").

Also sind nur vier freie Völker beteiligt: die Hobbits Frodo und Sam ganz automatisch, weil Frodo der Ringträger ist, dazu die Menschen (Aragorn und Boromir), die Zwerge (Gimli) und die Elben (Legolas). Das sind alles Leute die zu diesem Zeitpunkt ohnehin in Bruchtal anwesend sind, und jemanden erst von irgendwoher anreisen zu lassen wäre ja auch kaum möglich, dazu reicht die Zeit nicht. Und die letzten beiden noch unbesetzten Plätze in der Gruppe krallen sich dann die Hobbits Merry und Pippin.

Orks oder Trolle sind tatsächlich nicht dabei. Wobei gegen die Trolle das gleiche Argument sprechen würde wie gegen die Ents (zu auffällig). Und die Orks? Alsa hat mit Recht darauf hingewiesen dass es da einige Beispiele für positive Ansätze bei den Orks gibt. Tatsächlich ist es ja so dass wir die ganze Geschichte immer aus der Sicht der "freien Völker" erleben, und die befinden sich halt derzeit im Krieg, und die Orks sind die feindlichen Truppen; schon möglich dass die Orks dadurch negativer auf uns wirken als sie wirklich sind. Aber es wäre wohl tatsächlich nicht machbar binnen weniger Wochen einen netten Ork irgendwo aufzutreiben von dem man sicher sein kann dass der das ganze Unternehmen nicht an die Gegenseite verrät. Ganz abgesehen davon dass es hier Elrond ist der die Entscheidungen trifft, und ich glaube nicht dass der Orks gegenüber sonderlich unvoreingenommen ist, nicht mal aus rassistischen Gründen sondern angesichts dessen was sie seiner Frau angetan habe.

Nein, ich habe nicht den Eindruck dass Elronds Entscheidungen in diesem Fall etwas mit Rassismus zu tun haben. Etwas anderes dabei fällt allerdings schon heftig auf: hier wird komplett der Hochadel losgeschickt. Aragorn ist theoretisch der Thronerbe von Gondor, und Boromir ist es tatsächlich. Legolas ist der Sohn des Waldelbenkönigs Thranduil. Gimli ist die Nummer vier oder fünf in der Thronfolge von Erebor. Die Hobbits kennen ja keine Adelstitel, unterscheiden aber durchaus zwischen den großen Familien und dem gewöhnlichen Volk, und da sind Pippin als der zukünftige Thain und Merry als der Erbe des Herrn von Bockland natürlich schon Hochadel, und Frodos Familie ist zumindest nahe mit den Familien der beiden verwandt. Das "gewöhnliche Volk" wird lediglich durch Sam vertreten.

 

 

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vor 4 Stunden schrieb gathame:

Aber die Frage warum Elrond gerade diese Auswahl trifft als es um die Gefährten geht, das ist schon eine spannende Sache.

Und es zeigt vielleicht auch dass man vorsichtig damit sein muss da eventuell "völkischen Dünkel" zu unterstellen.

Meinem Verstehen nach habe ich da vorsichtig genug formuliert. :kratz:

 

vor 4 Stunden schrieb gathame:

Frodo als der Ringträger wird dabei sein

Ja, ist klar. 

vor 4 Stunden schrieb gathame:

und also wird auch Sam dabei sein, der sich mit Sicherheit nicht abweisen lässt. 

Aber das schon war nicht Elronds Wahl. Er hätte ihn nicht ausgewählt, wenn Sam nicht darauf bestanden hätte. Elrond hat Sam nicht einmal zum Rat eingeladen. Warum nicht?

 

vor 4 Stunden schrieb gathame:

Elrond hat sich für die Zahl neun entschieden, wegen des symbolischen Bezugs zu den neun Schwarzen Reitern.

Was ja trotzdem eine willkürliche Zahl ist. Denn die Neun Gefährten werden ja wohl auch nach Elronds Vorstellung nie den Neun Reitern gegenüberstehen. 

Und es ist ohnehin ganz anders gekommen, als Elrond dachte. 

Vor allen Dingen hat er Boromir falsch eingeschätzt und damit viel Unheil bewirkt. Boromir wollte Frodo den Ring abluchsen und zwang Frodo damit, alleine nach Mordor aufzubrechen. 

Elrond hätte durchaus schon beim Rat erkennen können, dass Boromir nicht ganz koscher war. Warum hat Elrond das übersehen? 

Mit diesem Fehlgriff hätte er um ein Haar den Ring in Boromirs Hand geliefert. Es war nur Boromirs Tölpelhaftigkeit, dass Frodo ihm rechtzeitig entwischen konnte. Boromir hätte den Ring auch dem Frodo im Schlaf rauben können. 

 

vor 4 Stunden schrieb gathame:

Und die Orks? Alsa hat mit Recht darauf hingewiesen dass es da einige Beispiele für positive Ansätze bei den Orks gibt. Tatsächlich ist es ja so dass wir die ganze Geschichte immer aus der Sicht der "freien Völker" erleben, und die befinden sich halt derzeit im Krieg, und die Orks sind die feindlichen Truppen; schon möglich dass die Orks dadurch negativer auf uns wirken als sie wirklich sind. Aber es wäre wohl tatsächlich nicht machbar binnen weniger Wochen einen netten Ork irgendwo aufzutreiben

Richtig. ;-)

vor 4 Stunden schrieb gathame:

Ganz abgesehen davon dass es hier Elrond ist der die Entscheidungen trifft, und ich glaube nicht dass der Orks gegenüber sonderlich unvoreingenommen ist, nicht mal aus rassistischen Gründen sondern angesichts dessen was sie seiner Frau angetan habe.

Genau das aber ist Rassismus. Ein Türke hat meine Frau vergewaltigt, und daraus schlussfolgere ich, dass alle Türken Vergewaltiger sind.  - Viele Juden lebten seinerzeit von Geldverleih, also - folgerte man - sind alle Juden geldgierig. UND man folgerte seinerzeit, dass die gesamte Weltwirtschaft von Juden unterwandert ist.

Darüber gibt es ein ziemlich aufschlussreiches Buch, dessen Titel ich grad nicht parat hab, das aber bei den Rassisten eine Art Rassenbibel ist. 

vor 4 Stunden schrieb gathame:

Nein, ich habe nicht den Eindruck dass Elronds Entscheidungen in diesem Fall etwas mit Rassismus zu tun haben.

Ich glaube, ich habe das auch nicht auf diesen einen Fall bezogen. Sondern auf die Tatsache, dass er von Anfang an "unfreie Völker" aus dem Ringproblem ausschließt. Dazu gehörten ja auch Menschen. 

 

vor 4 Stunden schrieb gathame:

Etwas anderes dabei fällt allerdings schon heftig auf: hier wird komplett der Hochadel losgeschickt. Aragorn ist theoretisch der Thronerbe von Gondor, und Boromir ist es tatsächlich. Legolas ist der Sohn des Waldelbenkönigs Thranduil. Gimli ist die Nummer vier oder fünf in der Thronfolge von Erebor. Die Hobbits kennen ja keine Adelstitel, unterscheiden aber durchaus zwischen den großen Familien und dem gewöhnlichen Volk, und da sind Pippin als der zukünftige Thain und Merry als der Erbe des Herrn von Bockland natürlich schon Hochadel, und Frodos Familie ist zumindest nahe mit den Familien der beiden verwandt. Das "gewöhnliche Volk" wird lediglich durch Sam vertreten.

Und Sam war zum Rat nicht eingeladen.

Mal abgesehen davon, dass in Elronds Welt - also innerhalb dieser Tolkiensischen Phantasiewelt - kein Rassismus in unserem Sinne existieren kann, weil bei uns Menschen ja nicht gezüchtet werden, in Tolkiens Phantasiewelt aber sehr wohl. Die Orks sind - möglicherweise, genau weiß das keiner - aus den Elben herausgezüchtet worden:

also mal abgesehen davon ist der Standesdünkel - den Du oben ausgemacht hast - vom Rassendünkel eventuell nicht so weit entfernt. 

Man bedenke Folgendes:

Elrond, wie auch Aragorn, sind Nachfahren der Numenorer. 

Die Numenorer stammen ursprünglich aus verschiedenen Völkern. Eru hat aus ihnen aber quasi eine neue "Rasse" gezüchtet:

sie lebten länger - jahrhundertelang - und sie waren allesamt sehr groß. 

Sowohl das lange Leben als auch der lange Körper ließ - bei den Nachfahren! - mit den Jahrhunderten nach, weil sie sich mit anderen Völkern  - "geringeren Völkern", davon hast Du schon einmal gesprochen  - vermischt haben.

Das heißt: die Numenorer galten als eine edlere Rasse als das gemeine Volk. Sie hatten von Eru selber tolle Gene eingepflanzt bekommen, die sie an ihre Nachfahren weitergeben konnten, selbst wenn diese Nachfahren unethischer Natur waren. 

Tolkien lässt aber - mittels seiner Story-Disposition - solche Experimente scheitern. 

 

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Dazu wäre jetzt so viel zu sagen dass ich sehen muss wie man es ein bisschen kurz fassen kann, sonst wird das eine endlose Geschichte die kein Mensch mehr liest.

Trotzdem, kurz vorweg: was Elrond und den "völkischen Dünkel" betrifft hast du tatsächlich vorsichtig formuliert - und ich wollte eigentlich auch nur sagen dass man das auch sehr viel unvorsichtiger ausdrücken könnte; war nicht ganz glücklich formuliert meinerseits.

Und bei Elronds Entscheidungen haben wir tatsächlich eine etwas ungute Mischung von "völkischem Dünkel" und Standesdünkel. Dass Sam nicht zum Rat eingeladen ist versteht sich in diesem Sinne von selbst; er ist Personal, also hat er dort nichts zu suchen. Wie ungut das ausgehen kann wenn man Leute nach ihrem Stand einschätzt beweist die Geschichte Boromirs; jeder halbwegs mitdenkende Leser oder Filmzuschauer bemerkt sofort dass er derjenige ist der ein Problem für die Gefährten darstellen wird, aber Elrond bemerkt es offenkundig nicht. Boromir ist der Sohn des Truchsessen von Gondor, und dass sich so jemand derart verhalten könnte wie Boromir es später tut, das ist für Elrond schlicht nicht im Bereich des Vorstellbaren.

Und, auch wenn der Ausdruck meines Wissens nie verwendet wird: natürlich gibt es nicht nur die freien Völker, sondern eben auch "unfreie Völker", nicht nur die Orks, sondern auch menschliche Völker die sich mehr oder weniger freiwillig Sauron angeschlossen haben wie zum Beispiel die Haradrim. Und die unfreien Völker bezieht Elrond in seine Überlegungen über die Vernichtung des Einen Rings grundsätzlich nicht ein. Und auch sein Urteil über die freien Völker klingt nicht immer sehr positiv. Ich zitiere hier zwei Textbeispiele aus dem Film "Die Gefährten"; als Elrond in der Szene "Bruchtal" mit Gandalf die Situation bespricht sagt er dass die Elben Mittelerde nach und nach verlassen werden, und in diesem Zusammenhang sagt er über die Zwerge:

Who will you look to when we've gone? The Dwarves? They hide in mountains seeking riches. They care not for the troubles of others.

Nicht viel besser kommen die Menschen weg:

Men? Men are weak. The race of Men is failing. The blood of Númenor is all but spent, its pride and dignity forgotten. It is because of Men the Ring survives.

Diese letztere Behauptung begründet Elrond damit dass Isildur den Ring nicht vernichtet hat als er die Gelegenheit dazu hatte. Also: das persönliche Versagen eines einzelnen, Isildurs, führt zu dem Urteil "die Menschen sind schwach". _Das passt ein bisschen zu dem was Alsa schon in Bezug auf die Orks und Elronds Frau angemerkt hat: hier werden vom Verhalten Einzelner Rückschlüsse auf ihr ganzes Volk gezogen. - Wobei ich bei den Orks gerechterweise dazu sagen muss, dass die natürlich auch bei anderen Gelegenheiten eine ganze Menge Schaden angerichtet haben.

Aber das trifft natürlich zu: wenn man vom kriminellen Verhalten Einzelner darauf schließt dass deren Volk als ganzes kriminell sei, dann ist genau das in der Tat Rassismus.  - Kleine aktuelle Anmerkung dazu: gestern kam die Nachricht dass das deutsche Grundgesetz, Artikel 3, geändert wird; dort stand bisher dass niemand aufgrund seiner Rasse benachteiligt werden darf; jetzt heißt es dass niemand aus rassistischen Gründen benachteiligt werden darf - und das ist ja durchaus eine ganz andere Sache. Der Begriff "Rasse" in Bezug auf Menschen sollte aus dem Text verschwinden. Gut so.

 

 

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vor 5 Stunden schrieb gathame:

Wie ungut das ausgehen kann wenn man Leute nach ihrem Stand einschätzt beweist die Geschichte Boromirs; jeder halbwegs mitdenkende Leser oder Filmzuschauer bemerkt sofort dass er derjenige ist der ein Problem für die Gefährten darstellen wird, aber Elrond bemerkt es offenkundig nicht. Boromir ist der Sohn des Truchsessen von Gondor, und dass sich so jemand derart verhalten könnte wie Boromir es später tut, das ist für Elrond schlicht nicht im Bereich des Vorstellbaren.

Das ist jetzt Interpretation von dir, die du woran festmachst? Als ich das erste Mal vor fast vierzig Jahren den HdR gelesen habe, hat mich Boromirs Verhalten durchaus überrascht.

vor 5 Stunden schrieb gathame:

Diese letztere Behauptung begründet Elrond damit dass Isildur den Ring nicht vernichtet hat als er die Gelegenheit dazu hatte. Also: das persönliche Versagen eines einzelnen, Isildurs, führt zu dem Urteil "die Menschen sind schwach".

Man sollte aber durchaus in Betracht ziehen das Elrond als Elb mehrere Jahrhunderte Lebenserfahrung mitbringt, und er Isildur sicher als das bekannteste Beispiel für seine Behauptunng die 'Menschen seien schwach' gewählt hat.

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Stimmt, das ist natürlich auch Interpretation von mir. Und Elrond kommt dabei nicht sehr gut weg.  Dabei ist das ein Charakter, den ich eigentlich sehr gerne mag.

Er bringt übrigens nicht nur mehrere Jahrhunderte Lebenserfahrung mit sondern sogar einige Jahrtausende, wenn ich das richtig sehe. Und in dieser Zeit sind ihm mit Sicherheit mehr Menschen als nur Isildur begegnet deren Verhalten zu beanstanden war. Und dass er in diesem Zusammenhang, wo es um den Ring und dessen Vernichtung geht, ausgerechnet Isildur als Beispiel zitiert, liegt natürlich vom Sinnzusammenhang her nahe. Aber ein bisschen steckt da schon diese klassische  Vorurteils-Logik drin: Isildur hat versagt - Isildur ist ein Mensch - die Menschen sind schwach.

Was Boromir betrifft, da habe ich gerade noch mal in das Kapitel "The Council of Elrond" reingeschaut, und wenn man rein von diesem Text ausgeht dann ist deine Überraschung über Boromirs späteres Verhalten in der Tat kein Wunder Da sagt Boromir lediglich: "Let the Ring be your weapon, if it has such power as you say. Take it and go forth to victory!" Und das ist ja eigentlich keine vollkommen abwegige Idee, angesichts der Notlage in der sich insbesondere Gondor befindet.

Dass Boromir auf mich anders gewirkt hat beruht  vermutlich einfach darauf dass ich die Filme gesehen habe bevor ich das Buch gelesen habe. Ich hatte also zwangsläufig den Film-Boromir vor Augen als mir der Text von Elronds Rat erstmals begegnet ist. Und in der Verfilmung werden da die Akzente sehr bewusst anders gesetzt, da wird schon in dieser Szene sehr deutlich gemacht wie sehr der Ring Boromir fasziniert, einfach weil er offensichtlich bereit ist sich auf jede Möglichkeit zu stürzen wie sein bedrohtes Land Gondor noch gerettet werden kann (was ja nicht einmal ein unehrenhaftes Motiv ist). Wenn man den Film-Boromir vor Augen hat liest man dann natürlich die eigentlich eher harmlos klingende Buchszene schon irgendwie anders.

Was jetzt übrigens eine neue Frage aufwirft: hier ging es ja um die Frage, ob Rassismus bei Tolkien (also in den Büchern) eine Rolle spielt. Spielt Rassismus auch in den Filmen eine Rolle, in irgendeiner Form? - Und gehört diese Frage überhaupt in diesen Thread?

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 Ich selber habe den HdR erstmalig zwischen 1973 und ca, 1975 gelesen - und danach noch ziemlich oft, bevor die Filme existierten.

Für mich war Boromirs Haltung bei Elronds Rat eindeutig:

obwohl lang und breit erklärt wurde, dass der Ring jeden, der ihn benutzt, korrumpiert, greift er das Argument des bereits korrumpierten Saruman auf und will den Ring für die Schlacht einsetzen.

Dem vorausgegangen ist, lange bevor alle diese Erklärungen vorgebracht worden waren, dass Borommirs Augen "glitzerten", als er erstmalig den Ring bei Frodo sah:

"Boromir's eyes glinted as he gazed at the golden thing."

Der Satz steht etwa eine Seite nach dem Gedicht, das mit "Seek for the Sword" beginnt.

Für mich war vor allem diese Beschreibung immer eindeutig, was da in Boromir wuchs. Und dass sein Vorschlag, den Ring zu benutzen, mit diesem Glitzern in den Augen - bereits ein Begehren, denke ich - zu tun hatte.

Allerdings entsteht jetzt die komplizierte Frage, wer von den späteren Chronisten - Bilbo, Frodo, Sam, Merry, Pippin  - dieses Glitzern bemerkt und notiert hat. Denn der Verfasser des Ringkrieg-Buches - siehe Prologue, Note on the Shire Records - war da ja nicht bei, er stützt sich nur auf schriftliche Quellen.

Theoretisch kann Elrond es vielleicht nicht wahrgenommen haben.

Wahrgemommen haben aber muss er, dass Boromir trotz aller überzeugenden Argumente, dass der Ring nicht einsetzbar ist, dennoch dieses fordert.

Zwar gibt Boromir nach, aber Elrond hat hier meines Erachtens dennoch versagt. Er hätte die Schwachstelle erkennen müssen. 

Dass Elrond nicht frei von Vorurteilen ist, sieht man auch daran, dass Elrond seiner Tochter einen anderen Mann verpassen wollte als den, den Arwen liebte. Hoffe, dass ich das richtig erinnere. Ich werde demnächst den LotR noch mal lesen.

 

Dieser Thread sollte wirklich zu klären suchen, ob Tolkien Rassist war. 

Es gibt ja ein Unterforum für die Filme, und da könnte man untersuchen, ob die PJ-Filme rassistisch sind oder Rassismus behandeln. Wäre sicher ebenfalls spannend. 

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