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Hätte ein Kampf zwischen Gwaihir dem Windfürsten und Ancalagon dem Schwarzen von Gwaihir gewonnen werden können?


ImrahilVonDolAmroth

Empfohlene Beiträge

Hallo allerseits, 

ich weiß nicht ob ich hier im Forum am richtigen Platz bin aber ich hab halt mal diesen Themenpfad ausgewählt weil ich glaub das könnte passen. Bin eben neu hier.

Ich habe mich das was schon in der Überschrift steht gefragt. Mein Hauptargument für Gwaihir: Ancalagon wurde von einem Halbeleben (Earendil, Vater v. Elrond) erschlagen also wird das ein krasser Adler wie Gwaihir schon schaffen, oder?

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Hallo Imrahil von Dol Amroth,

so einfach Deine Frage und Deine Argumentation erscheinen, muss die Frage meiner Meinung nach eindeutig mit „Nein“ beantwortet werden.

 

Earendil nimmt im Legendarium von Tolkien eine besondere Stellung ein.

Éalá Éarendel, engla beorhtast
ofer middangeard monnum sended …

O Earendil, hellster der Engel,
Über Mittelerde den Menschen gesandt ...

Diese zwei Zeilen aus dem Exeter Book haben Tolkien veranlasst darüber nachzudenken, wer oder was Earendil ist und damit den Grundstein für Mittelerde und sein literarisches Werk gelegt.

Earendil ist nicht irgendein Elb, Halbelb oder Mensch. In Tolkiens Vorstellung ist Earendil so etwas wie ein 'Heilsbringer'. Er unternahm die verzweifelte Fahrt in den Westen um vor den Valar um Mitleid für die Menschen und Vergebung für die Noldor zu bitten. Dies führte letztendlich zum Krieg des Zorns, in dem Ancalagon vernichtet wurde.

Earendil und Elwing durften jedoch auf Geheiß von Manwe Valinor nicht mehr verlassen, um unter den Elben oder Menschen von Mittelerde, im Silmarillion wird hier der Begriff Außenlande genutzt, zu gehen.

Earendil aber fuhr mit dem von den Valar gesegneten Vingilot durch das Tor der Nacht in die Ozeane des Himmels mit dem Silmaril an der Stirn und funkelnd vom Staub der Elbengemmen.

Soweit etwas zu Earendil, den Du so ganz nebenbei als 'Halbelb abtust, jedenfalls kommt das bei mir so an.

 

Aber zu Gwaihir und Deiner Frage, zu der ich gern ein paar Gegenfragen stellen möchte.

Welche „… krassen …“ Eigenschaften hat Gwaihir den nach Deiner Meinung, die es ihm ermöglichte, es mit Ancalagon aufzunehmen und ihn zu besiegen – und worauf stützt Du Deine Annahme?

Hast Du dabei bedacht, dass Thorondor, der größte aller Adler, dessen Diener Gwaihir ist, mit „... allen großen Vögeln des Himmels ...“ (Silmarillion, Seite 278, letzter Absatz) an der Seite von Earendil gegen die geflügelten Drachen, die das Heer der Valar zurückgeschlagen haben, kämpfte?

Was kann Gwaihir also Deiner Meinung nach besser als Thorondor?

 

Nach einer Antwort auf diese Fragen kann man dann vielleicht beantworten, warum Earendil gegen Ancalagon siegen konnte. Das ist aus meiner Sicht die Frage, die man beantworten müsste.

 

Eriol - ein Wanderer

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Hallo Eriol,

danke für deine Antwort.

Anscheinend hast du Recht, und man sollte Earendil nicht einfach als Halbelben abtun. Den, in der Tat, dies tat ich. Ich muss ehrlich sagen, dass ich sehr begeistert von diesen ganzen Geschöpfen von Tolkien war. Als ich dann wissen wollte wie der Drache Ancalagon, welchen ich mir als großen, unglaublich mächtigen Drachen vorstellte un sich mit der ohnehin schon großen Macht von Smaug nicht mehr messen lässt, getötet wurde, war ich schön etwas irritiert und ehrlichgesagt auch etwas enttäuscht darüber, dass Earendil, der Vater von Elrond ihn erschlug

Um auf deine Fragen an meiner Argumentation einzugehen:

Was die erste Frage angeht, wieso ich Gwaihir über Ancalagon sehen würde, so war es nur eine Art Schlussfolgerung. Auch wenn es dumm klingt: Ich dachte mir einfach wenn Earendil Ancalagon erschlug (tut mir leid, ich muss das Wort einfach fett machen), dann würde einer von Manwes Boten, welche ich als sehr mächtig ansah, ihn auch besiegen könnten. Dass ich gerade Gwaihir, einen gewöhnlichen Fürsten der Adler, nahm und nicht Thorondor, ist eher Zufall. Von mir aus kann die Argumentation auch mit Thorondor geführt werden, das macht für mich keinen Unterschied.

Noch zu deiner Beschreibung Earendils: Nun, er ist offensichtlich nicht nur ein gewöhnlicher Halbelb... aber das reicht mir irgendwie nicht... entschuldige bitte meine Hartneckigkeit...

Wie du vielleicht gemerkt hast geht es mir hier vor allem darum Machtverhältnisse zu klären. Denn ich mag Tolkiens "Schöpfung" sehr und will mich einfach nicht mit einem "ist halt so" begnügen.

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Hallo Imrahil von Dol Amroth,

 

Am 24.10.2020 um 13:52 schrieb ImrahilVonDolAmroth:

Denn ich mag Tolkiens "Schöpfung" sehr und will mich einfach nicht mit einem "ist halt so" begnügen.

Leider muss man sich beim Silmarillion in vielen Fällen mit einen „… ist halt so …“ zufriedengeben, wenn es um konkrete Antworten geht, denn Tolkien hat viele Dinge nicht im Detail ausgeführt.

Und „… Machtverhältnisse …“ sind bei Tolkien ja auch nicht immer eindeutig definiert und verändern sich im Laufe der Geschichte. Und die Kleinen, Unbedeutenden können durch ihre Beherztheit und ihren Mut den Mächtigen zu Fall bringen. Ein zentrales Thema bei Tolkien, vor allem im HdR.

So ist es Pippin, der den Anführer der Úlairi (Nazgul, Ringgeist, Hexenkönig von Angmar) durch seinen Streich gegen die Sehne zu Fall bringt, was Dernhelm/Eowin die Möglichkeit eröffnet, ihn zu töten. Und der wenig mächtige aber mutige Hobbit Frodo Beutlin stürzt Sauron endgültig in die Dunkelheit.

 

Am 24.10.2020 um 13:52 schrieb ImrahilVonDolAmroth:

Ich dachte mir einfach wenn Earendil Ancalagon erschlug (tut mir leid, ich muss das Wort einfach fett machen),  ...

Auch an dem Wort erschlagen solltest Du Dich nicht zu sehr stören. Ob Tolkien damit tatsächlich ausdrücken wollte, das Earendil einen todbringenden Schlag gegen den Drachen geführt hat oder nur töten im Allgemeinen meinte, kann ich nicht sagen. Leider habe ich keinen englischen Originaltext vorliegen. In beiden deutschen Übersetzungen „erschlägt“ Earendil den Drachen. Dieser Ausdruck wird von Tolkien jedoch häufig verwendet, auch wenn nach meinem Empfinden oft einfach nur töten gemeint ist.

 

Wie oben bereits erwähnt, hat Tolkien diese nächtliche Schlacht von Earendil und den Adlern gegen die Drachen ja nicht im Einzelnen beschrieben. Im zweiten Buch der Verschollenen Geschichten ist die ganze Erzählung über Earendil und das Ende des ersten Zeitalters nur in verschiedenen Skizzen festgehalten. Die HoME habe ich bisher noch nicht, sodass ich nur auf die deutschen Quellen zurückgreifen kann.

Dieser Mangel, den ich gar nicht als solchen empfinde, öffnet der eigenen Phantasie die Möglichkeit, sich das Geschehen selbst vorzustellen, auszuschmücken oder auch bildlich festzuhalten. Es gibt ja einige Bilder zu diesem Thema.

In der Vergangenheit habe ich den Text so gelesen, wie er war und habe mir über das wie des Todes von Ancalagon eigentlich keine Gedanken gemacht. Aber in den letzten Tagen habe ich versucht, mir diese Szene vorzustellen. Dazu habe ich den Text über den Krieg des Zorns in beiden Übersetzungen mehrfach gelesen und mir dann Gedanken über „Größenverhältnisse“ gemacht.

Der Sturz Ancalagons bringt ja Morgoths Festung Angband zum Einsturz. Der Drache muss also nicht nur mächtig sondern auch groß gewesen sein. Das eine bedingt das andere ja nicht unbedingt. Ancalagon ist also von der Statur her riesig. Größer als alle Drachen ‚unter‘ ihm, viel größer als z.B. Glaurung und Smaug. Aber damit ist er natürlich bis zu einem gewissen Grad auch schwerfälliger als die kleineren Exemplare.

Die Adler sind groß, jedoch, bis auf Thorondor, von der Statur her mit den kleineren, minderen Drachen vergleichbar. Thorondor kann es mit der Größe von Ancalagon jedoch nicht aufnehmen.

Earendil stellt in diesem Kampf eine machtvolle Komponente dar. Da ist zum einen die unsterbliche Person selbst, die ihren ungeheuren Mut mit der Fahrt nach Aman unter Beweis gestellt hat, von den Valar gesegnet wurde und über großes Geschick im Umgang mit seinem Schiff verfügt. Zum anderen wurde auch Vingilot von den Valar geweiht. Ich stelle mir ein unzerstörbares Schiff von betörender Schönheit vor. Und nicht zu vergessen, Earendil trägt einen Silmaril bei sich. Dieser Edelstein von überirdischer Reinheit und geheiligt von den Valar, sodass kein unreines oder böses Wesen sie ohne unerträgliche Schmerzen berühren konnte. Aber kann Earendil allein gegen Ancalagon bestehen?

Das sind nun also die Zutaten, aus der man eine Dramaturgie destillieren kann. Fünf oder sechs gedruckte Zeilen werden zum großen Kopfkino.

 

Tusch! Vorhang auf für meine Interpretation der entscheidenden Schlacht:

… Die Drachen treiben die Valar zurück und stellen sie am Rande des Dor-nu-Fauglith, des „Land unter der erstickenden Asche“.

Morgoth will zum entscheidenden Schlag gegen die Valar ausholen, als aus den düsteren Wolken ein klarer heller Lichtstrahl hervor scheint. Starker Sturm bricht über das Schlachtfeld herein und vertreibt Regen und Nebel, der Silmaril erhellt den klarer werdenden Nachthimmel.

Earendil und die großen Vögel, angeführt von Thorondor, zu seiner Seite Gwaihir und Landroval, stürzen aus den verbleibenden Wolken auf die Drachen. Eine große Schlacht entwickelt sich mit Erfolg und Misserfolg auf beiden Seiten. Der Kriegserfolg neigt sich zugunsten der Drachen und leitet das dramatische Ende ein. Earendil verhüllt den Silmaril.

Thorondor, Gwaihir, Landroval und fünf weitere Adler greifen in dieser Dunkelheit Ancalagon in einer koordinierten Formation an, Vingilot wird durch die große Gestalt von Thorondor vor dem Drachen verborgen. Kurz vor dem unmittelbaren Angriff enthüllt Earendil den Silmaril und blendet Ancalagon, der dadurch für einen Augenblick ‚orientierungslos‘ ist. Die Adler greifen den Drachen von verschiedenen Seiten an und verwickeln ihn in Kämpfe. Vingilot hält einem unmittelbaren Angriff von Ancalagon durch einen mächtigen Feuerstrahl stand. Der Drache tobt und zerstört durch seinen umher schlagenden Schwarz gleichermaßen Adler wie Drachen und verwüstet durch seinen Feuerstrahl weite Teile von Mittelerde.

Landroval, Gwaihir, Thorondor und Vingilot werden durch den aufsteigenden Drachen mit in die Höhe gerissen und verwickeln in immer wieder in Kämpfe. Earendil befestigt den Silmaril am Ende einer lange Lanze, die eine dem Schwarzen Pfeil aus dem Hobbit ähnliche Form hat, und klettert auf die Spitze des Mastes. Während Thorondor, Gwaihir und Landroval den Drachen von oben angreifen taucht Vingilot unter der Brust des Drachens durch und Earendil führt mit der Lanze einen verzweifelten aber tödlichen Streich gegen Ancalagon.

Earendil kann den Silmaril mit letzter Kraft festhalten und von der Lanze lösen, während der Drache stürzt. Ancalagon zerstört beim Aufprall Thangorodrim. Mit dem Sonnenaufgang steigt Vingilot mit Earendil am Ruder strahlend aus dem Staub der Trümmer auf, um seine Fahrt im weiten Meer des Himmels fortzusetzen während die Ainur fast alle der Drachen vernichten und Beleriand in den hereinbrechenden Fluten untergeht.

Elwing wartet am Rande der Dunkelheit auf Vingilot und ihren Gatten Earendil.

Vorhang.

 

Das ist meine Interpretation des Geschehens, die keinesfalls Anspruch darauf erhebt, richtig zu seine oder die Phantasie anderer Leser zu beeinflussen. Jeder muss und kann sich seine eigene Geschichte vorstellen.

Ich möchte jedoch einige Aspekte erläutern, die mich geleitet haben. Die Zahl der Angreifer orientiert sich an den neun Mitgliedern der Gemeinschaft des Rings. Zum einen glaube ich, dass solch große Taten, auch wenn sie einer Person ‚zugeschrieben‘ werden, nicht alleine vollbracht wurden. Zum andere bin ich davon überzeugt, dass ohne Hilfe/Beteiligung des Silmaril der Drache nicht hätte besiegt werden können.

Also Gwaihir oder Thorondor oder auch Earendil hätten nach meiner Meinung Ancalagon nicht allein besiegen können.

Das ist jetzt vielleicht etwas lang geworden, aber in weniger Worte hätte ich eine Antwort nicht fassen können. Es ist auch das erste Mal, dass ich meine ‚Träumerei‘, wenn auch nur skizzenhaft, schriftlich niedergeschrieben habe und mit Anderen teile.

 

Wenn ich in ein paar Jahren beim Lesen nochmal an diese Stelle komme, werden sich meine Lebensumstände, meine Einstellung, meine Erfahrungen, mein Horizont verändert haben und damit vielleicht auch meine Phantasie und das Geschehen ist in meiner Vorstellung ein ganz anderes.

Das ist es, was mich an der Literatur von Tolkien so fasziniert. Er hat soooooooo viel Freiraum für die eigenen Vorstellungen gelassen, dass ich seine Bücher auch nach mehr als vierzig Jahren jedes Mal ein wenig anders lese.

 

Eriol, einer der für sich träumt

 

Am 24.10.2020 um 13:52 schrieb ImrahilVonDolAmroth:

 

 

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Hallo Eriol,

danke für die umfangreiche Schilderung deiner Vorstellungen der Geschichte. Sie hat mich inspiriert und dazu gebracht zu verstehen. Auch die Bedeutung des Silmaril hatte ich etwas unterschätzt. Ich glaube damit kann ich mich zufrienden geben.

Danke für deine Geduld mit meiner umfassenden Neugierde und Ungläubigkeit,

Imrahil von Dol Amroth

Bearbeitet von ImrahilVonDolAmroth
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Nach derartigem Kalkül funktionieren die Kräfteverhältnisse in Adventure-Games, aber nicht in Mittelerde. Mit Einsteins Worten: Tolkien würfelt nicht.

In Arda kann prinzipiëll jeder jeden erschlagen – sofern die Tat zur Glorië der Geschichte gereicht. Besonders beliebt ist das Schema David gegen Goliath:

Frodo vs. Sauron
Lúthien & Beren vs. Morgoth
Éowyn vs. Nazgûl

Im Kampf mit den Kreaturen Mittelerdes zählt allein Dein narratives Potenzial. Wenn alle Deine Kampfwerte belächeln und gegen Dich wetten, wirst Du für Tolkien als Überraschungssieger interessant. Es hilft allerdings, wenn Du mit einer passenden Prophezeiung bewaffnet bist, um Deinen übermächtigen Gegner zu bezwingen, wie z. B. Éowyn auf den Pelennor-Feldern oder Elessar am Stein von Erech. Schicksal ist und bleibt die stärkste Waffe in Mittelerde.

Verblüffender Weise ist diese Regel den Figuren im Buch sogar bewußt: Sauron spekulierte in Tol Sirion auf die Werwolf-Prophezeiung, um Huan den Götterhund zu besiegen. Das ging allerdings nach hinten los. Tolkien durchschaute Saurons Trick und ließ ihn scheitern. Aber für eine literarische Figur bleibt es eine erstaunlich emanzipierte Handlung.

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