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Tolkiens unbekannte Gedichte


Berenfox

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Bilbos Abschiedslied

(Übs. Ebba-Margareta von Freymann)

Mein Tag ist um, es dunkelt schier,

doch weite Reise liegt vor mir.

Lebt, Freunde, wohl! Mich ruft das Schiff,

es wartet zwischen Steg und Riff.

Schaum ist weiß, die Woge grau,

Himmel wölbt sich drüber blau.

Flut rollt an, und Winde wehn,

Wogen bleiben nimmer stehn.

Freunde! Segel sind gesetzt,

Haltetaue durchgewetzt.

Vor mir liegen tiefe Schatten,

jenseits aber grüne Matten.

Hinterm Sonnenuntergang

führt mein Weg mich strandentlang.

Dann im Westen darf ich ruhn,

brauche gar nichts mehr zu tun.

Zu den Inseln in der Ferne

leiten mich die hellen Sterne.

Und ich weiß: Willkommen sei

dort das Schiff, der Hafen frei.

Schiff, bring mich nach Westen hin,

wo auch ich gesegnet bin.

Abendstern vor meinem Mast

führt mich hin zu Ruh und Rast.

Bilbos Abschied

(Übs. Helmut W. Pesch)

Der Tag vergeht, das Licht versiegt,

doch lange Fahrt noch vor mir liegt.

Lebt wohl, ihr Freunde! Es ist Zeit.

Das Schiff am Kai, es steht bereit.

Weiß die Gischt und grau das Meer;

mein Weg führt nah der Sonne her.

Salz die Gischt und frei der Wind;

ich höre, wie das Meer erklingt.

Lebt wohl, ihr Freunde! Ich muß gehn.

Im Ostwind sich die Segel blähn.

Schatten tief sich vor mir neigt,

wo ewig sich der Himmel beugt,

doch Inseln liegen hinterm Tag,

die ich am Ende sichten mag,

Land, vom West gen Westen zu,

wo still die Nacht und tief die Ruh'.

Geleitet von dem Einen Stern,

der hinterm Deich erstrahlt so fern,

such' ich den Hafen frei und hehr,

den Strand am Sternerhellten Meer.

Schiff, mein Schiff! Es zieht mich fort

zum West, dem ewig seligen Ort.

Leb wohl nun, Mittelerde mein!

Ich seh' am Mast des Sternes Schein!

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Vielen Dank für die beiden Übersetzungen Cadrach. Sie sind beide schön, klingen aber doch sehr unterschiedlich.

Die Übersetzung von Helmut W. Pesch gefällt mir besser. Wo hast Du sie gefunden?

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Die stammt aus Helmuts Sammelband J.R.R. Tolkien – der Mythenschöpfer. Von Freymanns Übersetzung habe ich dem kleinen Schuber Die Lieder der Hobbits entnommen, sie ist aber auch in Bilbos Abschiedslied identisch abgedruckt.

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Wow, gleich beide Übersetzungen! Vielen Dank, Cadrach! Wollte schon jahrelang die beiden Übersetzungen mal lesen (weil ich mich selbst mal vergeblich an einer Übersetzung versucht hatte), bin aber nie dazu gekommen. Peschs Übersetzung gefällt mir wirklich gut.

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Mehr als Makalaure hab ich dazu leider auch nicht gefunden. Scheint ein philologischer Fachausdruck zu sein. Wahrscheinlich im Kontext des Gedichts eine Art fachlicher Insiderwitz, der vielleicht auf ein Problemfeld hinweist, mit dem Literaturwissenschaftler nicht klarkommen...

Was Makalaure da ausgegraben hat, stimmt schon so grob. ("Homophemes" sind aber keine visuell identischen Laute, sondern immer ganze Worte. Der Begriff für ähnlich/identisch aussehende laute ist "Visem".) Allerdings würde ich es nicht als einen philologischen Fachausdruck bezeichnen - ich denke nicht, dass die meisten Linguisten mit diesem Begriff etwas anfangen können. Denn er wird, wie schon erwähnt, nur in einem sehr kleinen Teilgebiet verwendet, nämlich bei Forschungen, die sich mit dem Lippenlesen beschäftigen. Und da auch das erst in den letzten Jahren erst verstärkt als Interessensgebiet aufgekommen ist, würde ich sogar bezweifeln, dass Tolkien sich hier darauf bezieht. Ich vermute, dass es sich um einen Neologismus handelt.

Caddys Hinweis ist da sehr viel plausibler/hilfreicher. Denn es ist anzunehmen, dass Tolkien mit Austins Theorie vertraut war (auf wann ist das Gedicht datiert?) und eine spontane Interpretationsmöglichkeit, die mir dazu einfällt, ist fast noch ein wenig boshafter als bis jetzt angedeutet:

Austin unterscheidet zwischen "phones" (nicht im Sinne der Phonetik, sondern als "phonetic act") als Lippen-, Mund-, Zungen-, ... -Bewegungen, die ein Geräusch verursachen; "phemes", wenn diese Geräusche den Konventionen und der Struktur der (englischen) Grammatik entsprechen und "rhemes", wenn diese grammatikalisch korrekten Aussagen einen spezifischen Sinn haben oder sich konkret auf etwas beziehen. Wenn die arme Lit also aufgrund von "Homophemes" stirbt, dann könnte man meinen, sie hat zu viele grammatikalisch korrekte Sätze von sich gegeben, die sinnentleert sind... ;-) Das war jetzt aber nur so eine spontane Idee.

 

PS: Höchst interessant ist ja, dass hier "Lit" eine weibliche und "Lang" männliche Personifizierung hat. *Tolkien hau* :-O

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Inwiefern enthält Deine Idee neben den -phemes auch homo-? Das kann ich gerade nicht erkennen. ;-)

Zeitlich geht Austin leider nicht hundertprozentig auf, da Tolkiens Gedicht in Songs for Philologists enthalten ist, also wohl irgendwann in den 1920ern geschrieben worden sein müsste. Zu der Zeit war Tolkien noch in Leeds und Austin hatte seine Lehrtätigkeit in Oxford noch nicht aufgenommen. Konkret auf Austin kann sich Tolkien also nicht beziehen, zu klären wäre eher, inwieweit Austin sich für die Sprechakttheorie begrifflich bei anderen bedient hat. Dazu kann ich aber leider nichts sagen.

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Inwiefern enthält Deine Idee neben den -phemes auch homo-? Das kann ich gerade nicht erkennen. ;-)

Äh ja, das ist dann das Ergebnis wenn man nachts um 2 noch was Sinnvolles schreiben möchte... ;-)

Aber nunja, wenn man die Silbe "homo" einfach dem Griechischen nach mit gleich übersetzt, könnte hier ja so etwas wie "gleichförmig sinnentleert" gemeint sein, i.e. durch die Bank weg nicht zu gebrauchen. Oder, dass immer wieder die gleichen phemes genutzt werden; abgedroschene Formulierungen gewissermaßen. (Nein, /me ist nicht von den Literaturwissenschaften frustriert. Nein, nein...)

 

Zeitlich geht Austin leider nicht hundertprozentig auf, da Tolkiens Gedicht in Songs for Philologists enthalten ist, also wohl irgendwann in den 1920ern geschrieben worden sein müsste. Zu der Zeit war Tolkien noch in Leeds und Austin hatte seine Lehrtätigkeit in Oxford noch nicht aufgenommen. Konkret auf Austin kann sich Tolkien also nicht beziehen, zu klären wäre eher, inwieweit Austin sich für die Sprechakttheorie begrifflich bei anderen bedient hat. Dazu kann ich aber leider nichts sagen.

Schade. Mir ist da jetzt spontan auch nichts Weiteres bekannt, da das auch absolut nicht in mein Gebiet fällt, aber bei Gelegenheit sehe ich mich mal um bzw. starte eine etwas gründlichere Suche.

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(auf wann ist das Gedicht datiert?)

Ist speziell für das Gedicht nicht zu beantworten. Aber die "Songs for the Philologists" sind wohl zwischen 1922 und 1926 entstanden.

 

PS: Höchst interessant ist ja, dass hier "Lit" eine weibliche und "Lang" männliche Personifizierung hat. *Tolkien hau* :-O

Fand ich auch witzig. *grins*

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Nachdem ich euch bisher einige kürzere und nicht völlig unbekannte Gedichte vorgestellt habe, komme ich heute mit vergleichsweise schwerer Kost. Bitte klickt nicht gleich wieder den "zurück"-Button, es lohnt sich wirklich, sich ein wenig Zeit für dieses Werk zu nehmen.

 

"Imram" - oder auch "St. Brendan's Death" - wurde 1955 im Magazin Time and Tide veröffentlicht, wann es genau verfasst wurde ist unbekannt. Der Heilige Brendan, um den es in diesem Werk geht, war ein Mönch, der zwischen 484 und 577 an der Westküste Irlands lebte und als Brendan der Seefahrer in die Geschichte einging. Nachdem er in Irland einige Klöster gegründet hatte (unter anderem das Kloster Clonfert / Clúain-ferta), soll er mit 12 Gefährten eine Seereise unternommen haben. Die Navigatio Sancti Brendani aus dem 9. / 10. Jahrhundert erzählt davon, wie er gen Westen segelte um eine sagenhafte verheißene Insel zu finden.

 

Bis heute streitet man darum, ob Brendan der erste Europäer auf amerikanischem Boden gewesen sein könnte (tatsächlich ist Timothy Severin in den 70er Jahren in einem kleinen Boot von Irland nach Amerika gesegelt und hat bewiesen, dass es möglich ist). Der Bericht über Brendans Reise entspricht literarisch jedoch einem Immram, einem speziellen keltischen Erzähltypus, der eine Reise in die Anderwelt beschreibt. Wer J.R.R. Tolkien kennt und von einer Seefahrt gen Westen hört wird natürlich an dieser Stelle sofort hellhörig: Bei ihm ist der "Westen" bekanntermaßen mythologisch belegt als die "Unsterblichen Lande", wo die Elben und die Valar ihre Heimat haben. Entsprechend ist sein eigenes Gedicht über Brendans Reise gespickt mit Bildern und Symbolen aus seiner eigenen Mythologie. Das wunderbare an diesem Gedicht ist, dass Tolkien es schafft, auf (relativ) kurzem Raum eine ganze Geschichte zu erzählen.

 

"Imram" ist gerahmt von einer Einleitung und einem Schluss, die von Brendans Ankunft bzw. Tod in Clonfert / Irland erzählen. Alles weitere ist direkte wörtliche Rede. Schon in der zweiten Strophe - und auch immer wieder zwischendurch - fragt ein junger Mönch (der besseren Lesbarkeit kursiv gesetzt) den sterbenden Brendan nach seiner Reise und seinen Erlebnissen. Brendan antwortet, indem er drei Motive verwendet: Einen Wolke, einen Baum und einen Stern. Die Wolke bezeichnet einen Vulkan, an dem die Gefährten vorbeisegeln. Den Baum finden sie, als sie die Insel im Westen erreicht und ein wundervolles Tal entdeckt haben: Dort hören sie Stimmen, weder von Engeln noch von Menschen - sondern von einer Dritten Art: hier knüpft Tolkien wieder an seine eigene Mythologie an und lässt uns an seine Elben denken, die ihre Heimat dort im Westen haben. Vom dritten Motiv, dem Stern, verrät Brendan schließlich nur wenig. Er redet von einem alten, geraden Weg, der die krumme Welt hinter sich lässt und schließlich ins Jenseits führt - den aber jeder selbst beschreiten muss, um zu erfahren, was an seinem Ende liegt.

 

Ich selbst bin vor einigen Jahren in Irland an den Orten gewesen, die bis heute noch in lebendiger Erinnerung sind. Besonders auf der Dingle-Halbinsel wird das Andenken an Brendan sehr hochgehalten.

 

Abgedruckt wurde das Gedicht zuletzt in der History of Middle-earth IX, entsprechend existiert leider keine deutsche Übersetzung. Dennoch möchte ich jeden ermutigen, sich daran zu versuchen. Es lohnt sich.

 

IMRAM

 

At last out of the deep sea he passed,

and mist rolled on the shore;
under clouded moon the waves were loud,

as the laden ship him bore
to Ireland, back to wood and mire

and the tower tall and grey,
where the knell of Clúain-ferta’s bell

tolled in green Galway.
Where Shannon down to Lough Derg ran

under a rain-clad sky
Saint Brendan came to his journey’s end

to find the grace to die.

 

‘O tell me, father, for I loved you well,

if still you have words for me,
of things strange in the remembering

in the long and lonely sea,
of islands by deep spells beguiled

where dwell the Elvenkind:
in seven long years the road to Heaven

or the Living Land did you find?’

 

‘The things I have seen, the many things,

have long now faded far;
only three come clear now back to me:

a Cloud, a Tree, a Star.

 

‘We sailed for a year and a day and hailed

no field nor coast of men;
no boat nor bird saw we ever afloat

for forty days and ten.

Then a drumming we heard as of thunder coming,

and a Cloud above us spread;
we saw no sun at set or dawn,

yet ever the west was red.

 

‘Upreared from sea to cloud then sheer

a shoreless mountain stood;
its sides were black from the sullen tide

up to its smoking hood,
but its spire was lit with a living fire

that ever rose and fell:
tall as a column in High Heaven’s hall,

its roots were deep as Hell;
grounded in chasms the waters drowned

and swallowed long ago
it stands, I guess, on the foundered land

where the kings of kings lie low.

 

‘We sailed then on till all winds failed,

and we toiled then with the oar;
we burned with thirst and in hunger yearned,

and we sang our psalms no more.
At last beyond the Cloud we passed

and came to a starlit strand;
the waves were sighing in pillared caves,

grinding gems to sand.
And here they would grind our bones we feared

until the end of time;
for steep those shores went upward leaping

to cliffs no man could climb.
But round by west a firth we found

that clove the mountain-wall;
there lay a water shadow-grey

between the mountains tall.
Through gates of stone we rowed in haste,

and passed, and left the sea;
and silence like dew fell in that isle,

and holy it seemed to be.

 

‘To a dale we came like a silver grail

with carven hills for rim.
In that hidden land we saw there stand

under a moonlight dim
a Tree more fair than ever I deemed

in Paradise might grow:
its foot was like a great tower’s root,

its height no man could know;

and white as winter to my sight

the leaves of that Tree were;
they grew more close than swan-wing plumes,

long and soft and fair.

 

‘It seemed to us then as in a dream

that time had passed away,
and our journey ended; for no return

we hoped, but there to stay.
In the silence of that hollow isle

half sadly then we sang:
softly we thought, but the sound aloft

like sudden trumpets rang.
The Tree then shook, and flying free

from its limbs the leaves in air
as white birds rose in wheeling flight,

and the lifting boughs were bare.
On high we heard in the starlit sky

a song, but not of bird:
neither noise of man nor angel’s voice,

but maybe there is a third

fair kindred in the world yet lingers

beyond the foundered land.
But steep are the seas and the waters deep

beyond the White-tree Strand!’

 

‘O stay now, father! There is more to say.

But two things you have told:
the Tree, the Cloud; but you spoke of three.

The Star in mind do you hold?’

 

‘The Star? Why, I saw it high and far

at the parting of the ways,
a light on the edge of the Outer Night

beyond the Door of Days,
where the round world plunges steeply down,

but on the old road goes,
as an unseen bridge that on arches runs

to coasts that no man knows.’

 

‘But men say, father, that ere the end

you went where none have been.
I would hear you tell me, father dear,

of the last land you have seen.’

 

‘In my mind the Star I still can find,
and the parting of the seas,

and the breath as sweet and keen as death

that was borne upon the breeze.
But where they bloom, those flowers fair,

in what air or land they grow,
what words beyond this world I heard,

if you would seek to know,
in a boat then, brother, far afloat

you must labour in the sea,
and find for yourself things out of mind:

you will learn no more of me.’

 

In Ireland over wood and mire

in the tower tall and grey
the knell of Clúain-ferta’s bell

was tolling in green Galway.
Saint Brendan had come to his life’s end

under a rain-clad sky,
journeying whence no ship returns;

and his bones in Ireland lie.

 

Bearbeitet von Berenfox
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Das scheint dann wohl doch eine Portion zuviel des Guten gewesen zu sein... ;)

 

Zur Entspannung gibts dann heute etwas Bekannteres: "Feanor's Oath". Man kennt den Eid, den Feanor und seine Söhne nach dem Raub der Silmarilsteine geschworen haben, aus dem Silmarillion ja leider nur in grober Umschreibung. Dabei hat Tolkien diesen schrecklichen Eid mehrfach in Worte gefasst. Um euch einmal einen Eindruck davon zu geben stelle ich euch hier vier verschiedene Versionen des Eides in Gedichtform vor.

 

Die erste Version ist im alliterativen Stabreim gehalten und in sich abgeschlossen. Sie ist, vor allem inhaltlich, mein Favorit unter den Vieren:

 

‘Be he foe or friend,     be he foul or clean,

brood of Morgoth     or bright Vala,

Elda or Maia     or Aftercomer,

Man yet unborn     upon Middle-earth,

neither law, nor love,     nor league of swords,

dread nor danger,     not Doom itself,

shall defend him from Fëanor,     and Fëanor’s kin,

whoso hideth or hoardeth,     or in hand taketh,

finding keepeth     or afar casteth

a Silmaril.     This swear we all:

death we will deal him     ere Day’s ending,

woe unto world’s end!     Our word hear thou,

Eru Allfather!     To the everlasting

Darkness doom us     if our deed faileth.

On the holy mountain     hear in witness

and our vow remember,     Manwë and Varda!’

 

 

Die zweite Version des Eides, ebenfalls im Stabreim gehalten, stammt aus dem Fragment eines Gedichts namens "The Flight of the Noldoli from Valinor" und ist eingebettet in die Gesamthandlung:

 

Then his sons beside him,     the seven kinsmen,

crafty Curufin,     Celegorm the fair,
Damrod and Díriel     and dark Cranthir,
Maglor the mighty,     and Maidros tall
(the eldest, whose ardour     yet more eager burnt
than his father’s flame,     than Feanor’s wrath;
him fate awaited     with fell purpose),
these leapt with laughter     their lord beside,
with linkëd hands     there lightly took
the oath unbreakable;     blood thereafter
it spilled like a sea     and spent the swords
of endless armies,     nor hath ended yet:

 

‘Be he friend or foe     or foul offspring
of Morgoth Bauglir,     be he mortal dark
that in after days     on earth shall dwell,
shall no law nor love     nor league of Gods,
no might nor mercy,     not moveless fate,
defend him for ever     from the fierce vengeance
of the sons of Fëanor,     whoso seize or steal
or finding keep     the fair enchanted
globes of crystal     whose glory dies not,
the Silmarils.    
We have sworn for ever!’

 

 

Die dritte Version stammt aus dem "Lay of Leithian". Dort wird die Situation des Eidesschwurs besonders eindrucksvoll nacherzählt

 

Curufin, Celegorm the fair,

Damrod and Díriel were there,

and Cranthir dark, and Maidros tall

(whom after torment should befall),

and Maglor the mighty who like the sea

with deep voice sings yet mournfully.

 

‘Be he friend or foe, or seed defiled

of Morgoth Bauglir, or mortal child

that in after days on earth shall dwell,

no law, nor love, nor league of hell,

not might of Gods, not moveless fate

shall him defend from wrath and hate

of Fëanor’s sons, who takes or steals
or finding keeps the Silmarils,
the thrice-enchanted globes of light
that shine until the final night.’

 

 

Im "Lay of Leithian" existiert noch eine vierte Version dieses Eides. Allerdings wird sie nicht von Feanor gesprochen. Es ist Celegorm, Feanors Sohn, der die Worte des Eides im Angesicht Berens wiederholt, der nach Nargothrond gekommen ist, um Hilfe bei der Aufgabe zu suchen, die er von Thingol auferlegt bekommen hat: Einen Silmaril aus Morgoths Krone zu stehlen:

 

.......................But up there starts

amid the throng, and loudly cries

for hearing, one with flaming eyes,

proud Celegorm with gleaming hair

and shining sword. Then all men stare

upon his stern unyielding face,
and a great hush falls upon that place.

 

‘Be he friend or foe, or demon wild

of Morgoth, Elf, or mortal child,

or any that here on earth may dwell,

no law, nor love, nor league of hell,

no might of Gods, no binding spell,

shall him defend from hatred fell

of Fëanor’s sons, whoso take or steal

or finding keep a Silmaril.

These we alone do claim by right,

our thrice enchanted jewels bright.’

 

 

Bearbeitet von Berenfox
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  • 2 Wochen später...

Tolkien hat viele lesenswerte Geschichten in Gedichtform gegossen. Er war ein wahrer Meister darin, ganze Geschichten in Reimform zu erzählen, ohne dabei Kompromisse im Erzählfluss eingehen zu müssen. Im Gegenteil, seine Geschichten gewinnen dadurch noch an Tiefe. Eine dieser Geschichten ist das "Lay of Aotrou and Itroun", ein fast völlig vergessenes Werk Tolkiens. Zu unrecht vergessen, denn in meinen Augen ist es eine spannende und runde Geschichte, nicht zu kurz aber auch nicht zu lang, voller Fantasie und Emotion, die zu verzaubern und zu fesseln vermag.

 

Geschrieben wurde dieses Gedicht 1930, bis 1941 wurde es mehrfach stark überarbeitet und schließlich 1945 im Welsh Review veröffentlicht - somit entstand es zeitgleich mit dem Herrn der Ringe. Es ist im Stil eines mittelalterlichen Breton Lay, eines bretonischen (Helden-) Liedes, verfasst, mit denen Tolkien beruflich zu tun hatte. Ritterliche und christliche Werte werden dort behandelt, und auch in Tolkiens Geschichte geht es um einen solchen Wertekonflikt.

 

Inhaltlich erzählt das Gedicht von Aotrou (bretonisch für "Lord" bzw. "Herr") und seiner Gemahlin Itroun ("Lady / Herrin"), einem adeligen, jedoch kinderlosen Paar. In seiner Verzweiflung sucht Aotrou Hilfe bei einer Corrigan, einer Zauberin, die ihm einen Trank verkauft - für einen Gefallen, den sie irgendwann von ihm einfordern wird. Itroun wird tatsächlich schwanger und gebiert Zwillinge. Als nun die Corrigan als Bezahlung für ihre Dienste die Liebe Aotrous einfordert, gerät dieser in einen Konflikt mit seinen christlichen Werten - und bricht sein ritterliches Versprechen. Daraufhin wird er dazu verflucht, binnen drei Tagen zu sterben. Auch seine Gemahlin Itroun stirbt schließlich an gebrochenem Herzen.

 

Das "Lay of Aotrou and Itroun" ist zu lang um es am Stück hier hereinzustellen. Glücklicherweise ist es in Erzähleinheiten unterteilt, die es mir erlauben, nach und nach diese Einheiten mitsamt einer kurzen, erklärenden Einleitung zu posten (da es leider keine deutsche Übersetzung gibt).

Die erste dieser Erzähleinheiten, mit der ich heute beginne, kann man als eine Art Einführung in die Geschichte sehen. Sie beginnt mit einer vierzeiligen Einleitung: "In Britain’s land beyond the seas / the wind blows ever through the trees; / in Britain’s land beyond the waves / are stony shores and stony caves." (Im Lande Britannien hinter dem Meer bläst der Wind ewig durch die Bäume her; Im Lande Britannien hinter den Wellen sind steinige Küsten und steinige Höhlen.)" Mit solch atmosphärischen Vierzeilern, kleinen Oden an den Schauplatz der Handlung, wird das gesamte Gedicht gerahmt und jeder neue Erzählteil eingeleitet.

Wir befinden uns also in Britannien. Dort steht ein verfallenes, überwuchertes Gebäude. Einst jedoch wohnten dort Herren und Damen, hohe Türme überragten die Bäume und Wächter schauten aufs Meer hinaus. Ein Lord lebte dort in alter Zeit in seiner Halle, ehe ein dunkles Schicksal auf ihn fiel (die Wendung "...as still the Briton harpers tell / ...wie immer noch die britischen Harfner erzählen" verwendet Tolkien oft und gern in seinen Gedichten).

Denn Alpträume plagen ihn zunehmend: Trotz Weib und Liebe ist er ohne Erben für sein Land und seine Herrschaft; einsam wird er sterben, niemand wird sich um sein Grab und Andenken kümmern, während fremde Herren mit fremden Namen seine Felder und Hallen bestellen werden. So trifft er eine folgenschwere, düstere Entscheidung, und setzt seine Hoffnung in die Dunkelheit statt in das Licht.

Denn eine Hexe, zu dunklen Zaubern fähig, lebt nicht weit in einer Höhle mit Fledermäusen, Eulen und Katzen. Ihr schwarzes Tal liegt in den unbehausten Hügeln, und schweigsam und allein sitzt sie dort vor ihrer Höhle auf einem Stein, und nur selten traut sich ein Mensch oder ein Tier dorthin... absolut wundervoll, wie Tolkien es schafft, diesen düsteren Ort in Verse zu fassen.

 

Soweit die Einführung. Die eigentliche Handlung beginnt dann mit der nächsten Erzähleinheit.

 

THE LAY OF AOTROU AND ITROUN

 

In Britain’s land beyond the seas
the wind blows ever through the trees;
in Britain’s land beyond the waves
are stony shores and stony caves.

 

There stands a ruined toft now green
where lords and ladies once were seen,
where towers were piled above the trees
and watchmen scanned the sailing seas.
Of old a lord in archéd hall
with standing stones yet grey and tall
there dwelt, till dark his doom befell,
as still the Briton harpers tell.

 

No child he had his house to cheer,
to fill his courts with laughter clear;
though wife he wooed and wed with ring,
who love to board and bed did bring,
his pride was empty, vain his hoard,
without an heir to land and sword.
Thus pondering oft at night awake
his darkened mind would visions make
of lonely age and death; his tomb
unkept, while strangers in his room
with other names and other shields
were masters of his halls and fields.
Thus counsel cold he took at last;
his hope from light to darkness passed.

 

A witch there was, who webs could weave
to snare the heart and wits to reave,
who span dark spells with spider-craft,
and as she span she softly laughed;
a drink she brewed of strength and dread
to bind the quick and stir the dead;
In a cave she housed where winging bats
their harbour sought, and owls and cats
from hunting came with mournful cries,
night-stalking near with needle-eyes.

 

In the homeless hills was her hollow dale,
black was its bowl, its brink was pale;
there silent on a seat of stone
before her cave she sat alone.
Dark was her door, and few there came,
whether man, or beast that man doth tame.

 

 

Bearbeitet von Berenfox
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Das sind wunderbare Zeilen, ganz nach meinem Geschmack :-) . Besonders 'Imram' gefällt mir. Ich kannte bisher nur eine Prosafassung von St. Brendans Meerfahrt.

Besonders schön ist 'The Lay of Aotrou and Itroun'. Solche erzählenden Gedichte mag ich sehr.

Ich bin auf die Fortsetzung gespannt.

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Ich liebe diese Art Gedicht ebenfalls sehr. "Imram" fesselt mich besonders, weil mich die Geschichte um St. Brendan schon als Kind fasziniert hat. Tolkiens Version ist einzigartig, weil er darin so gekonnt mit Motiven aus seinem eigenen Mythos spielt, die eben genau dort hinein passen und der Geschichte Tiefe geben.

 

Auch das "Lay of Aotrou and Itroun" lese ich immer wieder gern. Es ist wunderschön geschrieben, zieht mich durch seine atmosphärische Dichte immer tief in die Geschichte hinein, und vermag dabei eindrücklich einen Konflikt zu behandeln. Vielleicht ist so etwas nicht mehr modern, aber ich finde es schade, dass ein solches Werk der Vergessenheit anheimfällt.

 

Vor einigen Tagen bin ich beim Durchblättern meiner Bücher zufällig mal wieder über Hebbels "Nibelungen" gestolpert, und allein die paar Zeilen der Einleitung haben mich so gepackt und begeistert... solche in Versform gegossenen Erzählungen bringen in mir einfach etwas zum Klingen.

Bearbeitet von Berenfox
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"The Lay of Aotrou and Itroun", Teil 2.

 

Nachdem im ersten Teil Aotrou in seiner verzweifelten Kinderlosigkeit wie auch die Hexe vorgestellt worden sind, beginnt nun die eigentliche Handlung. Eingeleitet wird sie wieder durch einen atmosphärischen Vierzeiler.

In düsterer Abenddämmerung reitet Aotrou zur Höhle der Corrigan. Zögernd und stockend nähert er sich ihrem Steinsitz, stammelnd kommen seine Worte im Wind. Still und mit Augen voller Lügen, jede Lüge entlarvend, sitzt sie dort, kennt bereits seinen Namen, seine Not, seine Gedanken, sein Begehren. Lachend erhebt sie sich und holt aus ihrer grabesgleichen Höhle eine Phiole aus Glas, wunderschön gearbeitet, mit einem Zaubertrank klar wie Wasser darin.

Aotrou dankt ihr und bietet ihr Gold an, doch weder den Dank noch die Bezahlung nimmt sie an, sondern antwortet ihm, dass der Dank ausstehen soll bis er verdient sei. Viele solcher Zaubertränke würden Herz und Hirn versengen oder seien nichts als teuer bezahltes Wasser - von ihr jedoch solle man solche Lügen nicht erzählen. Eines Tages würden sie sich wieder begegnen, dann würde sie reichen Lohn von ihm fordern und er müsse ihr geben, was immer sie verlange, sei es Gold oder ein anderes Gut, das er besitze.

 

In Britain’s land beyond the waves
are stony hills and stony caves;
the wind blows ever over hills
and hollow caves with wailing fills.

 

The sun was fallen low and red,
behind the hills the day was dead,
and in the valley formless lay
the misty shadows long and grey.
Alone between the dark and light
there rode into the mouth of night
the Briton lord, and creeping fear
about him closed. Dismounting near
he slowly then with lagging feet
went halting to the stony seat.
His words came faltering on the wind,
while silent sat the crone and grinned.
Few words he needed; for her eyes
were dark and piercing, filled with lies,
yet needle-keen all lies to probe.
He shuddered in his sable robe.
His name she knew, his need, his thought,
the hunger that thither him had brought;
while yet he spoke she laughed aloud,
and rose and nodded; head she bowed,
and stooped into her darkening cave,
like ghost returning to the grave.
Thence swift she came. In his hand she laid
a phial of glass so fairly made
’twas wonder in that houseless place
to see its cold and gleaming grace;
and there within a philter lay
as pale as water thin and grey
that spills from stony fountains frore
in hollow pools in caverns hoar.

 

He thanked her, trembling, offering gold
to withered fingers shrunk and old.
The thanks she took not, nor the fee,
but laughing croaked: ‘Nay, we shall see!
Let thanks abide till thanks be earned!
Such potions oft, men say, have burned
the heart and brain, or else are nought,
only cold water dearly bought.
Such lies you shall not tell of me;
Till it is earned I’ll have no fee.
But we shall meet again one day,
and rich reward then you shall pay,
whate’er I ask: it may be gold,
it may be other wealth you hold.’

 

 

Bearbeitet von Berenfox
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"The Lay of Aotrou and Itroun", Teil 3.

 

Nachdem Aotrou den Zaubertrank von der Corrigan erhalten hat, macht er sich nun (nach der üblichen vierzeiligen Einleitung) wieder auf den langen, dunklen Heimweg. Schließlich erreicht er seine Hallen und fällt neben seiner Frau in tiefen Schlaf. Er träumt davon, mit seinen noch ungeborenen Kindern im Garten umherzulaufen.

Der Morgen dämmert in schönsten Wetter, und Aotrou beginnt den Tag in Freude und Frohsinn und mit Lachen auf den Lippen. Früher lief er mit gerunzelter Stirn allein umher, nun lässt er ein Fest vorbereiten. Zu Itroun sagt er, sie sei nun schon so lange seine Frau, und die Jahre zögen zu schnell vorbei. Doch wie ein Schiff in seinen Hafen zurückkehrt, sollten sie beide sich wieder an jenen Tag im Frühling zurückerinnern, an dem sie geheiratet hätten. Deshalb wolle er ein Fest ausrichten und so tun, als seien sie wieder frisch verliebt, glücklich und ohne Sorgen. Dann wolle er mit ihr darum beten, dass vielleicht in diesem Jahr die Sehnsucht ihres Herzens - ein Erbe - erfüllt werde. Ernsthaft und schöntuerisch sind seine Worte...

 

 

In Britain ways are wild and long,
and woods are dark with danger strong;
and sound of seas is in the leaves,
and wonder walks the forest-eaves.

 

The way was long, the woods were dark;
at last the lord beheld the spark
of living light from window high,
and knew his halls and towers were nigh.
At last he slept in weary sleep
beside his wife, and dreaming deep,
he walked with children yet unborn
in gardens fair, until the morn
came slowly through the windows tall,
and shadows moved across the wall.

 

Then sprang the day with weather fair,
for windy rain had washed the air,
and blue and cloudless, clean and high,
above the hills was arched the sky,
and foaming in the northern breeze
beneath the sky there shone the seas.
Arising then to greet the sun,
and day with a new thought begun,
that lord in guise of joy him clad,
and masked his mind in manner glad;
his mouth unwonted laughter used
and words of mirth. He oft had mused,
walking alone with furrowed brow;
a feast he bade prepare him now.
And ‘Itroun mine,’ he said, ‘my life,
’tis long that thou hast been my wife.
Too swiftly by in love do slip
our gentle years, and as a ship
returns to port, we soon shall find,
once more that day of spring we mind,
when we were wed, and bells were rung.
But still we love, and still are young:
A merry feast we’ll make this year,
and there shall come no sigh nor tear;
and we will feign our love begun
in joy anew, anew to run
down happy paths – and yet, maybe,
we’ll pray that this year we may see
our heart’s desire more quick draw nigh
than yet we have seen it, thou and I;
for virtue is in hope and prayer.’

So spake he gravely, seeming-fair.

 

 

Bearbeitet von Berenfox
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"The Lay of Aotrou and Itroun", Teil 4.

 

Dieser vierte Teil ist sehr lang und umfasst gleich drei Handlungsteile: Das Fest, die Geburt der Zwillinge und einen Dialog zwischen Aotrou und Itroun nach der Geburt, der dem Schicksal in die Hand spielt.

 

Der übliche Vierzeiler leitet sehr passend über zum Fest, das Aotrou seiner Itroun mit einem gewissen Hintergedanken versprochen hat: Ein wunderschönes Fest, weiße Blüten, singende Barden, viel Wein, wie bei der Hochzeit eines Edelmanns. Aotrou erhebt einen Silberbecher auf das Wohl seiner Gemahlin, wünscht ihr Gesundheit und Glück, und reicht ihr den Becher.

Doch dem Wein beigemischt ist der Zaubertrank der Corrigan, farblos und frostig. Itroun leert den Becher und wünscht ihrem Gemahl ein langes und süßes Leben, auf dass er seines Herzens Wunsch erfüllt sehen möge.

 

Die Tage ziehen nun in Freude und Hoffnung dahin, und des nachts wandert Aotrou durch den Garten seiner Träume; zwei Kinder sieht er dort, einen Knaben und ein Mädchen, wunderschön, tanzend, spielend in der Sonne - nur ein dunkler Schatten am Rand beunruhigt ihn.

Sommer und Herbst vergehen, die Blätter fallen, der Winter kommt mit Winden und Schnee, während die Männer sich am Feuer mit Liedern wärmen. Doch wie ein Schiff, das in seinen Hafen zurückkehrt, ist es bald schon wieder Frühling.

Ein Lied hört man nun aus hohen Fenstern erschallen. Warum singen und spielen sie?, fragt jemand. Zwillinge seien geboren worden, lautet die Antwort. Würde nur jedes Gebet doppelt erhört werden, wünscht jemand anders, da sich niedere Männer meist mit weniger begnügen müssten. Nicht jeder Herr, gibt jemand anders zu bedenken, würde mit solcher Gnade beschenkt, man solle sich freuen und ihnen Wohlstand und ein langes Leben wünschen.

 

Itrouns Schmerz ist verflogen, in Freude und Leichtigkeit liegt sie bei ihren Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, und singt sie in den Schlaf. Auch Aotrou ist glücklich, als er neben ihrem Bett steht. Ein Dialog entwickelt sich zwischen den beiden:

Aotrou sagt, nun seien seine Hoffnungen und Gebete erfüllt worden. Sei es nicht überaus wonnig, letztlich die Erfüllung ihrer Herzenswünsche zu erleben? Falls Itroun jedoch noch irgendeinen Wunsch hege, wolle er ihn ihr erfüllen, und wenn er dafür über Land und Flur reisen müsse.

Itroun antwortet, es sei in der Tat eine Wonne, nun die Erfüllung ihres Herzenswunsches zu erleben, nach so langem Warten und Beten, nach Hoffnung und Verzweiflung. Sie wolle nicht, dass er nun von ihrer Seite weicht, weder heute noch jemals. Jedoch, so fügt sie hinzu, käme nach Krankheit und Schmerz oft heftiger Hunger...

Aotrou bedrängt sie, ihm mitzuteilen, wonach es sie hungert, nach welch seltsamem Wesen auch immer, nach dem Wasser welcher Quelle auch immer. Ob Wild aus dem Grünwald (auch hier ein verzauberter Ort) oder Geflügel aus dessen Seen, er wolle es ihr bringen. Denn weder Gold noch Seide noch Edelsteine könnten seine Freude aufwiegen über die Zwillinge, die sie ihm geboren hat.

Itroun erzählt ihm nun von einem Traum, in dem sie tatsächlich ein starkes Verlangen nach dem kühlem Wasser und dem Fleisch des Wildes aus dem Grünwald gespürt habe, nach Wasser und Fleisch, das kein irdischer Wald biete. Selbst jetzt, im wachen Zustand, würde der törichte Wunsch danach ihre Gedanken quälen. Doch sie wolle nicht, dass er von ihrer Seite weiche, weder jetzt noch jemals.

 

In Britain’s land across the seas
the spring is merry in the trees;
the birds in Britain’s woodlands pair
when leaves are long and flowers are fair.

 

A merry feast that year they made,
when blossom white on bush was laid;
there minstrels sang and wine was poured,
as it were the marriage of a lord.
A cup of silver wrought he raised
and smiling on the lady gazed:

‘I drink to thee for health and bliss,
fair love,’ he said, ‘and with this kiss
the pledge I pass. Come, drink it deep!
The wine is sweet, the cup is steep!’

 

The wine was red, the cup was grey;
but blended there a potion lay
as pale as water thin and frore
in hollow pools of caverns hoar.
She drank it, laughing with her eyes.

‘Aotrou, lord and love,’ she cries,

‘all hail and life both long and sweet,
wherein desire at last to meet!’

 

Now days ran on in great delight
with hope at morn and mirth at night;
and in the garden of his dream
the lord would walk, and there would deem
he saw two children, boy and maid,
that fair as flowers danced and played
on lawns of sunlight without hedge
save a dark shadow at their edge.

 

Though spring and summer wear and fade,
though flowers fall and leaves are laid,
and winter winds his trumpet loud,
and snows both fell and forest shroud,
though roaring seas upon the shore
go long and white, and neath the door
the wind cries with houseless voice,
in fire and song yet men rejoice,
till as a ship returns to port
the spring comes back to field and court.

 

A song now falls from windows high,
like silver dropping from the sky,
soft in the early eve of spring.

 

‘Why do they play? Why do they sing?’

 

‘Light may she lie, our lady fair!
Too long hath been her cradle bare.
Yestreve there came as I passed by
the cry of babes from windows high.
Twin children, I am told there be.
Light may they lie and sleep, all three!’

 

‘Would every prayer were answered twice!
The half or nought must oft suffice
for humbler men, who wear their knees
more bare than lords, as oft one sees.’

 

‘Not every lord wins such fair grace.
Come wish them speed with kinder face!
Light may she lie, my lady fair;
long live her lord her joy to share!’

 

A manchild and an infant maid
as fair as flowers in bed were laid.
Her joy was come, her pain was passed;
in mirth and ease Itroun at last

in her fair chamber softly lay
singing to her babes lullay.
Glad was her lord, as grave he stood
beside her bed of carven wood.

 

‘Now full,’ he said, ‘is granted me
both hope and prayer, and what of thee?
Is’t not, fair love, most passing sweet
the heart’s desire at last to meet?
Yet if thy heart still longing hold,
or lightest wish remain untold,
that will I find and bring to thee,
though I should ride both land and sea!’

 

‘Aotrou mine,’ she said, ‘’tis sweet
at last the heart’s desire to meet,
thus after waiting, after prayer,
thus after hope and nigh despair.
I would not have thee run nor ride
to-day nor ever from my side;
yet after sickness, after pain,
oft cometh hunger sharp again.’

 

‘Nay, love, if thirst or hunger strange
for bird or beast on earth that range,
for wine, or water from what well
in any secret fount or dell,
vex thee,’
he smiled, ‘now swift declare!
If more than gold or jewel rare,
from greenwood, haply, fallow deer,
or fowl that swims the shallow mere
thou cravest, I will bring it thee,
though I should hunt o’er land and lea.
No gold nor silk nor jewel bright
can match my gladness and delight,
the boy and maiden lily-fair
that here do lie and thou did’st bear.’

 

‘Aotrou, lord,’ she said, ‘’tis, true,
a longing strong and sharp I knew
in dream for water cool and clear,
and venison of the greenwood deer
for waters crystal-clear and cold
and deer no earthly forests hold,
and still in waking comes unsought
the foolish wish to vex my thought.
But I would not have thee run nor ride
to-day nor ever from my side.’

 

Bearbeitet von Berenfox
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"The Lay of Aotrou and Itroun", Teil 5.

 

Jetzt kommen wir zu einem der Höhepunkte: Der Wiederbegegnung Aotrous mit der Corrigan im Günwald - wieder unglaublich atmosphärisch und gekonnt in Szene gesetzt. Der aktuelle Teil wird diesmal nicht durch einen Vierzeiler, sondern durch einen Sechszeiler eingeleitet. Dieser spielt jenseits des Meeres in der Bretagne, im legendären Wald von Broceliande, der aus dem arturischen Sagenkreis bekannt ist. Denn dorthin macht Aotrou sich nun auf, bewaffnet mit Lanze, Bogen und Horn, um zu jagen und Itrouns seltsamen Wunsch zu erfüllen.

Eine weiße Hirschkuh kreuzt seinen Weg, und er jagt das fliehende Tier. Dem dunklen Lachen, das er aus dem Wald hört, schenkt er keine Beachtung, denn er ist völlig fixiert vom Verlangen nach dem Fleisch, das kein Sterblicher essen sollte, nach dem kristallklaren Wasser aus dem Herzen des Waldes. Er jagt sie ins Zwielicht unter den Blättern und die Erde erbebt unter den Hufen seines Pferdes.

Als die Sonne untergeht erreicht er eine stille Talsenke tief im Wald. Von der Hirschkuh keine Spur, doch bedrohlich hagen Wurzeln und Bäume auf, die auf die Nacht warten.

Im Grau der Nacht erkennt er den Brunnen der Fee vor einer Höhle, und er wäscht sein Gesicht dort im Wasser. Plötzlich sieht er sie vor der Höhle auf einem silbernen Stuhl sitzen, eine unerwartet schöne Erscheinung: ihr Haar blass, ihr Lächeln bedächtig, ihre Hand weiß.

Das Mondlicht erhellt ihr langes wie Wasser fließendes Haar, das sie mit einem goldenen Kamm kämmt. Mit einer kühlen Stimme, wie aus einer anderen, alten Welt, bevor noch Feuer gefunden oder Eisen geschmiedet wurde, hört er sie reden. Mit einer Stimme wie fließendes Wasser oder wehender Wind sagt sie zu ihm in süßen Worten, dass sie sich nun erneut begegnet seien, dass er zu ihr zurückgekommen sei nach langem Warten und langer Mühe. Was hätte er wohl, um es ihr zu geben?

Doch Aotrou behauptet, sie nicht zu kennen. Nie zuvor hätte er ihre Höhle gesehen, und er sei nicht ihretwegen gekommen.

Wie könne er es dann wagen, so kontert sie, ihr Wasser zu trüben oder sie anzublicken? Zumindest dafür fordere sie nun ihren Preis, wenn er frei von dannen ziehen wolle. Mit Liebe solle er sie entlohnen und ihr die Nacht versüßen, mit teurer Minne und tiefer Glückseligkeit solle er nun den Handel zuende bringen.

Er jedoch antwortet, dass er ihr keine Liebe zu geben habe, dass seine Liebe seiner Ehefrau gehöre, die im Kindbett liegt, und er verflucht das Tier, das ihn betrogen und hierher geführt hat.

Ihr Lächeln schwindet, und sie befiehlt ihm, seine Frau zu vergessen und sich nun neu mit ihr, der Hexe, zu vermählen. Ansonsten würde er leblos und allein als verwitternder Stein neben ihren Brunnen stehen, vergessen im Wald von Broceliande.

Das werde er nicht, erwidert er. Er werde sie nun zurücklassen, kalt und allein, und heim reiten in sein Zuhause und zu den gesegneten Wassern des Christentums.

In drei Tagen jedoch werde er sterben, prophezeit sie ihm.

In drei Tagen, erwidert er, werde er in Leichtigkeit leben und erst sterben wenn es Gott gefalle, im Alter oder in den heldenhaften Kriegen des Christentums in kommenden Zeiten.

 

In Brittany beyond the seas
the wind blows ever through the trees;
in Brittany the forest pale
marches slow over hill and dale.
There seldom far the horns were wound,
and seldom hunted horse and hound.

 

The lord his lance of ashwood caught,
the wine was to his stirrup brought;
with bow and horn he rode alone,
and iron smote the fire from stone,
as his horse bore him o’er the land
to the green boughs of Broceliande,
to the green dales where listening deer
seldom a mortal hunter hear:
there startling now they stare and stand,
as his horn winds in Broceliande.

 

Beneath the woodland’s hanging eaves
a white doe startled under leaves;
strangely she glistered in the sun
as she leaped forth and turned to run.
Then reckless after her he spurred;
dim laughter in the woods he heard,
but heeded not, a longing strange
for deer that fair and fearless range
vexed him, for venison of the beast
whereon no mortal hunt shall feast,
for waters crystal-clear and cold
that never in holy fountain rolled.
He hunted her from the forest-eaves
into the twilight under leaves;
the earth was shaken under hoof,
till the boughs were bent into a roof,
and the sun was woven in a snare;
and laughter still was on the air.

 

The sun was falling. In the dell
deep in the forest silence fell.
No sight nor slot of doe he found
but roots of trees upon the ground,
and trees like shadows waiting stood
for night to come upon the wood.

 

The sun was lost, all green was grey.
There twinkled the fountain of the fay,
before a cave, on silver sand,
under dark boughs in Broceliande.
Soft was the grass and clear the pool;
he laved his face in water cool.
He saw her then, on silver chair
before her cavern, pale her hair,
slow was her smile, and white her hand
beckoning in Broceliande.

 

The moonlight falling clear and cold
her long hair lit; through comb of gold
she drew each lock, and down it fell
like the fountain falling in the dell.
He heard her voice, and it was cold
as echo from the world of old,
ere fire was found or iron hewn,
when young was mountain under moon.
He heard her voice like water falling
or wind upon a long shore calling,
yet sweet the words: ‘We meet again
here after waiting, after pain!
Aotrou! Lo! thou hast returned –
perchance some kindness I have earned?
What hast thou, lord, to give to me
whom thou hast come thus far to see?’

 

‘I know thee not, I know thee not,
nor ever saw thy darkling grot.
O Corrigan! ’twas not for thee
I hither came a-hunting free!’

 

‘How darest, then, my water wan
to trouble thus, or look me on?
For this of least I claim my fee,
if ever thou wouldst wander free.
With love thou shall me here requite,
for here to long and sweet the night;
in druery dear thou here shall deal,
in bliss more deep than mortals feel.’

 

‘I gave no love. My love is wed;
my wife now lieth in child-bed,
and I curse the beast that cheated me
and drew me to this dell to thee.’

 

Her smiling ceased, and slow she said:

‘Forget thy wife; for thou shall wed
anew with me, or stand as stone
and wither lifeless and alone,
as stone beside the fountain stand
forgotten in Broceliande.’

 

‘I will not stand here turned to stone;
but I will leave thee cold, alone,
and I will ride to mine own home
and the waters blest of Christendom.’

 

‘But three days then and thou shall die;
In three days on thy bier lie!’

 

‘In three days I shall live at ease,
and die but when it God doth please
in eld, or in some time to come
in the brave wars of Christendom.’

 

Bearbeitet von Berenfox
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"The Lay of Aotrou and Itroun", Teil 6.

 

Der letzte Teil bildet nun den Höhepunkt des Gedichts. Er ist leider ziemlich lang, aber ich teile ihn ungern entzwei.

Die erneut sechszeilige Einleitung führt uns zurück nach Britannien. Aotrou reitet gehetzt heim und hört schließlich Glockengeläut; endlich dem Dickicht entkommen, sieht er wieder menschlich bebaute Äcker. Auf der Schwelle seiner Burg bricht er dann zusammen. Seinen Verwalter bittet er, ihm das Bett zu bereiten, da er sich fiebrig und krank fühle.

Sie bringen ihn zu Bett, und wieder einmal träumt er; doch im Traum verstrickt er sich in düsterem Dickicht, und die Corrigan erscheint ihm erneut, schielend und grinsend. Nun sei es verdient, sagt sie ihm, und er solle ihr nun ihren Lohn - seinen Tod - entrichten. Sie ist nun nicht länger die schöne Erscheinung aus dem Grünwald, sondern geschrumpft und alt sitzt sie singend neben ihrem Brunnen, in ihren Klauen hält sie einen Kamm aus knochigen Zähnen, mit dem sie ihre Haarflechten durchharkt, während in ihrer anderen Hand eine Phiole aus Glas liegt, gefüllt mit dem Wasser aus ihrer bitteren Quelle.

Als Aotrou abends erwacht, fühlt er, dass sein Tod nah ist, dass er in zwei Tagen sterben wird. Doch er möchte nicht, dass Itroun trauert. Sie soll es nicht erfahren, sondern lange und glücklich leben, um ihre Kinder gesund und stark aufwachsen zu sehen. Seine Diener verstehen seine Worte nicht und verfluchen das Fieber, sagen aber kein Wort zu Itroun.

 

Als Itroun am zweiten Tag erwacht, fragt sie ihre Dienerinnen, ob Aotrou schon zurückgekehrt sei. Nein, antworten sie, er sei nicht mit dem Morgen gekommen, doch sie werde sicherlich Kunde erhalten bevor der Tag zu Neige geht.

Am dritten Morgen wundert sich Itroun, dass Aotrou immer noch nicht zurückgekehrt ist, doch ihre Dienerinnen verschweigen ihr auch weiterhin, dass er sterbend in seinem Bett liegt.

Ihre Kinder sind nun bereits sieben Tage alt, und sie verlässt ihr Bett, um sich in ihre schönsten Gewänder und Schmuck zu kleiden und ihren Gatten damit zu erfreuen.

Sie schaut aus ihrem hohen Fenster und fühlt zwischen Wolken und Regen einen kalten Hauch vorüberziehen, von Baum zu Baum; doch weder Horn noch Hufschlag hört sie, nur den Klang der Wellen an der bretonischen Küste.

Als sich der Tag dem Ende neigt vernimmt sie plötzlich den Schlag der Totenglocke und das Klagelied der Priester und wundert sich, wer dort zu Grabe getragen wird.

Es sei ein unglücklicher Mann, antwortet man ihr, der krank und mit lahmem Pferd an der Türschwelle zusammengebrochen sei. Er sei im Hause gepflegt worden, doch heute sei er gestorben.

Itroun jedoch bemerkt, wie der ganze Haushalt um den Toten weint; er müsse ein großer und tapferer Mann gewesen sein mit einer traurigen Geschichte, sagt sie, wenn um diesen Unbekannten geweint würde. Sie bittet, man solle ihr diese Geschichte erzählen. Niemand antwortet ihr jedoch.

Sie bedauert, nicht um ihn weinen zu können. Doch in der folgenden Nacht wirft sie sich im Bett hin und her und fühlt ein Fieber in ihren Gliedern brennen. Und am folgenden Morgen beschließt sie, zur Kirche zu gehen. Ihr ist es egal, in welch feierlichem Gewand sie geht, in Rot oder Blau, Weiß, Silber oder Gold. Doch ihre Dienerinnen sagen ihr, dass es wohl nun für Frauen Brauch sei, in Schwarz zur Messe zu erscheinen - so dass sie, obwohl sie immer noch nicht weiß, dass ihr Gatte verstorben ist, nun in angemessener Trauerkleidung erscheint.

Sie betritt die Kirche, und dort, dunkel auf dem steinigen Boden, steht eine Bahre, bedeckt mit einem Tuch, umringt von Kerzen. Deren Licht fällt auf den Wappenschild des Toten - und sie erkennt das Wappen und Banner ihres Gatten.

Itroun wird zurück in ihr Bett gebracht und stirbt dort, begleitet vom Weinen ihrer Dienerinnen und dem Geschrei ihrer Kinder.

Erneut ertönt die Totenglocke am nächsten Morgen, während nun die Sonne wieder scheint - und tief im Wald von Broceliande die silberne Quelle in der dunklen Talsenke weiter sprudelt, und in den unbehausten Hügeln ein Tal mit kaltem, fahlem Gelächter erfüllt wird.

So liegen Aotrou und Itroun nun begraben unter der Erde, und ob ihre Kinder lange lebten und munter im Garten spielten - sie sahen es nicht, noch fanden sie Wonne an der Erfüllung ihres Herzenswunsches.

 

Einem abschließenden Vierzeiler, der die ganze Geschichte rahmt, folgt nun "die Moral von der Geschicht'": Über Herr und Herrin sei nun alles gesagt, Gott möge ihren Seelen gnädig sein. Traurig sei die Geschichte, doch finde man eben nicht an jedem Tag nur Frohsinn. Gott möge uns alle in Hoffnung und Gebet fernhalten von bösem Rat und Verzweiflung, an den Wassern des Christentums lebend, bis wir schließlich zur Freude des Himmels gelangen, wo die reine Jungfrau Maria Königin ist.

 

Es wäre sicher wahnsinnig interessant, die Motive in diesem Werk einmal zu diskutieren. Die enttäuschte Hoffnung Aotrous auf einen Erben, seine Entscheidung, sich mit der Corrigan einzulassen, sein Konflikt zwischen dem ritterlichen Versprechen und den christlichen Tugenden, der zum Wortbruch und schließlich zu seinem Tod führt - und die Frage: Wie hätte Aotrou wohl handeln sollen, um allen Ansprüchen gerecht zu werden?

 

In Britain’s land beyond the waves
are forests dim and secret caves;
in Britain’s land the breezes bear
the sound of bells along the air
to mingle with the sound of seas
for ever moving in the trees.

 

The wandering way was long and wild;
and hastening home to wife and child
at last the hunter heard the knell
at morning of the sacring-bell;
escaped from thicket and from fen
at last he saw the tilth of men;
the hoar and houseless hills he passed,
and weary at his gates him cast.

‘Good steward, if thou love me well,
bid make my bed! My heart doth swell;
my limbs are numb with heavy sleep,
and drowsy poisons in them creep.
All night, as in a fevered maze,
I have ridden dark and winding ways.’

 

To bed they brought him and to sleep:
in sunless thickets tangled deep
he dreamed, and wandering found no more
the garden green, but on the shore
the seas, were moaning in the wind;
a face before him leered and grinned:

‘Now it is earned, come bring to me
my fee,’ a voice said, ‘bring my fee!’
Beside a fountain falling cold
the Corrigan now shrunk and old
was sitting singing; in her claw
a comb of bony teeth he saw,
with which she raked her tresses grey,
but in her other hand there lay
a phial of glass with water filled
that from the bitter fountain spilled.

 

At eve he waked and murmured: ‘Ringing
of bells within my ears, and singing,
a singing is beneath the moon.
Grieve not my wife! Grieve not Itroun!
My death is near – but do not tell,
though I am wounded with a spell!
But two days more, and then I die –
and I would have had her sweetly lie
and sweet arise; and live yet long,
and see our children hale and strong.’

His words they little understood,
but cursed the fevers of the wood,
and to their lady no word spoke.
Ere second morn was old she woke,
and to her women standing near
gave greeting with a merry cheer:

 

‘Good people, lo! the morn is bright!
Say, did my lord return ere night,
and tarries now with hunting worn?’

 

‘Nay, lady, he came not with the morn;
but ere men candles set on board,
thou wilt have tidings of thy lord;
or hear his feet to thee returning,
ere candles in the eve are burning.’

 

Ere the third morn was wide she woke,
and eager greeted them, and spoke:

 

‘Behold the morn is cold and grey,
and why is my lord so long away?
I do not hear his feet returning
neither at evening nor at morning.’

 

‘We do not know, we cannot say,’
they answered and they turned away.

 

Her gentle babes in swaddling white,
now seven days had seen the light,
and she arose and left her bed,
and called her maidens and she said:

‘My lord must soon return. Come, bring
my fairest raiment, stone on ring,
and pearl on thread; for him ’twill please
to see his wife abroad at ease.’

 

She looked from window tall and high,
and felt a breeze go coldly by;
she saw it pass from tree to tree;
the clouds were laid from hill to sea.
She heard no horn and heard no hoof,
but rain came pattering on the roof;
in Brittany she heard the waves
on sounding shore in hollow caves.

 

The day wore on till it was old;
she heard the bells that slowly tolled.

‘Good folk, why do they mourning make?
In tower I hear the slow bells shake,
and Dirige the white priests sing.
Whom to the churchyard do they bring?’

 

‘A man unhappy here there came
a while agone. His horse was lame;
sickness was on him, and he fell
before our gates, or so they tell.
Here he was harboured, but to-day
he died, and passeth now the way
we all must go, to church to lie
on bier before the altar high.’

 

She looked upon them, dark and deep,
and saw them in the shadows weep.

‘Then tall, and fair, and brave was he,
or tale of sorrow there must be
concerning him, that still ye keep,
if for a stranger thus ye weep!
What know ye more? Ah, say! ah, say!’

They answered not, and turned away.

 

‘Ah me,’ she said, ‘that I could sleep
this night, or least that I could weep!’
But all night long she tossed and turned,.
and in her limbs a fever burned:
and yet when sudden under sun
a fairer morning was begun,

‘Good folk, to church I wend,’ she said.

‘My raiment choose, or robe of red,
or robe of blue, or white and fair,
silver and gold – I do not care.’

‘Nay, lady,’ said they, ‘none of these.
The custom used, as now one sees,
for women that to churching go
is robe of black and walking slow.’

 

In robe of black and walking bent
the lady to her churching went,
in hand a candle small and white,
her face so pale, her hair so bright.
They passed beneath the western door;
there dark within on stony floor
a bier was covered with a pall,
and by it yellow candles tall.
The watchful tapers still and bright
upon his blazon cast their light:
the arms and banner of her lord;
his pride was ended, vain his hoard.

 

To bed they brought her, swift to sleep
for ever cold, though there might weep
her women by her dark bedside,
or babes in cradle waked and cried.

There was singing slow at dead of night,
and many feet, arid taper-light.
At morn there rang the sacring knell;
and far men heard a single bell
toll, while the sun lay on the land;
while deep in dim Broceliande
a silver fountain flowed and fell
within a darkly woven dell,
and in the homeless hills a dale
was filled with laughter cold and pale.

 

Beside her lord at last she lay
in their long home beneath the clay;
and if their children lived yet long,
or played in garden hale and strong,
they saw it not, nor found it sweet
their heart’s desire at last to meet.

 

In Brittany beyond the waves
are sounding shores and hollow caves;
in Brittany beyond the seas
the wind blows ever through the trees.

 

Of lord and lady all is said:
God rest their souls, who now are dead!
Sad is the note and sad the lay,
but mirth we meet not every day.
God keep us all in hope and prayer
from evil rede and from despair,
by waters blest of Christendom
to dwell, until at last we come
to joy of Heaven where is queen
the maiden Mary pure and clean.

 

Bearbeitet von Berenfox
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Die hier vorgestellte Aufbereitung des Liedes von Aotrou und Itroun möchte ich als äußerst anspruchsvolle Arbeit anerkennen, die sich durch souveräne Exegese, narratives Einfühlungsvermögen und vor allem durch eine geradezu zärtliche Hingabe zur Lyrik Tolkiens auszeichnet.

Das Schöne ist, daß Berenfox und der Professor die ganze Zeit über auf zwei völlig verschiedenen Ebenen zu uns zu sprechen, aber dabei verblüffender Weise niemals dissonant klingen.

Dem Fuchs gelingt es hier, sich ganz und gar unaufdringlich und frei von jeglichem Profilierungsverdacht für eine literarische Herzenssache zu engagieren und dem Forum damit seinen ganz persönlichen Zugang zu einem unterrepräsentierten Indie-Werk Tolkiens zu vermitteln.

Insgesamt ein kleines Juwel von einem Thread.

 

Bearbeitet von Nelkhart
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Vielen Dank für das äußerst wohltuende Komplinent, Nelkhart. Ich werde auch weiterhin versuchen, hier einen möglichst direkten und unkomplizierten Zugang zu Tolkiens Gedichten zu bieten. Das ist mir in der Tat eine Herzensangelegenheit...

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Ich kann mir gut vorstellen, daß die Geschichte von Aotrou und Itroun der Fraktion hier im Forum, die Tolkien mit aller Macht als verkannten Atheïsten verstanden wissen will, ganz und gar nicht ins Weltbild paßt.
Lassen sich die Hauptwerke des Professors noch weitgehend frei von religiösen Implikationen lesen, kann man sich hier des Eindrucks eines missionarischen Motivs kaum erwehren. Die Erzählung mahnt mit solch zwingender Unmißverständlichkeit davor, den Versuchungen der eigenen Wünsche und Begierden zu erliegen, anstatt ganz auf Gott zu vertrauen, daß sie unweigerlich als Torpedierung des selbstauferlegten Allegorie-Verbots zu werten ist.

Oder trügt der Schein etwa? Gibt es auch hier noch verborgene Verständnisebenen?
Ebenso wie „Leaf by Niggle“ hier im Forum treffend als Reflexion Tolkiens über die Überforderung durch die eigene Schöpfung interpretiert wurde, möchte ich auch das Lied von Aotrou und Itroun als kritische Auseinandersetzung mit seinem Werk einstufen.

Möglicher Weise war dem Katholiken Tolkien seine tiefe Leidenschaft für heidnische Mythologie manchmal selbst nicht ganz geheuer. Genau wie sein Protagonist verdankte der Professor seine (literarische) Fruchtbarkeit einer vorchristlichen Mystik, zu der er sich unwiderstehlich hingezogen fühlte.

Wollte sich Tolkien mit der Geschichte vielleicht selber eine Warnung schreiben?

 

 


Die letzten Verse haben bei mir jedenfalls einiges angerichtet. Ob ich will oder nicht, von nun an trägt Königin Elbereth den blauen Mantel der Mutter Gottes.                     

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Jetzt habe ich endlich etwas Zeit gefunden diese herrlichen Vers an einem Stück zu lesen. Vielen Dank Berenfox für die hervorragenden Einführungen in die einzelnen Kapitel. So konnte ich das Lied ganz geniessen, ohne Wörter nachschlagen zu müssen.

 

 

sein Konflikt zwischen dem ritterlichen Versprechen und den christlichen Tugenden,

 

Ich habe das Rittertum eigentlich immer in Verbindung mit dem Christentum gesehen. Das wäre eigentlich kein Widerspruch. Ich denke, er glaubt ja auch das Versprechen der Corrigan geben zu können, ohne das es wirkliche Konsequenzen hat. Immerhin ist ein Versprechen 'Heiden' gegenüber ja aus seiner christlichen Sicht hinfällig. Da sehe ich eine gewisse arrogante Haltung gegenüber dem alten Glauben. Er wird dann ja eines besseren belehrt.

Nicht in Ordnung ist meiner Meinung nach das er das Positive vom Alten Glauben will, aber das Negative glaubt nicht in Kauf nehmen zu müssen.

 

Eine andere Frage ist doch: Hat er im christlichen Sinne für seine Überheblichkeit gebüßt? Dem alten Glauben gegenüber hat er seine Schuld bezahlt. Kann er damit eigentlich noch Christ sein?

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Jetzt habe ich endlich etwas Zeit gefunden diese herrlichen Vers an einem Stück zu lesen. Vielen Dank Berenfox für die hervorragenden Einführungen in die einzelnen Kapitel. So konnte ich das Lied ganz geniessen, ohne Wörter nachschlagen zu müssen.

 

Freut mich sehr, hat das gut funktioniert? Ich habe bewusst drauf geachtet, seltene und unbekannte Wörter in meine Zusammenfassung aufzunehmen, damit man sich das Nachschlagen sparen kann.

 

Ich habe das Rittertum eigentlich immer in Verbindung mit dem Christentum gesehen. Das wäre eigentlich kein Widerspruch. Ich denke, er glaubt ja auch das Versprechen der Corrigan geben zu können, ohne das es wirkliche Konsequenzen hat. Immerhin ist ein Versprechen 'Heiden' gegenüber ja aus seiner christlichen Sicht hinfällig. Da sehe ich eine gewisse arrogante Haltung gegenüber dem alten Glauben. Er wird dann ja eines besseren belehrt.

Nicht in Ordnung ist meiner Meinung nach das er das Positive vom Alten Glauben will, aber das Negative glaubt nicht in Kauf nehmen zu müssen.

 

Ich meinte auch weniger, dass Aotrou den Konflikt innerlich erlebt und ausficht, sondern mehr, dass in dem Gedicht der Konflikt zwischen dem Versprechen und den christlichen Werten thematisiert wird. Insgesamt geht es in dem Gedicht auch kein bisschen um Aotrous innere Kämpfe oder Gefühle, sondern es wird für den Leser eine Problemsituation inszeniert und am Ende mit einer "Moral" gewürzt: Ein Mann leidet unter seinem Schicksal und lässt sich mit einer Hexe ein, um eine gute Wendung zu erleben. Dies führt dazu, dass er in ein Dilemma gerät: entweder er erfüllt sein Versprechen und handelt gegen seine christlichen Werte, oder er bricht sein Versprechen (und stirbt schließlich; diese Konsequenz war ihm sicher nicht bewusst, aber darum geht es meines Erachtens auch nicht, es ist genug, dass der Leser dieser Konsequenz gewahr wird).

Natürlich ist das ritterliche Versprechen sicher im christlichen Wertekanon verankert. Aber ein solches Versprechen führt zwangsläufig in einen Konflikt mit den christlichen Werten, wenn es im Dienste des Bösen steht. Der christliche Hintergrund Aotrous wird an mehreren Stellen betont, aber vom "Heidentum" oder vom "alten Glauben" wird interessanterweise nirgendwo geredet. Und hier wird es eigentlich erst wirklich spannend: Wofür steht die Corrigan eigentlich? Aotrous Fehler liegt, so meine ich, nicht darin, dass er sich mit dem Heidentum oder einem "falschen" Glauben eingelassen hat. Trotz der immer wiederkehrenden Betonung des Christentums spielt Religion meines Empfindens nach keine Rolle in dieser Frage. Die Betonung des Christentums illustriert in meinen Augen eigentlich nur kurz und bündig, dass Aotrou ein Mensch mit klaren und allgemein bekannten Werten ist. Die Corrigan hingegen versucht diese Werte zu korrumpieren; Aotrous Versprechen an sie war quasi ein Blanko-Scheck: Was immer die Hexe verlangen würde, er würde es ihr geben. Hätte Aotrou ihr nachgegeben und sein Versprechen gehalten, hätte er alles zunichte gemacht, wofür er eigentlich steht, was seine Persönlichkeit ausmacht. In der Corrigan wird die Versuchung personifiziert, die den Herzenswunsch und die Sehnsucht des Menschen mit allen Mitteln realisieren und aktualisieren will. Eine der Stärken phantastischer Literatur hat Tolkien in seinem Märchenaufsatz dahingehend beschrieben, dass sie menschliche Sehnsüchte thematisiere und bis zur Unerträglichkeit anstachle - Ur-Sehnsüchte, die diemals befriedigt werden können, derer sich der Mensch aber bewusst sein müsse. Wohingegen Magie und Technik diese Sehnsüchte zu realisieren versuchten, dabei aber nur blasse Abbilder schüfen, die den eigentlichen Herzenswunsch betrügen würden. Ich glaube, um diese Versuchung geht es hier: Einen Herzenswunsch mit allen Mitteln realisieren zu wollen, ohne dabei zu beachten, dass es Dinge gibt, die unerfüllbar sind, und der Versuch der Erfüllung den Menschen alles kosten kann, wofür er eigentlich steht.

Aotrou hätte sich erst gar nicht mit der Hexe einlassen sollen, so deutet es schon der dritte Abschnitt im ersten Teil an, wo es heißt: "Thus counsel cold he took at last; his hope from light to darkness passed". Vielleicht hätte es einen anderen, "lichten" Weg gegeben, um mit seinem Herzenswunsch umzugehen, und vielleicht lässt der sich auch aus dem Werk herauslesen, aber ich amche hier erstmal einen Punkt.

 

 

Eine andere Frage ist doch: Hat er im christlichen Sinne für seine Überheblichkeit gebüßt? Dem alten Glauben gegenüber hat er seine Schuld bezahlt. Kann er damit eigentlich noch Christ sein?

 

Er hat seine Schuld gegenüber der Corrigan bezahlt. Aber nicht, indem er das verraten hat, wofür er steht, sondern indem er mit seinem Leben bezahlt hat. Hier wird eine eindeutige Werteabstufung vorgenommen, an deren oberem Ende nicht das eigene Leben steht...

 

-----

 

Ich kann mir gut vorstellen, daß die Geschichte von Aotrou und Itroun der Fraktion hier im Forum, die Tolkien mit aller Macht als verkannten Atheïsten verstanden wissen will, ganz und gar nicht ins Weltbild paßt.

 

Auf den ersten Blick sicherlich.

 

 

Oder trügt der Schein etwa? Gibt es auch hier noch verborgene Verständnisebenen?

 

Da bin ich mir ganz sicher.

 

...möchte ich auch das Lied von Aotrou und Itroun als kritische Auseinandersetzung mit seinem Werk einstufen.

 

Wie oben schon ansatzweise ausgeführt sehe ich das genauso.

 

 

Möglicher Weise war dem Katholiken Tolkien seine tiefe Leidenschaft für heidnische Mythologie manchmal selbst nicht ganz geheuer.

 

Auch da bin ich mir ganz sicher, allerdings glaube ich nicht, dass dieser Konflikt hier hereinspielt...

 

Die letzten Verse haben bei mir jedenfalls einiges angerichtet. Ob ich will oder nicht, von nun an trägt Königin Elbereth den blauen Mantel der Mutter Gottes.

Wie man zu dieser Folgerung kommt ist mir allerdings schlechterdings völlig unverständlich... ich denke, die "Moral" am Ende des Werkes wie auch alle anderen Andeutungen einer "richtigen" Lösung von Aotrous Wunsch müssten einmal sehr gründlich unter die Lupe genommen und interpretiert werden.

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Heute gibts leichte Kost nach dem anstrengenden Marathon mit Aotrou und Itroun. Das Gedicht "Glip" ist um 1928 herum entstanden, wurde jedoch bisher nur im "Annotated Hobbit / Großen Hobbit-Buch" veröffentlicht. Es gehört zum Zyklus "Tales and Songs of Bimble Bay", zu dem auch "The Dragon's Visit" zählt, mit dem ich diesen Thread eröffnet habe. Es handelt von einer kleinen, schleimigen Kreatur mit großen, grün leuchtenden Augen, die in einer feuchten Höhle lebt und mit scharfen Zähnen an Knochen nagt. Ja, ihr lest richtig - "Glip" erinnert in der Tat sehr stark an Gollum, der wenige Jahre später im "Hobbit" auftaucht. Spannende Sache, obwohl das Gedicht eigentlich eine ganz andere, nicht weniger spannende Geschichte erzählt. Viel Spaß damit!

 

 

GLIP

 

Under the cliffs of Bimble Bay
Is a little cave of stone
With wet walls of shining grey;
And on the floor a bone,
A white bone that is gnawed quite clean
With sharp white teeth.
But inside nobody can be seen –
He lives far underneath,
Under the floor, down a long hole
Where the sea gurgles and sighs.
Glip is his name, as blind as a mole
In his two round eyes
While daylight lasts; but when night falls
With a pale gleam they shine
Like green jelly, and out he crawls
All long and wet with slime.
He slinks through weeds at highwater mark
To where the mermaid sings,
The wicked mermaid singing in the dark
And threading golden rings
On wet hair; for many ships
She draws to the rock to die.
And Glip listens, and quietly slips
And lies in shadow by.
It is there that Glip steals his bones.
He is a slimy little thing
Sneaking and crawling under fishy stones,
And slinking home to sing
A gurgling song in his damp hole;
But after the last light
There are darker and wickeder things that
On Bimble rocks at night.

 

 

ÜBERSETZUNG:

 

GLIP

 

Unter den Klippen von Bimble Bay

Gibt es eine kleine Steinhöhle

Mit feuchten, grau schimmernden Wänden;

Und auf dem Boden liegt ein Knochen,

Ein weißer Knochen, der von scharfen weißen Zähnen

Ganz sauber abgenagt wurde.

Aber sehen kann man niemanden darin -

Der Bewohner lebt viel tiefer unten,

Unter dem Boden, hinter einem langen Schlund,

Wo das Meer gluckert und seufzt.

Glip heißt er, und blind wie bei einem Maulwurf

Sind seine beiden runden Augen,

Solange es draußen hell ist; aber wenn es Nacht wird,

Schimmern sie mit einem bleichen Glanz

Wie grüner Wackelpudding, und er kriecht ins Freie

In seiner ganzen Länge, triefend von Schleim.

Bei Flut schleicht er durchs Schilf

Zu der Stelle, wo die Meerjungfrau singt,

Die böse Meerjungfrau singt im Dunkeln

Und flicht sich goldene Ringe

Ins feuchte Haar; denn sie lockt viele Schiffe

In ihr Verderben am Felsenufer.

Und Glip lauscht und rutscht leise näher

Und lauert im Schatten.

Hier stiehlt Glip sich seine Knochen.

Er ist ein kleines schleimiges Etwas,

Krabbelt unter fischigen Steinen herum

Und schleicht sich davon und singt

Ein glucksendes Lied in seinem modrigen Loch;

Aber wenn alle Lichter ausgehen

Gibt es noch dunklere und gemeinere Dinge, die sich

Nachts auf den Klippen von Bimble herumtreiben.

 

Bearbeitet von Berenfox
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Wenn wir schon bei den "Tales and Songs of Bimble Bay" sind, schiebe ich gleich noch das Gedicht "Progress in Bimble-Town" hinterher. Es wurde nach 1927 geschrieben und 1931 im Oxford Magazine veröffentlicht; zuletzt wurde es, wie auch "Glip" und "The Dragon's Visit", im "Annotated Hobbit / Großen Hobbit-Buch" abgedruckt.

Interessanterweise schreibt Tolkien hier unter dem Pseudonym "K. Bagpuize", das wohl auf den Namen Kingston Bagpuize anspielt, ein Dorf westlich von Oxford. Gewidmet ist das Gedicht "dem Bürgermeister und Rat" der Stadt, eine Anspielung auf die Sage vom Rattenfänger von Hameln (konkret Robert Brownings Adaption "The Pied Piper of Hamelin" von 1842), in dem Stadtrat und Bürgermeister das Gemeinwohl auf äußerst selbstsüchtige Weise definieren.

Das satirische Gedicht befasst sich mit den Auswirkungen des Fortschritts auf den fiktiven, aber typisch englischen Badeort Bimble Town. Die frühere Schönheit des Ortes wird angedeutet, der Schwerpunkt liegt aber auf der sehr direkten und übertriebenen Beschreibung des aktuellen, fortschrittlichen Zustands, der deutlich negativ bewertet wird und selbst das Meeresrauschen in einen neuen, negativen Zusammenhang stellt. Die schon in den 20er Jahren deutlichen Folgen von Massentourismus und Umweltverschmutzung, die hier beschrieben werden, dürften aktueller denn je sein, auch wenn dieses Gedicht sicher nicht zu Tolkiens besten Werken gehört.

 

PROGRESS IN BIMBLE TOWN

Dedicated to the Mayor and Corporation.

 

Bimble-bay has a steep street:
it runs down with many houses,
tall ones, short ones; shops with meat,
shops with cabbages, shops with blouses,
jersies, jumpers and umbrellas;
a post-office (new and squalid);
a library filled with best-sellers
in yellow jackets; an old, solid,
manywindowed inn where motors
make strong smells, and no horse goes
in cobbled yard; a place where bloaters
from wooden boxes lie in rows
(brought by train for sea-side air);
a pharmacy with sunburn-lotion
and picture-cards (of Godknowswhere,
and fat women dipped in ocean);
a toy bazaar with things of tin,
and bits of crock, and all the news;
windows, windows with chocolates in,
cigarettes, and gum one chews
(wrapped in paper, cased in card,
for folk to strew on grass and shore);
loud garages, where toiling hard
grimy people bang and roar,
and engines buzz, and the lights flare,
all night long – a merry noise!

Sometimes through it (this is rare)
one can hear the shouts of boys;
sometimes late, when motor-bikes
are not passing with a screech,

one hears faintly (if one likes)

the sea still at it on the beach.

at what? At churning orange-rind,

piling up banana-skins,

gnawing paper, trying to grind

a broth of bottles, packets, tins,

before a new day comes with more,

before next morning’s charabangs,

stopping at the old inn-door

with reek and rumble, hoots and clangs,

bring more folk to Godknowswhere

and Theydontcare, to Bimble Town

where the steep street, that once was fair,

with many houses staggers down,

See Britain First!

 

K. Bagpuize

 

 

ÜBERSETZUNG:

 

FORTSCHRITT IN DER STADT BIMBLE

 

Dem Bürgermeister und Rat gewidmet

 

Bimble-Bay besteht aus einer steilen Straße,

die führt runter zum Meer, mit vielen Häusern,

hohen Häusern und niedrigen, Läden mit Fleisch,

Läden mit Kohl, Läden mit Blusen,

mit Pullovern, Pullundern und Schirmen;

es gibt eine Post (neu und verkommen);

eine Bücherei voller Bestseller

in gelben Umschlägen; ein altes, solides,

vielfenstriges Gasthaus, vor dem Motoren

viel Gestank machen, und kein Pferd trabt

über das Kopfsteinpflaster in den Hof;

es gibt einen Ort, wo Lungenkranke

in Reihen von Holzschachteln liegen

(man hat sie wegen der guten Seeluft hierhergeschickt);

eine Apotheke mit Sonnenschutzcreme

und Postkarten (von Gottweißwoher

und dicken, ins Meer getunkten Frauen);

ein Spielzeugladen mit Blechspielzeug,

altem Kram und dem ganzen Klatsch aus Bimble Town;

Fenser, Fenster voller Schokolade,

Zigaretten und Kaugummi

(verpackt in Papier und Schachteln,

die die Leute im Gras und auf dem Strand verstreuen);

laute Garagen, in denen schwer arbeitende,

schmutzige Menschen hämmern und dröhnen

und Maschinen brummen und Neonröhren die

ganze Nacht flirren - ein richtig lustiger Lärm!

Manchmal (aber selten) hört man

dazwischen Bubenstimmen rufen;

und manchmal spät abends, wenn gerade kein

Motorrad durch die Straße kreischt,

hört man leise (wenn man lauscht)

am Strand das Meer noch in Bewegung.

Was macht es? Es wühlt Orangenschalen auf,

treibt Bananenschalen zusammen,

kaut an Papier, will Flaschen, Zigarettenschachteln, Blechdosen

zu Brühe zermatschen,

ehe ein neuer Tag noch mehr davon bringt,

ehe die Mietwagen am nächsten Morgen

vor der Tür des alten Gasthauses halten

und stinkend und ratternd, hupend und klappernd

noch mehr Volk nach Gottweißwoher

und Istdochegal und nach Bimble Town bringen,

wo die steile Straße, die früher einmal schön war,

von den vielen Häusern ins Wanken gerät.

Besucht Britannien zuerst!

 

K. Bagpuize

 

Bearbeitet von Berenfox
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