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  1. Aber na klar: Die Mandos-Buße und die anschließende Wiederverkörperung der Quendi erinnern zum Beispiel an das Karma-Konzept und die Reincarnation im Buddhismus. Andere sehen Bezüge zu Wagner, Dante oder Clannad. Tolkien ist Glasperlenspiel. Tolkien ist Pop. Alles legitim. Ich sag’s nur ungern, aber Eriol ist wahrscheinlich unter die Räder gekommen. Die Rahmenerzählung hat Tolkien zugunsten einer schlichteren, zeitlosen Sprache verworfen. Seit der Veröffentlichung des Herrn der Ringe gilt nun Bilbo offiziëll als Verfasser bzw. Übersetzer des Silmarillions. Aber auch wenn man die Eriol-Überlieferungskette so akzeptiert, heißt das ja nicht automatisch, daß Erus Aussagen verfälscht wurden. Wir müssen hier immer die anthropomorphe Sondersituation äußerst langlebiger Fabelwesen berücksichtigen: Für die Eldalië gibt es keine Mythologie. Rúmil oder der zuständige Pengolodh sprach möglicher Weise persönlich mit den Valar über die Tage der Ainur. Ich sehe jedenfalls keinen Grund, die Richtigkeit der überlieferten Worte Frodos oder Gandalfs weniger anzuzweifeln, als die Ilúvatars. Du machst es ja ganz schön spannend mit der ideologischen Instrumentalisierung Tolkiens. Du deutest da immer wieder orwellsche Abgründe an. Welche Gefahr siehst Du denn konkret? Möglicher Weise ist hier ja jemand in der Lage, Dir Deine Besorgnis zu nehmen.
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  2. Ich möchte hier keinen frommen Christen zu nahe treten, die in Tolkiens Silmarillion einen Kommentar zum Alten oder Neuen Testament sehen. Ich denke, auch fromme Buddhisten oder Moslems könnten im Sil einen Kommentar ihrer Heiligen Schriften sehen. Und ich kenne User, die in Tolkiens Werk den Satan am Werk sehen. Und dann kenne ich noch gut-katholische Theologen, die es wie ich strikt ablehnen, Tolkien als religiösen Schriftsteller zu werten, sondern als rein-menschlichen Schriftsteller. Ja, und dann gibt es noch die, die mit Tolkiens Büchern auf der Straße heimatlose Jugendliche verlocken und ihnen "anbieten", in ihre Gruppe zu kommen und sie dann mit Hilfe von Tolkiens Werken christenmäßig fanatisieren. Die von mir hier angesprochene Problematik wurde so um die Jahrtausendwende in aller Heftigkeit und Ausführlichkeit über Jahre diskutiert. Das werde ich nicht noch einmal tun, für mich ist die Sache durch. Aber die Gefahr, Tolkien für Ideologien zu instrumentalisieren, scheint noch nicht ganz vom Tisch. Heute ist es noch gefährlicher als um 2000. Ich bin leider nicht mehr ganz auf dem aktuellen Stand der Sekundärliteratur, also auf dem Stand der Wissenschaftler, die momentan über Tolkien schreiben. Das werde ich aber irgendwann nachholen. Was ich noch direkt zur Machtfrage des Threadthemas sagen wollte: "Die Musik der Ainur" ist innerhalb der Fiktion von Rumil erzählt worden. Eriol, ein Mensch, hat diese aufgeschrieben und zu den Großen Landen - später Mittelerde genannt - gebracht. Dann musste es noch übersetzt werden. Es ist also nie je aus Erus Mund gekommen. Es sind Vorstellungen über Melkor.
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  3. Ich sag doch, wir müssen über den Tolkien-Anteil in der Eru-Figur sprechen. Hier werden nämlich beide vermischt: Der kosmische Dramturg Ilúvatar brauchte Melkor als Spannungselement für seine Eä-Story. Aber Eru lag meines Wissens nie in den Schützengräben an der Somme und auch nicht im Lazarett. Das chronologische Argument greift also nicht. Und ich widerhole mich, weil ich auf liebgewonnene Vorstellungen treffe: Die Gewalt in Tolkiens Werken ist meiner Meinung nach keine Weltkriegsgewalt. Er hätte auch in Honolulu in der Hängematte über epische Schlachten geschrieben, weil ihm seine nordischen Lieblingssagas als Vorlage dienten – nicht das reale Leben. Man kann die Valar als Götter lesen (was Tolkien ja stets als einen Irrtum der Menschheit auslegte), dann erinnern sie an den römisch-griechischen Polytheïsmus. Begreift man die Ainur als „Engels-Chöre“ (Tolkien beschrieb sie mehrfach mit dem Adjektiv „angelic“), dann führt an der Genesis natürlich kein Weg mehr vorbei. Vereinfacht könnte man sagen, die Ainulindalë ist alttestamentarisch geprägt, die Valaquenta von klassischer Mythologie. Die Messiasfigur Eärendil ist mit Abstand die deutlichste Verbindung zur Bibel. Durch das Silmarillion und das Alte Testament zieht sich exakt derselbe rote Faden: Mit langem Atem wird das Zustandekommen eines heilsbringenden dynastischen Abstammungs-Cocktails beschrieben, der den Vermittler zwischen Himmel und Erde legitimieren soll. Die Reise der Vingilot wäre demnach natürlich zum Neuën Testament zu zählen.
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